Verfahrensgang
VG Cottbus (Urteil vom 20.06.2007; Aktenzeichen 1 K 1599/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 20. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 85 641,50 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der von den Klägern allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.
Die Aufklärungsrüge greift nicht durch. Die Rüge unzulänglicher Sachaufklärung, § 86 Abs. 1 VwGO erfüllt nur dann die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wenn der Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung ausreichend bezeichnet wird, wenn also angegeben wird, welchen Sachverhalt die Vorinstanz – nach deren maßgebender materiellrechtlicher Ansicht – hätte erforschen müssen, welche Beweismittel oder sonstigen Aufklärungsmaßnahmen dafür sich aufgedrängt haben, welches Ergebnis die unterbliebene Aufklärung im Einzelnen gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Hierzu lassen sich dem Vorbringen der Beschwerde keine hinreichenden Ausführungen entnehmen.
Aufgrund der Verwaltungsvorgänge und der vom Kläger selbst dem Verwaltungsgericht zur Verfügung gestellten Unterlagen hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gesetzlichen Merkmale der Schädigungstatbestände des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b und Abs. 3 VermG nicht vorliegen, und dass insbesondere keine Tatsachen dafür sprechen, dass ein qualifiziertes Einzelfallunrecht vorliegt, insbesondere keine als unlautere Machenschaft zu bewertende Maßnahme gegeben ist, die zielgerichtet den Verlust des zurückgeforderten Vermögenswertes bezweckt hat. Die Beschwerde hat nicht darlegen können, weshalb bei der Klärung der Frage, ob bei objektiver Betrachtung der gesamten Umstände die unlautere Maßnahme das Ziel verfolgt hat, den betroffenen Rechtsinhaber um seinen Vermögenswert zu bringen, sich dem Verwaltungsgericht aufdrängen musste, die als Zeugen angebotenen Personen zusätzlich zu dem vorliegenden Aktenmaterial zu vernehmen. Bei der Zurückweisung der Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2007 hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise auf die Ungeeignetheit der beantragten Beweismittel, insbesondere auf die Unsubstantiiertheit des jeweiligen Beweisthemas hingewiesen. Die Beschwerde ist ihrer Pflicht zur Substantiierung weder bezüglich des Beweisthemas noch bezüglich der Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit nachgekommen. Sie hat auch nicht darlegen können, welche einzelnen Wahrnehmungen die angebotenen Zeugen bezüglich des Beweisthemas selbst gemacht haben sollen. Der Zusammenhang der von Klägerseite behaupteten vermutlichen Zeugenaussagen zu den einzelnen Schädigungstatbeständen ist bei der Formulierung der Beweisanträge in keiner Weise ersichtlich gewesen. In ihrer Beschwerdeschrift versäumen die Kläger zudem jegliche Angaben dazu, zu welchen konkreten Tatsachen, die die gesetzlichen Merkmale der in Betracht kommenden Schädigungstatbestände ausfüllen sollen, die angebotenen Zeugen hätten etwas zur Sache beitragen können, was aus ihren eigenen Wahrnehmungen stammt.
Was den Vortrag der Beschwerde zur Ablehnung des Beweisantrages 4 betrifft, dass nämlich die Ablehnung auf einer aktenwidrigen Annahme des Verwaltungsgerichts beruhe, dass nämlich nach den Unterlagen die “Bungalow”-Siedlung frühestens ab 1975 errichtet worden sei, übersieht die Beschwerde, dass der Beweisantrag schon wegen seiner Unzulässigkeit abgelehnt worden ist. Die Ablehnung des Beweisantrages Nr. 5 (“Zum Beweis der Tatsache, dass weder das Aufbaugesetz mit seinen Durchführungsverordnungen noch eine andere Rechtsvorschrift in der DDR die Enteignung von Grundstücken zur Errichtung eines Erholungsgebietes zuließ, beantragen wir die Einholung eines Sachverständigengutachtens”) lag schon deshalb auf der Hand, weil das Verwaltungsgericht diese Rechtsgrundlagen in eigener Verantwortung heranziehen, auslegen und prüfen muss, wobei seine Auslegung dieses irrevisiblen Rechts sogar für das Revisionsgericht bindend ist.
Im Übrigen war nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht abschließend zu entscheiden, ob für die Inanspruchnahme des Randstreifens Sicherheitsaspekte oder gestalterische Gründe maßgebend waren. Eine Enteignung nach den wasserrechtlichen Bestimmungen war auch dann zulässig, wenn die Flächen nicht für den Bau des eigentlichen Talsperrbeckens, sondern im allgemeinen Interesse der Erholungssuchenden benötigt wurden und damit der Allgemeinheit zur Verfügung standen. Der tatsächliche Verlauf der Höchststaulinie war bei dieser Rechtslage für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich.
Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), weil es die angebotenen Zeugen nicht vernommen hat. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber sich mit jeden Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Urteil vom 29. November 1985 – BVerwG 9 C 49.85 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177). Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs bietet keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt (Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 ≪238≫ = Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 25≫). Von seinem als entscheidungstragend eingestuften Rechtsstandpunkt musste sich das Verwaltungsgericht mit den gestellten Beweisanträgen nicht näher auseinandersetzen, weil es eine “Vorratsenteignung” im Hinblick auf die wasserrechtlichen Bestimmungen bzw. das Aufbaugesetz verneint hat.
Soweit das Verwaltungsgericht unterstellt hat, dass es für die Errichtung eines Erholungsgebietes “Weißer Berg” 1968 keine grundstücksbezogene Planung gegeben habe, liegt ebenfalls kein Verfahrensmangel vor. Diesbezügliche Fragen waren nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht die enteignende Maßnahme bezüglich der Randfläche – soweit diese nicht der Sicherheit diente – von den Bestimmungen des Wassergesetzes als gedeckt eingeschätzt hat.
Was den geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO betrifft, weil das Verwaltungsgericht den Sachverhalt falsch gewertet haben bzw. von einem unvollständigen und sogar aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen sein soll, liegt dieser Verstoß nicht vor. Die Kläger rügen, dass das Verwaltungsgericht eine Passage in dem “Programm zur Erarbeitung des Flächennutzungsplans für den Auf- und Ausbau der Talsperre S… als Erholungszentrum …” vom November 1967, aus der sich nach ihrer Meinung die Ermöglichung einer privaten Bebauung schon zum damaligen Zeitpunkt ergebe, ausgeblendet habe. Die Kläger beziehen sich auf folgende Aussage in dem Programm:
“Da für das Gebiet aus gesellschaftlich bedingten Gründen eine private Bebauung nicht in Frage kommt, wird in folgendem nur von gesellschaftlichen Bedarfsträgern die Rede sein, wobei in Erwägung gezogen wird, dass ein Teil der privaten Antragsteller sich den gesellschaftlichen Anforderungen, die durch den Aufbau des Gebietes gegeben werden, anschließen wird und demzufolge in der Kapazitätskalkulation berücksichtigt ist.”
Die Aussage in dem zweiten Teil des Satzes, auf den die Kläger abstellen, ist mehrdeutig. Sie kann auch so verstanden werden, dass private Antragsteller nur als Teil der gesellschaftlichen Interessen oder nur insoweit Berücksichtigung finden sollen, als sie sich mit den gesellschaftlichen Interessen decken. Sie tritt jedenfalls hinter die eindeutige Aussage im ersten Satzteil zurück, dass eine private Bebauung nicht in Frage komme. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht sich auf diese Aussage gestützt hat und die von den Klägern angeführte Passage nicht als entscheidungserheblich angesehen hat.
Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199). In Wahrheit rügt die Beschwerde die Tatsachen- und Beweiswürdigung der Vorinstanz. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist aber aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemeinverbindlicher Beweisgrundsätze zu überprüfbar, weil sie dem sachlichen Recht zuzuordnen sind. Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes läge nur vor, wenn gegen Denkgesetze verstoßen worden wäre und ein aus Gründen der Logik schlechthin unmöglicher Schluss gezogen worden wäre (stRspr, vgl. Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37). Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann daher ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründet werden. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht eine verfahrensfehlerhafte Beweiswürdigung selbst dann verneint, wenn das Verwaltungsgericht gegen allgemeine Erfahrungssätze, Ausdehnungsgrundsätze oder Denkgesetze verstoßen hat, soweit es um die Rüge geht, dass die Beweiswürdigung von Zeugenaussagen gegen die Denkgesetze verstoße (vgl. Beschluss vom 20. Januar 1978 – BVerwG 3 B 75.73 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 101).
Es kann zudem von derartigen Verstößen gegen Denkgesetze etc. im vorliegenden Fall keine Rede sein. Vielmehr kritisiert die Beschwerde allgemein die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und setzt dieser ihre eigene Würdigung entgegen, ohne einen Verstoß gegen Denkgesetze herauszuarbeiten. Das Verwaltungsgericht hat seine entscheidungstragende Ansicht in nicht zu beanstandender Weise damit begründet, dass im Hinblick auf den dritten vorgenommenen Probestau an der streitbefangenen Talsperre bei Betrachtung der Sicherheitsgründe und der technisch notwendigen Erwägungen alles dafür streitet, die gesamte Uferfläche nicht nur bis zur Regelstaulinie, sondern auch bis zur Höchststaulinie hinzuzurechnen.
Ein Verstoß gegen die Denkgesetze ist ebenso wenig bezüglich der Ausführungen zum so genannten “Plateaubereich des ehemaligen Flurstücks 77” hinreichend dargelegt worden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts stellt vielmehr durchaus eine aus Gründen der Logik vertretbare Schlussfolgerung dar.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. Hauser
Fundstellen