Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 6. Februar 2007 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 13. April 2007 wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12 671,25 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 6. Februar 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 13. April 2007 für das Vorhaben “A 4 Eisenach-Görlitz Streckenabschnitt Waltershausen – AK Hermsdorf (A 9) VKE 5531: ö AS Magdala – AS Jena/Göschwitz (B 88) Leutratal”. Mit diesem Straßenbauvorhaben soll die bestehende Autobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Magdala und Jena-Göschwitz sechsstreifig ausgebaut werden. Dabei ist für den Ausbau eine neue Trasse nördlich des FFH-Gebietes “Leutratal – Cospoth – Schießplatz Rothenstein” vorgesehen. Die neue Trasse zweigt östlich der Anschlussstelle Magdala von der bestehenden A 4 nach Osten ab, umfährt mit stetiger Steigung den Amselberg nördlich unter Ausnutzung der Talsituation des Gagabaches zwischen Göttern und Bucha und erreicht bei Bucha den Hochpunkt; von dort fällt die Trasse kontinuierlich ins Saaletal ab. Ein Teil dieser Streckenführung erfolgt in einem ca. 3,1 km langen Tunnel, der westlich der Kreisstraße nach Oßmaritz beginnend bis östlich der Ortschaft Leutra reicht (Jagdbergtunnel). Kurz danach schwenkt die Trasse an der Anschlussstelle Jena-Göschwitz wieder auf die bestehende, bereits sechsstreifig ausgebaute A 4 ein. Die Neubautrasse hat eine Länge von insgesamt 11,8 km.
Die Antragstellerin bewohnt in Bucha ein eigenes Haus und ist Eigentümerin land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke in der Gemarkung Bucha, die für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen.
Mit ihrem auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gerichteten Antrag macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil die Neubautrasse ein faktisches Vogelschutzgebiet quere. Das Waldgebiet “Doberau” südwestlich von Oßmaritz habe eine hohe Bedeutung für 71 Vogelarten, darunter auch nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie besonders geschützte Arten. Dort würden Brut- und Nahrungshabitate zerstört. Es dränge sich auf, dass das geplante Vogelschutzgebiet Nr. 33 “Muschelkalkhänge der westlichen Saaleplatte” das Gebiet im Bereich des geplanten westlichen Tunnelportals aus sachfremden wirtschaftlichen Erwägungen ausgrenze. Die vorhandenen Baumhöhlen hätten Bedeutung für Fledermäuse als Quartierbäume. Außerdem niste im Trassenbereich eine Haselmaus. Darüber hinaus schneide die geplante Trasse im Bereich des westlichen Tunnelportals und danach in ein potenzielles FFH-Gebiet ein. Dort befinde sich der Lebensraumtyp Orchideen-Buchenwälder; unter anderem kämen im Einschnittsbereich der planfestgestellten Autobahn beim Westportal mindestens 13 Orchideenarten sowie 12 besonders geschützte Arten vor. Zudem werde über dem Westportal prioritärer Kalk-Trockenrasen (Code 6210*) im FFH-Gebiet Nr. 129 durch erhöhten Schadstoffeintrag geschädigt.
Die Abwägung im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Trassenvarianten sei fehlerhaft. Die gewählte Ausbautrasse (“Neubauvariante Jagdberg”) sei die für die Bewohner des betroffenen Gebietes schlechteste Variante von allen möglichen. Gegenüber dem Ausbau der Bestandstrasse (“Ausbauvariante”) führe die Neubauvariante zu einer extrem hohen Eingriffsintensität in Bezug auf die Anzahl der betroffenen Anwohner, einer Neuversiegelung von Flächen, einem Flächenverlust naturschutzfachlich hochsensibler Bereiche und Waldgebiete. Zudem sei die Neubauvariante wesentlich teurer als die Ausbauvariante. Schließlich gehe der idyllische Ortscharakter der Ortsteile Bucha und Oßmaritz vollständig verloren. Auch werde das Neubauvorhaben zu einer drastischen Verkehrszunahme und damit zu einer Überlastung der Zubringerstraße nach Jena führen. Demgegenüber würde bei der “Ausbauvariante” die Verkehrsbelastung der L 2308 zwischen Bucha und Jena um bis zu 25 % reduziert.
Dem Optimierungsgebot nach § 50 Satz 1 BImSchG sei nicht genügt worden. Der Bau des westlichen Tunnelportals und die anschließende freie Strecke mit Vernichtung großer Teile des Waldbestandes wirkten sich gravierend negativ auf die lufthygienische Situation von Oßmaritz aus. Darüber hinaus werde die Wohnlage in Bucha vermeidbar belastet. Auch der Belang der Erhaltung bestmöglicher Luftqualität nach § 50 Satz 2 BImSchG sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Schließlich seien die Belange des Naturschutzes fehlgewichtet worden. Im Wesentlichen sei auf das FFH-Gebiet im Leutratal abgestellt worden. Die FFH-Verträglichkeitsstudie von April 2000 leide jedoch an groben Mängeln. Darüber hinaus habe der Vorhabenträger eine Untertunnelung des Amselberges überhaupt nicht untersucht. Auch die teilweise südlich von der A 4 abgerückte “Wanderheimvariante” habe sich als bessere Alternative aufgedrängt.
Entscheidungsgründe
II
Der Antrag ist zulässig. Der Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des gemäß § 11 Abs. 2 weiterhin anwendbaren Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (VerkPBG). Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen nach § 1 Abs. 1 FStrAbG außerdem als vordringlicher Bedarf eingestuft. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt die Interessen der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur Entscheidung der Hauptsache. Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung lassen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zwar nicht abschließend abschätzen. Der Antragstellerin ist es aber nicht gelungen, Umstände darzutun, die es überwiegend wahrscheinlich machen, dass ihre Klage zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen wird. Eine umfassende Bewertung und Abwägung der Interessenlage bietet unter diesen Umständen keinen hinreichenden Anlass, von der im Gesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG) vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses abzusehen.
1. Die Antragstellerin rügt mit ihrer Klage vorrangig die Verletzung zwingenden Naturschutzrechts. Als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffener steht ihr grundsätzlich ein Anspruch darauf zu, die Planfeststellung umfassend dahingehend überprüfen zu lassen, ob bei der fachplanerischen Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der im Planfeststellungsbeschluss zugelassene Eigentumsentzug zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich sein muss (vgl. z.B. Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 Rn. 448, 453 m.w.N.). Allerdings kann die Antragstellerin sich auf die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs – hier des Naturschutzes – dann nicht mit Erfolg berufen, wenn auch die Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Verschonung ihres Grundeigentums führen würde (vgl. z.B. Urteil vom 28. Februar 1996 – BVerwG 4 A 27.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 S. 82). Das gilt auch, wenn – wie hier – eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. z.B. Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 C 11.96 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.).
Die abschließende Beurteilung der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, ob der Planfeststellungsbeschluss zwingendem Naturschutzrecht widerspricht, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Ergebnis spricht jedoch sehr wenig dafür, dass sich aus dem Naturschutzrecht eine unüberwindbare Zulassungssperre ableiten lässt, die den Vorhabenträger hindert, an der Trassenauswahl und damit an der Inanspruchnahme des klägerischen Grundbesitzes festzuhalten. Die planfestgestellte Neubauvariante erscheint nämlich alternativlos. Darüber hinaus ist hier die Dimensionierung der Trasse nicht im Streit und kann sich eine Beeinträchtigung des Gemeinwohls, die die Antragstellerin geltend machen könnte, um den Eingriff in ihr Grundeigentum abzuwehren, auch unter diesem Aspekt nicht ergeben.
a) Die Antragstellerin macht in erster Linie geltend, das Waldgebiet “Doberau” südwestlich von Oßmaritz weise die Merkmale eines Vogelschutzgebietes auf, weshalb es den Schutz eines faktischen Vogelschutzgebietes genieße. Obwohl dieser Frage im Hauptsacheverfahren noch nachzugehen sein wird, liegen – angesichts des bislang erreichten Standes des Melde- und Gebietsausweisungsverfahrens – für die Richtigkeit der Auffassung der Antragstellerin bislang keine Anhaltspunkte vor, die zwingend erscheinen. Dass das Vorhaben Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – Vogelschutzrichtlinie (VRL) – verletzt, erscheint derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich.
Gebiete, die nach den Kriterien der Vogelschutzrichtlinie förmlich unter Vogelschutz hätten gestellt werden müssen, aber nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen worden sind, unterliegen dem vorläufigen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL (vgl. z.B. EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007 – Rs. C-418/04 – juris Rn. 84, vom 7. Dezember 2000 – Rs. C-374/98 – Slg. 2000, I-10799 Rn. 26, 42, 47, 57 und vom 2. August 1993 – Rs. C-355/90 – Slg. 1993, I-4221 Rn. 22). Dieses ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass bis zu einem Regimewechsel nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Habitat-Richtlinie (FFH-RL) – das Spektrum der Gründe, die eine Einschränkung des Vogelschutzes zugunsten eines Infrastrukturvorhabens rechtfertigen können, sehr eingeschränkt ist (vgl. EuGH, Urteile vom 28. Februar 1991 – Rs. C-57/89 – Slg. 1991, I-883 Rn. 22 ff., vom 2. August 1993 – Rs. C-355/90 – a.a.O. Rn. 19, 45 und vom 18. Dezember 2007 – Rs. C-186/06 – juris Rn. 37; BVerwG, Urteile vom 17. Januar 2007 – BVerwG 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 ≪59≫ und vom 1. April 2004 – BVerwG 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276 ≪287≫).
Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung der im Anhang I aufgeführten Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Art. 4 Abs. 2 VRL ergänzt diese Bestimmung dahin, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse die entsprechenden Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten treffen.
Aus diesen Regelungen folgt jedoch nicht, dass sämtliche Landschaftsräume unter Schutz gestellt werden müssen, in denen vom Aussterben oder sonst bedrohte Vogelarten vorkommen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten die Gebiete auszuwählen, die im Verhältnis zu anderen Landschaftsteilen am besten die Gewähr für die Verwirklichung der Richtlinienziele bieten. Schutzmaßnahmen sind danach zu ergreifen, soweit sie erforderlich sind, um das Überleben und die Vermehrung der in Anhang I aufgeführten Vogelarten und der in Art. 4 Abs. 2 VRL angesprochenen Zugvogelarten sicherzustellen. Die Auswahlentscheidung hat sich ausschließlich an diesen ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren. Eine Abwägung mit anderen Belangen findet nicht statt. Unter Schutz zu stellen sind die Landschaftsräume, die sich nach ihrer Anzahl und Fläche am ehesten zur Arterhaltung eignen. Welche Gebiete hierzu zählen, legt das Gemeinschaftsrecht nicht im Einzelnen fest. Jeder Mitgliedstaat muss das Seine zum Schutz der Lebensräume beitragen, die sich auf seinem Hoheitsgebiet befinden. Entscheidend ist die ornithologische Wertigkeit, die nach quantitativen und nach qualitativen Kriterien zu bestimmen ist. Je mehr der im Anhang I aufgeführten oder in Art. 4 Abs. 2 VRL genannten Vogelarten in einem Gebiet in einer erheblichen Anzahl von Exemplaren vorkommen, desto höher ist der Wert als Lebensraum einzuschätzen. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Lebensräume und Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C-355/90 – a.a.O. Rn. 26 ff.; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – BVerwGE 126, 166 ≪168 f.≫; Beschlüsse vom 24. Februar 2004 – BVerwG 4 B 101.03 – juris Rn. 13 und vom 12. Juni 2003 – BVerwG 4 B 37.03 – NVwZ 2004, S. 98; Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 95 f.).
Ob eine Ausweisung als Vogelschutzgebiet aus sachfremden Erwägungen unterblieben ist, ist gerichtlich voll überprüfbar. Die Identifizierung europäischer Vogelschutzgebiete in den Bundesländern unterliegt dagegen nur einer eingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL eröffnet den Mitgliedstaaten nämlich einen fachlichen Beurteilungsspielraum in der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien für die Erhaltung der in Anhang 1 der Richtlinie aufgeführten Vogelarten “zahlen- und flächenmäßig” am geeignetsten sind (EuGH, Urteile vom 28. Februar 1991 – Rs. C-57/89 – a.a.O. Rn. 20, vom 2. August 1993 – Rs. C-355/90 – a.a.O. Rn. 26 und vom 23. März 2006 – Rs. C-209/04 – Slg. 2006, I-2755 Rn. 33; BVerwG, Urteile vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. und vom 14. November 2002 – BVerwG 4 A 15.02 – BVerwGE 117, 149 ≪155≫).
Das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren hat einen fortgeschrittenen Stand erreicht, so dass zwischenzeitlich in Deutschland das von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz der Vogelschutzgebiete entstanden ist (vgl. Art. 4 Abs. 3 VRL). Dementsprechend verringert sich die gerichtliche Kontrolldichte und unterliegt Parteivorbringen, es gebe ein faktisches Vogelschutzgebiet, das eine “Lücke im Netz” schließe, besonderen Darlegungsanforderungen (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. S. 170 und vom 14. November 2002 – BVerwG 4 A 15.02 – a.a.O. S. 155 f.). Derzeit zeichnet sich nicht ab, dass ein Nachweis dafür geführt werden kann, dass – wie die Antragstellerin vermutet – sachfremde Erwägungen dafür ausschlaggebend waren, das Waldgebiet “Doberau” nicht in das Vogelschutzgebiet Nr. 33 einzubeziehen. Vielmehr spricht Vieles dafür, dass die Abgrenzung des Vogelschutzgebietes Nr. 33 auch aus ornithologischer Sicht vertretbar ist.
Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass das Waldgebiet “Doberau” als naturschutzfachlich wertvoll einzuschätzen ist, wie sich das auch dem Landschaftspflegerischen Begleitplan entnehmen lässt. Insbesondere ist dort festgehalten, dass die von der Neubautrasse durchschnittenen Waldstrukturen ein wichtiges Verbindungselement für den Lebensraumverbund zwischen den Waldflächen des Leutratales und den Waldflächen im Raum Nennsdorf darstellen. Jedoch ist nicht jedes Gebiet, auch wenn es als naturschutzfachlich wertvoll einzuschätzen ist, dort schützenswerte Vogelarten vorkommen oder diese Vogelarten dort zumindest einen Funktionsraum vorfinden, als ein faktisches Vogelschutzgebiet zu betrachten, sondern vielmehr nur ein solches, das die oben genannten Kriterien erfüllt.
Wenn bei der Auswahl und Abgrenzung eines Vogelschutzgebietes nach ornithologischen Kriterien vorzugehen ist, besagt dies zwar, dass die Notwendigkeit besserer Verkehrsverbindungen als Rechtfertigung für diese Entscheidungen untauglich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993 – Rs. C-355/90 – a.a.O. Rn. 37). Die mit der Vogelschutzrichtlinie verfolgte Zielsetzung verbietet es jedoch nicht, dass ornithologische Gesichtspunkte, die für eine bestimmte Abgrenzung sprechen, mit sonstigen raumordnerischen Gründen zusammenfallen. Der von der Antragstellerin geäußerte Verdacht, dass das Gebiet westlich von Oßmaritz nur deswegen ausgespart worden sei, um die Neubauvariante zu ermöglichen, ist auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes nicht zu erhärten.
Die Einrichtung des Vogelschutzgebietes Nr. 33 steht im Zusammenhang mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission hat von verschiedenen Bundesländern, darunter auch dem Antragsgegner, die Nachmeldung weiterer Vogelschutzgebiete gefordert (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 2 S. 21). Das Verzeichnis der “Important Bird Areas” (IBA) für Thüringen, das die Fläche des Vogelschutzgebietes Nr. 33 nicht aufführte, wurde von der Kommission nicht als zureichende fachliche Referenz für die Auswahl von besonderen Schutzgebieten (Special Protection Areas – SPA) gemäß der Vogelschutzrichtlinie gewertet. Daraufhin wurde von der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie in Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt ein Fachkonzept mit wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete erstellt (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 3) und an die Kommission übermittelt. Neben den ursprünglich ausgewiesenen 11 Vogelschutzgebieten wurden auf der Grundlage dieses Fachkonzepts in Thüringen weitere 33 Vogelschutzgebiete eingerichtet, mit denen die europarechtlich geforderte Mindestrepräsentanz Anhang-I-geschützter Arten erreicht werden konnte (Werres u.a., Ausweisung neuer EG-Vogelschutzgebiete – Thüringen schützt seine Vogelwelt in: Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 2007, S. 66). Das Vogelschutzgebiet Nr. 33 wurde anhand des vorhandenen Datenmaterials, das über Jahre zusammengetragen worden war, festgelegt. Als wertgebende Vogelarten wurden Grauspecht, Heidelerche, Mittelspecht, Neuntöter, Rauhfußkauz, Schwarzspecht, Sperlingskauz, Uhu, Wespenbussard und Ziegenmelker angesehen und bei der Gebietsabgrenzung die Häufigkeit ihres Vorkommens im Gebiet zugrunde legt. Die Gebietsabgrenzung berücksichtigt zudem das FFH-Gebiet “Leutratal-Cospoth-Schießplatz Rothenstein” (Nr. 129 = DE 5135 301). Dass von der Kommission weiterhin Einwände gegen die Ausweisung und Abgrenzung der Vogelschutzgebiete in Thüringen erhoben werden, wird von der Antragstellerin nicht dargelegt.
Soweit die Antragstellerin einwendet, gerade die im Gebiet “Doberau” vorhandene Brutvogelfauna fordere eine Erweiterung des Vogelschutzgebietes Nr. 33, kann sie damit voraussichtlich nicht durchdringen. Die Ausweisung eines Vogelschutzgebietes setzt voraus, dass das betreffende Gebiet nach den “besten verfügbaren wissenschaftlich ermittelten Fakten” (so z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 – Rs. C-334/04 – NuR 2007, S. 827 Rn. 32) die oben genannten Kriterien erfüllt und zu den geeignetsten Gebieten gehört. Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht schlüssig, dass der Freistaat Thüringen bei der Gebietsmeldung für das Vogelschutzgebiet Nr. 33 die besten verfügbaren Quellen über hinreichend konstante Populationen der Anhang-I-Vogelarten ignoriert hätte. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin nunmehr aufgrund zum Teil erst im Frühjahr 2007 – also nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses – durchgeführter Begehungen das Vorkommen einzelner Exemplare von Anhang-I-Vogelarten darlegt, zwingt nicht zu dem Schluss, es handele sich um ein faktisches Vogelschutzgebiet.
Zwar sind auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gebietsabgrenzungen zu berücksichtigen, so dass herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten ggf. auch dann noch unter Schutz zu stellen sind, wenn sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie herausgestellt hat (vgl. EuGH, Urteile vom 23. März 2006 – Rs. C-209/04 – a.a.O. Rn. 43 und vom 25. Oktober 2007 – Rs. C-334/04 – a.a.O.). So dürfte die Sache hier aber nicht liegen. Denn der Bereich des Waldgebietes “Doberau”, der nur zu einem kleineren Teil auch von der Neubautrasse erfasst wird, beherbergt nur eine geringe Anzahl von für das festgelegte Vogelschutzgebiet wertgebenden Vogelarten, wie sich aus der von der Antragstellerin vorgelegten “Naturschutzfachlichen Bewertung der Avifauna des Waldgebietes ‘Doberau’”, Tab. 3 S. 8, ergibt: Mittelspecht 2 Brutpaare (BP), Neuntöter 2 BP, Schwarzspecht 2 BP, Grauspecht 1 BP, des Weiteren – nicht als wertgebend für das Vogelschutzgebiet angesehen – die Hohltaube mit 3 BP sowie die Misteldrossel mit 5 BP. Demgegenüber finden sich im gemeldeten Vogelschutzgebiet für den Mittelspecht 50 – 60 BP, den Neuntöter 60 – 90 BP, den Schwarzspecht 25 – 35 BP und den Grauspecht 15 – 25 BP (Akte EG-VSG Nr. 33 Unterlage 5). Die Behauptung der Antragstellerin, die Habitateignung der ausgesparten Flächen liege im Vergleich zu den anderen Flächen des Vogelschutzgebietes Nr. 33 im oberen Bereich, ist deshalb – auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Größenverhältnisse der Flächen – in Frage zu stellen. Die Bestandszahlen einmaliger Zählungen sind zudem für die Schutzgebietsausweisung nicht allein maßgebend. Vielmehr sind nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 VRL auch Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten zu berücksichtigen (vgl. Kerkmann, in: Kerkmann (Hrsg.), Naturschutzrecht in der Praxis, § 8 Rn. 14). Der mit der Richtlinie erstrebte Schutz der wildlebenden Vogelarten wird schließlich durch die insgesamt in Thüringen gemeldeten Vogelschutzgebiete und die Repräsentanz der geschützten Arten mit einiger Sicherheit bereits erreicht. Danach kann es voraussichtlich nicht beanstandet werden, dass der Antragsgegner das Gebiet “Doberau” nicht als zu den für die Erhaltung der in Anhang I aufgeführten Arten am geeignetsten angesehen hat (vgl. zum diesbezüglichen “Ermessensspielraum” EuGH, Urteil vom 23. März 2006 – Rs. C-209/04 – a.a.O. Rn. 33).
b) Die Antragstellerin kann auch nicht damit durchdringen, dass sie die Abgrenzung des FFH-Gebietes Nr. 129 (= DE 5135 301) in Frage stellt und bemängelt, dass das Gebiet westlich von Oßmaritz nicht ebenfalls von der Gebietsausweisung erfasst ist. Es mag dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Gerichte noch befugt sind, die Gebietsabgrenzung zu überprüfen. Das Gebiet ist inzwischen als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region durch die EU-Kommission bestätigt (vgl. die Entscheidung der Kommission vom 13. November 2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung einer ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (ABl L 12 S. 383 vom 15. Januar 2008). Damit ist die Phase 2 der Einrichtung des ökologischen Netzes “Natura 2000” abgeschlossen (vgl. dazu Boye, Natura 2000 vor der Vollendung: Aktualisierung des europäischen Netzes der FFH-Schutzgebiete, Umwelt 2007, S. 529 f.). Der Senat entnimmt der Listenaufnahme des Gebietes, dass seitens der EU-Kommission keine Einwände gegen die Abgrenzung des Gebietes erhoben wurden. Über ein Konzertierungsverfahren nach Art. 5 FFH-RL wegen des hier in Rede stehenden Gebietes, das die Auffassung der Antragstellerin stützen könnte, ist nichts dargelegt. Damit ist davon auszugehen, dass die Abgrenzung des FFH-Gebietes jedenfalls nach Kriterien erfolgt ist, die der FFH-Richtlinie entsprechen. Soweit überhaupt nach dem Abschluss der Phase 2 noch Raum für die Annahme potenzieller FFH-Gebiete sein könnte (vgl. zu dem entsprechenden Problem bei der Vogelschutzrichtlinie EuGH, Urteil vom 23. März 2006 – Rs. C-209/04 – a.a.O. Rn. 43), bedarf es einer besonderen Substantiierung der Einwände, die geeignet sein kann, die Sachgerechtigkeit der von den verschiedenen eingeschalteten Gremien überprüften Ergebnisse zu erschüttern. Dabei genügt es nicht, die Gleichwertigkeit des angeblichen potenziellen Schutzgebietes zu behaupten und auf Tatsachen, die bereits in die Gebietsabgrenzung eingeflossen sind, zurückzugreifen (vgl. die “Gutachterliche Stellungnahme” von Dr. Jochen W… “Naturschutzfachliche Bewertung des Waldgebietes ‘Doberau’ unter besonderer Berücksichtigung der Forderungen gemäß EG-Richtlinie 39/708 EWG und EG-Richtlinie 92/43/EWG” vom 15. Juli 2007 nebst Nachtrag vom 30. Juli 2007). Die von der Antragstellerin vorgelegte Stellungnahme bewertet die zugrunde liegenden Tatsachen anders als die zuständige Fachbehörde und führt neue Erhebungen zu den dort vorkommenden Brutvogelarten an. In die Ausweisung eines FFH-Gebietes fließt eine Vielzahl naturschutzfachlich bedeutsamer Tatsachen ein. Die sich aus der Zusammenschau ergebende Bewertung durch die Fachbehörde wird nicht dadurch erschüttert, dass die Veränderung einzelner Parameter behauptet wird.
c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war der Antragsgegner nach dem derzeitigen Sachstand nicht gezwungen, ein Abweichungsverfahren nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL durchzuführen, weil erhebliche Belastungen infolge der NO(x)-Belastung für den Lebensraumtyp Kalk-Trockenrasen (Code 6210*) oberhalb des Westportals im FFH-Gebiet Nr. 129 entstehen.
Nach § 26b Abs. 3 ThürNatG, der Art. 6 Abs. 3 FFH-RL in das Landesrecht umsetzt, ist ein Projekt wie die hier geplante Neubautrasse unzulässig, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung, wie es hier vorliegt, in seinen für die Erhaltungsziele oder für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann.
Der Planfeststellungsbeschluss geht entsprechend der FFH-Verträglichkeitsprüfung vom Mai 2003 und der Ergänzung vom September 2005 davon aus, dass es im FFH-Gebiet im Bereich der beiden Tunnelportale und des Abluftkamins (vgl. Ergänzungen zur Verträglichkeitsprüfung September 2005 S. 13 ff.) zu einem Schadstoffeintrag kommt, der sich langfristig auf die Artenzusammensetzung und Standortverhältnisse der besonders wertvollen Kalk-Trockenrasen mit orchideenreichen Beständen (Code 6210* prioritärer LRT) und Kalk-Pionierrasen (Code 6110* prioritärer LRT) negativ auswirken könnte. Lege man für die Beurteilung des Risikos der kritischen Belastung durch Nährstoffeinträge die “critical loads” zugrunde, sei unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die Bestandstrasse für den Bereich des Ostportals keine kritisch zu bewertende NO(x)-Belastung zu erwarten. Für das Westportal müsse demgegenüber aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse mit deutlich erhöhten Stickstoffeinträgen gerechnet werden (Tunnelsituation, besondere klimatische Verhältnisse und Topografie). Diesen zusätzlichen Belastungen durch verkehrsbedingte Nährstoffeinträge stünden jedoch gleichzeitig Entlastungswirkungen gegenüber, die der Rückbau der Bestandstrasse mit sich bringe. In der Bilanz ergebe sich keine größere Beeinträchtigung als bei der Null-Variante, so dass das Vorhaben das Gebiet Nr. 129 nicht erheblich im Sinne des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL beeinträchtige.
Für diese Betrachtungsweise lässt sich anführen, dass sie dem Schutzgebot des § 26b Abs. 3 ThürNatG, Art. 6 Abs. 3 FFH-RL entsprechen dürfte, das darauf abzielt, solche Beeinträchtigungen zu verhindern, die den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zuwider laufen. In die Beurteilung ist einerseits eingestellt, welche Lebensräume durch einen zusätzlichen Schadstoffeintrag beeinträchtigt werden können, ohne dass dies allerdings feststeht. Als Vermeidungsmaßnahmen sind hier Immissionsschutzpflanzungen vorgesehen und ein 10-jähriges Monitoring mit einem Pflegemanagement zur Verbesserung der Standortfaktoren (vgl. Planfeststellungsunterlage 12 Landschaftspflegerischer Begleitplan – LBP – Maßnahme V 2.7). Gleichzeitig wird darauf abgestellt, dass infolge der Rückbaumaßnahmen für wesentliche Teile des Gebietes die Standortfaktoren durch Reduzierung der Stickstoffeinträge positiv verändert werden. Gemessen am auf das Gebiet bezogenen Erhaltungsziel in Bezug auf die Standortveränderungen von FFH-relevanten Lebensräumen ist danach eine erhebliche Beeinträchtigung voraussichtlich zu verneinen.
d) Im Trassenbereich sind artenschutzrechtliche Tatbestände des § 42 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (– BNatSchG – i.d.F. des Gesetzes vom 25. März 2002, BGBl I S. 1193, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl I S. 2833) erfüllt. Dies wird sich voraussichtlich jedoch nicht als ein unüberwindbares Zulassungshindernis herausstellen.
aa) Nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u.a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses geht davon aus, dass durch das Vorhaben nicht benutzte Spechthöhlen durch das Abholzen von Bäumen zerstört werden. Nicht nur gerade besetzte Brutstätten sind geschützt, sondern auch regelmäßig benutzte Brutplätze (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. S. 174). Die Spechthöhlen werden zwar regelmäßig benutzt, nicht nur von Spechten, sondern auch von anderen geschützten Arten wie etwa der Hohltaube. Jedoch ist die Nutzung stets derselben Höhle für diese Tiere nicht notwendig (vgl. die Stellungnahme der Oberen Naturschutzbehörde Thüringen vom 12. April 2007 zur Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses). Es stellt sich deshalb die Frage, ob angesichts der Zielrichtung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, die Arterhaltung zu sichern, der Verbotstatbestand auch solche Brutstätten erfasst, deren erneute Nutzung denkbar, aber für die Erhaltung der Art nicht notwendig ist, weil in der Umgebung Brutstätten zur Verfügung stehen bzw. hergerichtet werden können, oder ob der Schutz erst dann entfällt, wenn eine Lebensstätte ihre Funktion endgültig verliert (in diesem Sinne Gellermann/Schreiber, Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen in staatlichen Planungs- und Zulassungsverfahren 2007, S. 50 f., a.A. wohl Fellenberg, in: Kerkmann, Naturschutzrecht in der Praxis, 2007, § 7 Rn. 71 z.B. für Spechthöhlen). Soweit in dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten (R…, Naturschutzfachliche Bewertung der Avifauna des Waldgebietes “Doberau” vom 20. Juni 2007, zit. R…) darauf abgestellt wird, dass etliche Vogelarten dieselben Höhlen im Trassenbereich über mehrere Jahre benutzen, schließt das die Annahme der Oberen Naturschutzbehörde nicht aus, wonach die Höhlenbewohner zwar auf Spechthöhlen angewiesen sind, nicht aber notwendigerweise auf immer dieselben. Es mag aber letztlich hier dahinstehen, ob die Beseitigung der Spechthöhlen vom Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfasst ist. Denn im Sinne einer worst-case-Betrachtung wurde insoweit jedenfalls – wie noch auszuführen sein wird – rechtmäßig eine Befreiung erteilt.
Die Antragstellerin macht weiterhin geltend, im Trassenbereich würden entgegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geschützte Niststätten besonders geschützter Vögel zerstört werden. Unter Niststätten im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sind als solche genutzte Nester von Vögeln zu verstehen. Darunter fallen auch gerade nicht besetzte, aber regelmäßig benutzte Nistplätze (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. S. 174). Entscheidend für die Auslegung, ob eine Niststätte vom Schutzbereich der Norm erfasst ist, dürfte deren Zielrichtung sein: nämlich die Teile eines Habitats besonders zu schützen, denen für die Arterhaltung eine besondere Bedeutung zukommt. Dazu dürfte nicht nur das konkrete Nest zählen, das vor der Zerstörung geschützt werden soll, solange es für das Brutgeschäft benötigt wird, sondern auch die Lebensstrukturen und am Standort vorhandenen besonderen Gegebenheiten, deren es bedarf, damit sich die Art erfolgreich reproduzieren kann (vgl. Gellermann/Schreiber, a.a.O. S. 44 f.). Das von dem Antragsgegner vorgelegte Artenschutzgutachten geht davon aus, dass sich – abgesehen von den oben genannten Spechthöhlen – die festgestellten Lebensstätten der Vögel weitgehend außerhalb der Flächenbeanspruchung durch die Trasse befinden (vgl. Artenschutzrechtliches Gutachten S. 39). Danach gibt es auch keine geschützten Niststätten besonders geschützter Vögel im Trassenbereich. Dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten lässt sich nichts anderes entnehmen. Zum Zeitpunkt der dortigen Untersuchung im Mai und Juni 2007 sollen im Trassenbereich verschiedene Arten, darunter streng geschützte, gebrütet haben. Damit wird geltend gemacht, dass deren Nester, falls sie auch bei Baubeginn dort brüten sollten, zerstört würden. Der Planfeststellungsbeschluss, der den Landschaftspflegerischen Begleitplan in Bezug nimmt, geht nicht von etwas anderem aus. Vielmehr werden ausdrücklich Vermeidungsmaßnahmen vorgeschrieben, die verhindern sollen, dass infolge der Bauarbeiten belegte Nester zerstört werden (vgl. LPB Maßnahmen-Blatt S. 361 Maßnahme V 2.1).
Dem Gutachten R… ist im Übrigen nicht zu entnehmen, in welchen Fällen über geschützte Nester hinaus Niststätten im Sinne der genannten Schutzvorschrift vorhanden sind. Es enthält keine Angaben darüber, für welche Arten ein Nistplatz im Bereich der Trasse für die Artreproduktion erforderlich ist. Die Aufstellung (R… S. 8) führt unter “Konflikt” nur insgesamt auf, wie viele Brutpaare verschiedener Vogelarten im Bereich der geplanten Trasse “direkt betroffen” wären, d.h. nach den Feststellungen dort gebrütet haben und dort ihr Brutrevier haben. Der Planfeststellungsbeschluss geht, dem Artenschutzgutachten folgend, davon aus, dass keine geschützten Lebensstätten von Flächenverlusten betroffen sind, allerdings Nahrungshabitate sowie potenzielle Brutreviere verloren gehen (vgl. Artenschutzgutachten Tab. 8). Nahrungshabitate und potenzielle Brutreviere sind vom Schutzbereich des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch nicht umfasst.
Die Antragstellerin rügt insoweit eine unzureichende Ermittlungstiefe. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere solche nach § 42 BNatSchG, eingreifen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. zu Eingriffen in Natur und Landschaft Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – a.a.O. S. 115; zur fachplanerischen Abwägung Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 45). Die Untersuchungstiefe hängt dabei maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben (vgl. Beschluss vom 18. Juni 2007 – BVerwG 9 VR 13.06 – juris Rn. 20). Sind von Untersuchungen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen quasi “ins Blaue hinein” sind nicht veranlasst. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt aber andererseits Ermittlungen, deren Ergebnisse die Planfeststellungsbehörde in die Lage versetzten, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Nur in Kenntnis dieser Fakten kann die Planfeststellungsbehörde beurteilen, ob Verbotstatbestände erfüllt sind (vgl. dazu etwa Gellermann/Schreiber, a.a.O. S. 200 f.). Angesichts des Umfangs der Ermittlungsergebnisse, die der Planfeststellungsbehörde vorlagen, waren weitere Ermittlungen nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht veranlasst. Den Planfeststellungsunterlagen lässt sich die Untersuchung des einschlägigen Gebietes u.a. auf die Vogelpopulation und sonstige Fauna entnehmen. Das artenschutzrechtliche Gutachten, das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, wertet eine Vielzahl von Daten aus (vgl. dort S. 6), die aus verschiedenen Quellen und Jahren stammen und so über einen Zeitraum von mehreren Jahren das Vorkommen der verschiedenen planrelevanten Arten dokumentieren. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan (S. 178 ff.) ist das Vorkommen zahlreicher Vogelarten belegt. Die gewonnenen Daten basieren u.a. auf einer umfassenden Kartierung, für die acht Begehungen in den Monaten März bis Juli 2002 stattgefunden haben (vgl. LBP S. 178), was anerkannten Standards genügt (vgl. dazu Südbeck u.a., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands, S. 46 ff.). Zusätzlich wurde für das Artenschutzgutachten eine Vogelkartierung in der ersten Aprilwoche 2007 vorgenommen. Dieses Gutachten zeigt insgesamt auf, dass im und um das Gebiet der planfestgestellten Trasse eine reichhaltige Avifauna existiert, aber nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geschützte Niststätten – abgesehen von Höhlen bewohnenden Arten – nicht betroffen sind. Das hat die Antragstellerin auch nicht widerlegt.
Der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist nach den Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses erfüllt, weil vom Vorhaben ausgehende bauzeitliche Beeinträchtigungen (Lärmimmissionen, Erschütterungen, visuelle Effekte) den nahe der Trasse am Westportal des Jagdbergtunnels befindlichen Horst eines Mäusebussards sowie potenzielle Spechthöhlen stören (worst-case-Betrachtung). Auch insoweit wurde jedoch eine Befreiung erteilt.
bb) Die Antragstellerin rügt, der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL sei deshalb erfüllt, weil sowohl Lebensstätten von geschützten Fledermausarten wie auch der Haselmaus vernichtet würden. Damit wird sie jedoch voraussichtlich nicht durchdringen.
Das zur Betroffenheit von Fledermäusen vorgelegte Gutachten (Dipl. Ing. Michael F…, Fachgutachterliche Stellungnahme “Kartierung der Fledermäuse (Chiroptera) im unteren Hangwald der ‘Doberau’”, S. 11, zit. Gutachten F…) beschränkt sich darauf, potenzielle Quartiere wie Spechthöhlen anzuführen und aus der Anzahl der Höhlen Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Quartieren zu ziehen. Nach den Untersuchungen, auf denen der Landschaftspflegerische Begleitplan beruht (vgl. dort S. 160 ff., 163), werden Quartiere von Fledermäusen nicht in Anspruch genommen, weil diese sich außerhalb der geplanten Trasse befinden, weshalb der Verbotstatbestand nicht erfüllt sei (vgl. Artenschutzgutachten S. 45 – 47 sowie die Auflistung im Landschaftspflegerischen Begleitplan S. 161 in Verbindung mit der Karte “Bestand und Bewertung von Flora und Fauna” Unterlage 12.1.1 Blatt 2a). Die Erwähnung von Fledermausquartieren in der Auflistung “Wirkfaktoren-Beeinträchtigungskette für den Konfliktbereich 2” im Landschaftspflegerischen Begleitplan (Tabelle 72 S. 250, 258) bedeutet nicht, dass dort abstrakt benannte Quartiere tatsächlich unmittelbar betroffen werden. Diese Auflistung soll Konflikte im untersuchten Bereich qualitativ und quantitativ aufzeigen, den funktionalen Wert bestimmen und Beeinträchtigung und Wirkfaktoren miteinander in Bezug setzen. Sie dient u.a. der Planung kompensierender Maßnahmen und bildet deshalb nicht notwendigerweise die für die artenschutzrechtliche Beurteilung notwendige Genauigkeit ab.
Ebenso wenig wird die Antragstellerin voraussichtlich mit ihrer Behauptung durchdringen, der Verbotstatbestand sei deshalb erfüllt, weil Fledermäuse durch die Kollision mit Kraftfahrzeugen getötet würden. Denn das Kollisionsrisiko wird gegenüber der bestehenden Situation nicht erhöht. Allerdings trifft es zu, dass durch die Neutrassierung bestehende Fledermausflugrouten beeinträchtigt werden (Konfliktbereiche 1 und 2, LBP S. 211, 246). Die Erhöhung der Mortalität wird jedoch durch kompensierende Maßnahmen verhindert. Es werden Überflughilfen für Fledermäuse im Querungsbereich der Magdel und im Bereich der Dammkrone, am Schorbacher Graben sowie am Nostengraben geschaffen wie die Pflanzung von hochwüchsigen Gehölzen und Bäumen sowie eine dichte Unterpflanzung, um ein Durchfliegen zu verhindern, was insbesondere die niedrig fliegenden Fledermausarten betrifft (Maßnahmen Nr. V 1.3, V 2.3, LBP S. 364). Eine Querung des Waldes am westlichen Tunnelportal entspricht nicht den im Landschaftspflegerischen Begleitplan (Karte 2a zu Unterlage 12.1.1) festgehaltenen Flugrouten.
Die Antragstellerin meint weiter, der Verbotstatbestand sei erfüllt, weil eine Haselmaus im Trassenbereich niste und deren Quartier zwangsläufig beim Bau entfernt werden müsse. Diese Bedenken lassen sich beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse nicht ausräumen. Zwar waren nach den dem Landschaftspflegerischen Begleitplan sowie dem Artenschutzgutachten zugrunde liegenden Daten Haselmausvorkommen angenommen worden, jedoch gerade nicht im Trassenbereich, sondern südwestlich von Oßmaritz und Leutra (LBP S. 176, 177, LINFOS-Daten Nr. 15; Artenschutzgutachten S. 16). Die Hinzuziehung dieser Daten genügte der Untersuchungstiefe, weil sie auch im Hinblick auf die Individuen einen hinreichenden Aufschluss gab. Das schließt es nicht aus, dass bei neuen Untersuchungen weitere Individuen gefunden werden. Die Planfeststellungsbehörde wird deshalb möglicherweise zu prüfen haben, in welcher Weise sie hier dem Artenschutz Rechnung trägt.
e) Der Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss geht davon aus, dass der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG wie auch des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL hinsichtlich eines Standortes des geschützten Frauenschuh erfüllt ist, weil dieser Standort am westlichen Tunnelportal beseitigt werden muss. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus weitere betroffene Standorte geltend macht, ist nicht zu erkennen, dass diese unmittelbar zerstört würden. Die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführten Untersuchungen weisen eine Reihe von weiteren Standorten aus, die nicht beseitigt werden müssen, auf die sich jedoch die zusätzlichen Nährstoffeinträge durch die NO(x)-Immission auswirken können (vgl. Ergänzungen zur Verträglichkeitsprüfung September 2005 S. 8, 15). Das Artenschutzgutachten geht im Anschluss an die Ausführungen dort davon aus, dass die Frauenschuhbestände von Nährstoffeinträgen nicht nachteilig betroffen sein werden. Eine Bindung der Pflanze an magere Standorte sei nicht bekannt. Festgestellt werden könne aber, dass die Frauenschuhbestände entlang der bisherigen Trasse der A 4 eine hohe Toleranz gegenüber Einträgen aus dem Straßenverkehr aufwiesen (Ergänzungen zur Verträglichkeitsprüfung September 2005 S. 15). Das kann die Antragstellerin voraussichtlich nicht mit Bezug auf die Stellungnahme R… (Dipl. Biologe Michael R…, Potentielle Wirkung von Stickstoffeinträgen in Kalk-Trockenrasen unter besonderer Berücksichtigung des Frauenschuh, vom 30. November 2007) widerlegen. Auch diese Stellungnahme geht davon aus, dass spezifische Untersuchungen für Orchideenstandorte in Bezug auf den Einfluss von Stickstoffeinträgen auf Mykorrhiza-Assoziationen nicht existieren. Auf die Stickstofftoleranz der vorhandenen Frauenschuhstandorte geht die Stellungnahme nicht ein, sondern äußert lediglich Vermutungen, dass sich die Population in zukünftigen Generationen verändern könnte.
f) Die Erfüllung der Verbotstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG dürfte der Zulassung des Vorhabens deswegen nicht entgegenstehen, weil eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG gewährt wurde oder – hinsichtlich des potenziellen Haselmausquartiers – zumindest nachträglich erteilt werden kann. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG kann eine Befreiung von den Verboten auf Antrag gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls dies erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL sowie die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen.
aa) Soweit eine Befreiung in Bezug auf die Spechthöhlen und die Störung eines Horstes des Mäusebussards erteilt worden ist, dürften voraussichtlich die Abweichungsvoraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a letzter Spiegelstrich VRL vorliegen.
Es gibt voraussichtlich keine andere zufriedenstellende Lösung, mit der die Beeinträchtigungen vermieden werden könnten. Der Begriff “andere zufriedenstellende Lösung” ist wie der Begriff der “Alternativlösung” in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar und im Hinblick auf das Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie zu verstehen (vgl. zu § 6 Abs. 4 FFH-RL Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ≪310≫; Gellermann/Schreiber, a.a.O. S. 72). Wie der Antragsgegner im Planfeststellungsbeschluss dargelegt hat (S. 38 – 40), erscheint von allen möglichen Varianten die gewählte am meisten geeignet, weil sie sowohl dem Schutz von Natur und Landschaft wie auch den verkehrlichen Belangen am besten Rechnung trägt. Das ist nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung nicht zu beanstanden.
Die von der Antragstellerin favorisierte Ausbauvariante hat der Antragsgegner nachvollziehbar als weniger geeignet angesehen. Sie war sowohl Gegenstand des Raumordnungsverfahrens wie auch der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Insgesamt wurde die Ausbauvariante für nicht mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar erklärt (Landesplanerische Beurteilung vom 30. April 2001, S. 66). Entscheidende Kriterien gegen die Ausbauvariante waren dabei vor allem die naturschutzfachliche Wertigkeit des Leutratales und der Schutz eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands. Eingriffe in das dort vorhandene FFH-Gebiet in einem größeren Umfang wären nicht vermeidbar gewesen. Hinzu kamen die Schwierigkeit des Baus unter laufendem Verkehr sowie die Steigungsstrecke am Amselberg, die bei einem Ausbau weiterhin bewältigt werden müsste. Vor allem ließe sich aber die Ausbauvariante nur unter Verstoß gegen das europäische Naturschutzrecht verwirklichen. Die Eingriffe in das geschützte Gebiet dürften ungeachtet der wirtschaftlichen Bedeutung des Ausbaus nicht erfolgen, weil eine Alternativlösung vorhanden ist, Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-RL. Schon deshalb scheidet diese Alternative aus (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 ≪264≫). Demgegenüber wird die Neubauvariante naturschutzfachlich als deutlich weniger kritisch eingeschätzt (vgl. Landesplanerische Beurteilung vom 30. April 2001, S. 26 ff.). Sie zerschneidet das FFH-Gebiet nicht, sondern berührt es allenfalls randlich. Die von der Antragstellerin ebenfalls favorisierte “Wanderheimvariante” ist bereits im Vorfeld weiterer Untersuchungen ausgeschieden, weil sie insgesamt schon aus topografischen Gründen erhebliche Schwierigkeiten aufweist, wegen des Tunnels mit etwa 4,5 km Länge und der erforderlichen Einschnitte in Hanglagen erhebliche Kostenfaktoren birgt und Überschussmassen anfielen, die nicht verbaut werden könnten. Darüber hinaus wäre eine Inanspruchnahme des FFH-Gebietes ebenfalls nicht zu vermeiden (vgl. Stellungnahme der DEGES ohne Datum). Eine Planungsalternative, die der Planungsbehörde bereits auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, kann schon in einem frühen Planungsstadium ausgeschieden werden (Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 ≪250≫). Deshalb kann es nicht als fehlerhaft angesehen werden, wenn diese Alternative nicht mehr vertiefend untersucht wurde und die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss auf diese Variante nicht mehr näher eingegangen ist. Das gilt ebenso hinsichtlich aller weiteren von der Antragstellerin favorisierten Varianten. Auch soweit die Antragstellerin die Verlängerung des Tunnels verlangt, kann darin keine andere zufriedenstellende Lösung im Hinblick auf den Befreiungstatbestand gesehen werden. Eine Tunnelverlängerung – gleichgültig ob mit einer Gradientenabsenkung oder in offener Bauweise – würde nach der Kostenschätzung des Antragsgegners, der die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten ist, Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe verursachen (ca. 27 Mio. €), zudem zusätzliche laufende Kosten für die Unterhaltung verursachen und wäre deshalb unverhältnismäßig. Selbst bei einer Verringerung dieses Betrages um mögliche Einsparungen, wie sie die Antragstellerin nunmehr behauptet, bleiben unverhältnismäßige Mehrkosten. Soweit, wie der Antragsgegner behauptet, die Tunnelverlängerung wegen der Topografie nur in offener Bauweise vorgenommen werden könnte, würde das Problem der Beseitigung von Spechthöhlen und der Störung des Horstes eines Mäusebussards nicht gelöst werden, weil auch für eine solche Lösung die beeinträchtigte Fläche in Anspruch genommen werden müsste.
Die Abweichung ist voraussichtlich auch im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a letzter Spiegelstrich VRL zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt zulässig. Der Antragsgegner hat im Verfahren dargelegt, dass die Neubauvariante planfestgestellt wurde, um das gemeldete FFH-Gebiet Nr. 129 im Leutratal zu schonen. Allerdings dient die planfestgestellte Trasse nicht in erster Linie dem Schutz der Pflanzen- und Tierwelt, sondern der Bewältigung der Verkehrsströme. Jedoch fordern weder der Wortlaut der Vorschrift noch sein Zweck, dass eine Abweichung von Art. 5 VRL ausschließlich auf dem Schutz der Pflanzen- und Tierwelt beruhen darf. Der Schutzfunktion der strengen Abweichungsregeln (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 7. März 1996 – Rs. C-118/94 – Slg. 1996, I-1244 Rn. 21 f.) ist jedenfalls genügt, wenn die Maßnahme für die Pflanzen- und Tierwelt auch einen Schutz bezweckt, der ihre Existenzbedingungen erhält und deutlich verbessert und jedenfalls in seiner Bedeutung über die Maßnahme hinausgeht, die die Abweichungsentscheidung ausgelöst hat. Die konkrete Planung mit den gegenüber der Ausbautrasse erheblichen Mehrkosten, die der Bau des Jagdbergtunnels verursacht, wurde gewählt, um das im Leutratal gelegene FFH-Gebiet zu schützen. Durch den Rückbau der Bestandstrasse wird die Zerschneidung des Gebietes aufgehoben und eine zusammenhängende Fläche entstehen, die den vorhandenen Raum, der geprägt ist von streng und besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten und als Funktionsraum und -komplex mit sehr hohem funktionalem Wert beurteilt wurde (LBP S. 193 f.), aufwertet. Dem Ziel der Vogelschutzrichtlinie, u.a. die wildlebenden europäischen Vogelarten zu schützen (Art. 1 VRL), ihren Bestand zu erhalten oder zu entwickeln (Art. 2 VRL) sowie Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen (Art. 3 VRL), wird im konkreten Fall Rechnung getragen. Das Vogelschutzgebiet Nr. 33 deckt sich im Leutratal im Bereich der Bestandstrasse mit der Fläche des FFH-Gebietes Nr. 129, so dass bei einem Wegfall der Zerschneidungswirkungen auch für die Avifauna die Beeinträchtigung des Lebensraumes, die durch die Bestandstrasse entsteht, aufgehoben wird (vgl. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL). Dem stehen bei Beachtung von Art. 13 VRL weniger gewichtig gegenüber die Beseitigung derzeit nicht genutzter Baumhöhlen ohne konkrete artspezifische Zuordnung sowie die Störung eines Horstes des in seinem Bestand ungefährdeten Mäusebussards und – möglicherweise – die Beseitigung eines Haselmausquartiers.
bb) Die Befreiung vom Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, Art. 13 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL hinsichtlich eines Frauenschuhstandortes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner ist auch hier zu Recht davon ausgegangen, dass überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern (§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG) und die Maßnahme im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt dient, es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und darüber hinaus die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.
Die oben dargestellten Gründe für den Neubau der Trasse werden sich voraussichtlich als zwingend erweisen, weil die verkehrliche Belastung der A 4 für die Zukunft unter weitestgehender Schonung von Natur und Landschaft anders nicht bewältigt werden kann. Wie bereits oben ausgeführt, gibt es keine andere zufriedenstellende Alternative. Als solche Alternative stellt sich auch nicht die Verlängerung des Tunnels am Westportal dar. Bei der von dem Antragsgegner für erforderlich gehaltenen offenen Bauweise müsste die Trasse im Anschluss an das Tunnelportal überdeckt werden. In diesem Fall müsste aber ebenfalls die Fläche um das vorgesehene Tunnelwestportal in Anspruch genommen werden, so dass auch dann der Frauenschuhstandort betroffen wäre. In jedem Fall wäre aber, auch wenn eine Verschiebung des Westportals anders als in offener Bauweise erstellt werden könnte, die Tunnelverlängerung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden.
Schließlich ist die Planfeststellungsbehörde entsprechend dem Artenschutzgutachten (S. 43) davon ausgegangen, dass die Bestände in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben werden. Im Hinblick auf das Ziel der FFH-Richtline, nämlich die Artenvielfalt zu sichern (Art. 2 Abs. 1 FFH-RL), kommt es hierbei nicht darauf an, jede lokale Art an ihrem Ort zu schützen, sondern es bedarf einer gebietsbezogenen Betrachtung, für die der Behörde ein naturschutzfachlicher Einschätzungsspielraum eingeräumt ist (vgl. zu dem entsprechenden Begriff in der Vogelschutzrichtlinie Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. S. 179). Es kommt für die Beurteilung nämlich auf pflanzenkundliche Kriterien an. Die hierzu erforderlichen Maßnahmen – Umsetzung des direkt betroffenen Frauenschuhstandortes, Aufwertung eines betroffenen Frauenschuhstandortes und Monitoring vorhandener Frauenschuhstandorte (S. 43 Artenschutzgutachten, Maßnahmen V 2.6, S. 368 LBP, A 2.20, S. 465 LBP) – sind im Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss mit Bezug auf das Artenschutzgutachen und den Landschaftspflegerischen Begleitplan angesprochen. Da Frauenschuhvorkommen vor allem durch Ausgraben und Ausdunkeln zurückgehen (vgl. Ergänzungen zur Verträglichkeitsprüfung September 2005 S. 9), ist es nachvollziehbar, dass die vorgesehenen Maßnahmen angesichts der insgesamt vorhandenen Standorte einen günstigen Erhaltungszustand der Art bewirken.
g) Der Planfeststellungsbeschluss erkennt zutreffend, dass die Maßnahme einen Eingriff in die Belange von Natur und Landschaft bedeutet und die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen nach § 7 ThürNatG auszugleichen oder zu kompensieren sind. Nach § 7 Abs. 2 ThürNatG sind vermeidbare Eingriffe zu unterlassen. Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind auszugleichen. Unvermeidbare Beeinträchtigungen, die nicht ausgleichbar sind, sind nach § 7 Abs. 3 ThürNatG in sonstiger Weise zu kompensieren. Zum Umfang des Eingriffs in Natur und Landschaft, den Minimierungs- und Vermeidungs-, den Ausgleichs- sowie den sonstigen Kompensationsmaßnahmen verweist der Planfeststellungsbeschluss auf den Landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem im Einzelnen die notwendigen Eingriffe und die beabsichtigten Maßnahmen beschrieben sind, sowie auf die durchgeführten Untersuchungen und ihre Ergebnisse. Der Planfeststellungsbeschluss geht abschließend davon aus, dass die dort dargestellten Maßnahmen genügen, um die durch das Vorhaben hervorgerufenen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu minimieren, auszugleichen bzw. in sonstiger Weise zu kompensieren. Insoweit ist der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative einzuräumen. Die Frage, ob ein Ausgleich vorliegt oder Ersatzmaßnahmen geeignet sind, den Eingriff zu kompensieren, ist eine naturschutzfachliche Fragestellung, die nur in einer gebietsbezogenen Gesamtbetrachtung beantwortet werden kann. Sie entzieht sich deshalb einer uneingeschränkten richterlichen Überprüfung.
Im Landschaftspflegerischen Begleitplan ist für das gesamte betroffene Gebiet im Einzelnen aufgeführt, unterschieden nach den verschiedenen Naturvorkommen, in welchem Umfang welche Art betroffen sein kann und welche Maßnahmen getroffen werden können, Beeinträchtigungen zu vermeiden, auszugleichen oder in sonstiger Weise zu kompensieren. Die dabei getroffenen Aussagen hat die Antragstellerin nicht substantiiert widerlegt. Zwar verweist sie darauf, dass Biotope streng geschützter Arten im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG – Frauenschuhbestände, Fledermausarten und Vogelarten – westlich von Oßmaritz zerstört würden, die nicht oder nur schwer regenerierbar seien. Insoweit deckt sich ihre Einschätzung jedoch mit den Feststellungen des Landschaftspflegerischen Begleitplanes, der dem Waldbiotopkomplex im Waldbereich um Oßmaritz bis Pösen einen sehr hohen funktionalen Wert beimisst (S. 245).
Dementsprechend sieht der Plan zunächst Vermeidungsmaßnahmen vor (S. 361). Angesichts der Tiefe des Eingriffs lässt sich eine Beeinträchtigung allerdings nur in einem geringen Umfang vermeiden. Im Übrigen hat der Vorhabenträger deshalb Ausgleich zu schaffen, der den Verlust der Habitate auffangen soll (vgl. S. 421 ff.). Die Maßnahmen sind im Einzelnen beschrieben, wobei der Rückbau der Bestandstrasse als die bedeutendste Maßnahme zu werten sein dürfte. Dieser Ausgleich ist auch als ortsnah anzusehen. Der räumliche Bereich, in dem Ausgleichsmaßnahmen in Betracht kommen, wird durch den Standort des Vorhabens vorbestimmt. Ausgleichsmaßnahmen müssen so beschaffen sein, dass in dem von dem Vorhaben betroffenen Landschaftsraum ein Zustand herbeigeführt wird, der den früheren Zustand in der gleichen Art und mit der gleichen Wirkung wiederherstellt (Urteil vom 1. September 1997 – BVerwG 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 ≪185≫). Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 ThürNatG ist die Beeinträchtigung des Naturhaushaltes ausgeglichen, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen wiederhergestellt sind. Dies ist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 ThürNatG der Fall, wenn sich diese Maßnahmen am Eingriffsort funktionsstabilisierend auswirken, so dass keine erheblichen Beeinträchtigungen auf Dauer zurückbleiben. Davon ist die Planfeststellungsbehörde nachvollziehbar ausgegangen. Die Bestandstrasse verläuft nahe an der Plantrasse. Der Rückbau wirkt auch auf den Eingriffsort zurück, weil der gesamte Bereich südlich des vorgesehenen Tunnels und der Plantrasse als ein zusammenhängender Naturraum hergestellt wird (vgl. die Darstellung im LBP S. 421 ff.). Mit zahlreichen weiteren ergänzenden Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass sich neue Habitate für alle betroffenen Arten bilden können. Der Frauenschuhbestand im Bereich des geplanten Westportals soll unter fachkundiger Anleitung umgesetzt werden in den Bereich eines weniger gut erhaltenen Bestandes, der durch Auslichtungsmaßnahmen aufgewertet werden soll. Durch ein 10 Jahre andauerndes Monitoring mit entsprechend angepassten Pflegemaßnahmen wird eine optimale Entwicklung des Standortes sichergestellt (vgl. S. 465). Eine Abwägung nach § 7 Abs. 4 ThürNatG musste danach nicht mehr erfolgen.
2. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt bei summarischer Prüfung auch nicht gegen das in § 17 Satz 2 FStrG normierte fachplanerische Abwägungsgebot.
a) Fehler bei der Abwägung der Trassenalternativen sind auch insoweit nicht erkennbar. Die Auswahl unter verschiedenen für ein Vorhaben in Frage kommenden Trassenvarianten ist ungeachtet hierbei zu berücksichtigender rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Sie ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich. Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer “besseren” Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenalternativen sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt als die schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – a.a.O. S. 41). Die Planfeststellungsbehörde ist zudem befugt, schon in einem frühen Planungsstadium solche Planungsalternativen auszuscheiden, die nach Art einer Grobanalyse ernsthaft nicht in Betracht kommen. Die Behörde muss nicht alle denkbaren Vorhabensvarianten untersuchen (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331 ≪345≫). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde aller Voraussicht nach nicht in einer Weise als abwägungsfehlerhaft, die vom Senat als erheblich im Sinne des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG beanstandet werden könnte. Wie oben (S. 22) bereits ausgeführt, durfte die Planfeststellungsbehörde die Neubauvariante als die am meisten geeignete auswählen, weil sie den Anforderungen an die Bewältigung des zukünftigen Verkehrs Rechnung trägt und gleichzeitig die Belange des Naturschutzes dadurch wahrt, dass sie die wertvollen geschützten Lebensräume im Leutratal erhält, die Zerschneidung des FFH-Gebietes Nr. 129 und des Vogelschutzgebietes Nr. 33 durch den Rückbau der Bestandstrasse entfällt und so der Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt sowie der Erholungsraum für die Menschen erweitert und von Störungen freigehalten wird. Die Ausbauvariante scheidet schon wegen der Inanspruchnahme der geschützten Lebensräume im FFH-Gebiet Nr. 129 aus. Die “Wanderheimvariante” konnte aus den genannten Gründen schon im Vorplanungsstadium ausgeschieden werden.
b) Der Planfeststellungsbeschluss bewältigt auch das Problem der Gefahrguttransporte. Zumindest ist nichts dafür ersichtlich, dass sich unter diesem Gesichtspunkt ein unüberwindbares Zulassungshindernis ergibt, das den Vorhabenträger hindert, an der Trassenauswahl und damit an der Inanspruchnahme des klägerischen Grundbesitzes festzuhalten.
Die straßenverkehrsrechtliche Regelung für Gefahrguttransporte obliegt nicht der Planfeststellungsbehörde. Im Planfeststellungsbeschluss sind jedoch die bautechnischen Probleme zu bewältigen, die ein Straßentunnel für die Durchleitung des Gefahrgutverkehrs aufwirft. Dem kommt der Planfeststellungsbeschluss nach. Nach den Auflagen zur Projektgestaltung (S. 16 – 18) ist der Tunnel nach den einschlägigen Vorschriften zu errichten, darunter die “Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln” (RABT), die entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2004/54/EG über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz vom 29. April 2004 (ABl L 167 S. 39) im Jahre 2006 überarbeitet wurde. Einen Ausschluss von Gefahrguttransporten gibt es für den Tunnelbetrieb nicht. Die im Planfeststellungsbeschluss geforderte Risikoanalyse liegt inzwischen vor. Die Ergebnisse der Risikoanalyse, die die RABT für Tunnel ab 400 m vorschreibt, können dazu führen, dass durch zusätzliche bauliche, technische und/oder organisatorische Maßnahmen Eintrittswahrscheinlichkeiten reduziert und/oder Ausmaße von Störfällen begrenzt werden können (RABT Ausgabe 2006 S. 50). Das im Planfeststellungsbeschluss geforderte Gesamtsicherheitskonzept liegt ebenfalls vor.
c) Die Planfeststellungsbehörde hat die durch das Vorhaben für die betroffenen Wohngebiete entstehenden Probleme durch Luftschadstoffeintrag beanstandungsfrei erörtert und abgewogen.
Ein Verstoß gegen die Abwägungsdirektiven des § 50 BImSchG, wie es die Antragstellerin geltend macht, kann nach der summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen auf Wohngebiete wurden bei der Trassenführung so weit wie möglich vermieden.
Im Planfeststellungsbeschluss (S. 89 ff.) ist im Einzelnen dargelegt, auf welchen Berechnungsmethoden und Programmen die Untersuchung der Immissionen verkehrsbedingter Luftschadstoffe beruht. Das zugrunde liegende Gutachten samt Ergänzung (Luftschadstoffuntersuchung des Ingenieurbüros L… vom November 2004 mit Ergänzung vom Dezember 2005, Unterlage 11. A) ergibt die Einhaltung der Werte der 22. BImSchV auch unter Berücksichtigung der geänderten Planung, die die Plantrasse ca. 25 m näher an Bucha heranrückt. Die Berechnungen wurden in der fachtechnischen Stellungnahme der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie vom 12. Mai 2005 bestätigt. Das umfasst auch die Möglichkeit, die besonderen meteorologischen Verhältnisse des Gebietes mittels der angewandten Rechenverfahren zu berücksichtigen. Die Schadstoffbelastung im Bereich Nennsdorf wurde in der Ergänzung zur Schadstoffuntersuchung vom Dezember 2005 in die Betrachtungen einbezogen. Die Berechnungen ergaben eine Unterschreitung der Grenzwerte im Bereich der Wohnbebauung sowohl für den NO(2)-Jahresmittelgrenzwert, den NO(2)-Kurzzeitgrenzwert wie auch den Jahresmittelwert der PM(10)-Belastung (Ergänzung S. 19, 20).
d) Abwägungsmängel im Hinblick auf die eigentumsrechtlichen Belange der Antragstellerin lässt der Planfeststellungsbeschluss ebenfalls nicht erkennen. Allerdings werden ihre Belange im Planfeststellungsbeschluss nur im Hinblick auf die Waldgrundstücke (vgl. S. 120) ausdrücklich erwähnt, obwohl eine weitaus größere, dauerhaft landwirtschaftlich genutzte Fläche ebenfalls in ihrem Eigentum steht. Das ist jedoch unschädlich, weil die Planfeststellungsbehörde alle für die Abwägung erforderlichen Umstände in ihre Überlegungen eingestellt hat. Die zu enteignenden Flächen sind im Grunderwerbsverzeichnis aufgeführt. Im Einzelnen ist bezeichnet, welche Flächen zu erwerben sind und welche nur vorübergehend in Anspruch genommen werden. Aus den Grunderwerbsplänen, die wie das Grunderwerbsverzeichnis Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sind, ergeben sich die Größe und die Lage der Grundstücke der Antragstellerin. Danach war der Behörde die Inanspruchnahme der Grundstücke der Antragstellerin bewusst. Sie hat nicht übersehen, dass die Antragstellerin durch die Inanspruchnahme landwirtschaftlich genutzter Flächen Einbußen erleidet. Im Grunderwerbsverzeichnis ist das Pachtverhältnis bezeichnet. Individuelle Interessen, die über den Umstand ihrer eigentumsrechtlichen Betroffenheit hinausgehen und im Planfeststellungsbeschluss hätten besonders erwähnt werden müssen, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Im Planfeststellungsbeschluss setzt sich die Planfeststellungsbehörde mit den Interessen einer Reihe von Grundstückseigentümern auseinander und weist nach Abwägung den öffentlichen Interessen an der Baumaßnahme den Vorrang zu. Das genügt mangels weiteren individuellen Vorbringens der Antragstellerin dem Abwägungsgebot des § 17 Satz 2 FStrG.
3. Von diesen Erwägungen ausgehend hält der Senat das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Planfeststellung für besonders gewichtig und hinreichend geeignet, die gegenläufigen privaten Interessen der Antragstellerin zu überwinden. Auslöser für den Rechtsschutz, der einem Grundeigentümer zusteht, wenn er von enteignungsrechtlichen Vorwirkungen betroffen ist, ist und bleibt die Beeinträchtigung in eigenen Rechten. Zu seinen Gunsten kann das Gemeinwohl nicht mit ausschlaggebendem Gewicht angeführt werden, wenn – wie hier – die bisher vorliegenden Erkenntnisse dafür sprechen, dass die planfestgestellte Trassenvariante alternativlos ist und auch die Dimensionierung der Trasse nicht dem Gemeinwohl widerstreitet. Das Interesse der Antragstellerin, dass hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung verbleibende Zweifelsfragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Hauptsacheverfahren vorweg abschließend geklärt werden, erweist sich unter diesen Umständen nicht als gewichtig genug, um einen Baustopp zu rechtfertigen. Im Gegenteil würde ein Baustopp eher eine Gefahr für das Gemeinwohl nach sich ziehen.
Wenn sich die Antragstellerin zur Verteidigung ihrer Eigentümerstellung darauf beruft, im Interesse des Gemeinwohls zu handeln, überzeugt dies nicht. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters dient es insbesondere nicht einem wohlverstandenen Schutz der Natur, das planfestgestellte Vorhaben weiter zu verzögern. Die sechsstreifige Erweiterung der A 4 in Thüringen kann als Lückenschluss innerhalb der mit den “Vorhaben Deutsche Einheit” (VDE) angestrebten und weitgehend realisierten Netzstruktur der deutschen Autobahnen nicht nur unter dem Aspekt der Verkehrsbelange höchste Priorität beanspruchen. Kennzeichnend für den streitigen Bauabschnitt ist, dass mit der Verlagerung der Trasse in den Jagdbergtunnel darüber hinaus eine dringlich erscheinende Lösung schwerwiegender Konflikte mit dem Naturschutz angestrebt wird. Diese Lösung wird bilanzierend für den Naturschutz nachhaltige Vorteile mit sich bringen, so dass sie bereits beim derzeitig erreichten Erkenntnisstand als hinreichend erfolgversprechend einzustufen ist. Es ist davon auszugehen, dass das FFH-Gebiet Nr. 129, das bislang in einem zentralen Bereich von der A 4 durchschnitten wird, künftig allenfalls noch in Randzonen von straßenverkehrsbedingten Belastungen betroffen sein wird. Die daraus möglicherweise neu erwachsenden Risiken für die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes werden bei überschlägiger Prüfung durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen beherrschbar sein. Wie bereits erläutert wurde, steht aber fest, dass die nicht mehr benötigten Straßenflächen nach ihrer Entsiegelung einer Nutzung zugeführt werden können, die sicherstellt, dass vielfältige floristische und faunistische Lebensräume sich innerhalb des FFH-Gebietes Nr. 129 neu entwickeln werden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat dem Klagevorbringen der Antragstellerin bislang nicht zu entnehmen, dass ihr Widerstand gegen die neue Trassenführung mit dem Interesse an einem wohlverstandenen Naturschutz vereinbar ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei wurden entsprechend dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des Wertes der enteignungsbetroffenen (20 685 m(2)) Fläche sowie 15 000 € für die Beeinträchtigung des Wohnhauses – hier: Vermeidung von Immissionen – zugrunde gelegt, was bei hälftigem Ansatz im Hinblick auf das Eilverfahren den im Tenor genannten Streitwert ergibt.
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Buchberger
Fundstellen