Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Aktenzeichen 1 A 1611/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 300 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO scheidet aus. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Eine derartige klärungsbedürftige, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ist in der Beschwerde nicht gestellt worden. Die Beschwerde hält zunächst die Rechtsfrage für klärungsbedürftig:
„Kann ein seinem Wortlaut nach eindeutig auf Betriebsvermögen bezogener vermögensrechtlicher Antrag nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 30 a VermG im Wege der Auslegung noch auf der Einzelrestitution unterliegende Vermögenswerte präzisiert werden, die in keinerlei Zusammenhang zum angemeldeten Betriebsvermögen standen.”
Diese Frage ließe sich zwar ohne weiteres verneinen. Die Fragestellung setzt aber einen Sachverhalt voraus, den das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt hat. Die Beschwerde geht mit ihrer Fragestellung davon aus, dass der vermögensrechtliche Antrag sich von vornherein auf einen klar abgrenzbaren Gegenstand bezog. Gerade das hat aber das Verwaltungsgericht nach seinen Feststellungen verneint, die seitens der Beschwerde nicht angegriffen worden sind. Das Verwaltungsgericht hat den Inhalt des vermögensrechtlichen Antrags in einer in einem Revisionsverfahren nicht angreifbaren Weise so ausgelegt, dass er alle Vermögensgegenstände des betreffenden Miterben erfasste. Selbst wenn die Beschwerde eine entsprechende Verfahrensrüge erhoben hätte, wäre die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Tatrichters aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze überprüfbar, wozu die allgemeinen Auslegungsgrundsätze gehören. Ein Verstoß gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze bei der Würdigung des genannten vermögensrechtlichen Antrags ist jedoch von vornherein nicht ersichtlich.
Auch die weiterhin gestellten Fragen:
- „Ist Eigentümer im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG nur der Formalrechtsinhaber oder auch der materielle Inhaber des Eigentumsrechtes?”
und
„Ist Eigentümer einer Immobilie im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG und somit klagebefugt auch diejenige Körperschaft des öffentlichen Rechts, in deren Eigentum das streitbefangene Grundstück nach den Vorschriften des Artikel 21, 22 Einigungsvertrag übergegangen ist, selbst wenn Volkseigentum lediglich außerhalb des Grundbuches entstanden ist und eine Grundbuchberichtigung zu DDR-Zeiten nicht mehr und eine Vermögenszuordnung noch nicht erfolgt ist?”
werden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass das Vermögenszuordnungsverfahren in den Fällen des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VZOG i.V.m. Art. 21 und 22 Einigungsvertrag nur deklaratorisch ist und auch eine ohne Vermögenszuordnungsverfahren erfolgende Zuordnung von Vermögenswerten zugunsten einer Gemeinde auch deren Verfügungsberechtigung im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG begründet (vgl. hierzu Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 35.95 – BVerwGE 101, 47 ≪49 f.≫). Im Übrigen trifft die zur Beantwortung der gestellten Fragen vorausgesetzte Prämisse, dass nämlich bei der vermögensrechtlichen Antragstellung durch den Rechtsnachfolger des früheren Miterben B.B. eine Beschränkung auf das Betriebsvermögen erfolgt und damit eine weitere Konkretisierung nicht mehr möglich sei, aus den oben genannten Gründen nicht zu, sodass sich auch aus diesem Gesichtspunkt die aufgeworfenen Fragen nicht stellen werden.
Auch auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kann sich die Beschwerde nicht stützen. Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr des BVerwG, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50). Die Beschwerde hat es verabsäumt, die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberzustellen. Zunächst findet sich in der angegriffenen Entscheidung kein von dem Inhalt des Beschlusses vom 22. April 1999 – BVerwG 8 B 81.99 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 8 abweichender Rechtssatz. Das Verwaltungsgericht ist gerade nicht von einem eindeutig abgrenzbaren Gegenstand bei der vermögensrechtlichen Antragstellung ausgegangen, sondern hat im Wege der Auslegung der Anmeldeerklärung des Rechtsnachfolgers des früheren Miterben B.B. ein Begehren auf eine umfassende Restitution (UA S. 23) angenommen. Der Senat hat demgegenüber in dem genannten Beschluss darauf hingewiesen, dass bei einem hinreichend „individualisierten” Antrag, der also bezüglich der Person des Berechtigten und bezüglich des Objekts des Anspruchs konkret bezeichnet worden ist, ausschließlich von einer Erstreckung auf den konkret benannten Vermögenswert auszugehen ist. Ein solcher Fall ist vorliegend aber gerade nicht gegeben.
Die Beschwerde hat es auch versäumt, abstrakte Rechtssätze in der angefochtenen Entscheidung aufzuzeigen, die von der weiterhin genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. März 1996 – BVerwG 7 C 35.95 – BVerwGE 101, 47 und Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 57.94 – BVerwGE 99, 283 ff.) abweichen. Soweit die Beschwerde eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs rügt, so übersieht sie, das der Zulassungsgrund der Divergenz insoweit schon gar nicht eröffnet ist.
Im Übrigen beruht die angegriffene Entscheidung nicht auf der geltend gemachten Abweichung. Eine Entscheidung „beruht” auf einem Rechtsverstoß nur dann, wenn mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Rechtsverstoß zu einem dem Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (Beschluss vom 14. August 1962 – BVerwG 5 B 83.61 – BVerwGE 14, 342 ≪346≫ m.w.N.). Zu einem sachlich günstigeren Ergebnis konnte es aber allein deshalb nicht kommen, weil das Verwaltungsgericht die Klage auch für unbegründet gehalten hat. Eine Zulassung wegen Divergenz würde selbst dann ausscheiden, wenn die angegriffene Entscheidung zu Unrecht die Zulässigkeit der Klage verneint hätte, im Weiteren aber Ausführungen enthält, derentwegen die Klage auch als unbegründet abgewiesen werden müsste (Beschluss vom 13. Juni 1977 – BVerwG IV B 13.77 – BVerwGE 54, 99 ≪100≫).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Krauß
Fundstellen