Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. November 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 90 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Kläger beansprucht die Übereignung eines Ersatzgrundstücks an die Erbengemeinschaft nach Frau Margarete S. Frau S. war Eigentümerin eines Einfamilienhausgrundstücks, das 1983 in Volkseigentum überführt wurde. Der Rückübertragungsantrag wurde wegen redlichen Erwerbs abgelehnt. Der Antrag auf Übereignung eines Ersatzgrundstücks hatte in der Revisionsinstanz mit dem Ergebnis einer Verpflichtung des Beklagten zur erneuten Bescheidung Erfolg (Urteil vom 17. September 1998 – BVerwG 7 C 6.98 – BVerwGE 107, 205). Durch Bescheid vom 22. Juli 1999 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übereignung eines Ersatzgrundstücks mit der Begründung ab, dass ein geeignetes Ersatzgrundstück nicht zur Verfügung stehe. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, weil die in Betracht kommende Anspruchsgrundlage (§ 9 VermG) im September 2000 außer Kraft getreten sei. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde möchte geklärt wissen, ob die Aufhebung des § 9 VermG durch Art. 1 Nr. 2 des Vermögensrechtsergänzungsgesetzes (VermRErgG) vom 15. September 2000 (BGBl I S. 1382) verfassungsgemäß ist. Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, da sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Aufhebung des § 9 VermG mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Urteil vom 30. Mai 2001 – BVerwG 8 C 13.00 – Buchholz 428 § 9 VermG Nr. 5). Es hat zur Begründung ausgeführt, das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) sei nicht verletzt, weil der Anspruch auf Übereignung eines Ersatzgrundstücks nach § 9 VermG von derart ungewissen Voraussetzungen abhängig gewesen sei, dass er sich der Sache nach als bloße Chance dargestellt habe, die durch Art. 14 GG nicht geschützt sei. Selbst wenn § 9 VermG eine vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfasste Rechtsposition gewährt hätte, habe der Gesetzgeber durch die Aufhebung dieser Vorschrift Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts in zulässiger Weise bestimmt und dabei die verfassungsrechtlichen Grenzen beachtet, die Regelungen mit sog. unechter Rückwirkung gezogen seien. Die Aufhebung des § 9 VermG verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Die gegenteilige Auffassung der Beschwerde gibt keinen Anlass zu weiterer revisionsgerichtlicher Klärung der aufgeworfenen Frage. Die Behauptung, der Kläger habe durch § 9 VermG ein konkretes Anwartschaftsrecht auf Überlassung eines Ersatzgrundstücks erworben gehabt, das ihm durch die Aufhebung der Vorschrift entschädigungslos entzogen worden sei, trifft nicht zu. Ob dem Kläger bei Fortgeltung des § 9 VermG ein Ersatzgrundstück hätte übereignet werden müssen, ist offen, nach den Gründen des angefochtenen Bescheids und des Widerspruchsbescheids sogar zu verneinen. Angesichts der Ungewissheit der Erfolgsaussichten seines Antrags kann keine Rede davon sein, dass dem Kläger bei Aufhebung des § 9 VermG bereits ein Anwartschaftsrecht auf Übereignung eines Ersatzgrundstücks zugestanden hätte. Allerdings ist die Entschädigungsberechtigung des Klägers bestandskräftig festgestellt. Die Neuregelung der Entschädigungsmodalitäten hat zur Folge, dass die früher bestehende Möglichkeit der Wahl zwischen Überlassung eines Ersatzgrundstücks und Entschädigung in Geld entfallen ist. Die hierin liegende Neubestimmung des Entschädigungsanspruchs für die Zukunft ist aus den Gründen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. Mai 2001 – BVerwG 8 C 13.00 – a.a.O. im Einzelnen dargelegt hat, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Art. 14 GG schützt nur den konkreten Bestand vorhandener vermögenswerter Rechte, nicht aber Vorteile, die sich aus dem bloßen Fortbestand einer günstigen Gesetzeslage ergeben. Die Aufhebung der Regelung über die Übereignung eines Ersatzgrundstücks, durch die eine künftig möglicherweise erst entstehende eigentumsrechtliche Position beseitigt wurde, berührt den Schutzbereich dieses Grundrechts nicht. Mangels schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand der Regelung begegnet ihre Aufhebung auch unter dem Gesichtspunkt der unechten Rückwirkung des Gesetzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da den Betroffenen der Anspruch auf Geldentschädigung erhalten bleibt. Bereits § 9 VermG i.d.F. vom 23. September 1990 (BGBl II S. 889, 1159), der die Wahlmöglichkeit im Entschädigungsbereich eingeführt hatte, enthielt die Schranke der näheren Regelung durch Gesetz. Die durch Art. 1 Nr. 2 VermRErgG aufgehobene Ersatzgrundstücksregelung stand unter dem Vorbehalt des Möglichen; Ersatzgrundstücke waren bereitzustellen, wenn ein in kommunalem Eigentum stehendes Grundstück im gleichen Stadt- oder Gemeindegebiet zur Verfügung stand und einer Eigentumsübertragung keine berechtigten Interessen entgegenstanden. Die im früheren Recht angelegten rechtlichen und tatsächlichen Grenzen einer Aktualisierung der Überlassung eines Ersatzgrundstücks stehen der Annahme entgegen, dass vor Außerkrafttreten des § 9 VermG bereits konkrete Ansprüche auf Übereignung eines Ersatzgrundstücks bestanden, in die Art. 1 Nr. 2 VermRErgG eingegriffen haben könnte. Auch in einem Verzicht der Berechtigten auf Weiterverfolgung ihres Rückübertragungsanspruchs lag keine Vermögensdisposition, die ein schutzwürdiges Vertrauen auf Beibehaltung der Ersatzgrundstücksregelung rechtfertigen könnte. Schutzwürdig war aufgrund der Berechtigtenfeststellung allein das Vertrauen auf eine Entschädigung. Der Gleichheitssatz schloss die Gesetzesänderung nicht deswegen aus, weil die Übereignung eines Ersatzgrundstücks dem Inhalt eines Rückübertragungsanspruchs näher kam als eine Entschädigung in Geld. Bei der Entschädigungsregelung verfügt der Gesetzgeber über einen besonders weiten Gestaltungsspielraum. Die Aufhebung des § 9 VermG ist, wie das Bundesverwaltungsgericht a.a.O. ausgeführt hat, durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Ersatzgrundstücksregelung war in der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 angesichts der Bodenwertverhältnisse der DDR als einer Entschädigung in Geld annähernd gleichwertige Entschädigungsvariante angesehen worden. Demgegenüber führte die anschließende marktorientierte Entwicklung der Grundstückspreise zu einer deutlichen Wertdifferenz der beiden Entschädigungsmodalitäten, die der Gesetzgeber durch Beschränkung auf eine willkürfreie Entschädigung in Geld beseitigen durfte.
Ein Verfassungsverstoß folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Übereignung von Ersatzgrundstücken bereits in Nr. 3 Buchst. b der Gemeinsamen Erklärung vorgesehen war. Die Vorschrift des Art. 41 Abs. 3 des Einigungsvertrags, wonach die Bundesrepublik keine der Gemeinsamen Erklärung widersprechende Regelung erlassen wird, stand von Verfassungs wegen der Aufhebung des § 9 VermG nicht entgegen, weil der Vertrag als einfaches Bundesrecht durch Gesetz geändert werden kann (vgl. Art. 45 Abs. 2 EV). Durch diese Änderung ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, weil er die Wahrung der Rechte aus dem Einigungsvertrag nicht beanspruchen kann (vgl. Urteil vom 30. Mai 2001 – BVerwG 8 C 13.00 – a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Kley, Herbert
Fundstellen