Verfahrensgang
VG Chemnitz (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen 2 K 1176/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 202 300 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.
Rz. 2
Die Divergenzrüge setzt die Darlegung voraus, dass dem angefochtenen Urteil ein entscheidungstragender abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz der in der Beschwerde angegebenen höchstrichterlichen Entscheidung abweicht (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50).
Rz. 3
Eine Divergenz zu der in der Beschwerde allein angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2007 – BVerwG 8 C 8.06 – (Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 43) liegt nicht vor. Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der von ihr angeführte abstrakte Rechtssatz zu entnehmen. Die in der Beschwerde angegebene Formulierung (“Für die Wirksamkeit einer Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche, in der die Person des Berechtigten konkret bezeichnet ist, ist die Angabe eines Schädigungstatbestands zur Individualisierung der Anmeldung hinsichtlich solcher Vermögensgegenstände notwendig, die nicht bereits in der Anmeldung selbst konkret bezeichnet worden sind.”) findet sich an keiner Stelle der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Soweit die Klägerin insoweit auf Ausführungen des Verwaltungsgericht unter “2. b) aa), Seite 20 ff.” Bezug nimmt, ist ein solcher Rechtssatz vom Verwaltungsgericht nicht aufgestellt worden. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausschließlich geprüft, ob bis zum Ablauf der Anmeldefrist eine wirksame Anmeldung der vermögensrechtlichen Ansprüche der Klägerin am verfahrensgegenständlichen Grundstück vorlag. Den dabei anzulegenden Prüfungsmaßstab hat das Verwaltungsgericht im vorhergehenden Abschnitt 2. b) (S. 19, dritter Absatz bis S. 20, erster Absatz) unter zusammenfassender, inhaltlich zutreffender Wiedergabe der Rechtsprechung des Senats dargelegt. Dabei hat es namentlich auf die Urteile vom 21. Juni 2007 – BVerwG 8 C 8.06 – (LKV 2008, 33, juris Rn. 36) und vom 28. November 2007 – BVerwG 8 C 12.06 – (LKV 2008, 364 ff. ≪365≫) Bezug genommen. Es ist in Übereinstimmung mit dieser von ihm zugrunde gelegten Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass ein fristwahrender Restitutionsantrag eine hinsichtlich des oder der begehrten Vermögensgegenstände individualisierbare Anmeldung voraussetzt. Der Antragsgegenstand müsse so genau bezeichnet sein, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden könne, was der Antragsteller beansprucht. Die Angaben müssten dabei zumindest zu einem bestimmten Vermögenswert hinführen und damit einen späteren Austausch oder die Möglichkeit späterer Substanziierungen durch einen beliebigen Vermögenswert ausschließen. Einzelanmeldungen, die die Rückübertragung von Grundstücken betreffen, seien jedenfalls dann hinsichtlich ihres Gegenstandes individualisierbar, wenn sie Angaben enthielten, die es ermöglichen, zielgerichtete behördliche Ermittlungen vorzunehmen und die betreffenden Gegenstände anhand der von den örtlichen Kataster- und Grundbuchämtern geführten Unterlagen zweifelsfrei zu bestimmen. Bei Zweifeln sei in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB maßgebend, wie die Behörde den Rückübertragungsantrag nach seinem gesamten Inhalt unter Berücksichtigung aller ihr bis zum Ablauf der Anmeldefrist bekannt gewordenen und erkennbaren Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Im dann folgenden Abschnitt seines Urteils (2. b) aa), S. 20 ff.) hat das Verwaltungsgericht diesen zuvor dargelegten abstrakten Maßstab auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch angewandt. Weitergehende oder sonst davon abweichende abstrakte rechtliche Anforderungen an eine wirksame Anmeldung hat es dabei nicht gestellt. Soweit das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, bei der “für die Klägerin erfolgten Einzelanmeldung” sei “zwar grundsätzlich mit der konkreten Anmeldung bestimmter Gegenstände auch inzident eine Schädigung im Sinne von § 1 VermG behauptet …, so dass es eines Hinweises auf einen Schädigungstatbestand nach § 1 VermG nicht zwingend bedurfte”, lässt sich hieraus nicht der von der Klägerin daraus abgeleitete und in der Beschwerde bezeichnete abstrakte Rechtssatz entnehmen, für die Wirksamkeit einer (Einzel-)Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche, in der die Person des Berechtigten konkret bezeichnet worden ist, sei “die Angabe eines Schädigungstatbestandes zur Individualisierung der Anmeldung … notwendig”. Denn das Verwaltungsgericht hat insoweit für die Einzelanmeldung der Klägerin die Notwendigkeit “eines Hinweises auf den Schädigungstatbestand nach § 1 VermG” ausdrücklich verneint (“nicht zwingend bedurfte”).
Rz. 4
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Folgesatz der Entscheidungsgründe. Dieser (“Dies gilt aber nur insoweit, als …”) kann nach dem Sinnzusammenhang nur dahin verstanden werden, dass die zentrale Aussage des vorhergehenden Satzes nicht revidiert werden sollte. Vielmehr wird darin lediglich zum Ausdruck gebracht, die in der erfolgten Einzelanmeldung der Klägerin inzident enthaltene Behauptung einer Schädigung im Sinne von § 1 VermG gelte nur insoweit, als die vom Nachtragsliquidator konkret individuell angemeldeten Vermögensgegenstände betroffen seien. Da das in Rede stehende Grundstück in der Einzelanmeldung nicht konkret angeführt worden war, hatte das Verwaltungsgericht deshalb zu prüfen, ob dieser Vermögensgegenstand aufgrund der sonstigen relevanten Angaben individualisierbar war. Dabei kam es nach dem vom Verwaltungsgericht zuvor abstrakt dargelegten Maßstab entscheidend darauf an, ob die Anmeldung Angaben oder Hinweise enthielt, die es ermöglichen, hinsichtlich des konkret beanspruchten Vermögensgegenstandes zielgerichtete behördliche Ermittlungen vorzunehmen und diesen anhand der von den örtlichen Kataster- und Grundbuchämtern geführten Unterlagen zweifelsfrei zu bestimmen. Dem ist das Verwaltungsgericht in den folgenden Ausführungen im Einzelnen nachgegangen. In Auslegung der in Rede stehenden Einzelanmeldung und in Würdigung der dafür maßgeblichen Umstände ist das Verwaltungsgericht dann zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Individualisierbarkeit des beanspruchten Vermögensgegenstandes zu verneinen ist. Ob diese einzelfallbezogene Rechtsanwendung in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei ist, ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren vom Senat nicht zu prüfen.
Rz. 5
Soweit das Verwaltungsgericht in Auseinandersetzung mit Gegeneinwänden der Klägerin in den Entscheidungsgründen auf Seite 24 am Ende des vierten Absatzes ausgeführt hat, es hätte “ausgereicht, auf die Schädigung des jüdischen Grundvermögens in bestimmbarer Weise hinzuweisen”, ergibt sich daraus nichts anderes. Dieser Hinweis schließt an die im vorhergehenden Absatz getroffene Feststellung an, die in Rede stehende Anmeldung der Klägerin habe sich nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt “zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anmeldefrist auch nach ihren eigenen Vorstellungen lediglich auf die ‘per Kriegsende’ im Eigentum der Klägerin stehenden, in der sächsischen Bodenreform enteigneten Grundstücke bezogen” (S. 24, dritter Absatz). Mit der dann im anschließenden Absatz vom Verwaltungsgericht getroffenen Aussage, es sei “nicht zwingend erforderlich gewesen”, bereits in der Anmeldung “die Grundstücke flurstücksgenau zu bezeichnen oder die Grundbuchunterlagen beizubringen”, vielmehr hätte es “ausgereicht, auf die Schädigung des jüdischen Grundvermögens in bestimmbarer Weise hinzuweisen”, wird ersichtlich zum Ausdruck gebracht, ein in bestimmbarer Weise bis zum Ablauf der Anmeldefrist erfolgter Hinweis “auf die Schädigung des jüdischen Vermögens”, also auf bereits vor Kriegsende insoweit geschehene Schädigungshandlungen, hätte Anhaltspunkte für eine gegenteilige Schlussfolgerung geboten. Da jedoch ein solcher Hinweis gefehlt habe, jedenfalls nicht habe festgestellt werden können, müsse es bei der Feststellung bleiben, dass sich die in Rede stehende Anmeldung nur auf Vermögensgegenstände bezogen habe, die “per Kriegsende” (noch) im Eigentum der Klägerin standen (vgl. dazu S. 22, zweiter Absatz am Ende), also nicht Vermögenswerte betroffen habe, die durch Veräußerung in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus dem Vermögen der Klägerin ausgeschieden sind.
Rz. 6
Da das Verwaltungsgericht mithin den mit der Beschwerde bezeichneten Rechtssatz nicht aufgestellt hat, weicht das angegriffene Urteil nicht von dem in der Beschwerde allein angegebenen Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 21. Juni 2007 – BVerwG 8 C 8.06 – (a.a.O.) ab und kann somit auch nicht auf einer Abweichung davon beruhen.
Rz. 7
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. von Heimburg, Dr. Deiseroth
Fundstellen