Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 2 A 990/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der 1972 in der früheren Sowjetunion geborene Kläger, der 1991 durch das Kreisvolksgericht Blagowarski, Baschkirische SSR, wegen Vergewaltigung zu einer – inzwischen verbüßten – Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt wurde, begehrt gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG als Abkömmling die Einbeziehung in den seinen Eltern erteilten Aufnahmebescheid. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab, weil der Kläger im Sinne des § 5 Nr. 1 Buchst. b BVFG durch sein Verhalten gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen habe. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch hingegen bejaht, weil diese Vorschrift nur den Erwerb der Rechtsstellung als Spätaussiedler ausschließe, nicht hingegen die Einbeziehung eines Abkömmlings in einen seinen Eltern erteilten Aufnahmebescheid.
Im Hinblick hierauf macht die Beschwerde geltend, die Rechtssache habe hinsichtlich der „Frage der Anwendbarkeit des Ausschlußtatbestandes im Rahmen der Einbeziehungsvorschriften” grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sich die aufgeworfene Frage ohne weiteres anhand des Gesetzes im Sinne des Berufungsurteils beantworten läßt, so daß es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht bedarf.
Nach § 5 BVFG erwirbt die Rechtsstellung nach § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG nicht, wer die in dieser Vorschrift angeführten Ausschlußtatbestände erfüllt. In § 4 Abs. 1 und 2 BVFG ist geregelt, wer Spätaussiedler ist. § 5 BVFG bezieht sich damit auf den Spätaussiedler und schließt ihn vom Statuserwerb aus. Dementsprechend erfaßt er im Rahmen des Aufnahmeverfahrens diejenigen Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten, die im Sinne des § 26 BVFG die Aussiedlungsgebiete „als Spätaussiedler” verlassen wollen und denen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG auf Antrag ein Aufnahmebescheid zu erteilen ist, wenn sie nach Verlassen der Aussiedlungsgebiete „die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen”. Die Erteilung eines Aufnahmebescheids begehrt der Kläger indessen nicht. Er will als Abkömmling lediglich in den seinen Eltern erteilten Aufnahmebescheid einbezogen werden. Sein Begehren ist ausschließlich auf § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG gestützt, so daß es allein auf die dort angeführten Voraussetzungen ankommt. In § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ist jedoch nicht vorgeschrieben, daß die den Ausschluß vom Erwerb des Spätaussiedlerstatus regelnde Vorschrift des § 5 BVFG entsprechend anzuwenden sei und deshalb bei Vorliegen eines der dort genannten Ausschlußtatbestände in der Person des Ehegatten oder Abkömmlings auch deren Einbeziehung in den der jeweiligen Bezugsperson erteilten Aufnahmebescheid hindere. Vielmehr ist eine sinngemäße Anwendung des § 5 BVFG lediglich in § 7 Abs. 2 Satz 2 BVFG angeordnet. Diese Vorschrift schließt „Ehegatten und die Abkömmlinge des Spätaussiedlers, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 nicht erfüllen, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben”, aber nur von den in § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG vorgesehenen Rechten und Vergünstigungen aus, wenn in ihrer Person einer der in § 5 BVFG angeführten Tatbestände gegeben ist. Diese Regelung würde eines Sinnes entbehren, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 BVFG in der Person des Ehegatten oder Abkömmlings bereits eine Einbeziehung in den Aufnahmebescheid der jeweiligen Bezugsperson ausgeschlossen wäre. Sie könnten dann nämlich schon nicht – wie § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG verlangt – die Aussiedlungsgebiete „im Wege des Aufnahmeverfahrens” verlassen haben, was bei Ehegatten und Abkömmlingen, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG nicht erfüllen, nur durch Einbeziehung in den Aufnahmebescheid der jeweiligen Bezugsperson geschehen kann. § 7 Abs. 2 BVFG geht somit gerade davon aus, daß eine Einbeziehung des Ehegatten oder Abkömmlings in den Aufnahmebescheid der jeweiligen Bezugsperson nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß in ihrer Person ein Ausschlußtatbestand im Sinne des § 5 BVFG gegeben ist. Darin liegt auch kein „Wertungswiderspruch”, wie die Beklagte meint. Es war dem Gesetzgeber unbenommen, die Erwägungen, die ihn zur Einführung der Statusausschlußvorschrift des § 5 BVFG veranlaßt haben, in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG zugunsten der Familieneinheit im weiteren Sinne zurücktreten zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Bender, Schmidt
Fundstellen