Verfahrensgang
VG Weimar (Aktenzeichen 4 K 253/98.We) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 29. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürfigten Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muß daher dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), daß und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. u.a. Beschluß vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90, ≪91≫). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde genügt teilweise nicht dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), sondern wendet sich im Stile einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Soweit die Beschwerde meint, es bedürfe einer grundsätzlichen Klarstellung, daß in bestimmten Fällen die jeweilige höchstrichterliche Entscheidung nicht nach der JurisDatenbank zitiert werden dürfe, stellt sie keine Rechtsfrage. Selbstverständlich gibt es keine verbindliche Regelung dafür, wie ein Verwaltungsgericht Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu zitieren hat. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich die Beschwerde bezieht (Beschluß vom 3. August 1999 – BVerwG 7 B 70.99 –) weder in der amtlichen Entscheidungssammlung (BVerwGE) noch im Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz) veröffentlicht ist.
Auch soweit der Beschwerde sinngemäß Rechtsfragen zu entnehmen sind, hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob eine nach Kriegsende im Ausland lebende Frau, die von Geburt an deutsche Staatsangehörige war und zwischen dem „Anschluß” Österreichs und dem Kriegsende einen „Anschluß-Deutschen” geheiratet hatte, Ende 1945/Anfang 1946 noch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, ist – wie sich aus nachstehenden Ausführungen ergibt – im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die Frage, ob die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – insbesondere in dem Beschluß vom 3. August 1999 (BVerwG 7 B 70.99) – entwickelten Grundsätze zu – eine besatzungshoheitliche Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG ausschließenden – Enteignungsverboten der sowjetischen Besatzungsmacht auch in den in der ersten Frage genannten Fällen gilt, ist – entgegen der Auffassung der Beschwerde – ohne weiteres zu bejahen. Danach galt das Verbot der sowjetischen Besatzungsmacht, ausländische Staatsangehörige zu enteignen, nur für solche Personen, die nach den damaligen Erkenntnissen zweifelsfrei nicht zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. Beschluß vom 3. August 1999 – BVerwG 7 B 70.99 – amtl. Umdruck S. 5). Entscheidend ist also nicht, ob die Ehefrau eines „Anschluß-Deutschen” nach Kriegsende noch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, sondern, ob sie nach den Erkenntnissen der zuständigen Stellen in der sowjetischen Besatzungszone zweifelsfrei nicht (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Ob solche Erkenntnisse vorlagen, ist eine Frage des Einzelfalls, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.
Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Danach ist das Gericht verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfGE 69, 233, ≪246≫). Dies ist hier geschehen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils wird – wie die Beschwerde selbst einräumt – ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Klägerin meint, der durch den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 1999 – BVerwG 7 B 70.99 – entschiedene Fall unterscheide sich von dem vorliegenden. Dies wird in den Entscheidungsgründen auch berücksichtigt. Das Verwaltungsgericht schildert zunächst die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze. Anschließend wendet es diese – unter umfassender Würdigung der besonderen Umstände des vorliegenden Sachverhaltes – auf den Einzelfall an.
Das angefochtene Urteil kann schließlich nicht auf der sinngemäß geltend gemachten Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beruhen. Auf eine Verfügung des Verwaltungsgerichts hin erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. März 1999 (Blatt 254 ff. der VG-Akte) sie habe „jedenfalls spätestens seit August 1947” ihren dauernden Aufenthalt in Österreich gehabt. Zum Nachweis dafür, daß sie ihren dauernden Aufenthalt vor dem 1. Mai 1952 ins Ausland verlegt habe, überreiche sie eine Meldebestätigung der Gemeinde Altmünster (Österreich) vom 9. Dezember 1946. In der Bestätigung heißt es, die Klägerin sei am 2. April 1943 zugezogen und seit diesem Tag gemeldet. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht allein mit Vorlage dieser Bestätigung nicht fest, daß sie Ende 1945/Anfang 1946 keinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Allerdings stimmt die Aussage des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe nach ihrem eigenen Bekunden im Schriftsatz vom 9. März 1999 erst ab August 1947 ihren dauernden Aufenthalt in Österreich genommen (UA S. 10), nicht vollständig mit dem geschilderten Inhalt des Schriftsatzes überein. Ob darin ein Verfahrensmangel liegt, kann jedoch dahinstehen. Jedenfalls beruht das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht auf dieser Ungenauigkeit. Das Verwaltungsgericht legt in seinem Urteil umfassend dar, warum die Klägerin nach den damaligen Erkenntnissen nicht zweifelsfrei ausschließlich eine ausländische Staatsangehörigkeit besaß (vgl. UA S. 9 – 13). Der Zeitpunkt der Wohnsitzverlagerung ins Ausland war dabei lediglich eine zu den anderen vom Verwaltungsgericht genannten und dessen Entscheidung selbständig tragenden Gründen hinzukommender Grund, der nicht entscheidungserheblich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen