Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 12 A 12292/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist nicht begründet.
Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „wer bei bestehender Bestellung eines Pflegers/Betreuers (durch hoheitlichen Rechtsakt!) die Rechtsnachteile zu tragen hat, die sich aus einer später nicht mehr nachvollziehbaren Finanzanlage durch den Pfleger/Betreuer … ergeben”, mit anderen Worten, ob „in einer solchen non-liquet-Lage eine Beweislastumkehr zu Lasten der vollziehenden Gewalt, nämlich der Beklagten”, geboten sei.
Zunächst kann nicht bereits § 88 Abs. 3 BSHG, wie die Klägerin auf Seiten 4 und 5 ihrer Beschwerdebegründung meint, entnommen werden, daß die Beweislast für das Vorliegen einer Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG beim Sozialhilfeträger liegt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt der Hilfesuchende die (materielle) Beweislast für das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit. Das besagt: Läßt sich nach Ausschöpfen der erreichbaren Erkenntnisquellen nicht feststellen, ob der Hilfesuchende hilfebedürftig ist, dann geht das zu seinen Lasten (vgl. BVerwGE 67, 163 ≪171 f.≫). Auch aus der Gesetzesformulierung in § 88 Abs. 3 BSHG „Die Sozialhilfe darf … nicht … abhängig gemacht werden” ergibt sich nach den von der Klägerin zutreffend angeführten allgemeinen Beweislastregeln keine Beweislast zu Lasten der Beklagten. Denn dafür, daß etwas nicht gemacht werden darf, trifft denjenigen die (materielle) Beweislast, der sich darauf beruft, hier die Klägerin.
Auch ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung die Frage, ob eine Beweislastumkehr zu Lasten eines Sozialhilfeträgers dann eintritt, wenn die non-liquet-Lage auf einem Verhalten eines (durch hoheitlichen Rechtsakt) bestellten Pflegers/Betreuers beruht. Zur Verneinung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens; vielmehr ergibt sich unmittelbar aus dem Betreuungsrecht einerseits und dem Sozialhilferecht andererseits, daß der Betreuer den Betreuten vertritt und die Betreuung keine Änderung in den Rechtsbeziehungen zwischen dem Hilfesuchenden einerseits und dem Sozialhilfeträger andererseits bewirkt. Sollte durch das Verhalten des Betreuers eine non-liquet-Lage im Sozialhilferechtsverhältnis zu Lasten des Betreuten entstanden sein, mag das Folgen für das Betreuungsverhältnis haben; es vermag aber nicht zu rechtfertigen, die beim Hilfesuchenden liegende (materielle) Beweislast aus dem Sozialhilferechtsverhältnis auf einen am Betreuungsrechtsverhältnis nicht beteiligten Dritten, den Sozialhilfeträger, übergehen zu lassen. Auch der Regelung in § 98 VwGO, § 444 ZPO kann weder unmittelbar noch mittelbar abweichendes entnommen werden; denn diese Regelung betrifft nur den Fall, daß der prozessuale Gegner eine Urkunde beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht hat.
Zum Vorhalt der Klägerin, zur Pflicht des Pflegers/Betreuers gehöre es, „dezidiert … darzustellen, welche Gelder zu welchem Zweck auf welches Konto angelegt bzw. abgehoben wurden”, sei vorsorglich darauf hingewiesen, daß die Entscheidung des Senats zum Vermögenseinsatz von Schmerzensgeld als Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 BSHG vom 18. Mai 1995 stammt (BVerwGE 98, 256).
Schließlich kann die Revision nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Denn die Klägerin hat nicht ordnungsgemäß nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO einen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann.
Zum einen rügt sie zwar, das Berufungsgericht habe die Pflegschaftsakte der Klägerin ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. November 1999 nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Sie vermutet aber nur, „daß die Pflegschaftsakte wichtige Erkenntnisse zu Gunsten der Klägerin hätte bringen können”, statt nach Einsicht in die Pflegschaftsakte substantiiert vorzutragen, welche Erkenntnisse daraus zugunsten der Klägerin sprechen sollen.
Zum anderen behauptet die Klägerin einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften aus den unter I.1.b) – richtig wohl I.2.b) – (ihrer Beschwerdebegründung) gemachten Darlegungen. An dieser Stelle legt die Klägerin aber keinen Verfahrensmangel dar, sondern argumentiert zur (materiellen) Beweislast, die sich auch nach Auffassung der Klägerin nach dem materiellen Recht richtet (s. Beschwerdebegründung S. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Schmidt
Fundstellen