Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 03.12.2008; Aktenzeichen 2 LC 1270/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 668,16 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Rz. 3
Die Klägerin will als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob “sich aus Art. 3, Art. 7 Abs. 4 S(atz) 2, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 13 Abs. 1 S(atz) 1 Abs. 2c des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (BGBl 1973 II S. 1569), der den Ländern die Verpflichtung auferlegt, gleiche Bildungschancen zu wahren, die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung landesrechtlicher Härtefallregelungen bei der Erhebung von Langzeitstudiengebühren, die auf eine ‘wirtschaftliche Notlage’ von Studierenden abstellen, in der Weise (ergibt), dass den Studierenden ein Einkommen in Höhe des BAföG-Grundbedarfs (Lebensunterhalt plus Unterkunftskosten) zzgl. der tatsächlich zu zahlenden angemessenen Krankenversicherungsaufwendungen zu belassen ist”.
Rz. 4
Die Klägerin führt hierzu in der Beschwerdebegründung aus, im Zusammenhang mit der Erhebung von Langzeitstudiengebühren sei wegen der zwingenden Rechtsfolge der Exmatrikulation bei Nichtentrichtung der Gebühr vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG eine allgemeine Härtefallregelung erforderlich, durch die Ausnahmesituationen im Wege einer Gebührenbefreiung, -ermäßigung oder -stundung Rechnung getragen werden könne. Eine solche Härtefallregelung stelle auch ein Mittel dar, durch das entsprechend den Erfordernissen des Grundrechts der Berufsfreiheit sichergestellt werden könne, dass ein Zweitstudium nicht wegen des Fehlens finanzieller Mittel aufgegeben werden müsse. Beide Gesichtspunkte seien in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 31. März 2006 – 1 BvR 1750/01 – und 1 BvR 1771/01 –, jeweils juris) geklärt. In Gestalt der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der hier anwendbaren Fassung vom 24. Juni 2002 (Nds. GVBl S. 286), wonach eine unbillige Härte dann anzunehmen sei, wenn der Gebühreneinzug zu einer wirtschaftlichen Notlage der Studierenden in zeitlich unmittelbarer Nähe zum letzten Abschnitt der Abschlussprüfung führe, habe der Landesgesetzgeber eine typisierte Härtefallregelung für jene Fälle vorgesehen, in denen sich ein durch wirtschaftliche Gründe verursachter Studienabbruch als unverhältnismäßig im Hinblick auf die Zwecke der Langzeitstudiengebühren darstellen würde. Der Inhalt der Vorschrift sei – insbesondere für die Frage, unter welchen Bedingungen eine wirtschaftliche Notlage anzuerkennen sei – ebenfalls verfassungsrechtlich durch das Grundrecht der Berufsfreiheit vorgeprägt. Insoweit könne in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar im Grundsatz an den Bedarf eines Studierenden, wie er sich für den Lebensunterhalt aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ergebe, angeknüpft werden. Kranken- und Pflegeversicherungskosten seien jedoch entgegen dem angefochtenen Urteil in ihrer tatsächlich aufgewandten Höhe und nicht lediglich in Gestalt der Zuschläge nach § 13a BAföG hinzuzurechnen. Denn diese Zuschläge orientierten sich an den Beiträgen der nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V versicherungspflichtigen Studierenden. Dieser Vorschrift unterfielen Langzeitstudierende typischerweise nicht mehr. Sie seien deshalb gezwungen, eine freiwillige Versicherung mit deutlich höheren Beiträgen abzuschließen. Die Sichtweise des Berufungsgerichts könne dazu führen, Studierende mit geringem Einkommen von der Aufnahme oder einer Weiterführung des Studiums abzuhalten.
Rz. 5
Dieses Vorbringen führt, obwohl es unter anderem an Normen des Bundesverfassungsrechts anknüpft, nicht auf eine ungelöste Frage des revisiblen Rechts und rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (vgl. etwa: Beschlüsse vom 6. Oktober 2005 – BVerwG 6 BN 2.05 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 80 S. 85, vom 18. Juni 2008 – BVerwG 6 B 23.08 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 164 S. 5 und vom 17. August 2009 – BVerwG 6 B 10.09 – juris Rn. 7). Dabei wird eine Rechtsfrage des Landesrechts nicht schon dadurch zu einer grundsätzlichen Frage des revisiblen Rechts, dass geltend gemacht wird, das Berufungsgericht habe die Frage unter Verletzung von Bundesrecht beantwortet (Beschluss vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 7 B 177.89 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 S. 20). Es muss vielmehr dargelegt werden, dass und inwiefern die jeweils angeführten revisiblen Normen über den speziellen landesrechtlichen Anwendungsfall hinausreichende Rechtsfragen aufwerfen, die sich nicht auf Grund der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (Beschlüsse vom 1. September 1992 – BVerwG 11 B 24.92 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171 S. 18 und vom 17. August a.a.O. Rn. 7).
Rz. 6
Wie die Klägerin zutreffend ausführt, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner von ihr in Bezug genommenen Rechtsprechung geklärt, dass die landesrechtlichen Bestimmungen über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren aus Gründen des Bundesverfassungsrechts (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht nur in der hier nicht einschlägigen Konstellation bestimmter Zweitstudien, sondern angesichts der regelmäßig vorgesehenen berufsbezogenen Sanktionen darüber hinaus auch allgemein zur Bewältigung von Ausnahmesituationen eine Härtefallregelung enthalten müssen. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass es verfassungsrechtlich geboten sein kann, eine bestehende Härtefallregelung so anzuwenden, dass eine anderenfalls drohende Aufgabe des Studiums wegen einer finanziellen Notlage verhindert wird. Ein weitergehender Klärungsbedarf in der von der Klägerin angegebenen Richtung besteht demgegenüber nicht. Insbesondere lässt sich Art. 12 Abs. 1 GG, ohne dass dies der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte, kein Gebot des Inhalts entnehmen, bei der Anwendung der Härtefallregelung zur Bestimmung des dem Studierenden zuzubilligenden Unterhaltsbedarfs die Maßstäbe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes heranzuziehen, mag dies auch von der Sache her naheliegen. Denn Art. 12 Abs. 1 GG verlangt nicht, dass dem Studierenden während seines Studiums stets finanzielle Mittel gerade in Höhe der Förderungshöchstbeträge nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zur Verfügung stehen. Erst recht gebietet Art. 12 Abs. 1 GG nicht, unter den von der Klägerin bezeichneten Voraussetzungen (Ende der studentischen Versicherungspflicht) von den nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu gewährenden (Pauschal-)Leistungen nach oben abzuweichen. Auch die übrigen von der Klägerin genannten bundes(verfassungs)-rechtlichen Vorschriften enthalten derartige Anforderungen nicht. Vielmehr handelt es sich, soweit das Oberverwaltungsgericht zur Ausfüllung des Begriffs der wirtschaftlichen Notlage in § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 NHG auf das Bundesausbildungsförderungsgesetz zurückgegriffen und eine Erhöhung des sich hiernach für die Klägerin ergebenden Förderungshöchstsatzes abgelehnt hat, ausschließlich um die Auslegung und Anwendung von Landesrecht, zu dessen Klärung die Revision nicht zugelassen werden kann.
Rz. 7
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Graulich, Dr. Möller
Fundstellen