Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Änderungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 7 500 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Antragstellerin wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 19B „Am Kalkofen – Sonnenberg” der Antragsgegnerin. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat ihren Normenkontrollantrag mit Urteil vom 28. Juli 2015 – 8 C 10146/15.OVG – abgelehnt und die Revision nicht zugelassen sowie mit Beschluss vom selben Tag einen Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans abgelehnt (8 B 10147/15.OVG). Die Antragstellerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde eingelegt (4 BN 36.15) und begehrt mit dem vorliegenden Eilantrag der Sache nach, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zu ändern und den Bebauungsplan außer Vollzug zu setzen. Sie befürchtet eine Ausnutzung der planerischen Festsetzungen. Die Beigeladene hat mitgeteilt, in dieser und der kommenden Woche unter Ausnutzung einer bis zum 15. Oktober 2015 befristeten Genehmigung Zauneidechsen aus dem Plangebiet umzusiedeln.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 2
Der Senat macht keinen Gebrauch von seiner Befugnis, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Juli 2015 – 8 B 10147/15.OVG – zu ändern.
Rz. 3
Allerdings kann nach § 47 Abs. 6 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog das Gericht der Hauptsache Beschlüsse nach § 47 Abs. 6 VwGO jederzeit ändern oder aufheben (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 47 Rn. 409; Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rn. 623). Das Bundesverwaltungsgericht ist hierfür als Gericht der Hauptsache zuständig, nachdem das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. August 2015 der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 28. Juli 2015 – 8 C 10146/15.OVG – nicht abgeholfen hat (BVerwG, Beschluss vom 7. September 2005 – 4 B 49.05 – BVerwGE 124, 201 ≪203≫).
Rz. 4
Für den Antrag auf Änderung nach § 47 Abs. 6 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO gelten die gleichen Maßstäbe wie für eine erste Entscheidung über einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO. Denn die Änderungsentscheidung ist keine Rechtsmittelentscheidung (BVerwG, Beschluss vom 7. September 2005 a.a.O. S. 204). Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 Rn. 12 m.w.N.).
Rz. 5
Hieran gemessen bleibt der Antrag ohne Erfolg. Das Vorbringen der Antragstellerin im Verfahren 4 BN 36.15 zeigt keinen Revisionszulassungsgrund auf. Daher spricht nach vorläufiger Einschätzung Überwiegendes dafür, dass das zu ihren Lasten ergangene Normenkontrollurteil nach § 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO rechtskräftig werden wird.
Rz. 6
1. Das Hauptsacheverfahren hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, welche ihm die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren beimisst.
Rz. 7
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ und vom 9. April 2014 – 4 BN 3.14 – ZfBR 2014, 479 Rn. 2).
Rz. 8
a) Die Antragstellerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
ob eine hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit zweifelhafte fachbehördliche Prüfung allein aus dem Grund als nicht mit einem offensichtlichen und besonders schwerwiegenden Inhaltsfehler behaftet und damit als nicht nichtig bewertet werden kann, weil die zu beurteilende Frage in hohem Maße eine fachkundige Entscheidung verlangt und hier die dafür ausgestattete Fachbehörde entschieden hat oder ob auch für die Entscheidung einer Fachbehörde aufgrund objektiver Anhaltspunkte im Einzelfall festgestellt werden muss, dass kein offensichtlicher, besonders schwerwiegender Inhaltsfehler vorliegt.
Rz. 9
Die Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Ein Verwaltungsakt leidet im Sinne von § 1 Abs. 1 LVwVfG RP i.V.m. § 44 Abs. 1 VwVfG an einem besonders schwerwiegenden Fehler, wenn dieser Fehler den Verwaltungsakt schlechterdings unerträglich erscheinen, also mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein lässt (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1985 – 8 C 107.83 – Buchholz 406.11 § 134 BBauG Nr. 6 S. 7). Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in einem so erheblichen Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ist Bezugspunkt der vom Gesetz für die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes darüber hinaus geforderten Offensichtlichkeit (BVerwG, Urteil vom 9. September 2014 – 1 C 10.14 – NVwZ 2014, 1679 Rn. 16).
Rz. 10
Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 18. April 2013 zur Beseitigung einer Lösswand für „zweifelhaft” (UA S. 17) gehalten; diese sei wegen einer fehlerhaften Abgrenzung einer Ausgleichs- von einer Ersatzmaßnahme „möglicherweise” fehlerhaft (UA S. 18). Diese Formulierungen legen nahe, dass es schon das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers verneinen wollte. Ähnliches gilt für die Antragstellerin, die ihre Frage auf den Fall einer in „ihrer Rechtmäßigkeit zweifelhaften” Prüfung münzt. Dies bedarf keiner Vertiefung. Denn die Revision kann wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache nur zugelassen werden, wenn sich die grundsätzliche Rechtsfrage unmittelbar, nicht erst aufgrund von weiterer Sachaufklärung nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sache beantwortet (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 1961 – BVerwG 3 B 43.60 – Buchholz 427.3 § 339 LAG Nr. 120 und vom 19. Februar 2014 – 4 B 40.13 – BayVBl. 2014, 477 Rn. 9). Die Frage nach der Offensichtlichkeit eines Fehlers wäre hier aber erst aufgeworfen, wenn das Oberverwaltungsgericht tatsächliche Feststellungen dazu getroffen hätte, ob die vorgesehene Maßnahme in der 13 km entfernten Sandgrube mit dem hier betroffenen Eingriffsort in einem funktionalen Zusammenhang steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140 ≪163≫). Allein die Bezeichnung der Maßnahme in dem Bescheid vom 18. April 2013 als „Ersatzmaßnahme” reicht hierfür nicht aus.
Rz. 11
b) Die Antragstellerin hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob im Rahmen der Bauleitplanung die Auswirkungen einer Tätigkeit, für die im Nachgang der Planung noch eine gesonderte Genehmigung einzuholen ist, deren Durchführung aber zugleich Voraussetzung für den Vollzug des Bebauungsplans ist, bereits zum Zeitpunkt der Abwägung ermittelt worden sein müssen, damit sie der darin enthaltenen Konfliktbewältigung zugeführt werden können.
Rz. 12
Die Frage könnte nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie ist, soweit der Fall sie aufwirft, in der Rechtsprechung geklärt. Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Oberflächenentwässerung während der einzelnen Phasen der Auffüllung des Steinbruchs einen Abwägungsfehler verneint. Es sei nicht Aufgabe des Bebauungsplans, auf jedes Detail seines Vollzugs einzugehen. Die Planung könne es nicht leisten, die einzelnen Phasen einer Baumaßnahme im Auge zu behalten. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats. Danach gehören Probleme, die sich aus der Realisierung eines Bebauungsplans durch Bauarbeiten ergeben, wegen ihrer zeitlichen Begrenzung regelmäßig nicht zu den Konflikten, die der Bebauungsplan selbst lösen muss (BVerwG, Beschluss vom 12. März 1999 – 4 BN 6.99 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 133 S. 9). Es bedarf also, anders als die Antragstellerin annimmt, insoweit auch keiner Konfliktbewältigung.
Rz. 13
Ohne eine rechtsgrundsätzliche Frage zu formulieren, deutet die Antragstellerin darüber hinaus Klärungsbedarf an, wann einem Bebauungsplan dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen, so dass es an seiner Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mangelt. Auch dies könnte nicht zur Zulassung der Revision führen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist maßgeblich, ob der Realisierung eines Bebauungsplans dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2001 – 4 CN 9.00 – BVerwGE 115, 77 ≪85≫). Dies fordert die von den konkreten Einzelfallumständen abhängige Prüfung, ob auf der Grundlage der Darlegungen des Planungsträgers in der Planbegründung die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Bebauungsplan bzw. einzelne seiner Festsetzungen realistischerweise umgesetzt werden können (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 – 4 CN 4.13 – BVerwGE 150, 101 Rn. 14). Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit diese Rechtsprechung einer Weiterentwicklung bedürfen könnte.
Rz. 14
Hiervon unabhängig fehlen in dem angegriffenen Urteil Feststellungen, dass der Verfüllung des Steinbruchs mit Blick auf die Oberflächenentwässerung dauerhafte Hindernisse entgegenstehen.
Rz. 15
2. Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren könnte auch nicht zu einer Zulassung wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen.
Rz. 16
a) Die Antragstellerin wirft dem Oberverwaltungsgericht zu Unrecht einen Gehörsverstoß hinsichtlich ihres Vortrags zu der Genehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 18. April 2013 vor.
Rz. 17
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Ein Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Teil eines Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war. Wird die Gehörsrüge darauf gestützt, dass das Tatsachengericht relevantes Vorbringen übergangen habe, bedarf es der Darlegung, welches Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt das nicht zur Kenntnis genommene oder nicht erwogene Vorbringen für die Entscheidung hätte von Bedeutung sein können (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 35.13 – DVBl. 2015, 636 Rn. 42 m.w.N.). Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass sich das Gericht der Rechtsauffassung eines Beteiligten nicht angeschlossen hat, nicht den Schluss, das Gericht habe das Vorbringen nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis genommen (BVerwG, Beschluss vom 12. August 2015 – 4 B 29.15 – Rn. 2).
Rz. 18
Das Oberverwaltungsgericht hat zur Kenntnis genommen, dass die Beseitigung von Gehölzaufwuchs von einer Abbauterrasse in einer Sandgrube nördlich der Ortslage Monsheim in dem Bescheid der Struktur- und Genehmigungsbehörde Süd vom 18. April 2013 als „Ersatzmaßnahme” bezeichnet wird (UA S. 4), dass die Antragstellerin diesen Bescheid u.a. wegen der Entfernung der Ortslage Monsheim von dem hier betroffenen Steinbruch für nichtig halte, nach ihrer Auffassung die behördlichen Ermittlungen unzureichend seien und sich die Antragstellerin auch auf den Vermerk des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz vom 27. August 2013 berufen hat (UA S. 7 f.). Dass es aus diesen Umständen nicht die von der Antragstellerin für richtig gehaltenen Folgerungen gezogen hat, führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Dabei bedurfte es im Rahmen der rechtlichen Würdigung nach der für die Beurteilung eines möglichen Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2015 – 4 B 10.14 – juris Rn. 16) nur einer Auseinandersetzung mit Gesichtspunkten, welche die Nichtigkeit des Bescheides vom 18. April 2013 begründen konnten (UA S. 16). Daher begegnet es keinen Bedenken, dass das Oberverwaltungsgericht sich mit einzelnen, von der Antragstellerin gerügten Ermittlungsdefiziten nicht befasst hat. Die Antragstellerin wendet sich vielmehr der Sache nach gegen die Annahme, ein – unterstellter – Fehler des Bescheides sei jedenfalls nicht offensichtlich (Beschwerdebegründung S. 14). Dieser materielle Einwand kann nicht zum Erfolg der Verfahrensrüge führen.
Rz. 19
Eine Zulassung der Revision im Hauptsacheverfahren wegen einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) scheidet nach vorläufiger Einschätzung ebenfalls aus. Denn eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen. Die verfahrensmäßige Verpflichtung des Gerichts, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ist nur ausnahmsweise dann verletzt, wenn das Urteil auf einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung beruht (BVerwG, Beschlüsse vom 5. Juni 2014 – 4 BN 8.14 – juris Rn. 3 und vom 30. Juni 2015 – 3 B 47.14 – juris Rn. 24 m.w.N.). Es fehlen aber greifbare Anhaltspunkte für den Vorwurf der Antragstellerin, die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei „von objektiver Willkür” geprägt (so Beschwerdebegründung S. 15).
Rz. 20
b) Die Beschwerde im Hauptsacheverfahren wird voraussichtlich auch ohne Erfolg bleiben, soweit sie einen Gehörsverstoß bei der Behandlung der Oberflächenentwässerung rügt.
Rz. 21
Das Oberverwaltungsgericht hat zur Kenntnis genommen und erwogen, dass die Antragstellerin eine mangelhafte Oberflächenentwässerung befürchtet, insbesondere bei Regenereignissen, die das zugrunde gelegte 20-jährige Regenereignis überschreite (UA S. 6, 8). Einer weiteren Erläuterung des Begriffs „20-jährliches Regenereignis” bedurfte es nicht; dies ist ein Regenereignis, für das ein Wiederkehrintervall von 20 Jahren zu rechnen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch zu den Anforderungen an eine Information der Ratsmitglieder geäußert (UA S. 22 f.). Soweit die Antragstellerin ihren Vortrag zur Oberflächenentwässerung während der Verfüllung als unberücksichtigt rügt, übersieht sie, dass es auf diese Frage nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 28) nicht ankam. Der Vorwurf der Antragstellerin richtet sich damit in der Sache gegen die materiellrechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es bedürfe für eine ordnungsgemäße Abwägung keiner Dimensionierung der Anlagen für seltenere als 20-jährige Regenereignisse. Dies ist ein materiell-rechtlicher Einwand, der der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg verhilft. Dies gilt auch, soweit die Antragstellerin dem Oberverwaltungsgericht insoweit einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz aus § 108 Abs. 1 VwGO vorwirft.
Rz. 22
Das rechtliche Gehör hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch verletzt, dass es in dem angegriffenen Urteil an Ausführungen zur Ableitung des Regenwassers auf unbefestigte Flächen sowie die Aufnahmefähigkeit des Kanalnetzes fehlt. Die Antragstellerin hat es bei ihren Ausführungen zu den unbefestigten Böden bei Vermutungen belassen (vgl. Schriftsatz vom 28. Januar 2015 S. 29), auch ihre Ausführungen zur Aufnahmefähigkeit des Kanalnetzes beriefen sich allein auf einen „hiesigen Kenntnisstand” ohne zu erläutern, auf welche Erkenntnisquellen sich diese Einschätzung stützte (Schriftsatz vom 24. Juli 2015 S. 3). Es ist damit schon nicht erkennbar, dass es sich um wesentlichen Vortrag handelte, dessen fehlende Berücksichtigung im Urteil auf einen Gehörsverstoß schließen lässt.
Rz. 23
3. Die Beschwerde im Hauptsacheverfahren kann schließlich nicht zur Zulassung der Revision führen, soweit die Antragstellerin Revisionszulassungsgründe hinsichtlich der Annahme des Oberverwaltungsgerichts geltend macht, selbst die Nichtigkeit der Ausnahmegenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 18. April 2013 hätte nicht die Vollzugsunfähigkeit des Bebauungsplans zur Folge (UA S. 19). Denn diese Erwägung tritt selbständig tragend neben die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, diese Genehmigung sei nicht nichtig, sondern wirksam. Hinsichtlich dieser Annahme hat die Antragstellerin aber keinen Revisionszulassungsgrund aufgezeigt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 15 und vom 9. Dezember 1994 – 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4).
Rz. 24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Külpmann
Fundstellen