Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 19.08.2005; Aktenzeichen 13 A 1521/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. August 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (1.) noch wegen eines Verfahrensmangels (2.) zuzulassen.
1. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO ≪n.F.≫ Nr. 26 S. 14 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
a) Die Klägerin wirft die Frage auf, “ob zur Ermittlung der ‘angemessenen Verzinsung’ des eingesetzten Kapitals nach § 3 Abs. 2 TEntgV nur das Eigen- und Fremdkapital kostenmäßig berücksichtigt werden darf, welches für denjenigen Geschäftsbereich eingesetzt wird, in dem das jeweils bepreiste Produkt erstellt wird”. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Die Fragen betreffen die Auslegung und Anwendung von § 3 Abs. 2 der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV) vom 1. Oktober 1996 (BGBl I S. 1492). Die Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung ist gemäß § 152 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) – TKG 2004 –, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970), am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten. Deshalb sind die Grundsätze einschlägig, die für die grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen aufgrund ausgelaufenen Rechts gelten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben solche Rechtsfragen trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 m.w.N.; Beschluss vom 17. Mai 2004 – BVerwG 1 B 176.03 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11 m.w.N.). Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel liegen hier nicht vor.
Ausnahmsweise kann eine Frage, die sich auf ausgelaufenes Recht bezieht, grundsätzliche Bedeutung haben, wenn sich bei den gesetzlichen Bestimmungen, die den außer Kraft getretenen Vorschriften nachgefolgt sind, die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage in gleicher Weise stellt. In einem solchen Fall ist trotz des Außerkrafttretens des alten Rechts eine richtungsweisende Klärung zu erwarten, wie die neue Vorschrift anzuwenden ist (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995, a.a.O., S. 12 f. m.w.N.). Die Voraussetzungen dieses Ausnahmegrundes sind nicht schon dann anzunehmen, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass sich die Frage mit angeblich rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Rahmen des geltenden Rechts in gleicher Weise wie bei der früheren Gesetzeslage stellt. Dies muss vielmehr offensichtlich sein (vgl. Beschluss vom 30. März 2005 – BVerwG 6 B 3.05 – Umdruck S. 3 f.). Unterscheidet sich die neue Rechtslage von der früheren nicht nur in Randbereichen, setzt die Prüfung, ob sich die aufgeworfene Frage in gleicher Weise stellt, die Klärung voraus, ob die Unterschiede zwischen der neuen und der früheren Rechtslage mit Blick auf die aufgeworfene Frage zu vernachlässigen sind. Ist dies nicht offensichtlich, bedarf es der Klärung mehr oder weniger komplexer Fragen des geltenden Rechts und eines Vergleichs der früheren mit der geltenden Gesetzeslage. Es ist indes nicht Aufgabe des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, im Rahmen der Prüfung, ob sich die als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage des ausgelaufenen Rechts auf der Grundlage des geltenden Rechts in gleicher Weise stellt, eine solche ins Einzelne gehende Wertung des geltenden Rechts und einen daran anschließenden Vergleich vorzunehmen. Das wäre hier erforderlich, weil nicht offensichtlich ist, dass sich die aufgeworfenen Fragen des früheren Rechts auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004 in gleicher Weise stellen.
Die hier in Rede stehenden Fragen beziehen sich auf die Regulierung eines Entgeltes für die Gewährung eines Netzzugangs im Sinne von § 39 1. Alternative i.V.m. § 35 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120) – TKG 1996 –. Das Telekommunikationsgesetz 1996 ist ebenfalls am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten (§ 152 Abs. 2 Satz 1 TKG 2004). Nach § 39 1. Alternative i.V.m. § 25 Abs. 1 TKG 1996 unterfielen Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs im Sinne von § 35 TKG 1996 der Pflicht zur Vorabgenehmigung durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post. Die Regulierungsbehörde genehmigte die Entgelte auf der Grundlage der auf die einzelne Dienstleistung entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 39 1. Alternative i.V.m. § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996). Gemäß § 3 Abs. 2 TEntgV ergaben sich die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, jeweils einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig waren. Nach dem nunmehr geltenden Telekommunikationsgesetz 2004 unterfallen der exante-Genehmigung nur solche Entgelte für den Netzzugang, die ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für ihm nach § 21 TKG 2004 auferlegte Zugangsleistungen verlangt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004). Die danach genehmigungsbedürftigen Entgelte sind genehmigungsfähig, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht übersteigen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004). § 31 Abs. 2 TKG 2004 regelt, woraus sich die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ergeben. Die Bestimmung ist nahezu wortidentisch mit § 3 Abs. 2 TEntgV. Gleichwohl ist nicht offensichtlich, dass sich die hier in Rede stehende Frage im Rahmen der geltenden Gesetzeslage in gleicher Weise wie auf der Grundlage des früheren Rechts stellt. Anders als die Telekommunikations-Entgeltgenehmigungsverordnung und das Telekommunikationsgesetz 1996 enthält § 31 Abs. 4 TKG 2004 einen Katalog von Gesichtspunkten, die bei der Festlegung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals im Rahmen der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung insbesondere zu berücksichtigen sind. Dabei handelt es sich um die Kapitalstruktur des regulierten Unternehmens (Nr. 1), die Verhältnisse auf den Kapitalmärkten und die Bewertung des regulierten Unternehmens auf diesen Märkten (Nr. 2), die Erfordernisse hinsichtlich der Rendite für das eingesetzte Eigenkapital (Nr. 3) und die langfristige Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Nr. 4). Dieser Katalog konkretisiert das Merkmal der “angemessenen Verzinsung”. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich aus seinen Kriterien auch Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage ergeben, ob bei der Festlegung der angemessenen Verzinsung nur das Kapital zu berücksichtigen ist, das für den Geschäftsbereich eingesetzt wird, in dem das Produkt erstellt wird, für das die Entgeltgenehmigung erstrebt wird, oder ob auf das für das Unternehmen insgesamt eingesetzte Kapital abzustellen ist. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass § 31 Abs. 4 TKG 2004 lediglich die Kriterien nachzeichnet, die bereits bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung auf der Grundlage des früheren Rechts einzustellen waren. Dies ergibt sich nicht schon daraus, dass sowohl nach heutiger als auch nach früherer Rechtslage die “angemessene Verzinsung” des eingesetzten Kapitals bei der Festlegung der Kosten der effizienten und Leistungsbereitstellung zu berücksichtigen war bzw. ist und § 31 Abs. 4 TKG 2004 der Ermittlung der angemessenen Verzinsung dient. Angesichts der Weite des Begriffs “angemessene Verzinsung” ist nicht ausgeschlossen, dass die Konkretisierung dieses Merkmals durch den Kriterienkatalog des § 31 Abs. 4 TKG 2004 dazu führt, dass die hier interessierenden Fragen von angeblich rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nach heutiger Rechtslage anders zu beurteilen sind als nach früherer Gesetzeslage. Jedenfalls handelt es sich bei der Einführung des Katalogs von § 31 Abs. 4 TKG 2004 nicht nur um eine Änderung der Gesetzeslage in Randbereichen im Zusammenhang mit der Frage, wie die angemessene Verzinsung zu ermitteln ist. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die auf das frühere Recht bezogene Frage nach nunmehr geltendem Recht in gleicher Weise stellt und zu beantworten ist.
Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage des ausgelaufenen Rechts kann auch nicht deshalb ausnahmsweise als rechtsgrundsätzlich im Sinne des Zulassungsgrundes von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO angesehen werden, weil ihre Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist, was im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde substantiiert darzulegen ist (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995, a.a.O., S. 11 ff. m.w.N.; Beschluss vom 17. Mai 2004, a.a.O., S. 11 m.w.N.). Die Klägerin hat das Vorliegen einer solchen Sachlage nicht behauptet.
b) Die Klägerin hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob “es in einer Situation, in der die Regulierungsbehörde ihr vorgelegte Kostennachweise als unrichtig oder unberechtigt nicht akzeptieren will, Aufgabe des regulierten Unternehmens (ist), den Nachweis für die Richtigkeit der geltend gemachten Kostenpositionen zu führen”. Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Dies ergibt sich schon daraus, dass sie – soweit sie sich auf die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts beziehen kann – beantwortet werden kann, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2000 – BVerwG 6 B 47.00 – Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 10 S. 6 f. m.w.N.).
Der mit der Frage in Bezug genommenen Erwägung des Oberverwaltungsgerichts liegt die Auffassung zugrunde, dass das die Genehmigung eines bestimmten Entgelts beantragende Telekommunikationsunternehmen den Nachweis für die Berechtigung des begehrten Entgelts zu führen hat. Dies ist nicht zweifelhaft. Das die Genehmigung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 beantragende Unternehmen hatte die in § 2 Abs. 1 und 2 TEntgV aufgeführten Unterlagen und Kostennachweise mit dem Genehmigungsantrag vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hatte die mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Nachweise dahingehend zu prüfen, ob und inwieweit sich die beantragten Entgelte an den Kosten der effizienten Leitungsbereitstellung orientierten (§ 3 Abs. 1 TEntgV). Sie konnte den Antrag ablehnen, wenn die vorzulegenden Unterlagen nicht vollständig vorgelegt wurden (§ 2 Abs. 3 TEntgV). Hieraus folgte auch, dass in dem Fall, in dem die vorgelegten Unterlagen die Erteilung der beantragten Genehmigung nicht rechtfertigten, die erstrebte Genehmigung nicht erteilt werden konnte. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht mit der von der Klägerin in Bezug genommenen Erwägung zum Ausdruck gebracht. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass diese Auffassung zutrifft.
c) Die Klägerin wirft die Frage auf, “ob die Regulierungsbehörde von der Notwendigkeit einer Begründung ihrer Entscheidung befreit ist, wenn sie in einer solchen Situation, in der sie nicht von der Richtigkeit oder Berechtigung der geltend gemachten Kostenposition überzeugt ist, trotz – unterstellter – Beweisfälligkeit des regulierten Unternehmens gleichwohl eine Festsetzung über die Kostenposition trifft”. Auch diese Frage kann – soweit sie einer über den Einzelfall hinausgehenden Klärung zugänglich ist – beantwortet werden, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwVfG ist u.a. ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Einer Begründung bedarf es nicht, wenn die Voraussetzungen von § 39 Abs. 2 VwVfG vorliegen. Eine behördliche Entscheidung über einen Entgeltgenehmigungsantrag muss den Anforderungen von § 39 VwVfG genügen. Es ist eine Frage des Einzelfalls und deshalb keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich, ob der hier streitige Bescheid der Regulierungsbehörde den Anforderungen von § 39 VwVfG Rechnung trägt.
2. Die Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
a) Das angefochtene Urteil beruht nicht deshalb auf einem Verfahrensmangel, weil das Oberverwaltungsgericht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat.
aa) Dadurch, dass das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden hat, hat es nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Entscheidet ein Gericht auf der Grundlage des § 130a VwGO, ohne dass die Voraussetzungen eines Verzichts auf die mündliche Verhandlung nach dieser Bestimmung gegeben sind, verstößt der Beschluss gegen § 101 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO und verletzt zugleich den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Urteil vom 30. Juni 2004 – BVerwG 6 C 28.03 – BVerwGE 121, 211 ≪221≫). Der Verzicht auf die mündliche Verhandlung ist hier jedoch nicht zu beanstanden, weil er noch von § 130a Satz 1 VwGO gedeckt ist. Bei dem von § 130a Satz 1 VwGO eröffneten Ermessen ist auch die Schwierigkeit der Rechtssache zu berücksichtigen. Dies bedeutet hingegen nicht, dass das Oberverwaltungsgericht die Grenzen seines Ermessensspielraums dann überschreitet, wenn es bei schwierigen Berufungsverfahren ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet. Die weit gezogenen Grenzen des dem Berufungsgericht verliehenen Ermessens können auch dann gewahrt sein, wenn das Gericht mit Blick auf den Entlastungs- und Beschleunigungszweck des § 130a VwGO, der zulässigerweise berücksichtigt werden darf, den Entschluss fasst, über eine schwierige Rechtssache im vereinfachten Berufungsverfahren zu befinden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 130a VwGO erweist sich hingegen dann als ermessensfehlerhaft, wenn die Rechtssache außergewöhnlich große Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist (vgl. Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O., 213 ff.). Daran gemessen liegt ein Verfahrensmangel nicht vor.
Die nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Fragen sind nicht von derart außergewöhnlicher Schwierigkeit, dass der Verzicht auf die mündliche Verhandlung nicht mehr ermessensgerecht wäre. Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt dies – soweit entscheidungserheblich – sowohl für die im Rahmen der Grundsatzrügen aufgeworfenen Rechtsfragen als auch für diejenigen, die sie in ihrem Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht vom 27. Juli 2005 angeführt hat. Entsprechendes ist für die Fragen anzunehmen, die aus Sicht der Klägerin tatsächlicher Natur sind und – wie sie meint – eine Entscheidung nach § 130a VwGO hätten hindern müssen. Dies gilt insbesondere für die von dem Oberverwaltungsgericht verneinte Frage, ob bei der Ermittlung der “angemessenen Verzinsung” der so genannte “WACC-Ansatz” und in diesem Zusammenhang die “CAPM-Methode” anzuwenden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang keine mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten einhergehenden Erwägungen angestellt. Es ist entscheidungserheblich davon ausgegangen, dass der “WACC-Ansatz” und die “CAPM-Methode” dem Ziel des Telekommunikationsgesetzes zuwiderliefen, weil sie nicht allein auf das hier interessierende Geschäftsfeld bezogen waren. Derartige Erwägungen halten sich in dem für die Entscheidungsfindung eines Verwaltungsgerichts geläufigen Rahmen.
bb) Der Verzicht auf die mündliche Verhandlung verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl II 1952 S. 685, 953).
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das u.a. über zivilrechtliche Ansprüche zu entscheiden hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Begriff “zivilrechtliche Ansprüche” nicht etwa dahingehend zu verstehen ist, dass die Verfahrensgarantie einer öffentlichen Verhandlung nur für die ordentlichen Gerichte, d.h. die Zivil- und Strafgerichte, nicht aber für die Verwaltungsgerichte gilt (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 9.98 – BVerwGE 110, 203 ≪206 ff.≫). Aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgt nicht, dass in Fällen einer erstinstanzlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung stets in der folgenden zweiten Instanz eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung stattfinden muss. Maßgebend sind vielmehr die festzustellenden Besonderheiten des jeweiligen Rechtsmittelverfahrens. Eine mündliche Verhandlung ist nach Art. 6 Abs. 1 EMRK regelmäßig jedenfalls dann im verwaltungsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht geboten, wenn im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu entscheiden sind (vgl. Beschluss vom 25. September 2003 – BVerwG 4 B 68.03 – NVwZ 2004, 108 ≪110≫). So liegt es angesichts der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, von der auch in diesem Zusammenhang auszugehen ist, hier. Die Erwägungen, die das Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Frage nach der “angemessenen Verzinsung” angestellt hat, sind in erster Linie rechtlicher Natur. Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang insbesondere das Tatbestandsmerkmal “angemessen” ausgelegt und angenommen, dass der “WACC-Ansatz” und die “CAPM-Methode” mit Blick auf das Ziel des Telekommunikationsgesetzes zur Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes ungeeignet seien. Damit hat das Oberverwaltungsgericht die von der Klägerin als zutreffend angesehene Zinsberechnung aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Zwar sind die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zum Abschreibungszeitraum nicht nur rechtlicher Natur. Soweit sie sich auf tatsächliche Gegebenheiten beziehen, prägen sie die angefochtene Entscheidung jedoch nicht in einer Weise, dass angenommen werden könnte, das Oberverwaltungsgericht habe in einem eine mündliche Verhandlung gebietenden Umfang über Tatsachenfragen entschieden.
b) Der angefochtene Beschluss stellt auch keine den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzende Überraschungsentscheidung dar.
Es kann im Ergebnis einer den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Verhinderung eines Vortrages gleichkommen, wenn ein Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt allerdings nicht, dass das Gericht den Beteiligten bereits die möglichen Entscheidungsgrundlagen darzulegen hat (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 25. Mai 2001 – BVerwG 4 B 81.00 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 S. 20 f. m.w.N.). Daran gemessen hat das Berufungsgericht nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt eine Überraschungsentscheidung nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, die Beklagte sei berechtigt gewesen, das zur Genehmigung gestellte Entgelt in einer geringeren Höhe als der beantragten zu genehmigen, wenn sie anderenfalls den Antrag wegen nicht überzeugender Kostennachweise hätte ablehnen müssen. Diese Erwägung ist schon deshalb nicht “überraschend”, weil das Oberverwaltungsgericht insoweit eine in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung bestätigt hat. Die Klägerin konnte auch nicht damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die in dem angefochtenen Bescheid der Regulierungsbehörde angenommene Kürzungspauschale in Höhe von 5 % sei nicht nachvollziehbar und deshalb nicht ausreichend begründet, folgen würde.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Revision nicht wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zuzulassen.
Die Klägerin meint, das Oberverwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz dadurch verletzt, dass es angenommen habe, ihr, der Klägerin, Geschäftsfeld “Festnetz” sei weniger risikobehaftet als ihre übrigen Geschäftsfelder, wie zum Beispiel das des Mobilfunknetzes. Das Oberverwaltungsgericht hätte diese Aussage nicht ohne vorherige Durchführung einer Beweisaufnahme treffen dürfen. Dies kann die Zulassung der Revision schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Die beanstandete Feststellung zum wirtschaftlichen Risiko des Geschäftsfeldes “Festnetz” steht im Zusammenhang mit der vorangestellten Erwägung des Gerichts, die von der Klägerin zur Berechnung der angemessenen Verzinsung bevorzugte “WACC/CAPM-Methode” sei deshalb nicht anwendbar, weil sie bei der Risikobewertung auf das Gesamtunternehmen der Klägerin, also auf alle Geschäftsfelder, abstelle und nicht auf das Geschäftsfeld, in dem das zu bepreisende Produkt erstellt werde. Da die Verbindungsleistung, deren Entgelt streitig sei, in dem Geschäftsfeld “Festnetz” erstellt werde, sei allenfalls auf das in diesem Geschäftsbereich eingesetzte Kapital abzustellen. Daran schließt sich die mit dem Wort “überdies” eingeleitete beanstandete Erwägung an. Dieser kommt sowohl nach ihrem Wortlaut (“überdies”) als auch mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Begründung des angefochtenen Beschlusses eine zusätzliche Erwägung, die für die Aussage, die “WACC/CAPM-Methode” sei wegen ihres Bezugs auf das Gesamtunternehmen nicht anwendbar, keine tragende Bedeutung zu.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Vormeier
Fundstellen