Tenor

Der Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe für die mit Schriftsatz vom 18. Februar 2000 erhobene Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Freistaates Sachsen – Regierungspräsidium Leipzig – vom 3. November 1999 und für den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Freistaates Sachsen – Regierungspräsidium Leipzig – vom 3. November 1999. Der Beschluss betrifft die Ortsumgehung Eilenburg der Bundesstraße 87 neu.

Die Klägerin ist zusammen mit ihrer Tochter Miteigentümerin eines 5 865 qm großen Grundstücks. Hiervon nimmt das planfestgestellte Vorhaben 1 600 qm in Anspruch. Die Fläche soll dazu dienen, einen verkehrlichen Knoten zwischen der Bundesstraße 87 n und der Staatsstraße 11 auszubilden. Die Erschließung zum klägerischen Grundstück soll anderweitig vorgenommen werden. Im Aufstellungsverfahren machte die Klägerin gegen das Vorhaben Einwendungen geltend (vgl. auch PFB S. 276 ff.). Dies blieb im Ergebnis erfolglos.

Die Klägerin hat am 18. Februar 2000 Klage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Mit der Klage macht sie die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geltend. Sie erachtet den angegriffenen Beschluss aus einer Reihe von Gründen für abwägungsfehlerhaft. Dies hat sie mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. März 2000, bei Gericht per Fax am selben Tage eingegangen, dargelegt. Ferner ist dem Gericht per Fax ein Schreiben vom 30. März 2000 zugegangen, das anwaltlich nicht unterzeichnet war und dem äußeren Anschein nach vom Ehemann der Klägerin stammt. Die Klägerin hat ihr Vorbringen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Juni 2000 ergänzt.

Die Klägerin beantragt,

  1. den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 3. November 1999 aufzuheben, soweit das im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück Gemarkung Eilenburg, Flur 35, Flurstück 19/1, für das Vorhaben in Anspruch genommen wird,
  2. ferner die aufschiebende Wirkung des Vollzugs des Planfeststellungsbeschlusses anzuordnen, und
  3. schließlich, ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen und die im Übrigen gestellten Anträge zurückzuweisen.

Das Land tritt dem klägerischen Vorbringen unter Bezugnahme auf die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses in rechtlicher und in tatsächlicher Hinsicht entgegen.

Dem Gericht liegen die Akten der Planfeststellungsbehörde vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe für die mit Schriftsatz vom 18. Februar 2000 erhobene Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 3. November 1999 ist – seine Zulässigkeit unterstellt – unbegründet. Die Voraussetzungen des § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Das klägerische Vorbringen ergibt nicht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1. Die Anfechtungsklage ist als solche zulässig. Zwar ergeben sich hinsichtlich des Antragsinhaltes Bedenken. Dieser setzt die Teilbarkeit des planfestgestellten Vorhabens voraus. Das erscheint zweifelhaft. Das mag indes dahinstehen. Denn der Antragsinhalt wäre in einer diesen Bedenken Rechnung tragenden Weise zu ändern.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ist der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig, muss die Klägerin die Inanspruchnahme ihres Eigentums durch Enteignung hinnehmen (vgl. § 19 Abs. 2 FStrG).

2.1 Die Klägerin trägt keine Verfahrensfehler im Verfahren der Planaufstellung vor. Das Gericht prüft derartige Fehler nicht von Amts wegen (vgl. § 5 Abs. 3 VerkPBG).

2.2 Auch durchgreifende inhaltliche Fehler bestehen nicht. Das Gericht prüft insoweit lediglich das Antrags- und Klagevorbringen. Dieses ergibt nicht, dass der angegriffene Planfeststellungsbeschluss auf einem Abwägungsfehler oder auf einem anderen Rechtsfehler beruhen könnte.

2.2.1 Die Klägerin hat ihr Klagevorbringen mit Schriftsatz vom 27. Juni 2000 ergänzt. Das Gericht kann dieses Vorbringen – soweit es nicht nur als Erläuterung der fristgerechten Klagebegründung oder als Entgegnung auf das Vorbringen des Beklagten aufzufassen ist – nicht berücksichtigen. Die Klägerin ist nach Ablauf der Klagebegründungsfrist mit neuem Vorbringen ausgeschlossen. Das folgt aus § 17 Abs. 6 b Satz 1 FStrG. Die Klagebegründungsfrist endete am 31. März 2000. Auf die Rechtsfolge der prozessualen Präklusion ist die Klägerin durch das Gericht vorsorglich hingewiesen worden. Dass die Voraussetzungen der Nachsicht gemäß § 87 b Abs. 3 VwGO gegeben sein könnten, wird nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

2.2.2 Die Planfeststellungsbehörde hat die Planrechtfertigung des Vorhabens bejaht. Dem ist zu folgen. Die Planrechtfertigung für das angegriffene Vorhaben ergibt sich aus § 1 Abs. 2 des FernstraßenausbaugesetzesFStrAbG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1877). Das Gesetz weist in seiner Anlage die projektierte Bundesstraße B 87 n für den hier maßgebenden Streckenabschnitt als „vordringlichen Bedarf” aus. Nach § 1 Abs. 2 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung, dass ein Bedarf besteht, ist für die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG verbindlich. Diese Bindung gilt auch für das gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339 ≪345 ff.≫; Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – DVBl 1996, 914 = UPR 1996, 337; Urteil vom 18. Juni 1997 – BVerwG 4 C 3.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131 = UPR 1998, 25). Die Klägerin greift dies auch nicht an.

2.2.3 Das Klagevorbringen ergibt weder einen durchgreifenden Fehler im Abwägungsvorgang noch einen solchen hinsichtlich des Abwägungsergebnisses.

2.2.2.1 Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, das Vorhaben sei – soweit dadurch ihr Grundbesitz in Anspruch genommen werden solle – nicht erforderlich. Sie kritisiert hierzu die Gestaltung des Knotenpunktes der Bundesstraße B 87 n mit der Staatsstraße S 11, die zu einer gesonderten Zufahrt zum Gebiet „Schondorfer Mark” führt. Ferner sei eine andere Gestaltung der Querung der Bundesstraße im Bereich der Bahnlinie Eilenburg-Wurzen möglich gewesen.

Dieses klägerische Vorbringen bedarf keiner inhaltlichen Prüfung. Die Klägerin ist insoweit gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG mit ihrem Klagevorbringen präkludiert. § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG normiert eine materielle Verwirkungspräklusion. Die Einwendungsfrist hat für das gerichtliche Verfahren, das einem straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiellrechtlichen Charakter. Die Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 – BVerwG 4 A 38.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119 = DVBl 1997, 51; Beschluss vom 17. Februar 1997 – BVerwG 4 VR 17.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 127 = LKV 1997, 328). Der Ausschluss nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG tritt gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG nur ein, wenn in der Bekanntmachung der Auslegung oder der Einwendungsfrist auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. Auch diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Einwendungsfrist endete am 16. Juni 1999 (vgl. auch PFB S. 26).

Die Klägerin hat die Frage der Anbindung des Vorhabengebietes „Schondorfer Mark” oder eine anderweitige Änderung der Planungstrasse im Hinblick auf die Bahnlinie Eilenburg-Wurzen in ihren Einwendungen vom 28. April 1999 und vom 17. Mai 1999 mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr hat sie – wie der Beklagte zutreffend bemerkt – im Wesentlichen nur befürchtete Beeinträchtigungen ihrer allgemeinen Lebensqualität vorgetragen. Das Einwendungsschreiben vom 25. Juli 1999 ist verspätet und bleibt – unabhängig von der Frage, ob dieses Schreiben auch im Namen der Klägerin erging – unberücksichtigt.

2.2.2.2 Auch wenn das klägerische Vorbringen zu berücksichtigen wäre, ließe sich ein Rechtsfehler, der zu der beantragten Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen müsste, nicht feststellen. Insbesondere liegt keine Verletzung des Gebots sachgerechter Abwägung vor.

(1) Die Planfeststellungsbehörde hat sich mit der Ausbildung des Knotenpunktes ausführlich auseinandergesetzt (vgl. PFB S. 214, 51). Sie hat dabei die privaten Interessen der Klägerin auch hinsichtlich der Inanspruchnahme von Grund und Boden erkannt. Die Behörde hat die leitenden Gesichtspunkte in der sicheren und flüssigen Abwicklung des zu erwartenden Verkehrs und in der Anbindung zum Gebiet „Schondorfer Mark” gesehen. Dem zuletzt genannten Grund hat sie offenkundig eine besondere Bedeutung beigemessen. Ferner hat die Behörde der planfestgestellten Lösung deshalb den Vorzug gegeben, weil damit nach ihrer Ansicht ein geringerer Flächenverbrauch verbunden sei.

Die so herausgestellten Gründe sind – für sich betrachtet – rechtlich zulässig und sie entsprechen insbesondere den zu berücksichtigenden Belangen, gemäß § 1 Abs. 1 FStrG ein verkehrliches Netz zu schaffen. Ein Ermittlungsfehler liegt nicht vor. Dass die von der Behörde zugrunde gelegten öffentlichen Belange in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend wären, behauptet die Klägerin in ihrem Vorbringen nicht. Soweit die Klägerin in ihrer Klagebegründung einen Beweisantrag stellt, ist dieser unzulässig. Der Antrag bezieht sich nicht auf die Aufklärung tatsächlicher Verhältnisse, sondern betrifft Fragen der zu bewertenden Zweckmäßigkeit der Planung. Das Vorbringen der Klägerin ergibt ferner nicht, dass die Planfeststellungsbehörde wesentliche tatsächliche Umstände übersehen hätte, die nach Lage der Dinge in die Abwägung bewertend einzustellen gewesen wären.

Das klägerische Vorbringen erlaubt schließlich auch nicht die Annahme, dass die Planfeststellungsbehörde die von ihr als tragend angesehenen öffentlichen Belange nur vorgeschoben haben könnte. Die Darstellungen im Erläuterungsbericht über die erwogenen Varianten steht dem bereits entgegen (vgl. Erläuterungsbericht S. 8 ff.). Die Ausführungen sind zwar knapp, lassen aber die wesentlichen Überlegungen deutlich erkennen. Das genügt. Damit reduziert sich das klägerische Vorbringen auf eine Kritik an der vorgenommenen Abwägung und der darin enthaltenen Gewichtung der als maßgebend angesehenen privaten und öffentlichen Belange. Das erlaubt jedoch nicht, der Planfeststellungsbehörde einen Abwägungsfehler vorzuhalten. Das wäre hier allenfalls dann denkbar, wenn die von der Behörde angeführten Belange in ihrer Bedeutung fehlgewichtet worden und deshalb ungeeignet wären, den privaten Belangen der Klägerin entgegengesetzt zu werden. Es genügt indes nicht, nur andere Lösungswege aufzuweisen und dem Nachteile der planfestgestellten Lösung entgegenzusetzen.

Die Planfeststellungsbehörde durfte in ihre Überlegungen einbeziehen, dass eine gesonderte Zufahrt – hier zum Sondergebiet „Schondorfer Mark” – die Bundesstraße als Verkehrsweg zur Bewältigung überörtlichen Verkehrs entlasten kann. Das entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Planung weist hierzu präzise aus, dass die Behörde die Zufahrt zugleich als Teil des aufwendigen Knotenpunktes mit der Staatsstraße S 11 konzipiert hat (vgl. Lageplan, in: Band I, Unterlage Nr. 7 Bl. 3). Das ist als solche keine sachwidrige Erwägung. Damit kommt der Überlegung der Klägerin, eine Anbindung des Sondergebiets sei auch in anderer Weise ohne weiteres möglich, keine tragende Bedeutung zu. Aus demselben Grund ist es auch nicht erheblich, ob das Sondergebiet über ein hinreichendes Areal verfügt, das auch andere Lösungen ermöglichen würde. Es ist gerade Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, eine entsprechende Abwägung der Vor- und Nachteile vorzunehmen. Insoweit nimmt die Planung an, dass die Staatsstraße S 11 als Zubringer (Erschließungsstraße) für das Einzugsgebiet des Sondergebietes anzusehen sei. Auch dies ist als solches nicht sachwidrig, mag auch die Klägerin den Erfolg einer derartigen Vorstellung bezweifeln. Ob auf der Bundesstraße der Verkehrsfluss durch Lichtzeichenanlage – der Beklagte bestreitet dies in Einzelheiten – ohnedies gestört wird, ist ebenfalls im Hinblick auf die gewählte Konzeption des Knotenpunktes nicht erheblich und bedarf daher keiner näheren Aufklärung.

(2) Die Klägerin trägt vor, die Bahnlinie Eilenburg-Wurzen werde praktisch nicht mehr genutzt. Eine Einstellung der Nutzung sei zu erwarten. Der Beklagte bestreitet dies in tatsächlicher Hinsicht. Auch diese Frage bedarf keiner näheren Aufklärung, weil sie nicht erheblich ist. Maßgebend ist die prognostische Einschätzung der Planfeststellungsbehörde im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses. Zu diesem Zeitpunkt hätte für die Planfeststellungsbehörde mit hinreichender Gewissheit feststehen müssen, dass die Bahnlinie in naher Zukunft entwidmet werden würde. Dafür fehlt es an jedem Anhalt. Es widerspricht bereits praktischer Vernunft, dass die Planung ein kostenaufwendiges Kreuzungsbauwerk, das die Bahnlinie in dem behandelten Knotenpunkt einschließt, gebilligt hätte, wenn sich eine realistische Chance eröffnet hätte, dies zu vermeiden. Das Vorbringen der Klägerin ist daher rein spekulativ. Sie vermag nicht einmal ansatzweise Gründe für ihre Behauptung anzugeben. Wenn die Klägerin konkrete Kenntnisse, die sich auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses beziehen müssten, hatte, dann hätte sie dies mit der Klagebegründung vortragen müssen, um dem Gericht die Möglichkeit der näheren Feststellung zu eröffnen.

3. Hat die Klage keine Aussicht auf Erfolg, so gilt dies ebenfalls für den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Demgemäß besteht auch für den insoweit gestellten Prozesskostenhilfeantrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Berkemann, Jannasch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566320

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