Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 04.02.2014; Aktenzeichen 3 S 508/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Antragsteller legen nicht dar, dass die angefochtene Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht.
a) Es führt nicht auf eine Divergenz, dass der Verwaltungsgerichtshof Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts übernommen hat, bei der Bezugnahme durch Zitate aber die Entscheidungen verwechselt haben soll, in denen die Rechtssätze jeweils enthalten sind. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712; stRspr).
b) Der Verwaltungsgerichtshof hat den Rechtssatz aufgestellt, dass das Interesse eines Grundstückseigentümers an der Beibehaltung eines bisherigen Planzustands nicht abwägungsbeachtlich ist, wenn die neue Planung zu keinen nachteiligen Veränderungen für das Grundstück führt (UA S. 7). Die Antragsteller sehen darin eine Divergenz zu den Beschlüssen des Senats vom 20. Juli 2011 – BVerwG 4 BN 22.11 – (BauR 2012, 76) und 8. Dezember 2011 – BVerwG 4 BN 34.11 – (BRS 78 Nr. 75), denen sie den Rechtssatz entnehmen wollen, dass eine Antragsbefugnis zu verneinen ist, wenn eine Planänderung die Rechtsposition des Antragstellers nicht schmälert. Die Rechtssätze unterscheiden sich inhaltlich indes nicht. Die Divergenzrüge dient den Antragstellern als Anknüpfungspunkt für ihre Kritik an der tatrichterlichen Einschätzung, dass die neue Planung die Situation ihres Grundstücks nicht nachteilig verändert. Eine Divergenzrüge kann jedoch nicht auf den Vortrag gestützt werden, die Vorinstanz habe einen nicht in Frage gestellten abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall falsch angewandt (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328).
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beimessen.
Die Antragsteller werfen die – sprachlich nicht durchgängig geglückten – Fragen auf,
- inwiefern eine unterschiedliche Betrachtung einer Bebauungsplanänderung durch einfache Änderung einerseits oder eine Änderung durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan andererseits gerechtfertigt ist;
- inwieweit sich Verschlechterungen zu Lasten von Antragstellern dadurch ergeben können, dass auch ohne Änderung der baulichen Nutzung z.B. Baulinien, Abstandsflächen u.a., die ebenfalls subjektiv-öffentliche Rechtspositionen vermitteln, durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan geändert werden können;
- inwieweit vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Normenklarheit und des Bestimmtheitsgebots die Anforderungen an vorhabenbezogene Bebauungspläne bezüglich einer Aussage ihres „Modifizierungsgrades” im Hinblick auf den ursprünglichen Bebauungsplan zu stellen sind;
- inwieweit durch die Änderung bestehender Bebauungspläne durch vorhabenbezogene Bebauungspläne und der Betrachtung, dass alle Grundstückseigentümer, die außerhalb des Gebiets des vorhabenbezogenen Bebauungsplans liegen und außerhalb des relevanten Plangebiets zu sehen sind, nicht zu einer rechtswidrigen Einschränkung der Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG führt.
Sämtliche Fragen sind für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen („inwieweit”) gestellt und können daher nur nach Art eines Lehrbuchs beantwortet werden. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens.
Der Senat entnimmt der Beschwerdebegründung, dass es den Antragstellern hauptsächlich um die Klärung der Frage geht, ob der Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, dessen Festsetzungen durch einen weiteren Bebauungsplan für eine Teilfläche geändert werden, aufgrund seiner Rechtsstellung als Eigentümer eines Grundstücks im Bereich des Ursprungsbebauungsplans antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist. Auf eine so formulierte Frage lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Eigentumsverletzung regelmäßig nur zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (Beschluss vom 22. August 2000 – BVerwG 4 BN 38.00 – BRS 63 Nr. 45; Urteil vom 10. März 1998 – BVerwG 4 CN 6.97 – BRS 60 Nr. 44; Beschluss vom 7. Juli 1997 – BVerwG 4 BN 11.97 – BRS 59 Nr. 36).
Ein Grundeigentümer, der sich gegen die Änderung von Festsetzungen für andere Grundstücke im ursprünglichen Plangebiet zur Wehr setzt, kann seine Antragsbefugnis aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots herleiten (Beschluss vom 13. November 2012 – BVerwG 4 BN 23.12 – BRS 79 Nr. 63). Die so begründete Antragsbefugnis reicht weiter als die wegen einer möglichen Eigentumsverletzung in Betracht kommende Antragsbefugnis, weil das Abwägungsgebot nach der Rechtsprechung des Senats drittschützenden Charakter hat (vgl. Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪220 f.≫). In die Abwägung einzustellen sind freilich nur schutzwürdige Belange, die durch die Planänderung berührt werden. Sind solche Belange – wie hier – nicht ersichtlich, ist die Antragsbefugnis zu verneinen.
3. Die Revision ist schließlich nicht nach einer Umdeutung der Grundsatzrüge in eine Verfahrensrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof die Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt und deshalb die Antragsbefugnis der Antragsteller verfahrensfehlerhaft verneint hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Gatz, Petz, Dr. Külpmann
Fundstellen