Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 02.11.2006; Aktenzeichen 4 K 1943/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen zu 4 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. November 2006 wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene zu 4 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 3, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 78 420 € festgesetzt.
Gründe
Die allein auf die Behauptung gestützte Beschwerde, dass das angefochtene Urteil auf Verfahrensfehlern beruhe (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ist unbegründet. Die geltend gemachten Mängel liegen nicht vor.
1. Das Recht des Beigeladenen zu 4 auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist nicht verletzt worden. Sein Ablehnungsgesuch gemäß dem Schreiben vom 14. Januar 2000 war nicht zulässig. Der von ihm gestellte Befangenheitsantrag “im Sinne einer politisch ethischen Überprüfung des Gerichts” ist von vornherein ersichtlich ungeeignet gewesen, die Besorgnis der Befangenheit der Richter zu rechtfertigen, die das angefochtene Urteil erlassen haben. Nur individuelle auf die Person des einzelnen Richters bezogene Gründe können erheblich sein. Hingegen ist die Ablehnung eines Gerichts oder eines gesamten Spruchkörpers als solchen unzulässig (stRspr, vgl. Urteil vom 2. Juli 1976 – BVerwG VI C 109.75 – Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 21).
2. Der gerügte Verstoß gegen § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO liegt nicht vor. Die Behauptung des Beigeladenen zu 4, wonach das vollständig abgefasste Urteil verspätet zur Geschäftsstelle gereicht worden sei, ist unerheblich. Zum einen ist das vollständige Urteil ausweislich des Eingangsstempels am 16. November 2006 und damit innerhalb der Frist des § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO der Geschäftsstelle übergeben worden. Das wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Abschlussverfügung des Vorsitzenden erst am 21. November 2006 erfolgte. Zum anderen stellt die Missachtung von § 117 Abs. 4 VwGO keinen absoluten Revisionsgrund dar. Maßgebend ist, ob die niedergelegten Gründe noch das Beratungsergebnis der mündlichen Verhandlung richtig, vollständig und auch im Übrigen zuverlässig wiedergeben (Beschluss vom 25. April 2001 – BVerwG 4 B 31.01 – Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 47). Das Beschwerdevorbringen weist nicht auf, dass das Entscheidungsergebnis, das Beratungsergebnis und die gegebene Entscheidungsbegründung auseinanderfallen.
3. Die umfangreich vorgetragenen Aufklärungsrügen sind ebenfalls unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 4 hat sich dem Gericht nicht aufdrängen müssen, die Umstände des Gebäudekaufs weiter aufzuklären. Der Widerspruchsausschuss hatte bereits durch Befragung Einzelheiten ermittelt und festgestellt, dass weitere Unterlagen nicht greifbar seien (Widerspruchsbescheid S. 10). Diese Erkenntnisse, die im gerichtlichen Verfahren nicht in Zweifel gezogen worden sind, haben keinen Anlass zu einer Parteivernehmung oder Zeugenbefragung ergeben. Zutreffend hatte bereits der Widerspruchsausschuss festgestellt, dass der Kauf des Gebäudes als solcher im Einklang mit der damaligen Rechtslage sowie der Verwaltungspraxis stand und schon von daher das Vorliegen einer Unredlichkeit beim Erwerbsakt nicht nahe lag. Greifbare Anhaltspunkte hatten sich nach Lage der Akten nicht ergeben. Eine Pflicht zur Ermittlung gleichsam “ins Blaue” hinein obliegt dem Verwaltungsgericht nicht.
Eine förmliche Vernehmung beider Kläger darüber, ob sie Kenntnis von dem Rechtsverstoß bei der Enteignung hatten, musste sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen. Diese Frage stand im Mittelpunkt des Rechtsstreits. Die Kläger haben, wie der Klagebegründung zu entnehmen ist, solche Kenntnis bestritten. Eine Vernehmung der Partei von Amts wegen steht gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 448 ZPO im Ermessen des Gerichts. Die Ermessensausübung ist Teil der Beweiswürdigung dahingehend, ob nach dem Ergebnis der bisherigen Verhandlung die Vernehmung der Partei ein Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit sein kann. Die danach erforderliche Würdigung der vorliegenden Beweise ist von materiellrechtlicher Natur und kann insofern keinen Verfahrensfehler ergeben.
4. Der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 4 nicht verletzt. Er bezieht sich auf die Bewertung von Tatsachen- und Beweisergebnissen, d.h. auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Hieran gemessen begegnen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Unredlichkeit keinen durchgreifenden Bedenken. Da sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen musste, dass zum Erwerbsvorgang noch weitere Ermittlungen vorzunehmen seien, leiden seine Schlussfolgerungen aus den von ihm verwerteten Erkenntnissen nicht an einer Überzeugungsschwäche.
Der Vorhalt, das Verwaltungsgericht hätte unter Berücksichtigung eines angeblich im Jahre 1976 geschlossenen Überlassungsvertrags zu anderen, die Redlichkeit ausschließenden Schlussfolgerungen kommen müssen, überzeugt nicht. Zum einen haben die Kläger erwidert, dass es zum Abschluss eines solchen Überlassungsvertrages nicht gekommen sei, vor allem aber hat das Verwaltungsgericht hierzu keine Ermittlungen angestellt, was nicht fehlerhaft ist. Der für die Redlichkeit maßgebliche Rechtsvorgang stammt aus dem Jahre 1982, und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass lange zurückliegende Vorgänge auf die Redlichkeit beim Gebäudekauf hätten ausstrahlen können.
Die Behauptung des Beigeladenen zu 4, der Widerspruchsausschuss hätte die Ermittlung des Kaufpreises durch den Wertgutachter für fehlerhaft befunden, trifft nicht zu. Der Widerspruchsausschuss hat lediglich festgestellt, dass der Gutachter Instandsetzungsarbeiten nicht erwähnt habe (Bescheid S. 12), Zweifel an der Wertermittlung sind im gerichtlichen Verfahren jedoch nicht aufgetaucht.
Die Vermutung des Beigeladenen zu 4, die Kläger hätten die von ihnen finanzierten Baumaßnahmen zur Erlangung der Bewohnbarkeit des Gebäudes getätigt, um sich die Möglichkeit des Ankaufs zu verschaffen, ist spekulativ. Der Einwand der Kläger, sie hätten sich um das von ihnen seit 1964 als Mieter genutzte Grundstück “wie ein Eigentümer” gekümmert, zeigt auf, dass die Vermutungen des Beigeladenen zu 4 nicht zwingend sind.
Die Überlegung, die der Beigeladene zu 4 an die Nutzungsverhältnisse hinsichtlich der benachbarten Grundstücke (Flurstück 217/2 und 217/4) knüpft, überzeugen ebenfalls nicht. Das Nutzungsrecht an dem Flurstück 217/4 wurde einem Dritten erst im Jahre 1984 verliehen, so dass Rückschlüsse auf die Redlichkeit der Kläger hinsichtlich des Erwerbsvorgangs im Jahre 1982 nicht nahegelegen haben. Ähnlich verhält es sich mit dem Nutzungsvertrag über das andere Grundstück, das den Klägern zur Gartennutzung überlassen wurde. Hier stammt der Vertrag erst aus dem Jahre 1986.
Soweit der Beigeladene zu 4 schließlich meint, es lägen genügend Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit der Kläger vor, zieht er andere Schlüsse als das Verwaltungsgericht, ohne allerdings maßgebende Umstände anführen zu können, die das Verwaltungsgericht bei seiner Rechtsfindung übersehen habe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Dr. Pagenkopf, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen