Verfahrensgang
VG Magdeburg (Urteil vom 24.06.2008; Aktenzeichen 5 A 200/07 MD) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Juni 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 000 € festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird.
1. Der Kläger will in einem Revisionsverfahren als rechtsgrundsätzlich bedeutsam geklärt wissen,
ob ein parallel zum Rehabilitierungsverfahren anhängig gemachter Antrag nach § 1 Abs. 7 VermG vom zuständigen Vermögensamt bzw. Verwaltungsgericht mit der alleinigen Begründung abgelehnt werden kann, dass das Rehabilitierungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, wenn der Antragsteller bei der Antragstellung die Anhängigkeit eines Rehabilitierungsverfahrens mit dem Ziel der Rehabilitierung einer Enteignungs- bzw. Vermögenseinziehungsmaßnahme glaubhaft gemacht hat (z.B. durch Vorlage einer Antragsschrift), dieses Rehabilitierungsverfahren aber noch nicht (rechtskräftig) abgeschlossen ist.
Die aufgeworfene Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil die Beschwerde zum einen einen Sachverhalt unterstellt, den das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat, und zum anderen nicht berücksichtigt, welchen Regelungsgehalt das Verwaltungsgericht dem streitgegenständlichen Bescheid vom 7. Juni 2007 beigemessen hat.
Gemäß § 1 Abs. 7 VermG gilt dieses Gesetz entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht mit Blick auf das im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 20. August 2007 entschieden, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze, weil eine für den Kläger positive Rehabilitierungsentscheidung aus Moskau nicht vorlag. Das Verwaltungsgericht hat damit den Antrag gemäß § 1 Abs. 7 VermG nicht mit der alleinigen Begründung abgelehnt, das Rehabilitierungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Für das Verwaltungsgericht war gerade entscheidend, dass das Rehabilitierungsverfahren in Moskau, auf das der Kläger seinen Antrag vom 10. April 2006 gestützt hat, abgeschlossen war. Außerdem hat das Verwaltungsgericht keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass der Kläger bei Stellung seines Antrags gemäß § 1 Abs. 7 VermG am 10. April 2006 bereits auf ein anhängiges strafrechtliches Rehabilitierungsverfahren unter Vorlage einer Antragsschrift hingewiesen habe. Im Tatbestand des Urteils ist ausgeführt, dass der Kläger im gerichtlichen Verfahren auf den im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren gestellten Wiederaufgreifensantrag vom 15. Mai 2006 nebst der Begründungsschrift vom 20. Juni 2007 hingewiesen habe. Diesen Tatsachenvortrag konnte der Beklagte bei seiner Entscheidung vom 7. Juni 2007 schon allein wegen der zeitlichen Abfolge nicht berücksichtigen. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht diesen Sachvortrag auch nicht mit in seine Entscheidung einbezogen. Den Regelungsgehalt des streitgegenständlichen Bescheids hat das Verwaltungsgericht ausschließlich in Bezug auf den Antrag vom 10. April 2006 gesehen, der mit Verweis auf den in Moskau gestellten Rehabilitierungsantrag gestellt worden war. Nur insoweit kann der Bescheid die Beteiligten auch binden und das angefochtene Urteil in Rechtskraft erwachsen. Der vom Verwaltungsgericht ermittelte Erklärungsinhalt ist als Tatsachenfeststellung auch nicht angegriffen (vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2008 – BVerwG 2 B 60.08 – zitiert nach juris).
2. Soweit die Beschwerde meint, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob eine Ablehnung eines Antrags gemäß § 1 Abs. 7 VermG vom zuständigen Vermögensamt zumindest damit begründet werden könne, es sei nach einer eigenen Prognoseentscheidung zu dem Ergebnis gelangt, der Rehabilitierungsantrag sei “offensichtlich” unbegründet,
würde sich ein Revisionsverfahren mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht mit dieser Frage nicht auseinandersetzen.
Da es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Vermögensrecht auch bei der isolierten Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (Urteil vom 31. März 2004 – BVerwG 8 C 5.03 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20) ist es vorliegend für ein Revisionsverfahren unerheblich, ob vom zuständigen Vermögensamt eine Prognoseentscheidung zum Ausgang des Rehabilitierungsverfahrens getroffen werden darf. Das Verwaltungsgericht hat dazu entscheidungserheblich festgestellt, dass der in Moskau gestellte Antrag vom 8. Dezember 2004 auf Rehabilitierung mit Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 20. August 2007 negativ entschieden wurde und deshalb eine für den Kläger positive Rehabilitierungsentscheidung, die § 1 Abs. 7 VermG voraussetzt, nicht vorliegt. Dieses Schreiben hat das Verwaltungsgericht als endgültige Bescheidung über den oder die russischen Rehabilitierungsanträge bewertet.
Die Revision ist auch nicht mit Blick auf die zusätzlichen Überlegungen des Verwaltungsgerichts angezeigt, dass aufgrund der in diesem Verfahren besonderen Fallkonstellation und der wiederholten Anträge nach § 1 Abs. 7 VermG i. V. m. den in Russland gestellten gleich lautenden Anträgen der Beklagte auch ohne Vorlage des russischen Prüfergebnisses den hier streitbefangenen Bescheid habe erlassen können. Die Zulassung der Revision diesbezüglich scheidet bereits deshalb aus, weil der Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Hinblick auf die das Urteil selbstständig tragende Begründung, eine negative Rehabilitierungsentscheidung aus Moskau liege mit dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft vom 20. August 2007 vor, nicht greift. Ein Revisionsverfahren kann nicht zur Klärung von Rechtsfragen beitragen, die sich lediglich für einen anderen Entscheidungsgrund stellen (Beschluss vom 30. Januar 1996 – BVerwG 1 B 13.96 – Buchholz 451.44 HeimG Nr. 8).
Unabhängig davon hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass § 1 Abs. 7 VermG von einem zweistufigen Verfahrensablauf ausgeht. Auf der ersten Stufe hebt die dafür nach den “anderen Vorschriften” zuständige Stelle die durch eine rechtsstaatswidrige (straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtliche) Entscheidung herbeigeführte Vermögensentziehung auf oder trifft eine der Aufhebung entsprechende Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit. Damit steht die Rückgabeberechtigung des früheren Rechtsinhabers dem Grunde nach fest. Die rechtsgrundlos gewordene Vermögensverschiebung wird sodann auf der zweiten Stufe von den an die Aufhebungsentscheidung gebundenen Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen nach Maßgabe des Vermögensgesetzes rückabgewickelt. § 1 Abs. 7 VermG bezieht auch die Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen nach ausländischen Vorschriften mit ein (Urteil vom 25. Februar 1999 – BVerwG 7 C 8.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 2). Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass im Zusammenhang mit dem Antrag gemäß § 1 Abs. 7 VermG vom 1. Dezember 2003 der Kläger bereits am 29. Oktober 2003 bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation in Moskau einen Antrag auf Rehabilitierung gestellt hat. Dieser Antrag wurde aus Moskau am 2. April 2004 negativ entschieden. Daraufhin hat der Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2006 den Antrag des Klägers auf Restitution abgelehnt. An diese negative Entscheidung durch die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ist der Beklagte so lange gebunden bis eine positive Aufhebungsentscheidung derselben Stelle auch wegen der Einziehung von Vermögensgegenständen oder des Vermögens insgesamt erfolgt. Mit der Antragstellung vom 10. April 2006 gemäß § 1 Abs. 7 VermG hat der Kläger zwar auf einen in Moskau gestellten Antrag vom 8. Dezember 2004 verwiesen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass als Voraussetzung für eine Prüfung des geltend gemachten Anspruchs gemäß § 1 Abs. 7 VermG eine negative Rehabilitierungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation bereits vorlag. Die Behörde hat somit nicht lediglich eine Prognoseentscheidung angestellt, als sie mit dem streitgegenständlichem Bescheid vom 7. Juni 2007 den erneuten Antrag des Klägers gemäß § 1 Abs. 7 VermG mit Hinweis auf die negative Entscheidung aus Moskau aus dem Jahr 2004 ablehnte.
3. Schließlich kommt eine Zulassung der Revision auch nicht in Betracht bezüglich der als grundsätzlich bedeutsam formulierten Frage,
ob ein Vermögensamt in einem anhängigen Verfahren nach § 1 Abs. 7 VermG berechtigt ist, zumal ohne dass dies jemals beantragt wurde, die Feststellung zu treffen, ein anhängiges russisches Rehabilitierungsverfahren i. V. m. dem Antrag nach § 1 Abs. 7 VermG löse nicht die Verfügungssperre nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG aus.
Diese Rechtsfrage wäre in einem Revisionsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich und damit nicht klärungsbedürftig. Wie dargelegt, scheidet eine Zulassung der Revision wegen der Ablehnung des Antrags des Klägers nach § 1 Abs. 7 VermG aus, der sich auf das russische Rehabilitierungsverfahren bezog. Nur dieser Antrag nach § 1 Abs. 7 VermG ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Mit der Zurückweisung der Beschwerde wird die Ablehnung des Antrags nach § 1 Abs. 7 VermG rechtskräftig. Dies wiederum hat zur rechtlichen Konsequenz, dass der Unterlassungsanspruch als Sicherungsmittel für den angemeldeten Rückübertragungsanspruch entfällt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 ≪142≫).
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Postier, Dr. Hauser
Fundstellen