Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 19.03.2008; Aktenzeichen 9 UE 2698/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. März 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 308,86 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Die Beschwerde bleibt auch bei Unterstellung der Rechtzeitigkeit der Beschwerdebegründung (§ 125 Abs. 2 Satz 4, § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) – der Kläger hat trotz zahlreicher Aufforderungen seitens des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts das Empfangsbekenntnis über die Zustellung des angefochtenen Beschlusses nicht vorgelegt – ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt. Der Kläger macht allein den Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend.
Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in Bezug auf die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt.
aa) Der angefochtene Beschluss ist nicht verfahrensfehlerhaft erlassen worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Kläger ohne Zulassung eingelegte Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Er hat zutreffend angenommen, dass unter den hier gegebenen Umständen das unzulässige Rechtsmittel nicht als rechtzeitig gestellter Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124a VwGO angesehen werden kann. Das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. Oktober 2007 ergangene, am selben Tage verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Kläger am 20. November 2007 zugestellt. Aus der dem Urteil beigefügten ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung ergab sich eindeutig, dass als Rechtsbehelf nur der Antrag auf Zulassung der Berufung gegeben und die Berufung ohne Zulassung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht statthaft war. Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2007 ausdrücklich Berufung ein und bat um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.
Mangels entsprechenden Anhalts kann die unzulässige Berufung eines anwaltlich vertretenen Rechtsmittelführers nicht als (fristwahrender) Antrag auf Zulassung der Berufung angesehen werden. Die Berufung umfasst nicht zugleich auch den Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels. Die beiden Rechtsbehelfe betreffen unterschiedliche Gegenstände. Der Antrag auf Zulassung der Berufung begehrt ausschließlich die Zulassung dieses Rechtsmittels durch das Berufungsgericht. Die Berufung richtet sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Sache. Beide Rechtsbehelfe sind nicht austauschbar. Sie haben unterschiedliche Ziele und stehen in einem Stufenverhältnis selbstständig nebeneinander. Erst ein erfolgreicher Antrag auf Zulassung der Berufung eröffnet die prozessrechtliche Möglichkeit, die erstinstanzliche Entscheidung mit diesem Rechtsmittel anzugreifen (vgl. Beschluss vom 12. März 1998 – BVerwG 2 B 20.98 – Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2).
Etwas anderes kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil der Kläger am 29. Dezember 2007 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Denn dieser Antrag ist nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt worden. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit unanfechtbarem Beschluss vom 19. März 2008 abgelehnt.
Die von einem Rechtsanwalt gegen die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts ohne Zulassung eingelegte Berufung kann nach Ablauf der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO auch nicht in einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels umgedeutet werden. Insoweit gilt nichts anderes als für die vergleichbare Frage der Umdeutung einer Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde oder umgekehrt einer Nichtzulassungsbeschwerde in eine Revision (vgl. Beschluss vom 13. Juni 1994 – BVerwG 9 B 374.94 – Buchholz 310 § 125 Nr. 11 m.w.N.). Eine Rechtsmittelerklärung, die ein Rechtsanwalt abgegeben hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer gerichtlichen Umdeutung grundsätzlich unzugänglich. Ein von einem Anwalt eindeutig eingelegter Rechtsbehelf kann jedenfalls dann nicht in einen anderen umgedeutet werden, wenn die Rechtsbehelfe unterschiedlichen Zwecken dienen (Beschlüsse vom 15. September 2005 – BVerwG 6 B 54.05 – und vom 12. März 1998 a.a.O. S. 3). So verhält es sich hier.
bb) Die Rüge, in der Nichtzulassung der Revision liege ein Verfahrensverstoß vor, kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO betrifft solche Verfahrensfehler, die dem Gericht auf dem Weg zu seiner Entscheidung oder im Zusammenhang mit ihrem Erlass unterlaufen sind, nicht den Inhalt der Entscheidung.
cc) Dass in einem anderen Verfahren (offenbar meint der Kläger das Verfahren 12 E 341/00 (V) des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main) eine Verweisung des Rechtsstreits erfolgt ist, stellt unter keinem denkbaren Aspekt einen Verfahrensmangel des vorliegenden Verfahrens dar.
dd) Auch alles weitere Vorbringen, insbesondere zur Berechtigung zur Erhebung von Säumniszuschlägen, führt nicht auf einen Revisionszulassungsgrund.
Entscheidungsgründe
2. Sollte sich die Beschwerde auch gegen den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Februar 2008 in dem Verfahren 9 UZ 2756/07 richten, wofür die Anführung auch dieses Aktenzeichens in der Beschwerdeschrift vom 2. Mai 2008 und in der Beschwerdebegründungsschrift vom 1. Juli 2008 sprechen kann, so wäre sie unstatthaft, weil der Beschluss gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Büge
Fundstellen