Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 07.03.2005; Aktenzeichen 9 K 1027/99) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
Gründe
Die beantragte Prozesskostenhilfe konnte nicht gewährt und ihr Prozessbevollmächtigter ihr nicht beigeordnet werden, weil die bereits erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. März 2005 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Revision wird weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden können.
1. Die Klägerin hält für klärungsbedürftig die Frage,
ob es für die Rechtsnachfolge im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG auf den geltenden Rechtsstatus des Neusiedlererben zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 oder auf den Zeitpunkt der schädigenden Maßnahme ankommt.
Um hierauf eine Antwort zu finden, bedarf es jedoch keiner Zulassung der Revision. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass mit dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG verwendeten Begriff des “Rechtsnachfolgers” Nachfolgetatbestände angesprochen sind, die bis zum In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes (29. September 1990) eingetreten sein müssen (vgl. Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 7 C 43.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23 und Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 8 B 346.99 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 42). Zum anderen käme es auf diese Fragestellung in einem Revisionsverfahren nicht an. Der Klägerin geht es darum, in den Genuss der Aufhebung von Verfügungsbeschränkungen zu gelangen, der durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (GBl der DDR I S. 134) bewirkt wurde. Die Klägerin ist aber bei Erlass dieses Gesetzes keine Eigentümerin von Grundstücken aus der Bodenreform gewesen. War – wie hier – das Eigentum zuvor in das Eigentum des Volkes überführt worden, wie dies in den Schädigungsfällen von § 1 VermG der Fall ist, kann dieses Gesetz dem ursprünglichen Bodenreformeigentümer oder seinem Erben nicht mehr zugute kommen. Eine Privatisierung volkseigener Grundstücke aus der Bodenreform ist nicht Gegenstand des Gesetzes gewesen (vgl. Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 8 B 346.99 – a.a.O. und Urteil vom 19. Oktober 2000 – BVerwG 7 C 91.99 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 49).
2. Die Revision kann auch nicht wegen vermeintlicher Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 1996 – BVerwG 7 C 30.94 – (Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 16) zugelassen werden. Zum einen legt die Klägerin nicht dar, dass das angefochtene Urteil einen abstrakten Rechtssatz enthält, der einem bestimmten Rechtssatz der Divergenzentscheidung widerspricht. Bloße Einwände gegen die Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils genügen nicht. Zum anderen liegt das Urteil auf der Linie der Divergenzentscheidung. Dieses hat sich über die Rechtsstellung des Vermächtnisnehmers im Vermögensrecht dahin gehend verhalten, dass der Vermächtnisnehmer – solange der Vermögensgegenstand dem Erben zivilrechtlich zugeordnet ist – kein Berechtigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG ist. Ähnlich verhält es sich in Fällen vorliegender Art. Solange dem Erben eines Neubauern das Land nicht staatlicherseits zugeordnet worden war, hatte er die Rechtsstellung des Erblassers nicht inne.
3. Schließlich wird eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nicht erfolgen können. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin liegt keine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes oder des rechtlichen Gehörs vor.
Um als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 3 VwGO erheblich sein zu können, kommt ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur in Betracht, wenn ein Mangel im Tatsachenbereich gesehen wird. Die Klägerin wendet sich jedoch nicht gegen die tatsächliche Grundlage für die innere Überzeugung des Gerichts, sondern gegen die Würdigung des Gesamtergebnisses der vorgenommenen Tatsachenfeststellung. Sie meint, das Verwaltungsgericht hätte statt des Rückfalls des Bodenreformlandes in den Bodenfonds berücksichtigen müssen, dass beispielsweise auch die Verpachtung von Bodenreformeigentum mit entsprechender Genehmigung der zuständigen Kreisbehörden zur Sicherung des Bodenreformeigentums im Bestand der Neusiedlererben zulässig war. Dieser Einwand der Klägerin genügt als materiellrechtlicher Angriff für die Annahme eines Verfahrensfehlers nicht.
Ebenso verhält es sich mit dem Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe keine Beweisaufnahme durchgeführt. Die Klägerin sieht darin zu Unrecht einen Verstoß gegen gebotenes rechtliches Gehör, weil das Verwaltungsgericht ihr Vorbringen insoweit unberücksichtigt gelassen habe. Bei der Prüfung, ob dem Verwaltungsgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, wird von dessen materiellrechtlichen Rechtsauffassung ausgegangen, auch wenn diese einer Überprüfung nicht standhalten würde (stRspr; vgl. Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183). Kam es danach für die zu treffende Entscheidung auf bestimmtes Vorbringen nicht an, so lässt sich kein Verfahrensfehler feststellen, wenn das Verwaltungsgericht diesem Vorbringen eben deshalb nicht weiter nachgegangen ist. Hier hat das Verwaltungsgericht auf die Ermittlung eines Schädigungstatbestandes im Sinne von § 1 VermG verzichtet, weil die Klägerin nach seiner Ansicht keine von ihrem Vater abgeleitete Berechtigung geltend machen kann. Daher wäre auch im Falle einer unlauteren Machenschaft (§ 1 Abs. 3 VermG) die getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht anders als geschehen ausgefallen. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil, die der Verfahrensrüge letzthin zugrunde liegt, wird im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu keinem Erfolg führen.
Unterschriften
Dr. Pagenkopf, Golze, Postier
Fundstellen