Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen 1 S 2388/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. November 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Klägerin, die Gemeinde G., begehrt von der beklagten Evangelischen Kirchengemeinde Gingen deren Zustimmung zur Änderung einer Regelung, die festlegt, mit welcher Quote die Klägerin sich an den Kosten der Instandhaltung des Kirchturms, der Kirchturmsuhr und der Glocken der Johanneskirche der beklagten Kirchengemeinde zu beteiligen hat.
Auf der Grundlage des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes vom 14. Juni 1887 wurden die evangelischen Kirchengemeinden gegenüber den bürgerlichen Gemeinden rechtlich verselbständigt. Dabei war auch das Vermögen der Kirchengemeinde von dem Vermögen der bürgerlichen Gemeinde zu trennen (sog. Ausscheidung des kirchlichen Vermögens aus der Stiftungspflege). Kirchengebäude gingen nach Art. 46 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes in das Eigentum der Kirchengemeinde über. An der bisher üblichen Benutzung der Kirchtürme, Kirchenuhren und Kirchenglocken für Zwecke der bürgerlichen Gemeinde änderte sich nach Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes nichts; die bürgerliche Gemeinde wurde verpflichtet, einen Anteil an den Kosten der Instandhaltung zu übernehmen, der dem Maße dieser Benutzung entsprach. In welchem Umfang Kirchtürme, Kirchenuhren und Kirchenglocken bislang für die Zwecke der bürgerlichen Gemeinde benutzt worden waren, war jeweils von den örtlichen Kollegien (Gemeinderat, Stiftungsrat, Ortsarmenbehörde, Bürgerausschuss und Kirchengemeinderat) im Rahmen der Verhandlungen über die Ausscheidung zu ermitteln.
Auf der Grundlage des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes ging das Eigentum an der Johanneskirche in G. auf die beklagte Kirchengemeinde über. Die örtlichen Kollegien vereinbarten im Rahmen der Ausscheidungsverhandlungen, dass die Klägerin als bürgerliche Gemeinde verpflichtet ist, die Kosten für die Instandhaltung von Kirchturm, Uhr und Glocken zu jeweils fünf Sechsteln zu tragen. Diese Vereinbarung wurde in die Ausscheidungs- und Abfindungsurkunde vom 10. Februar/18. März 1890 aufgenommen.
Nach ergebnislosen Verhandlungen mit der beklagten Kirchengemeinde hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie begehrt hat, die Beklagte zu verurteilen zuzustimmen, dass ihre – der Klägerin – Beteiligung an den Kosten der Instandhaltung des Kirchturms, der Kirchturmuhr und der Glocken herabzusetzen ist, da deren weltliche Funktionen sich wesentlich geändert hätten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zuletzt eine Zustimmung der Beklagten zur Änderung ihrer – der Klägerin – Beteiligung auf 25 v.H. begehrt. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Beklagte durch das angefochtene Urteil verurteilt, zuzustimmen, dass die Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Instandhaltung des Kirchturms, der Kirchturmuhr und der Glocken auf jeweils ein Drittel zu ändern ist. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgeführt: Die Klägerin habe nach § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG BW einen Anspruch darauf, dass die Quote ihrer Beteiligung an den Instandhaltungskosten herabgesetzt wird. Zwar beruhe die Baulastverpflichtung der Klägerin auf einem Gesetz, nämlich auf dem fortgeltenden Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes. Diese Vorschrift begründe jedoch nur eine anteilige Kostentragungspflicht der bürgerlichen Gemeinde entsprechend dem heutigen Maß der Benutzung des Turms, der Turmuhr sowie der Glocken- und Läuteanlagen. Nachdem diese Nutzungen vollständig entfallen seien und ein Anpassungsanspruch bereits im Gesetz angelegt sei, könne Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes nicht mehr Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der Baulastverpflichtung mit einer Quote sein, die dem damaligen Maß der Benutzung entspreche. Mit der Vereinbarung des Kostentragungsanteils von fünf Sechsteln in der Ausscheidungs- und Abfindungsurkunde sei lediglich gesetzeskonkretisierend der Kostenanteil verbindlich festgelegt, nicht aber eine darüber hinausgehende eigenständige vertragliche Verpflichtung begründet worden. Die Klägerin könne, gestützt auf § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG BW, die Anpassung ihrer Kostenbeteiligung verlangen, weil mit dem Wegfall des konkreten Nutzens des Kirchturms, der Turmuhren und der Glocken für sie als bürgerliche Gemeinde eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten und ihr ein Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zumutbar sei. Weil der Kirchturm das Ortsbild präge, die Klägerin damit für sich werbe und den Kirchturm in ihrem Gemeindewappen verwende, sei es ihr jedoch zumutbar, sich weiterhin mit einem Anteil von einem Drittel an den Instandhaltungskosten zu beteiligen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Grund für eine Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1. Die Beklagte wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
ob bei kommunalen Kirchenbaulasten, die nicht vertraglich begründet, sondern gesetzlich entstanden und lediglich normkonkretisierend in die Vertragsurkunde aufgenommen worden sind, die Bestimmung des § 60 VwVfG Anwendung findet oder ob dies angesichts der in § 60 VwVfG angelegten Normstruktur schon deshalb ausscheidet, weil nur der Gesetzgeber bei Änderung wesentlicher Verhältnisse zu einer Änderung kommunaler Kirchenbaulasten befugt ist, oder ob im Hinblick auf den „normkonkretisierenden Gesetzesvollzug” anstelle des § 60 VwVfG die §§ 48 ff. VwVfG anzuwenden sind.
Die Frage ist in dem angestrebten Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig.
Die Frage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich vor dem Hintergrund der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und seiner bindenden Auslegung des irrevisiblen württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes vom 14. Juni 1887 in dem angestrebten Revisionsverfahren so nicht stellen würde. Die Beklagte missversteht offensichtlich das angefochtene Urteil und legt dieses Missverständnis der von ihr formulierten Frage zugrunde. Die Fragen, die bei zutreffendem Verständnis des angefochtenen Urteils verbleiben, sind, soweit sie nach revisiblem Recht zu beantworten sind, nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort insoweit unmittelbar aus den hier nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO allein revisiblen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt und nicht erst in einem Revisionsverfahren gesucht werden muss.
a) Die Beklagte unterstellt dem Verwaltungsgerichtshof die Annahme, dass sich ihr Anspruch auf Beteiligung der Klägerin an den Kosten für die Instandsetzung von Kirchturm, Kirchturmuhr und Glocken sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach aus dem Gesetz, nicht aber aus einer Vereinbarung mit der Klägerin ergibt. Von diesem Verständnis ausgehend zieht sie die Anwendbarkeit des § 60 LVwVfG BW in Zweifel. Sie missversteht damit aber das angefochtene Urteil.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den irrevisiblen Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes dahin ausgelegt, dass die Baulastverpflichtung der politischen Gemeinden (also deren Beteiligung an den Kosten der Instandhaltung) dem Grunde nach auf einem Gesetz beruht und dem Grunde nach einer Vereinbarung der Beteiligten entzogen ist. Er hat ferner angenommen, dass der Gesetzgeber nur abstrakt bestimmt hat, in welcher Höhe die bürgerlichen Gemeinden sich an diesen Kosten zu beteiligen haben, weil der Gesetzgeber das dafür vorgegebene Maß der Benutzung aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Gewohnheiten nicht habe abschließend bestimmen können. Welcher Anteil an den Kosten dem Maß der Benutzung entspricht, wird nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs vielmehr (erst) durch die Vereinbarung zwischen der bürgerlichen Gemeinde und der Kirchengemeinde verbindlich festgelegt, die dadurch die abstrakte Norm für den Gesetzesvollzug im Einzelfall konkretisiert. Die gesetzliche Regelung bedarf der Konkretisierung durch eine Vereinbarung der Beteiligten. In der einvernehmlichen Festlegung des Umfangs der Kostentragungspflicht sieht der Verwaltungsgerichtshof deshalb kein nur das Gesetz deklaratorisch vollziehendes, sondern ein konstitutives vertragliches Element.
Zu Unrecht weist die Beklagte demgegenüber auf die Bemerkung des Verwaltungsgerichtshofs hin (UA S. 21), mit der Vereinbarung des Anteils an der Kostentragung von fünf Sechsteln in der Ausscheidungs- und Abfindungsurkunde sei lediglich – gesetzeskonkretisierend – der dem damaligen Maß der Benutzung entsprechende Kostentragungsanteil verbindlich festgelegt, nicht aber eine darüber hinausgehende eigenständige vertragliche Verpflichtung begründet worden. Die Beklagte gibt diese Stelle in ihrer Beschwerde verkürzt auf die Wortfolge „eigenständige vertragliche Verpflichtung begründet” wieder und stellt diese in einen Zusammenhang, der den Sinn grob entstellt. Sie unterstellt dem angefochtenen Urteil die Aussage, eine Einigung zwischen der politischen Gemeinde und der Kirchengemeinde stelle im Falle ihrer schriftlichen Fixierung selbst bei Aufnahme in die Ausscheidungs- und Abfindungsurkunde keine Regelung dar, die eine „eigenständige vertragliche Verpflichtung begründet”. Wie sich aus dem von der Beklagten unterschlagenen Wort „darüber hinaus” und der Einleitung des Satzes ergibt, hat der Verwaltungsgerichtshof an dieser Stelle des Urteils lediglich die Aussage getroffen, dass über eine Vereinbarung der Höhe der Kostenquote hinaus keine eigenständige vertragliche Regelung über das Benutzungsrecht der Klägerin und deren Kostenpflicht dem Grunde nach getroffen wurde, sondern sich die Beteiligten auf die vom Gesetz ausgesparte Regelung zum Umfang der Kostentragung beschränkt haben. Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Verwaltungsgerichtshofs, welche die Beklagte im Weiteren ebenfalls zitiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar ausgeführt, Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes sei zwingendes Recht und einer vertraglichen Regelung nicht zugänglich. Diese Aussage bezieht sich aber ausschließlich auf das Nutzungsrecht der politischen Gemeinde und ihre damit dem Grunde nach verbundene Pflicht, im Umfang dieser Benutzung die Kosten der Instandhaltung zu übernehmen.
Unerheblich ist, ob das Verwaltungsgericht angenommen hat, die Regelung des Anspruchs beruhe auch der Höhe nach auf dem Gesetz, wie die Beklagte meint. Für das Beschwerdeverfahren und das angestrebte Revisionsverfahren ist allein maßgeblich, welchen Inhalt der Verwaltungsgerichtshof dem irrevisiblen Recht entnommen hat.
b) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und seiner bindenden Auslegung des irrevisiblen württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes ist § 60 LVwVfG BW auf die Vereinbarung der Beteiligten anwendbar, ohne dass dafür grundsätzlich bedeutsame Fragen des revisiblen Rechts geklärt werden müssten.
§ 54 Satz 1 LVwVfG BW definiert den öffentlich-rechtlichen Vertrag und bestimmt damit auch den Anwendungsbereich des § 60 LVwVfG BW. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag liegt vor, wenn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben wird.
Dass Verträge über Kirchenbaulasten zwischen einer politischen Gemeinde und der Kirche öffentlich-rechtliche Verträge sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (Urteil vom 5. Februar 2009 – BVerwG 7 C 11.08 – Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 78 Rn. 11).
Unmittelbar aus dem Wortlaut des § 54 LVwVfG BW ergibt sich, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nicht ausschließlich dann vorliegt, wenn durch eine Vereinbarung der Beteiligten ein Rechtsverhältnis begründet werden soll. Er kann sich mithin auch auf einzelne Elemente eines anderweit begründeten Rechtsverhältnisses beziehen, soweit deren Regelung durch Vertrag nicht ausgeschlossen ist. Ist das abstrakt gefasste Gesetz für seine Anwendbarkeit auf den Einzelfall von einer Konkretisierung abhängig, ist diese Konkretisierung der Norm nicht nur durch Verwaltungsakt, sondern auch durch Vertrag möglich. Unter dieser Voraussetzung kann der Umfang der Leistungspflicht durch Vertrag geregelt werden, auch wenn die Leistungspflicht dem Grunde nach durch Gesetz begründet ist und bleibt. Dass die Leistungspflicht dem Grunde nach durch Gesetz begründet ist, schließt mithin nicht die Annahme aus, die Beteiligten hätten dieses gesetzlich begründete Rechtsverhältnis um eine vertragliche Regelung zur Höhe der Leistungspflicht ergänzt. Eine solche Konkretisierung des gesetzlich begründeten Rechtsverhältnisses bleibt ihrer Rechtsnatur nach Vertrag, auf den die Vorschriften über öffentlich-rechtliche Verträge anzuwenden sind.
Anwendbar ist deshalb auch bezogen (nur) auf die Vereinbarung über die Höhe der Leistungspflicht (hier über den Anteil an den Kosten einer Instandsetzung) die Vorschrift des § 60 LVwVfG BW mit der Folge, dass ein Beteiligter unter den dort normierten Voraussetzungen die Zustimmung des anderen Beteiligten zu einer Änderung der Vereinbarung verlangen kann. Zur Änderung des vereinbarten Kostenanteils ist mithin nicht allein der Gesetzgeber befugt. Erst recht ist kein Raum für eine Anwendung der Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten.
2. Keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der weiter aufgeworfenen Frage zu,
was die Anforderungen sind und was der Beurteilungsmaßstab an die in § 60 Abs. 1 VwVfG genannten „wesentlichen Veränderungen der Verhältnisse” ist, wenn kommunale Kirchenbaulasten im Wege eines „normkonkretisierenden Gesetzesvollzugs” begründet worden sind.
Die Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet ist.
Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG BW setzt voraus, dass nach Vertragsschluss tatsächliche Umstände oder rechtliche Bedingungen weggefallen sind, die die Vertragspartner zwar nicht zum Vertragsinhalt gemacht haben, deren Bestand sie jedoch als gemeinsame Grundlage des Vertrags angenommen haben. Vertragsgrundlage sind die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsparteien oder die für den Vertragspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Vertragsparteien auf dieser Vorstellung aufbaut. Wesentlich ist eine Änderung der Verhältnisse daher nur, wenn die Vertragsparteien bei Kenntnis dieser Änderung den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten (Urteil vom 18. Juli 2012 – BVerwG 8 C 4.11 – BVerwGE 143, 335 Rn. 57 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 56).
Diese Grundsätze gelten ohne Weiteres für öffentlich-rechtliche Verträge, durch welche gemeindliche Kirchenbaulasten begründet oder durch welche gesetzlich begründete Kirchenbaulasten in regelungsbedürftigen Elementen konkretisiert und ergänzt werden.
Aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich nicht, dass der konkrete Fall Bedarf an weiterer grundsätzlicher Klärung aufwirft. Die Beklagte geht wiederum zu Unrecht davon aus, die Vereinbarung der Beteiligten über die Quote, mit welcher die Klägerin an den Kosten der Instandsetzung zu beteiligen ist, sei – weil normkonkretisierend – nicht öffentlich-rechtlicher, Vertrag, sondern ihrer Wirkung nach Rechtsnorm. Nur von diesem irrigen Verständnis aus würde sich aber die von ihr sinngemäß aufgeworfene Frage stellen, ob es bei normkonkretisierenden Vereinbarungen überhaupt auf die Vorstellungen der Beteiligten ankommen könne oder ob nicht vielmehr auf die Motive des Gesetzgebers abzustellen sei, die sich nicht geändert hätten.
3. Aus dem gleichen Grund rechtfertigen auch die weiteren Fragen nicht die Zulassung der Revision,
welchen verfassungsrechtlichen Schutz eine kommunale Kirchenbaulast mit Rücksicht auf Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 WRV in Ansehung einer wesentlichen Veränderung der ihr zugrundeliegenden Verhältnisse genießt, wenn sie nicht vertraglich begründet wurde, sondern sich als Ausfluss eines „normkonkretisierenden Gesetzesvollzugs”, mithin auf gesetzlicher Grundlage beruhend darstellt,
ob eine solche kommunale Kirchenbaulast nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 VwVfG angepasst werden kann oder ob dies mit Blick auf den Schrankenvorbehalt des Art. 137 Abs. 3 WRV nur dem Gesetzgeber vorbehalten ist.
Soweit die Frage sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und seiner bindenden Auslegung des irrevisiblen württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes überhaupt stellt, ist sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet.
Kommunale Kirchenbaulasten fallen zwar unter den Schutz der Kirchengutsgarantie des Art. 140 GG, Art. 138 Abs. 2 WRV. Sie werden dadurch aber nicht schlechthin vor den Rechtsfolgen bewahrt, welche die Rechtsordnung auch sonst an eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse knüpft, auf denen ein Recht beruht. Vertraglich begründete kommunale Kirchenbaulasten unterliegen deshalb bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse grundsätzlich der Anpassung nach § 60 LVwVfG BW (Urteil vom 5. Februar 2009 – BVerwG 7 C 11.08 – Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 78 Rn. 30). Damit verwirklicht sich nur eine Schwäche, die dem Recht von vornherein innewohnte. Das gilt wiederum ohne Weiteres für öffentlich-rechtliche Verträge, durch welche gesetzlich begründete kommunale Kirchenbaulasten in regelungsbedürftigen Elementen konkretisiert und ergänzt werden. In Auslegung und Anwendung des irrevisiblen württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Quote, mit dem die Klägerin an den Kosten der Instandhaltung zu beteiligen ist, auf einem öffentlichrechtlichen Vertrag beruht. Diese vereinbarte Quote unterliegt deshalb im Falle einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse einer Anpassung an die geänderten Verhältnisse, ohne dass dadurch der Schutz der Kirchengutsgarantie berührt würde.
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die irrevisible Norm des Art. 47 des württembergischen Evangelischen Kirchengemeindegesetzes dahin ausgelegt, dass die Möglichkeit einer Anpassung der anteiligen Kostentragungspflicht der politischen Gemeinde bereits im Gesetz angelegt gewesen sei, weil im Laufe der Zeit das Maß der Benutzung schwanken könne. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei ausdrücklich der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegengetreten, die Kostentragungspflicht habe an das abstrakte Nutzungsrecht, nicht aber an das Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme dieses Rechts angeknüpft. Der Gesetzgeber habe die Entgeltpflicht nicht auf Dauer an die bis 1887 übliche Benutzung und das daraus folgende Nutzungsrecht anknüpfen wollen. Die Höhe der Beteiligung sei nicht entsprechend dem Maß der bis 1887 üblichen Benutzung als Status quo gesetzlich festgeschrieben. Die Vorschrift stelle vielmehr auf das jeweilige Maß der Benutzung ab und sei damit offen für Anpassungen der Kostentragungspflicht bei Eintritt wesentlicher Veränderungen.
4. Die Beklagte wirft schließlich als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
ob die Verwaltungsgerichte bei (Leistungs-)Klagen auf Anpassung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach Maßgabe des § 60 VwVfG berechtigt sind, von sich aus den streitigen Vertragsinhalt festzusetzen oder ob sie bei Vertragsklauseln, die einen Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien enthalten, gehalten sind, die Vertragsanpassung im Wege einer Bescheidung des entsprechenden Anspruchs des Klägers vorzunehmen.
Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt und rechtfertigt deshalb ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
Ist Gegenstand einer Leistungsklage das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verurteilen, der Änderung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zuzustimmen, muss das im Antrag bezeichnete Anpassungsverlangen nicht genau den Inhalt haben, auf den der Kläger nach Auffassung des Gerichts Anspruch hat, mit anderen Worten, der Kläger muss die Grenzen des beiderseits Zumutbaren nicht selbst bereits zutreffend erkennen und benennen. Dies würde den gebotenen Rechtsschutz von Voraussetzungen abhängig machen, die der Kläger kaum je würde erfüllen können. Dementsprechend steht das Gericht nicht vor der Alternative, dem Klagebegehren ganz zu entsprechen oder es zur Gänze abzuweisen. Vielmehr steht dem Gericht gerade in Ansehung des jeweils Zumutbaren ein Entscheidungsspielraum zu, der Klage teilweise zu entsprechen und sie im Übrigen – hinsichtlich eines unbegründeten Mehrverlangens – abzuweisen (Urteil vom 18. Juli 2012 – BVerwG 8 C 4.11 – BVerwGE 143, 335 Rn. 39 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Neumann, Dr. Graulich, Dr. Möller
Fundstellen