Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage. Entgeltgenehmigungspflicht nach TKG 1996. Übergangsbestimmung des TKG 2004. Wirksambleiben gesetzlicher Gebote
Leitsatz (amtlich)
- Die Pflicht zur Genehmigung von Entgelten nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 ist eine wirksam bleibende Verpflichtung im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004.
Es wird eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgenden Fragen eingeholt:
Sind Art. 27 Satz 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) und Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) dahin zu verstehen, dass ein im früheren innerstaatlichen Recht vorgesehenes gesetzliches Gebot zur Genehmigung von Entgelten für die Erbringung von Sprachtelefondienstleistungen gegenüber Endnutzern durch ein Unternehmen mit insoweit marktbeherrschender Stellung und mithin auch ein diesbezüglicher feststellender Verwaltungsakt vorübergehend aufrechtzuerhalten sind?
Bei Verneinung von Frage 1:
Steht das Europäische Gemeinschaftsrecht einer solchen weitgehenden Aufrechterhaltung entgegen?
Normenkette
TKG 1996 § 25 Abs. 1, § 35 Abs. 1, § 39 Alt. 2; TKG 2004 § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2, § 13 Abs. 1, 3, § 29 Abs. 1, § 39 Abs. 1, 3, § 150 Abs. 1, 13-14; VwGO § 43; VwVfG § 43; Sprachtelefondienstrichtlinie Art. 17; Rahmenrichtlinie Art. 27 S. 1; Zugangsrichtlinie Art. 7
Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 15.09.2005; Aktenzeichen 1 K 4556/04) |
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Es wird eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgenden Fragen eingeholt:
Sind Art. 27 Satz 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) und Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) dahin zu verstehen, dass ein im früheren innerstaatlichen Recht vorgesehenes gesetzliches Gebot zur Genehmigung von Entgelten für die Erbringung von Sprachtelefondienstleistungen gegenüber Endnutzern durch ein Unternehmen mit insoweit marktbeherrschender Stellung und mithin auch ein diesbezüglicher feststellender Verwaltungsakt vorübergehend aufrechtzuerhalten sind?
Bei Verneinung von Frage 1:
- Steht das Europäische Gemeinschaftsrecht einer solchen weitgehenden Aufrechterhaltung entgegen?
Tatbestand
I
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Telekommunikationsfestnetzes und bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Sie unterbreitet Endkunden so genannte “Paketangebote”. Diese Angebote bestehen aus genehmigten Anschluss- und Optionstarifen sowie aus Leistungen, deren Entgelte nicht der Genehmigungspflicht nach dem Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (TKG 1996) unterlagen. Die in dem Paket enthaltenen Leistungen werden zu einem einheitlichen Tarifangebot verknüpft.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2004 stellte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde), die jetzige Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, fest, dass die von der Klägerin erhobenen Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für näher bezeichnete Paketangebote der Genehmigungspflicht nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 unterliegen.
Nach Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (TKG 2004) hat die Klägerin Klage erhoben, mit deren Hauptantrag sie die Feststellung begehrt hat, dass die Verpflichtungen aus dem Bescheid vom 8. Juni 2004 nicht nach § 150 Abs. 1 TKG 2004 wirksam geblieben sind.
Mit Urteil vom 15. September 2005 (CR 2005, 868 ff.) hat das Verwaltungsgericht dem Hauptantrag stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe einen Anspruch auf die erstrebte Feststellung, weil die Verpflichtungen aus dem Bescheid vom 8. Juni 2004 mit dem Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 1996 unwirksam geworden seien. Zwar könne der Wortlaut der Übergangsvorschrift des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 dahin verstanden werden, dass auch eine im Telekommunikationsgesetz 1996 vorgesehene Pflicht zur Genehmigung von Entgelten wirksam bleiben solle, zumal wenn sie in einem Verwaltungsakt konkret festgestellt worden sei. Jedoch erweise sich der Regelungsgehalt der Bestimmung enger als es sein Wortlaut nahe lege. Von der Übergangsvorschrift würden nur solche Verpflichtungen erfasst, die keines weiteren regulatorischen Vollzugsaktes bedürften und aus sich heraus vollziehbar seien. Dies sei bei der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 nicht der Fall.
Die Beklagte begründete ihre vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision im Wesentlichen wie folgt: Das Verwaltungsgericht nehme zu Unrecht an, dass § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 eng auszulegen und eine im Telekommunikationsgesetz 1996 vorgesehene Entgeltgenehmigungspflicht auch dann nicht wirksam geblieben sei, wenn sie in einem Verwaltungsakt festgestellt worden sei. § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 bewirke im vorliegenden Fall, dass die festgestellte Pflicht zur Genehmigung nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 solange fortgelte, bis auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004 über die Genehmigungspflicht von Kundenentgelten entschieden worden sei. Dies folge insbesondere aus Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung und entspreche dem Europäischen Gemeinschaftsrecht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Der Rechtsstreit ist auszusetzen, weil in dem schwebenden Verfahren vorab von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eine Entscheidung über die Auslegung sekundären Gemeinschaftsrechts einzuholen ist (Art. 234 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 EG). Am innerstaatlichen Recht gemessen erweist sich der Hauptantrag als unbegründet (A.). Der Senat kann jedoch ohne Einholung einer Vorabentscheidung nicht feststellen, ob das nationale Recht mit Europäischem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht (B.).
A. Nach innerstaatlichem Recht beurteilt ist der zulässige Hauptantrag (1.) unbegründet (2.).
1. Der Hauptantrag begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken.
Er ist als allgemeiner Feststellungsantrag im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Das Begehren bezieht sich auf eine zwischen den Beteiligten streitige und damit feststellungsfähige Rechtsbeziehung. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die durch Bescheid vom 8. Juni 2004 festgestellte Genehmigungspflicht mit dem Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120) – TKG 1996 – nach § 152 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1140) – TKG 2004 –, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970), keine Wirkung mehr entfalte. Demgegenüber geht die Beklagte davon aus, dass die in dem Bescheid festgestellte Genehmigungspflicht nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 fortwirke, so dass die Feststellung in dem Bescheid Weitergeltung beanspruche. Das Fortbestehen der Genehmigungspflicht ist einer Feststellung im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zugänglich.
Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der erstrebten Feststellung im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Das berechtigte Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse ein, insbesondere Interessen rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Art (vgl. Urteil vom 29. April 1997 – BVerwG 1 C 2.95 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 S. 7). Das Interesse der Klägerin, die in dem Bescheid vom 8. Juni 2004 genannten Endkundenprodukte ohne vorherige Genehmigung der entsprechenden Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vermarkten, erweist sich als berechtigtes Interesse.
Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht nicht die Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Die Klägerin kann nicht auf die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 8. Juni 2004 verwiesen werden, weil sie mit einer solchen Klage nicht den mit dem Feststellungsantrag verfolgten Zweck erreichen kann. Dem Feststellungsantrag liegt die Erwägung zugrunde, dass der Bescheid vom 8. Juni 2004 mit Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 1996 erledigt sei. Demgegenüber beruht eine Anfechtungsklage auf der Annahme, dass der Bescheid weiter wirksam und rechtswidrig sei. Angesichts der unterschiedlichen Zielrichtungen der Feststellungsklage und der Anfechtungsklage steht dem Antrag nicht § 43 Abs. 2 VwGO entgegen.
2. Der Hauptantrag erweist sich am nationalen Recht gemessen als unbegründet. Aus dem Telekommunikationsgesetz 2004 ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf die erstrebte Feststellung.
Nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 bleiben die von der Regulierungsbehörde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen wirksam, bis sie durch neue Entscheidungen nach Teil 2 ersetzt werden. Daraus folgt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die mit Bescheid vom 8. Juni 2004 festgestellte Pflicht zur Genehmigung der Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam geblieben ist.
a) Der Anwendungsbereich des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 ist eröffnet, weil hinsichtlich der hier interessierenden Endkundenentgelte für Sprachtelefondienst eine Entscheidung nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 noch nicht ergangen ist.
b) Soweit § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 1996 voraussetzt, ist diese Voraussetzung hier gegeben. Die Regulierungsbehörde hat in dem Bescheid vom 8. Juni 2004 festgestellt, dass die Klägerin auf dem Markt für das Angebot von Sprachtelefondienst im Rahmen der Lizenzklasse 4 nach § 6 TKG 1996 über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. Dass diese Feststellung in der Begründung des Bescheides und nicht in seinem Tenor getroffen wurde, ist mit Blick auf § 150 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004 unschädlich. Diese Feststellung ist im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen worden.
c) Die festgestellte Genehmigungspflicht ist eine Verpflichtung eines marktbeherrschenden Unternehmens im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004. Sie ist deshalb wirksam geblieben.
Die in dem Bescheid vom 8. Juni 2004 getroffene Feststellung bezieht sich auf die Pflicht zur Genehmigung nach § 25 Abs. 1 TKG 1996. Nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 unterfielen u.a. Entgelte für das Angebot von Sprachtelefondienst im Rahmen der Lizenzklasse 4 nach § 6 TKG 1996, sofern der Lizenznehmer auf diesem Markt über eine marktbeherrschende Stellung verfügte, der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Die Pflicht zur Genehmigung folgte unmittelbar aus dem Gesetz. Sie war untrennbar verknüpft mit dem in § 29 Abs. 1 TKG 1996 auch enthaltenen Gebot, dass genehmigungsbedürftige Entgelte nur im Fall der Genehmigung verlangt werden dürfen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2004 – BVerwG 6 C 1.03 – BVerwGE 120, 54 ≪61≫). Dass der Genehmigungspflicht in der Regel durch eine Entscheidung über einen Genehmigungsantrag Rechnung getragen wurde, ändert nichts daran, dass sie kraft Gesetzes bestand. Dementsprechend beschränkt sich der Regelungsgehalt des feststellenden Verwaltungsakts vom 8. Juni 2004 auf die Feststellung des Bestehens einer gesetzlichen Genehmigungspflicht.
Fortwirkende Verpflichtungen im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 sind nicht nur – im Sinne einer engen Auslegung der Bestimmung – die an die Feststellungen der marktbeherrschenden Stellungen anknüpfenden Gebote, die durch Einzelmaßnahme dem betroffenen Unternehmen auferlegt wurden (so aber: Müller, in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2006, § 150 Rn. 8 ff.; Gurlit, in: Säcker (Hrsg.), a.a.O., § 13 Rn. 7; Wilms, in: ders./Masing/Jochum, Telekommunikationsgesetz, Stand Juli 2005, Einleitung Nr. 71; Scherer/Mögelin, K & R 2004, Beilage 4, 3 ≪5 f.≫; Tschentscher/Bosch, K & R 2004, Beilage 4, 14 ≪15 f.≫). § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 erfasst vielmehr auch Gebote, die unmittelbar aus dem Telekommunikationsgesetz 1996 folgten (ebenso: Rädler/Elspaß, CR 2004, 418 ≪420 ff.≫; Schütze, CR 2004, 816 ≪818 ff.≫; derselbe, CR 2005, 870 ≪870 ff.≫; dahin tendierend Heun, CR 2004, 893 ≪905≫). Mithin unterfällt auch die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 der Übergangsbestimmung. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 am Maßstab der herkömmlichen Kriterien.
aa) Der Wortlaut des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 schließt es nicht aus, auch aus dem Telekommunikationsgesetz 1996 folgende Gebote als “Verpflichtungen” anzusehen.
Der Wortsinn des in Rede stehenden Begriffs lässt bei isolierter Betrachtung keinen zuverlässigen Schluss darauf zu, ob nur im Einzelfall auferlegte oder auch unmittelbar aus dem Gesetz folgende Gebote als “Verpflichtungen” anzusehen sind. Durch eine Verpflichtung wird der Adressat zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen angehalten. Urheber des Gebots kann sowohl der Gesetzgeber als auch die Exekutive sein. Gemessen an dem Wortsinn ist es im vorliegenden Zusammenhang auch möglich, unter “Verpflichtungen” alle an Telekommunikationsunternehmen, bei denen eine marktbeherrschende Stellung festgestellt worden ist, gerichteten Gebote unabhängig davon zu verstehen, ob sie durch Gesetz oder durch Einzelakt auferlegt wurden.
Eine die anderen Tatbestandsmerkmale des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 einbeziehende grammatikalische Auslegung des Merkmals “Verpflichtungen” zwingt ebenfalls nicht zu einer engen Auslegung der Bestimmung.
Dass die Verpflichtungen nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 “wirksam” bleiben, rechtfertigt nicht die Annahme, dass nur im Einzelfall durch Verwaltungsakt auferlegte Gebote fortgelten. In diese Richtung weist freilich, dass im allgemeinen verwaltungsrechtlichen Sprachgebrauch der Begriff “Wirksamkeit” in der Regel auf Verwaltungsakte bezogen wird. So bestimmt § 43 Abs. 1 VwVfG, wem gegenüber, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt ein Verwaltungsakt “wirksam” wird. § 43 Abs. 2 VwVfG regelt mit einer dem § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 entsprechenden Wendung, wie lange ein Verwaltungsakt “wirksam” bleibt. Die Zuordnung des Begriffs “Wirksamkeit” zu Verwaltungsakten wird auch von § 150 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 vorgenommen. Nach dieser Bestimmung bleiben bestehende Frequenz- und Nummernzuteilungen sowie erteilte Wegerechte “wirksam”. Die danach fortwirkenden Begünstigungen wurden durch Verwaltungsakt zugesprochen.
Trotz der aufgezeigten Verknüpfung des Merkmals der Wirksamkeit mit Verwaltungsakten im allgemeinen verwaltungsrechtlichen Sprachgebrauch und in § 150 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 kann daraus, dass nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 Verpflichtungen “wirksam” bleiben, nicht geschlossen werden, dass die Bestimmung nur das Fortwirken von durch Verwaltungsakt ausgesprochenen Geboten anordnet. Dagegen spricht, dass § 150 TKG 2004 das Gebot der Beachtung von Verwaltungsakten, die auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 1996 ergangen sind, nicht einheitlich durch den Begriff des “Wirksambleibens” zum Ausdruck bringt. So wird in § 150 Abs. 4 Satz 1 TKG 2004 für die Weitergeltung von auf der Grundlage des früheren Rechts durch Verwaltungsakt vergebenen Frequenznutzungs- und Leitungsrechten das Begriffspaar “gelten fort” verwendet. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber das Merkmal der Wirksamkeit auch auf Gesetze bezieht (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Wortlaut von § 150 Abs. 13 und Abs. 14 TKG 2004 rechtfertigt nicht die Annahme, dass “Verpflichtungen” nur im Einzelfall auferlegte Gebote sind. Nach § 150 Abs. 13 TKG 2004 richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels “nach den bisher geltenden Vorschriften”. Gemäß § 150 Abs. 14 TKG 2004 sind auf die vor dem Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 2004 gestellten Anträge nach § 99 Abs. 2 VwGO “die bisher geltenden Vorschriften” anzuwenden. Dass § 150 Abs. 13 und Abs. 14 TKG 2004 das Fortgelten von Normen in von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 sprachlich abweichender und eindeutiger Weise regeln, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass aus dem Telekommunikationsgesetz 1996 folgende Gebote dem Anwendungsbereich des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 entzogen sind. Das folgt schon daraus, dass es bei der hier in Rede stehenden Auslegungsfrage nicht um die Weiteranwendung von Normen geht, sondern darum, ob Verpflichtungen, die unmittelbar aus dem früheren Recht folgten, wirksam geblieben sind.
Daraus, dass in § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 von Feststellungen marktbeherrschender Stellungen und “daran anknüpfenden” Verpflichtungen die Rede ist, folgt nicht, dass die Verpflichtungen die Rechtsnatur der im Einzelfall getroffenen Feststellungen bestehender Marktmacht teilen müssen. Denn das Merkmal “daran anknüpfend” muss nicht notwendig auf die getroffene Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung, sondern kann auch auf die marktbeherrschende Stellung selbst bezogen werden, die Gegenstand der Feststellung ist. Sollte sich das Merkmal auf die Feststellung beziehen, brächte es zum Ausdruck, dass die Verpflichtungen Reaktionen auf die von der Regulierungsbehörde getroffenen Feststellungen sein müssen. Dass die Feststellungen Ausgangspunkt der Verpflichtungen sein müssen, sagt über ihre Rechtsnatur nichts aus. Das Merkmal des Anknüpfens schließt es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus, speziell die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 als “Verpflichtung” im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 anzusehen. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass dem Merkmal des Anknüpfens zu entnehmen ist, dass zwischen der marktbeherrschenden Stellung und der Verpflichtung ein enger Zusammenhang bestehen muss. “Anknüpfen” bedeutet begrifflich aber nicht, dass die marktbeherrschende Stellung alleinige Voraussetzung für die fortwirkende Verpflichtung zu sein hat, wie das Verwaltungsgericht meint. Ausreichend ist vielmehr, dass die marktbeherrschende Stellung eine von mehreren Voraussetzungen für das Gebot ist, wie das bei der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 der Fall ist.
Zu einer engen Auslegung des Merkmals “Verpflichtung” zwingt auch nicht, dass diese wirksam bleiben, bis sie durch “Entscheidungen nach Teil 2 ersetzt werden”. Zwar kann der in § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 verwendete Begriff der “Entscheidung” ebenso wie der in derselben Vorschrift eingangs verwendete Begriff der “Feststellung” kaum anders als im Sinne eines Exekutivakts verstanden werden. Dass die Verpflichtungen durch Exekutivakte ersetzt werden, bedeutet aber aus grammatikalischer Sicht nicht, dass auch die ersetzten Verpflichtungen stets von der Verwaltung im Einzelfall auferlegte Gebote sein müssen. Eine am Wortsinn ausgerichtete Auslegung lässt auch ein Verständnis zu, nach dem ein aus dem früheren Recht folgendes und übergangsweise fortwirkendes Gebot durch eine Entscheidung der Verwaltung in dem Sinne “ersetzt” wird, dass das Gebot als Folge der Exekutiventscheidung unwirksam wird und an dessen Stelle eine andere Rechtslage tritt.
Auch der Umstand, dass die Verpflichtungen durch “neue” Entscheidungen ersetzt werden, verschafft keine Klarheit darüber, ob § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 eng oder weit auszulegen ist.
Nach dem Gesamtergebnis der grammatikalischen Auslegung ist es nicht ausgeschlossen, dass auch aus dem Telekommunikationsgesetz 1996 folgende Gebote nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 wirksam bleiben.
bb) Die systematische Auslegung weist in die Richtung, dass auch gesetzliche Gebote einschließlich der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 als “Verpflichtungen” im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 anzusehen sind.
Dem Verwaltungsgericht ist nicht darin zu folgen, dass gegen ein Fortwirken von normativen Geboten der Umstand streitet, dass nach § 152 Abs. 2 TKG 2004 die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 außer Kraft treten. Es steht nicht im Widerspruch zu jener Bestimmung, wenn auf der Grundlage des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 bestimmte aus dem früheren Recht folgende Gebote, nicht etwa Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996, übergangsweise wirksam bleiben. In diesem Fall würde § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 eine Ausnahme von dem mit dem Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 1996 einhergehenden Unwirksamwerden der aus dem früheren Recht folgenden Gebote begründen.
Aus dem Verhältnis von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 zu § 43 Abs. 2 VwVfG kann für die hier in Rede stehende Auslegungsfrage nichts abgeleitet werden. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Gegen eine Beschränkung des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 auf die Fortgeltung von durch Verwaltungsakt im Einzelfall auferlegten Geboten könnte streiten, wenn in diesem Fall die Bestimmung nichts anderes regelte, als § 43 Abs. 2 VwVfG ohnehin vorsieht. Von einer solchen Übereinstimmung der Regelungsgehalte ist schon deshalb nicht auszugehen, weil sich § 43 VwVfG auf Verwaltungsakte bezieht, § 150 Abs. 1 TKG 2004 hingegen auch auf die Fortgeltung von Feststellungen marktbeherrschender Stellungen, die im Rahmen der Begründung eines Bescheides und damit ohne Regelungsgehalt getroffen werden. Davon abgesehen hindert das Verwaltungsverfahrensgesetz den Gesetzgeber nicht, in einem anderen Regelungswerk bereichsspezifisch eine spezielle Bestimmung vorzusehen, die sich vollständig oder weitgehend mit einer Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes deckt.
Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass gegen die Fortgeltung der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 spreche, dass die Pflicht zur Genehmigung bis zu ihrer Ersetzung im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 wirksam bliebe, eine früher erteilte Entgeltgenehmigung hingegen wegen der grundsätzlich vorzunehmenden Befristung nach § 28 Abs. 3 TKG 1996 in der Regel zu einem früheren Zeitpunkt keine Wirkung mehr entfalte. Es erweist sich nicht als systemwidrig und streitet deshalb auch nicht gegen eine weite Auslegung der Übergangsbestimmung, wenn die abstrakte Genehmigungspflicht für einen längeren Zeitraum Wirksamkeit entfaltet als eine nach früherem Recht erteilte Entgeltgenehmigung.
Das Verhältnis von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 zu Satz 3 der Bestimmung weist deutlich in die Richtung, dass auch normativ begründete Gebote von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG erfasst werden. Nach § 150 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004 gilt Satz 1 entsprechend für Verpflichtungen nach §§ 36, 37 und 39 Alt. 2 TKG 1996. Die in Bezug genommenen Bestimmungen bezogen sich auf Pflichten der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze im Zusammenhang mit der Zusammenschaltung ihrer Netze mit Netzen anderer Betreiber und setzten keine marktbeherrschende Stellung der betroffenen Unternehmen voraus. § 150 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004 wurde von dem Vermittlungsausschuss eingefügt (vgl. BTDrucks 15/3063 S. 4 f.) und bezweckt, dass auch nicht marktbeherrschende Unternehmen treffende Verpflichtungen wirksam bleiben (Nummer 39 des Ergebnisprotokolls der Sitzung vom 3. Mai 2004 der “Arbeitsgruppe Vermittlungsausschuss TKG”; Müller, a.a.O., § 150 Rn. 19). Er bewirkt, dass auch unmittelbar aus dem früheren Recht folgende Gebote fortwirken. So begründete § 36 Satz 1 TKG 1996 die Pflicht jedes Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Alle Betreiber waren kraft Gesetzes (§ 36 Satz 2 TKG 1996) verpflichtet anzustreben, die Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander zu ermöglichen und zu verbessern. Nach § 39 Alt. 2 TKG 1996 galten für die Entgelte für die Durchführung einer angeordneten Zusammenschaltung nach § 37 TKG 1996 die §§ 24, 25 Abs. 1 und Abs. 3, die §§ 27, 28, 29, 30 Abs. 1 und Abs. 3 bis Abs. 6 und § 31 TKG 1996 entsprechend. Einige dieser Bestimmungen enthielten Gebote, die unmittelbar aus dem Gesetz folgten und keiner Umsetzung durch die Regulierungsbehörde bedurften. Dies gilt für die in § 24 TKG 1996 aufgeführten Maßstäbe der Entgeltregulierung, die Genehmigungspflicht von Entgelten (§ 25 Abs. 1 TKG 1996), die Pflicht zur Vorlage genehmigungsbedürftiger Entgelte und entgeltrelevanter Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996), die Verpflichtung, ausschließlich die von der Regulierungsbehörde genehmigten Entgelte zu verlangen (§ 29 Abs. 1 TKG 1996), und für die Rechtsfolgen in dem Fall, dass in einem Vertrag nicht genehmigte Entgelte vereinbart werden (§ 29 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996). Dass § 150 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004 unter “Verpflichtungen” auch gesetzliche Gebote versteht und in § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 derselbe Begriff verwendet wird, erweist sich als gewichtiger Hinweis darauf, dass “Verpflichtungen” im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung auch gesetzliche Gebote des früheren Rechts sind. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Begriff “Verpflichtungen” in § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 in einem engen, auf Einzelfallgebote beschränkten Sinn verwendet, obwohl er in § 150 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004 dem Tatbestandsmerkmal einen weitergehenden Inhalt beimisst. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass es sich bei § 150 Abs. 1 Satz 3 TKG 2004 im Vergleich zu § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 um eine nicht marktbeherrschende Unternehmen betreffende Sonderregelung handelt und dass aus einer Sonderregelung nicht zwingend auf den Inhalt einer allgemeinen Bestimmung geschlossen werden kann. Gleichwohl erweist sich der aus dem Verhältnis beider Vorschriften ergebende Hinweis auf ein weites Verständnis des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 als in besonderem Maße gewichtig.
Dieser Hinweis wird verstärkt durch die innere Systematik des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004. Die Bestimmung regelt den Übergang des früheren zum nunmehr geltenden Recht, indem sie das Wirksambleiben von “Verpflichtungen” bis zu deren Ersetzung durch “Entscheidungen” nach dem neuen Recht anordnet. Während die ersetzenden Entscheidungen durch die Regulierungsbehörde nach neuem Recht getroffen werden, sind die ersetzten Verpflichtungen dem früheren Recht zuzuordnen. Die Verpflichtungen knüpfen an die auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 1996 getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen an und wurzeln deshalb ebenfalls im früheren Recht. Der systematische Zusammenhang von fortwirkenden, dem früheren Recht zuzuordnenden Verpflichtungen und diese ersetzenden Verwaltungsentscheidungen nach der neuen Gesetzeslage spricht dafür, dass die Bestimmung die unterschiedlichen Konzeptionen der Regulierung von marktmächtigen Unternehmen nach dem Telekommunikationsrecht 1996 und dem geltenden Recht nachvollzieht. Im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes 1996 kam es entscheidend darauf an, ob ein Unternehmen auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innehatte. War das der Fall, ergaben sich die für die Regulierung zentralen Verpflichtungen des betroffenen Unternehmens unmittelbar aus dem Gesetz und bedurften keiner Auferlegung im Einzelfall. So lag es nicht nur bei der Entgeltgenehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996, sondern auch bei der Pflicht des § 35 Abs. 1 TKG 1996 zur Gewährung von Netzzugang, die sich auch auf die Netzzusammenschaltung erstreckte. Dem Telekommunikationsgesetz 2004 liegt eine andere Konzeption der Regulierung zugrunde. Die Regulierungsbehörde hat zunächst das Marktdefinitionsverfahren im Sinne von § 10 TKG 2004 durchzuführen, an das sich das Marktanalyseverfahren (§ 11 TKG 2004) anschließt. Ergibt das Marktanalyseverfahren, dass auf dem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb besteht, weil ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt bzw. verfügen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG 2004), ist die Regulierungsbehörde bei Vorliegen näher bestimmter Voraussetzungen ermächtigt, Regulierungsverfügungen im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 zu erlassen (§ 9 Abs. 2 TKG 2004). Anders als die Regulierung nach früherem Recht ist diejenige auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004 durch den Erlass der Regulierung dienender Verwaltungsakte geprägt, bei denen es sich um “Entscheidungen” im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 handelt. Es liegt nahe, dass § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 diese unterschiedlichen Konzeptionen durch die Systematik von wirksam bleibenden Verpflichtungen und diese ersetzenden Entscheidungen abbildet. Beziehen sich die Verpflichtungen auf das von normativen Geboten geprägte Regulierungsmodell des Telekommunikationsgesetzes 1996, erweist sich dies als Hinweis darauf, dass auch solche Gebote von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 erfasst werden.
Der dargelegte systematische Zusammenhang von “Verpflichtungen” und diese ersetzenden “Entscheidungen” lässt es insbesondere auch zu, die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 als vorübergehend fortwirkende Verpflichtung anzusehen. Ergibt das Marktanalyseverfahren, dass kein wirksamer Wettbewerb besteht, und liegen die Voraussetzungen einer Genehmigungspflicht nach § 39 Abs. 1 TKG 2004 nicht vor, unterfallen die Entgelte für Endnutzerleistungen nach § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 der nachträglichen Regulierung. Im Fall des Fortwirkens der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 würde diese obsolet. Ihr stände das sich unmittelbar aus § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 ergebende Gebot der ex-post-Regulierung entgegen. Die die Genehmigungspflicht “ersetzende Entscheidung” läge in der Feststellung des Bestehens beträchtlicher Marktmacht durch die Regulierungsbehörde und in deren Verzicht auf eine Anordnung im Sinne von § 39 Abs. 1 TKG 2004.
Stellt die Regulierungsbehörde das Bestehen beträchtlicher Marktmacht fest und unterwirft sie die Entgelte nach § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 der Genehmigungspflicht, würde die übergangsweise fortwirkende Pflicht zur Genehmigung nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 durch die Verfügung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 ersetzt.
Wird im Rahmen des Marktanalyseverfahrens das Bestehen beträchtlicher Marktmacht nicht festgestellt, bewirkt dies im Fall des Fortwirkens der Pflicht zur Genehmigung nach früherem Recht, dass diese obsolet wird. Dies ergibt sich im Umkehrschluss daraus, dass das Telekommunikationsgesetz 2004 die Genehmigungspflicht abschließend regelt und in diesem Fall keine solche Pflicht vorsieht. Die die Genehmigungspflicht ersetzende Entscheidung würde in der Feststellung des Nichtbestehens beträchtlicher Marktmacht bestehen.
Gegen das übergangsweise Fortwirken der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass dadurch die Konzeption der Entgeltregulierung nach dem Telekommunikationsgesetz 2004 unterlaufen werde. Zutreffend ist, dass nach § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 die Pflicht zur Genehmigung von Entgelten, die von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht für das Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen an Endnutzer erhoben werden, nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen besteht. In den Fällen beträchtlicher Marktmacht ist die nachträgliche Entgeltkontrolle nach § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 die Regel. Demgegenüber sah das Telekommunikationsgesetz 1996 mit § 25 Abs. 1 eine grundsätzliche Pflicht zur Genehmigung von Endkundenentgelten vor, die von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung erhoben wurden. Dass das Telekommunikationsgesetz 2004 eine andere Konzeption der Entgeltregulierung verfolgt, steht der Annahme eines übergangsweisen Fortwirkens der aus § 25 Abs. 1 TKG 1996 folgenden Genehmigungspflicht jedoch nicht entgegen. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, mit Blick auf die mit dem Übergang vom früheren zum nunmehr geltenden Regulierungsregime einhergehenden Besonderheiten anzuordnen, dass auch gesetzliche Gebote des früheren Rechts für einen Übergangszeitraum wirksam bleiben, obwohl sie mit der Konzeption des Telekommunikationsgesetzes 2004 nicht übereinstimmen. Entschließt er sich dazu, kann dies nicht im Wege der systematischen Auslegung mit der Begründung “korrigiert” werden, die Übergangsbestimmung entspreche nicht der Konzeption des neuen Rechts.
Nach dem Gesagten sind der Gesetzessystematik gewichtige Hinweise darauf zu entnehmen, dass § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 weit auszulegen ist und auch die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 umfasst.
cc) Die Gesetzgebungsgeschichte kann zur Rechtfertigung einer engen Auslegung nicht herangezogen werden.
In der Begründung des Entwurfs zu § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 wird u.a. dargelegt, dass “die nach bisherigem TKG unmittelbar geltenden und festgestellten Verpflichtungen (u.a. Zugangs- und Zusammenschaltungsverpflichtungen) und Entscheidungen bezüglich marktbeherrschender Unternehmen ausdrücklich fortgeschrieben” werden (BTDrucks 15/2316 S. 107). Die Begründung unterscheidet zwischen “Verpflichtungen” und “Entscheidungen” und geht davon aus, dass sowohl die Verpflichtungen als auch die Entscheidungen von dem Gebot des Fortwirkens erfasst werden. Dies deutet darauf hin, dass nicht nur Einzelfallgebote in Gestalt von “Entscheidungen”, sondern auch gesetzliche Gebote, die als “Verpflichtungen” im Sinne der Gesetzesbegründung angesehen werden können, von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 erfasst werden. In diese Richtung weist auch der Umstand, dass es sich bei den “Verpflichtungen” um solche Gebote handeln soll, die “unmittelbar gelten”, die also keiner Umsetzung durch die Behörde bedürfen, sondern allenfalls einem Erkenntnisakt in Form der “Feststellung” zugänglich sind. Dafür spricht der den Begriff “Verpflichtungen” erläuternde Klammerzusatz, nach dem u.a. Zugangs- und Zusammenschaltungsverpflichtungen erfasst sein sollen. Damit ist wohl die nach § 35 Abs. 1 TKG 1996 bestandene Verpflichtung eines marktbeherrschenden Netzbetreibers auf Gewährung des Zugangs zu seinem Netz einschließlich der Netzzusammenschaltung gemeint. Auch wenn der Begründung Anhaltspunkte für eine weite Auslegung der Übergangsbestimmung zu entnehmen sind, ergibt sich dies aus ihr nicht zwingend. Für eine enge Auslegung spricht die Erwägung, dass “nach Durchführung des Marktanalyseverfahrens (…) die Verpflichtungen entweder aufzuheben oder mittels Verwaltungsakt neu aufzuerlegen” sind (BTDrucks 15/2316 S. 107). Gesetzliche Gebote des früheren Rechts sind einer Aufhebung durch die Exekutive nicht zugänglich.
Die historische Auslegung trägt mithin zu keiner endgültigen Klärung der Auslegungsfrage bei, weil der Begründung des Gesetzentwurfs sowohl Anhaltspunkte für eine weite als auch für eine enge Auslegung des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 zu entnehmen sind.
dd) Sinn und Zweck des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 gebieten eine Auslegung, nach der auch gesetzliche Gebote des Telekommunikationsgesetzes 1996 und damit auch die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 wirksam bleiben.
§ 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 soll sicherstellen, dass in dem Zeitraum zwischen dem Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 1996 und dem Ergehen von Entscheidungen nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 keine Regulierungslücke entsteht. Die Bestimmung verfolgt mit Blick auf die Regulierung von Unternehmen, denen unter der Geltung des früheren Rechts eine marktbeherrschende Stellung zukam, den Zweck, die Kontinuität beim Rechtsübergang zu wahren (vgl. Müller, a.a.O., § 150 Rn. 3 und 28; Tschentscher/Bosch, a.a.O. S. 18). Sie soll der besonderen Problematik bei der Regulierung in der Phase des Übergangs vom Telekommunikationsgesetz 1996 zum nunmehr geltenden Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen. Der Übergang zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er mit einem Systemwechsel bei der Regulierung einhergeht. Während – wie bereits aufgezeigt – nach früherem Recht die Regulierung von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung im Wesentlichen durch gesetzliche Gebote erfolgte, erfolgt nach nunmehr geltender Gesetzeslage die Regulierung im Kern durch Regulierungsverfügungen, deren Erlass voraussetzt, dass im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens festgestellt wird, dass kein wirksamer Wettbewerb besteht. Dieses Verfahren nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch, während derer Regulierungsverfügungen auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004 noch nicht ergehen können. Da die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 nach § 152 Abs. 2 TKG 2004 außer Kraft getreten sind, stellt sich für die Übergangszeit bis zum Abschluss des Marktanalyseverfahrens die Frage, welchen Bindungen Unternehmen unterliegen, bei denen unter der Geltung des Telekommunikationsgesetzes 1996 eine marktbeherrschende Stellung festgestellt wurde und deshalb Regulierungsbedarf bestand. Darauf gibt § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 die Antwort.
Den von der Bestimmung verfolgten Zwecken der Vermeidung einer Regulierungslücke und der Wahrung von Kontinuität beim Rechtsübergang liefe es zuwider, die Fortwirkung auf im Einzelfall auferlegte Gebote zu beschränken. Beschränkte sich § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 auf das Fortwirken von Einzelfallgeboten, hätte dies zur Folge, dass in der Zeit zwischen dem Außerkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 1996 und den den Abschluss des Marktanalyseverfahrens voraussetzenden Entscheidungen nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 Telekommunikationsunternehmen nicht den auf Regulierung marktmächtiger Unternehmen zielenden Geboten des Telekommunikationsgesetzes 1996 unterfallen würden, obwohl ihnen eine marktbeherrschende Stellung zukam.
Auf sie fänden auch nicht etwa die Regulierungsinstrumente des Telekommunikationsgesetzes 2004 (entsprechende) Anwendung. Da – wie aufgezeigt – § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 auf die nach altem Recht getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen und die daran anknüpfenden Verpflichtungen Bezug nimmt und deren fortdauernde Wirksamkeit anordnet, können die der Regulierung dienenden Gebote des neuen Rechts nicht als “Verpflichtungen” im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 angesehen werden. Für eine nicht über das Tatbestandsmerkmal “Verpflichtungen” vermittelte entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2004 ist ebenfalls kein Raum. Das der Regulierungsbehörde von dem Telekommunikationsgesetz 2004 im Interesse der Marktregulierung zur Verfügung gestellte differenzierte Eingriffsinstrumentarium bildet ein in sich abgestimmtes System, das jedenfalls weitgehend auf dem Ergebnis des Marktanalyseverfahrens aufbaut. Dementsprechend stellt § 9 Abs. 1 TKG 2004 den Grundsatz auf, dass der Marktregulierung Märkte unterliegen, auf denen die Voraussetzungen des § 10 vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 ergeben hat, dass kein wirksamer Wettbewerb vorliegt. Erst wenn das Ergebnis des Marktanalyseverfahrens vorliegt, kann entschieden werden, ob und gegebenenfalls welche der in § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 aufgeführten Regulierungsverfügungen zu erlassen sind. Diese Verwaltungsakte ergehen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 “auf Grund einer Marktanalyse”. Der enge Zusammenhang zwischen den Regulierungsverfügungen und den Ergebnissen der Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren kommt auch in § 13 Abs. 3 TKG 2004 zum Ausdruck, nach dem die Regulierungsverfügungen mit den Ergebnissen jener Verfahren als einheitlicher Verwaltungsakt ergehen. Soweit der Regulierung dienende Verwaltungsakte im Ermessen der Regulierungsbehörde stehen, erweist sich das Ergebnis des Marktanalyseverfahrens als die das Ermessen steuernde Grundlage der Verwaltungsentscheidung. Wie dargestellt, unterscheidet sich die Konzeption der Regulierung nach dem nunmehr geltenden Recht von derjenigen des Telekommunikationsgesetzes 1996 grundlegend. Der Übergangszeitraum ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass noch kein Ergebnis des Marktanalyseverfahrens nach neuem Recht vorliegt. Deshalb wirken die Feststellungen marktbeherrschender Stellungen nach früherem Recht fort. Diese Feststellungen berechtigen aber nicht zur Anwendung der die Regulierung betreffenden Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2004, weil diese auf die nunmehr verfolgte Regulierungskonzeption abgestimmt sind. Ist im Übergangszeitraum für die Anwendung des neuen Rechts kein Raum, kann für den Fall der Regulierung von Endnutzerentgelten auch nicht angenommen werden, dass im Übergangszeitraum eine nach früherem Recht getroffene Feststellung des Bestehens einer marktbeherrschenden Stellung als Feststellung beträchtlicher Marktmacht im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004 mit der Folge gilt, dass die Entgelte in entsprechender Anwendung von § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 der ex-post-Regulierung unterliegen.
Soweit in der Begründung des Entwurfs zu § 150 Abs. 1 TKG 2004 dargelegt wird, dass im Fall des Fortgeltens der Feststellung der Marktbeherrschung bis zum Abschluss des Marktanalyseverfahrens “die Eingriffsbefugnisse” des neuen Rechts anzuwenden seien (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 107), wird zwar zum Ausdruck gebracht, dass bereits im Übergangszeitraum die Bestimmungen des neuen Rechts (entsprechend) Anwendung finden sollen. Dieses Anliegen kommt aber in § 150 Abs. 1 TKG 2004 nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Hinzu kommt, dass sich die Begründung auf die Entwurfsfassung des § 150 Abs. 1 TKG 2004 bezieht, die Satz 3 nicht vorsah. Da die Auslegung des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG – wie aufgezeigt – wesentlich von dem systematischen Zusammenhang mit Satz 3 beeinflusst wird, kommt der diesen Satz nicht berücksichtigenden Begründung hier keine entscheidende Bedeutung zu.
Dass Unternehmen, bei denen eine marktbeherrschende Stellung festgestellt wurde, in der Übergangszeit bis zum Ergehen von Entscheidungen nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 gesetzlichen Geboten, die der Regulierung dienen, entzogen sind, erweist sich demnach als gravierende Regulierungslücke, die von § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 gerade verhindert werden soll. Mithin entspricht es der Teleologie der Bestimmung, diese weit auszulegen.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, einer Regulierungslücke könne im Übergangszeitraum durch vorläufige Maßnahmen im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG 2004 begegnet werden. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG 2004 kann die Regulierungsbehörde bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände unter besonderen Voraussetzungen vorläufige Maßnahmen erlassen, ohne dass das Konsultations- und Konsolidierungsverfahren nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis 3 TKG 2004 eingehalten wird. Vorläufige Maßnahmen auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG 2004 sind nicht geeignet, die Regulierungslücken effektiv zu schließen, weil die Anordnung solcher Maßnahmen nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist. Die Ermächtigung zum Erlass vorläufiger Maßnahmen kann auch deshalb nicht gegen eine weite Auslegung ins Feld geführt werden, weil § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG 2004 nicht auf die Vermeidung von mit dem Rechtsübergang einhergehenden Regulierungslücken zielt. Die dafür vorgesehene Bestimmung ist § 150 Abs. 1 TKG 2004. Es liegt nahe, die Vermeidung von Regulierungslücken der vom Gesetzgeber vorgesehenen Bestimmung vorzubehalten.
Die Teleologie des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 bestätigt die aufgezeigten Gesichtspunkte, die im Zusammenhang mit den anderen Auslegungskriterien für eine weite Auslegung streiten. Gemessen an Sinn und Zweck der Bestimmung ist es geboten, auch gesetzliche Gebote einschließlich der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 als von der Übergangsbestimmung erfasst anzusehen. Soweit im Übergangszeitraum bis zum Ergehen von Entscheidungen nach Teil 2 des Gesetzes im Zusammenhang mit nach § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 vorübergehend wirksam gebliebenen Geboten Entscheidungen der Regulierungsbehörden zu treffen sind, sind die Bestimmungen des früheren Rechts entsprechend anzuwenden. Im Übergangszeitraum kommt die Anwendung der Bestimmungen des neuen materiellen und formellen Rechts – wie dargelegt – nicht in Betracht.
d) Das Ergebnis der Auslegung steht mit Verfassungsrecht im Einklang.
Der verfassungsrechtliche Gewaltenteilungsgrundsatz ist nicht verletzt. Die Klägerin, die sich insoweit auf eine in der Literatur vertretene Auffassung stützen kann ( Müller, a.a.O. § 150 Rn. 31), ist der Auffassung, dass die Fortgeltung gesetzlicher Bestimmungen bis zu ihrer Ersetzung durch Entscheidungen nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 dem Gewaltenteilungsgrundsatz deshalb zuwiderlaufe, weil die Regulierungsbehörde durch die Gestaltung des Marktanalyseverfahrens darüber verfügen könne, wann das neue Recht Anwendung finde. Dem ist nicht zu folgen. Der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) ist ein tragendes Organisationsprinzip des Grundgesetzes (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984 – 2 BvE 11, 15/83 – BVerfGE 67, 100 ≪130≫). Er fordert keine absolute Trennung der Gewalten. Die in der Verfassung vorgenommene Verteilung der Gewichte der Gewalten muss aufrechterhalten bleiben. Keine Gewalt darf der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeit beraubt werden. Verfassungsrechtlich verbürgt ist der Kernbereich der verschiedenen Gewalten. Damit ist ausgeschlossen, dass eine der Gewalten die ihr von der Verfassung zugeschriebenen typischen Aufgaben verliert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 – 2 BvF 2/93 – BVerfGE 95, 1 ≪15≫ m.w.N.). Daran gemessen erweist sich das übergangsweise Fortwirken gesetzlicher Gebote des früheren Rechts bis zu ihrer Ersetzung durch Entscheidungen der Regulierungsbehörde nicht als verfassungswidrig.
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Regulierungsbehörde über den Zeitpunkt der Anwendung des neuen Rechts dadurch “verfügen” kann, dass sie das Marktanalyseverfahren abschließt und die wirksam gebliebenen Gebote des Telekommunikationsgesetzes 1996 durch Entscheidungen nach Teil 2 des Telekommunikationsgesetzes 2004 ersetzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Systematik von Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 2004, vorübergehendem Fortwirken auch gesetzlicher Gebote des früheren Rechts und der Ersetzung von wirksam gebliebenen Verpflichtungen durch Entscheidungen auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004 ist sachlich begründet. Sie beruht darauf, dass sich – wie dargestellt – die Konzeption der Regulierung nach neuem Recht grundlegend von derjenigen des Telekommunikationsgesetzes 1996 unterscheidet. Setzt die Regulierung nach dem Telekommunikationsgesetz 2004 anders als nach früherem Recht den Abschluss des einen gewissen Zeitraum in Anspruch nehmenden Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens voraus, bedurfte es einer Regelung über die Regulierung in der Übergangszeit. Da nach früherem Recht die Regulierung marktbeherrschender Unternehmen wesentlich durch gesetzliche Gebote erfolgte, lag es nahe, auch diese fortwirken zu lassen. Der sachliche Grund für das Fortwirken der Gebote entfällt, sobald das Ergebnis des Marktanalyseverfahrens vorliegt und die Regulierungsbehörde auf der Grundlage dieses Ergebnisses darüber entscheidet, ob und gegebenenfalls welche Regulierungsinstrumente des neuen Rechts Anwendung finden. Dass die Regulierungsbehörde bei dieser Konzeption funktional über den Zeitpunkt der Anwendung des neuen Rechts befindet, beruht darauf, dass sich die Konzeption der Regulierung nach neuem Recht dadurch auszeichnet, dass die Regulierungsbehörde im Wege der Durchführung des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens die Notwendigkeit einer Regulierung festzustellen hat. Dabei kann sich die Behörde nicht beliebig lange Zeit lassen; sie muss vielmehr das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung durchführen, um der vom Gesetzgeber beschlossenen neuen Regulierungskonzeption so bald wie möglich Geltung zu verschaffen. Es entspricht daher der Konzeption des neuen Rechts, wenn sie durch zügigen Abschluss des Verfahrens die Voraussetzungen dafür schafft, dass Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2004 angewandt werden können. Dies greift nicht in den Kernbereich der Legislative ein.
Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass im Fall der Einbeziehung von gesetzlichen Geboten in § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 das verfassungsrechtliche Gebot der Gesetzesbestimmtheit verletzt wäre (Tschentscher/Bosch, a.a.O. S. 18), ist dies unzutreffend. Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 4. April 1964 – 1 BvR 126/65 – BVerfGE 21, 245 ≪261≫).
B. Der Senat kann ohne Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht entscheiden, ob das nach nationalem Recht gebotene vorübergehende Fortwirken der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 mit Europäischem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht. Dies hängt von der Beantwortung zumindest einer Frage des Gemeinschaftsrechts ab.
1. Es ist nicht zweifelsfrei, ob ein im früheren innerstaatlichen Recht vorgesehenes Gebot zur Genehmigung von Entgelten für die Erbringung von Sprachtelefondienstleistungen gegenüber Endnutzern durch ein Unternehmen mit insoweit marktbeherrschender Stellung und mithin auch ein diesbezüglicher feststellender Verwaltungsakt nach Europäischem Gemeinschaftsrecht aufrechtzuerhalten ist.
Nach Art. 27 Satz 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Rahmenrichtlinie – (ABl EG Nr. L 108 S. 33) erhalten die Mitgliedstaaten alle im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Verpflichtungen nach Art. 7 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu den elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung – Zugangsrichtlinie – (ABl EG Nr. L 108 S. 7) und Art. 16 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten – Universaldienstrichtlinie – ABl EG Nr. L 108 S. 51) aufrecht, bis eine nationale Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 der Rahmenrichtlinie über diese Verpflichtungen beschließt. Art. 16 der Rahmenrichtlinie regelt die Einzelheiten des Marktanalyseverfahrens und der an das Ergebnis dieses Verfahrens anknüpfenden Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörde. Wie dargelegt, ist in der Bundesrepublik Deutschland das Marktanalyseverfahren für den hier interessierenden Markt noch nicht abgeschlossen, so dass die in Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie genannten Verpflichtungen aufrechtzuerhalten sind.
a) Die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 ist nicht nach Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 7 der Zugangsrichtlinie wirksam geblieben.
Art. 7 der Zugangsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur übergangsweisen Aufrechterhaltung bestimmter Verpflichtungen in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung. Die Bestimmung bezieht sich auf Verpflichtungen im Zusammenhang mit Vorleistungen. Die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 betrifft demgegenüber Entgelte für Leistungen an Endkunden.
b) Es ist nicht eindeutig festzustellen, ob Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 der Universaldienstrichtlinie ein Fortwirken der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 vorsieht.
Nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie erhalten die Mitgliedstaaten alle Verpflichtungen für Endnutzertarife für die Bereitstellung des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz und dessen Nutzung nach Art. 17 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) bei Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld – Sprachtelefondienstrichtlinie – (ABl EG Nr. L 101 S. 24) aufrecht, bis diese Verpflichtungen einer Überprüfung unterzogen wurden und eine Feststellung gemäß Abs. 3 des Art. 16 der Universaldienstrichtlinie getroffen wurde. Art. 16 Abs. 3 der Universaldienstrichtlinie gebietet, dass die Mitgliedstaaten die Marktanalyse im Sinne von Art. 16 der Rahmenrichtlinie vornehmen. Das Marktanalyseverfahren ist – wie erwähnt – im Bereich des Sprachtelefondienstes in der Bundesrepublik noch nicht abgeschlossen.
aa) Es ist nicht zweifelsfrei auszuschließen, dass die nach Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen nur im Einzelfall auferlegte Gebote sind, nicht auch gesetzliche Gebote des früheren nationalen Rechts.
In der Literatur ist die Frage nach der Rechtsnatur der nach Gemeinschaftsrecht aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen umstritten. Während ein Teil des Schrifttums annimmt, dass nur die von den nationalen Regulierungsbehörden auferlegten Gebote aufrechtzuerhalten sind (so: Müller, a.a.O., § 150 Rn. 22 ff.; Scherer/Mögelin, a.a.O. S. 9; Tschentscher/Bosch, a.a.O. S. 20), gehen andere Stimmen davon aus, dass auch gesetzliche Gebote fortwirken (so: Schütze, 2004, a.a.O. S. 819; ders., 2005, a.a.O. S. 871; Rädler/Elspaß, a.a.O. S. 490 f.; Stotz, MMR 2004, 834 ≪835≫).
Der Wortlaut des Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie lässt es zu, auch gesetzliche Gebote als erfasst anzusehen. Ebenso wie im Zusammenhang mit § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 können unter “Verpflichtungen” auch normative Gebote verstanden werden. Das Merkmal “Verpflichtungen” erfährt in Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie insoweit eine Präzisierung, als diese im “innerstaatlichen Recht” vorgesehen sein müssen. Auch diese Wendung gebietet keine auf Einzelmaßnahmen beschränkte Auslegung. Im innerstaatlichen Recht können sowohl gesetzliche als auch durch Einzelakt erlassene Gebote “vorgesehen sein”. Ein Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 der Rahmenrichtlinie weist ebenfalls nicht in die Richtung, dass nur Einzelmaßnahmen aufrechtzuerhalten sind. Die Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten zum Erlass von “Rechts- und Verwaltungsvorschriften”. Dass diese Begriffe in Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und in Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie nicht vorkommen, bedeutet nicht, dass gesetzliche Gebote nicht dem Anwendungsbereich dieser Bestimmungen unterfallen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 der Rahmenrichtlinie stellt ausdrücklich auf Normen ab, weil er die Verpflichtung zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts durch den nationalen Gesetzgeber regelt. Davon abgesehen geht es hier nicht um die Frage des Fortgeltens von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, sondern um das Fortwirken von Verpflichtungen, die aus dem früheren Recht folgten.
Nach Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie “beschließt” die nationale Regulierungsbehörde u.a. über die im nationalen Recht vorgesehenen Verpflichtungen nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass nur Einzelmaßnahmen “Verpflichtungen” sind, weil gesetzliche Gebote einem Beschluss der Regulierungsbehörde nicht zugänglich sind.
Der Begriff “beschließt” wird in dem in Bezug genommenen Art. 16 der Rahmenrichtlinie präzisiert. Kommt die Regulierungsbehörde zu dem Ergebnis, dass auf dem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht, legt sie weder Verpflichtungen auf noch behält sie diese bei (Art. 16 Abs. 3 Satz 1 der Rahmenrichtlinie). Bestehen bereits bereichsspezifische Verpflichtungen, werden diese aufgehoben (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 der Rahmenrichtlinie). Wird festgestellt, dass kein wirksamer Wettbewerb herrscht, erlegt die Regulierungsbehörde dem betroffenen Unternehmen Verpflichtungen auf bzw. ändert diese oder behält diese bei (Art. 16 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie). Soweit sich Art. 16 Abs. 3 und Abs. 4 der Rahmenrichtlinie auf Fallgestaltungen bezieht, bei denen bestehende Verpflichtungen nicht mit dem Ergebnis des Marktanalyseverfahrens vereinbar sind, sehen die Bestimmungen vor, dass die Regulierungsbehörde die Verpflichtung entweder aufhebt oder ändert. Dies erweist sich – wie bereits der Begriff “beschließt” in Art. 27 Satz 1 TKG 2004 – als gewichtiger Hinweis darauf, dass nur im Einzelfall auferlegte Gebote aufrechtzuerhalten sind.
Entsprechendes ergibt sich aus Art. 16 Abs. 3 Satz 1 der Universaldienstrichtlinie. Nach dieser Bestimmung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden möglichst bald nach Inkrafttreten dieser Richtlinie und danach in regelmäßigen Abständen eine Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie vornehmen, um festzustellen, ob die Verpflichtungen bezüglich des Endnutzermarktes beibehalten, geändert oder aufgehoben werden sollen. Soweit die Bestimmung die Beibehaltung, Änderung oder Aufhebung von Verpflichtungen erwähnt, nimmt sie auf Art. 16 Abs. 3 und Abs. 4 der Rahmenrichtlinie Bezug, so dass die Erwägungen, die im Zusammenhang mit jenen Bestimmungen dafür sprechen, dass nur einzelfallbezogene Gebote fortwirken sollen, für Art. 16 Abs. 3 Satz 1 der Universaldienstrichtlinie gleichermaßen gelten.
Keine Gewissheit über die Rechtsnatur der aufrechtzuerhaltenden “Verpflichtungen” ergibt sich aus dem Verhältnis von Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie zu den Bestimmungen über Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Dienste für Endnutzer (Art. 17 der Universaldienstrichtlinie). Nach Art. 17 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass, wenn eine nationale Regulierungsbehörde aufgrund einer Marktanalyse feststellt, dass kein wirksamer Wettbewerb herrscht (Buchst. a), und wenn die nationale Regulierungsbehörde zu der Schlussfolgerung kommt, dass näher aufgeführte Verpflichtungen nicht zur Erreichung der in Art. 8 der Rahmenrichtlinie vorgegebenen Ziele führen würden (Buchst. b), die nationale Regulierungsbehörde dem betroffenen Unternehmen geeignete regulatorische Verpflichtungen auferlegt. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass darin zum Ausdruck kommt, dass im System der Universaldienstrichtlinie die Regulierung von Leistungen, die gegenüber Endnutzern erbracht werden, die Ausnahme ist. Art. 17 der Universaldienstrichtlinie setzt aber voraus, dass das Marktanalyseverfahren abgeschlossen ist. Er verhält sich nicht zu der Frage, welche Verpflichtungen in dem Zeitraum bis zum erstmaligen Abschluss des Marktanalyseverfahrens aufrechtzuerhalten sind. Dies ist Gegenstand von Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie.
Der systematische Zusammenhang von Art. 16 der Universaldienstrichtlinie und Art. 7 der Zugangsrichtlinie vermittelt keinen Aufschluss über die Rechtsnatur der nach Gemeinschaftsrecht aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen. Wäre der – hier nicht einschlägigen – Übergangsvorschrift des Art. 7 der Zugangsrichtlinie zu entnehmen, dass auch gesetzliche Verpflichtungen aufrechtzuerhalten sind, wäre dies wegen der Bezugnahme des Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie sowohl auf Art. 7 der Zugangsrichtlinie als auch auf Art. 16 der Universaldienstrichtlinie ein deutlicher Hinweis darauf, dass dies auch im Anwendungsbereich des Art. 16 der Universaldienstrichtlinie der Fall ist. Nach Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie sind näher bezeichnete “Verpflichtungen” aufrechtzuerhalten. Damit ist indes über die Rechtsnatur der Verpflichtungen ebenso wenig ausgesagt wie im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie. Die Verpflichtungen sind aufrechtzuerhalten, bis sie überprüft wurden und eine Feststellung gemäß Art. 7 Abs. 3 der Zugangsrichtlinie getroffen wurde. Art. 7 Abs. 3 der Zugangsrichtlinie entspricht Art. 16 Abs. 3 der Universaldienstrichtlinie, der – wie dargelegt – dafür streitet, dass Verpflichtungen nur im Einzelfall auferlegte Gebote sind. Entsprechendes gilt daher auch für Art. 7 der Zugangsrichtlinie. Dieser Befund geht aber nicht über das bisherige Auslegungsergebnis hinaus.
Sinn und Zweck des Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und des Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie streiten dafür, dass auch gesetzliche Gebote des früheren innerstaatlichen Rechts aufrechtzuerhalten sind. Die Erwägungsgründe der Rahmenrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie verhalten sich allerdings nicht speziell zu den jeweiligen Übergangsbestimmungen. Entsprechendes gilt für die Begründung der Vorschläge der Kommission für jene Richtlinien (vgl. KOM ≪2000≫ 392 endg. und KOM ≪2000≫ 393 endg.). Anders liegt es bei den Erwägungsgründen zu Art. 7 der Zugangsrichtlinie. In dem Erwägungsgrund 12 der Zugangsrichtlinie wird ausgeführt, dass u.a. im Interesse der Vermeidung von Rechtslücken sichergestellt werden müsse, dass die in Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie aufgeführten Verpflichtungen zunächst in den neuen Rechtsrahmen übernommen, aber einer unverzüglichen Überprüfung aufgrund der auf dem Markt herrschenden Bedingungen unterzogen werden. Nach der Begründung des von der Kommission vorgelegten Vorschlags für die Zugangsrichtlinie werden die Verpflichtungen übernommen, “um die Kontinuität beim Übergang vom alten zum neuen Rechtsrahmen zu wahren” (KOM ≪2000≫ 384 endg. S. 7). Der Zweck der Vermeidung von Rechtslücken und der Wahrung von Kontinuität steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Zielsetzung der Zugangsrichtlinie. Die Zugangsrichtlinie verfolgt nach deren Art. 1 Abs. 1 Satz 1 das Ziel der Harmonisierung der Regulierung des Zugangs zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung. Zu diesem Zweck werden für Betreiber und für Unternehmen, die eine Zusammenschaltung ihrer Netze und dazugehörigen Einrichtungen und/oder den Zugang hierzu wünschen, Rechte und Pflichten festgelegt (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 der Zugangsrichtlinie). Die nach Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen dienen ebenfalls der Regulierung im Bereich des Netzzugangs und der Zusammenschaltung. Die Übergangsvorschrift verfolgt also den Zweck, dass hinsichtlich der Regulierung in den genannten Bereichen beim Übergang zum neuen Recht bis zum Abschluss des Marktanalyseverfahrens keine Rechtslücken entstehen und Kontinuität gewahrt ist. Im Interesse der Erreichung dieses Zweckes dürfte es nicht entscheidend sein, ob die die Regulierung betreffenden Verpflichtungen nach dem früheren Rechtsrahmen gesetzliche oder durch Einzelakt auferlegte Gebote waren. Sinn und Zweck des Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie weisen also in die Richtung, dass auch gesetzliche Gebote Verpflichtungen im Sinne dieser Bestimmung sind. Entsprechendes dürfte für Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie gelten. Die Teleologie von Art. 7 der Zugangsrichtlinie lässt Rückschlüsse auf die Auslegung von Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie zu. Ebenso wie Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie beruht Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie auf Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie. In Umsetzung des Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie haben sowohl Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie als auch Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie die Aufrechterhaltung von Verpflichtungen des früheren nationalen Rechts bis zum Abschluss des nach dem neuen Rechtsrahmen durchzuführenden Marktanalyseverfahrens zum Gegenstand. Dies rechtfertigt es, von dem Zweck des Art. 7 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie auf denjenigen von Art. 27 Satz 1 der Rahmendienstrichtlinie und Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie zu schließen.
Nach dem Gesagten bestehen zwar gewichtige Hinweise darauf, dass die nach Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 16 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen auch in gesetzlichen Geboten des innerstaatlichen Rechts bestehen können. Es bestehen aber auch Anhaltspunkte, die dafür streiten, dass nur im Einzelfall auf der Grundlage des früheren innerstaatlichen Rechts auferlegte Gebote aufrechtzuerhalten sind. Die Antwort auf die Frage, ob nach Gemeinschaftsrecht auch gesetzliche Gebote des früheren nationalen Rechts wirksam bleiben sollen, ist mithin nicht offenkundig und frei von vernünftigen Zweifeln. Der Senat sieht sich deshalb nicht imstande, die Frage ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofes zu entscheiden.
bb) Für den Fall, dass auch gesetzliche Gebote des früheren innerstaatlichen Rechts gemeinschaftsrechtlich fortwirken, ist fraglich, ob dies auch für die Genehmigungspflicht von § 25 Abs. 1 TKG 1996 anzunehmen wäre. Es ist nicht eindeutig, dass die Genehmigungspflicht eine Verpflichtung für Endnutzertarife nach Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie ist, die gemäß Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie aufrechtzuerhalten ist.
Nach Art. 17 Abs. 1 der Sprachtelefondienstrichtlinie stellen die nationalen Regulierungsbehörden sicher, dass u.a. Organisationen, die Sprachtelefondienste bereitstellen und über beträchtliche Marktmacht verfügen, die Bestimmungen dieses Artikels einhalten. Die Tarife für die Nutzung des festen öffentlichen Telefonnetzes und fester öffentlicher Telefondienste unterliegen nach Art. 17 Abs. 2 der Sprachtelefondienstrichtlinie der Kostenorientierung nach Anhang II der Richtlinie 90/387/EG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision-ONP) – ONP-Richtlinie – (ABl EG Nr. L 192 S. 1). Nr. 3 des Anhangs II der ONP-Richtlinie enthält einen Katalog “Harmonisierter Tarifgrundsätze”. Nach Satz 1 müssen die Tarifgrundsätze den Grundsätzen in Art. 3 Abs. 1 der ONP-Richtlinie entsprechen. In Art. 3 Abs. 1 der ONP-Richtlinie sind die Grundsätze niedergelegt, denen die ONP-Bedingungen, also die Bedingungen für den Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen und öffentlichen Telekommunikationsdiensten (Art. 2 Nr. 8 der ONP-Richtlinie), entsprechen müssen. Diese Bedingungen werden im Anhang II Nr. 3 der ONP-Richtlinie auf Tarife bezogen.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht Überwiegendes dafür, dass sich Art. 17 Abs. 1 der Sprachtelefondienstrichtlinie nicht auf Verpflichtungen beschränkt, “welche die Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht betreffen, nicht jedoch die Überprüfungs- und Sicherstellungsverpflichtungen der nationalen Regulierungsbehörden”. Die Vorschrift enthält eine Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden sicherzustellen, dass Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht die Bestimmungen des Artikels einhalten, also auch das Gebot des Absatzes 2, die Tarife für Sprachtelefondienst an den im Anhang II Nr. 3 der ONP-Richtlinie niedergelegten Tarifgrundsätzen auszurichten. Angesichts des in der Bestimmung ausdrücklich enthaltenen Sicherstellungsauftrags kann auch kaum angenommen werden, dass Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie nur Tarifgrundsätze zum Gegenstand habe, so dass schon deshalb die streitige Genehmigungspflicht keine Verpflichtung nach Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie sei (so aber VG Köln, Beschluss vom 6. September 2004 – 1 L 1832/04 – MMR 2004, 833 ≪834≫; a.A. Stotz, a.a.O. S. 835).
Dagegen, dass die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 dem Anwendungsbereich von Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie unterfällt, dürfte nicht sprechen, dass weder Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie noch dem übrigen Gemeinschaftsrecht zu entnehmen ist, wie die nationale Regulierungsbehörde ihrer Verpflichtung sicherzustellen, dass Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ihre Tarife an den Tarifgrundsätzen ausrichten, Rechnung zu tragen hat. Der nationale Gesetzgeber war bei der Umsetzung dieses Gebots nicht gehalten, ein bestimmtes Kontrollinstrument vorzusehen. Die Pflicht, Entgelte vor ihrer Erhebung genehmigen zu lassen, erweist sich als ein geeignetes Instrument der Kontrolle. Mithin ist es möglich, § 25 Abs. 1 TKG 1996, soweit er sich auf Entgelte für das Angebot von Sprachtelefondienst bezieht, als Umsetzung von Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 der Sprachtelefondienstrichtlinie anzusehen (vgl. Stotz, a.a.O. S. 835). Dem steht wohl nicht entgegen, dass das Telekommunikationsgesetz 1996 vor Inkrafttreten der Sprachtelefondienstrichtlinie in Kraft getreten ist. Dass der nationale Gesetzgeber einem späteren gemeinschaftsrechtlichen Gebot zu einem Zeitpunkt Rechnung getragen hat, als er dazu gemeinschaftsrechtlich noch nicht verpflichtet war, ändert nichts daran, dass das einschlägige nationale Recht einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung Geltung verschafft.
Dafür, dass auch eine im innerstaatlichen Recht vorgesehene Verpflichtung zur Genehmigung von Endnutzertarifen nach Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie aufrechtzuerhalten ist, streitet, dass die nach Art. 17 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie aufzuerlegenden regulatorischen Verpflichtungen auch der Kontrolle von Tarifen und Preisen dienen können, wie Art. 17 Abs. 2 Satz 3 der Universaldienstrichtlinie zu entnehmen ist. Daran gemessen erwiese es sich als systemgerecht, wenn im Interesse eines kontinuierlichen Übergangs vom früheren nationalen Recht zu dem den neuen europäischen Rechtsrahmen umsetzenden innerstaatlichen Recht eine Verpflichtung zur Genehmigung von Entgelten fortwirkte, bis auf der Grundlage des abgeschlossenen Marktanalyseverfahrens darüber befunden werden kann, ob und gegebenenfalls in welcher Weise eine Regulierung von Endnutzerentgelten nach neuem Recht geboten ist. In diesem Zusammenhang dürfte es bedeutungslos sein, ob die Verpflichtung des früheren nationalen Rechts gesetzliche Gebote sind oder durch Einzelakt auferlegt wurden.
Auch wenn nach dem Gesagten Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 der Anwendungsbereich des Art. 17 der Sprachtelefondienstrichtlinie und damit des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie unterfällt, erweist sich dies nicht als offenkundig und frei von vernünftigen Zweifeln, so dass es auch insoweit einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs bedarf.
c) Sollte Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie keine Fortgeltung des im früheren innerstaatlichen Rechts vorgesehenen gesetzlichen Gebots zur Genehmigung von Entgelten für die Erbringung von Sprachtelefondienstleistungen gegenüber Endnutzern durch ein Unternehmen mit insoweit marktbeherrschender Stellung vorsehen, stellte sich mit Blick auf die Gemeinschaftsrechtskonformität des Fortbestehens der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 1996 nach nationalem Recht die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht einer solchen weitgehenden Aufrechterhaltung entgegensteht. Auch diese Frage kann ohne Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht beantwortet werden.
Im Fall der Beschränkung des Gemeinschaftsrechts auf die Fortgeltung von im Einzelfall auferlegten Geboten wäre das Fortbestehen der Genehmigungspflicht nach nationalem Recht nur dann gemeinschaftsrechtswidrig, wenn das europäische Recht den nationalen Gesetzgeber hinderte, über das gemeinschaftsrechtlich Gebotene hinauszugehen. Gegen einen Spielraum des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung des Art. 27 Satz 1 der Rahmenrichtlinie i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Universaldienstrichtlinie spräche dann, dass das Gemeinschaftsrecht das Fortgelten von Verpflichtungen des früheren Rechts nur in engem, auf Einzelfallgebote beschränkten Umfang vorsieht und im Übrigen die Anwendung des neuen Rechtsrahmens anordnet. Der nationale Gesetzgeber wäre nur dann berechtigt, davon abzuweichen und die Geltung des neuen Rechts im Übergangszeitraum auch hinsichtlich früherer gesetzlicher Gebote einzuschränken, wenn dies dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmen wäre. Dem Gemeinschaftsrecht ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob dem nationalen Gesetzgeber ein solcher Spielraum eröffnet ist.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich, Vormeier
Fundstellen
BVerwGE 2007, 75 |
CR 2006, 605 |
AfP 2006, 333 |
MMR 2006, 596 |