Verfahrensgang
VG Würzburg (Urteil vom 20.04.2005; Aktenzeichen 6 K 04.916) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. April 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 247 012,58 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die Klägerin wehrt sich gegen ihre Inanspruchnahme auf Rückzahlung von Lastenausgleich wegen erfolgten Schadensausgleichs.
Die unmittelbar geschädigte Frau L. B. war gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Mutter Eigentümerin eines Fabrikbetriebes in W./H. Wegen Entziehung dieses Betriebes durch die DDR stellte das Ausgleichsamt im Jahr 1976 einen Schaden von 2 360 200 Mark Ost fest. Die Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz in Höhe von insgesamt 570 980,10 DM wurde Frau B. ausgezahlt, die die beiden anderen unmittelbar Geschädigten inzwischen beerbt hatte. Nach der Wiedervereinigung wurde das Betriebsvermögen an Frau B. zurückübertragen. Am 16. April 1991 erteilte Frau B., die inzwischen 93 Jahre alt war, dem Geschäftsführer der Klägerin unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die notarielle Vollmacht zur Vertretung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Rückübertragung des Betriebes. Aufgrund dieser Vollmacht veräußerte der Geschäftsführer mit notariellem Vertrag vom 23. Juni 1992 sämtliche Geschäftsanteile von Frau B. an dem Betrieb an die Klägerin zum Kaufpreis von 500 000 DM. Durch weiteren notariellen Vertrag vom selben Tag veräußerte er namens der Klägerin die Geschäftsanteile zum Preis von 1 500 000 DM an einen Dritterwerber.
Frau B. verstarb am 10. Juni 1993. Aufgrund des eingetretenen und bestandskräftig festgestellten Schadensausgleichs am gesamten Betriebsvermögen erließ die Regierung von Unterfranken – Ausgleichsamt – gegen sämtliche Erben von Frau B. entsprechend der jeweiligen Erbquote Rückforderungs- und Leistungsbescheide vom 30. Januar 2004 über insgesamt 247 012,59 EUR. Mit drei Leistungsbescheiden vom 2. Februar 2004 nahm die Regierung von Unterfranken zusätzlich die Klägerin über diesen Betrag als sonstige Rechtsnachfolgerin der Geschädigten gesamtschuldnerisch in Anspruch. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Anfechtungsklage abgewiesen.
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob sie bereits unzulässig ist, weil sie dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Zu Recht weist der Beklagte auf die insoweit bestehenden Bedenken hin, da die Beschwerdebegründung keinerlei Bezug zu den Zulassungsvoraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO herstellt. Das bedarf hier jedoch keiner weiteren Erörterung, da die Beschwerde jedenfalls unbegründet ist. Die aufgrund der Beschwerdebegründung allenfalls in Erwägung zu ziehenden Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
2.1 Das verwaltungsgerichtliche Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Verwaltungsgericht nicht gegen seine Verpflichtung aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verstoßen, im Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das gilt insbesondere für die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei hinsichtlich der Schadensausgleichsleistung Rechtsnachfolgerin von Frau B. im Sinne des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG geworden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zunächst durch Bezugnahme auf seine Ausführungen in der vorangegangenen Eilentscheidung dargelegt, dass die Klägerin durch den Kauf sämtlicher Geschäftsanteile an dem Betrieb nach allgemeinem Sprachgebrauch Rechtsnachfolgerin von Frau B. geworden ist. Dem im Klageverfahren erhobenen Einwand der Klägerin, Sinn und Zweck der Regelung ließen ihre Einordnung als Rechtsnachfolgerin nicht zu, ist das Verwaltungsgericht mit der Aussage entgegengetreten, der vorliegende Fall sei geradezu der klassische Fall, den der Gesetzgeber bei der Einfügung des Satzes 2 in § 349 Abs. 5 LAG im Auge gehabt habe, um einen Einnahmeausfall des Ausgleichsfonds zu verhindern. Dabei hat es ersichtlich auf die mehrfach angesprochenen auffälligen Transaktionen der Klägerin abgestellt, die zur Folge hatten, dass Frau B. nur ein Drittel des für den zurückgegebenen Betrieb erzielten Kaufpreises erhielt, während zwei Drittel an die Klägerin flossen. Die Zweifel der Klägerin an der Richtigkeit dieser Argumentation haben nichts mit der Frage zu tun, ob das Verwaltungsgericht die für seine Entscheidung maßgebenden Gründe im Urteil niedergelegt hat. Das steht hier außer Frage.
2.2 Die Ausführungen der Klägerin zum Begriff des Rechtsnachfolgers in § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG in der Fassung des 33. ÄndG LAG vom 16. Dezember 1999 (BGBl I S. 2422) verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beschwerde wirft insoweit keine Rechtsfragen auf, die der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürften. Die Antworten ergeben sich vielmehr eindeutig und ohne Möglichkeit eines Zweifels unmittelbar aus dem Gesetz.
In erster Linie vertritt die Klägerin die Meinung, unter den Begriff des Rechtsnachfolgers falle lediglich der erb- und schenkungsrechtliche Rechtsnachfolger aufgrund Erbeinsetzung, Erbvertrags, Vermächtnis oder Schenkung von Todes wegen, während ein Käufer der Schadensausgleichsleistung davon nicht erfasst werde. Dazu behauptet die Klägerin, der Begriff des Rechtsnachfolgers sei im Wesentlichen erbrechtlich besetzt. Das trifft nicht zu.
Schon vom Wortsinn her ist Rechtsnachfolger derjenige, der in die Rechtsstellung eines anderen eintritt oder sie übernimmt. Der Rechtsgrund des Erwerbs spielt dabei keine Rolle. Insbesondere steht die Übertragung im Wege der Veräußerung der Annahme einer Rechtsnachfolge nicht entgegen. Das belegt § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO, der gerade für einen solchen Fall den Erwerber als Rechtsnachfolger tituliert.
Die Klägerin meint, die Reduzierung des Begriffs im Rahmen des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG auf erb- und schenkungsrechtliche Erwerbsvorgänge ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Auch dem ist nicht zufolgen. Nach der Begründung zum Entwurf des 33. Änderungsgesetzes zum LAG (BTDrucks 14/866 in Mitt BAA 2000 S. 17) soll die Regelung dem Missstand begegnen, dass die Ansprüche auf Rückzahlung von Lastenausgleich nach erfolgtem Schadensausgleich oftmals dadurch notleidend werden, dass die Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung an einen Dritten weitergerecht wird, der seinerseits für die Rückzahlung nicht einzustehen hat. Der Fall des Erwerbs durch Erbgang war dabei erklärtermaßen nicht gemeint, denn er war zuvor bereits in § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG geregelt. Diese Zielsetzung wäre nicht zu erreichen, wenn die Haftung des Erwerbers auf die Fälle einer erb- oder schenkungsrechtlichen Übertragung beschränkt wäre. Der Rückzahlungsanspruch kann ebenso gut durch eine rechtsgeschäftliche Veräußerung zu einem unangemessenen Preis notleidend werden. Gerade deshalb knüpft das Gesetz nicht an einen unentgeltlichen Erwerb sondern an einen solchen ohne angemessene Gegenleistung an.
Unrichtig ist auch die Ansicht der Klägerin, der Begriff des Rechtsnachfolgers stehe im Widerspruch zu der im Gesetz angeordneten Rechtsfolge des Schuldbeitritts. Die Rechtsnachfolge in § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG bezieht sich auf die Schadensausgleichsleistung, also die zurückgegebenen Vermögensgegenstände. Es ist nicht erkennbar, wieso eine solche Rechtsnachfolge logisch die gesamtschuldnerische Haftung für die Pflicht zur Rückzahlung erhaltener Lastenausgleichsleistungen ausschließen soll.
Letztlich ist die Klägerin der Auffassung, eine Haftung nach § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG komme nur in Betracht, wenn der primär zur Rückzahlung Verpflichtete aufgrund seiner (sonstigen) Vermögenssituation zur Erfüllung der Verpflichtung nicht in der Lage sei. Eine solche Einschränkung enthält das Gesetz jedoch nicht. Sie ließe sich auch praktisch kaum umsetzen, weil sie die zuständigen Behörden mit der Aufklärung von Umständen belasten würde, die regelmäßig außerhalb ihres Kenntnis- und Einflussbereichs liegen. Außerdem würde eine solche Einschränkung keinen Bezug zum Haftungsgrund des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG haben, der im Erwerb von im Beitrittsgebiet belegenen und dem früheren Berechtigten zurückgegebenen Vermögensgegenständen zu unangemessenen Bedingungen besteht.
Die Kostenentscheidung folgt auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette
Fundstellen