Verfahrensgang
VG Potsdam (Aktenzeichen 6 K 877/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. März 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch leidet das angefochtene Urteil unter dem gerügten Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die in mehreren Abwandlungen sinngemäß aufgeworfene Frage,
ob die Nichtigkeitsvoraussetzungen des § 44 Abs. 1 VwVfG – insbesondere das zusätzliche Erfordernis der Offenkundigkeit des Fehlers – im Hinblick auf die Regelung in § 11 Abs. 5 InVorG ohne Modifikation auch für Investitionsvorrangbescheide gelten,
ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung im Sinne des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung. § 26 InVorG verweist nämlich für das Verwaltungsverfahren bis zum Erlaß landesrechtlicher Regelungen unter anderem auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und nimmt damit ersichtlich auch bezüglich der Vorschriften über die Nichtigkeit von Investitionsvorrangbescheiden ohne Einschränkung auf § 44 Abs. 1 VwVfG Bezug. Da das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg vom 26. Februar 1993 (GVBl S. 26) – das insoweit inhaltlich mit § 44 Abs. 1 VwVfG übereinstimmt – für Investitionsvorrangbescheide keine Sonderregelung enthält, gilt für die Zeit ab dessen Inkrafttreten nichts anderes. Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen die Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht; eines Revisionsverfahrens bedarf es für diese Feststellung nicht. Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet nämlich auch im Hinblick auf den Ausschluß des Rückübertragungsanspruchs bei fristgerechter Durchführung von Eigeninvestitionen gemäß § 11 Abs. 5 InVorG nicht, die Feststellung der Nichtigkeit von Investitionsvorrangbescheiden unter erleichterten, von § 44 Abs. 1 VwVfG abweichenden Voraussetzungen zu gestatten. Die gesetzliche Ausschlußwirkung des § 11 Abs. 5 InVorG hat – wie auch die vergleichbare Regelung in § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 3 Satz 4 InVorG – lediglich zur Folge, daß in dem – auch von der Klägerin (erfolglos) betriebenen – Eilverfahren gemäß §§ 80 a, 80 Abs. 5 VwGO die gerichtliche Kontrolle des Investitionsvorrangbescheides anders als sonst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht auf eine summarische Prüfung beschränkt werden darf; vielmehr setzt die Ablehnung des Eilantrages eine dem Hauptsacheverfahren vergleichbare umfassende Sach- und Rechtsprüfung voraus (vgl. BVerfG, Beschluß vom 17. Juni 1998 – 1 BvR 2386/94 – ZOV 1998, 338; Urteile vom 22. Juni 1995 – BVerwG 7 C 17.94 – Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 5 S. 2 und vom 26. Mai 1999 – BVerwG 8 C 8.98 – Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 11 S. 5; Beschluß vom 5. Oktober 1999 – BVerwG 8 B 105.99 – n.v.). Unter diesen Voraussetzungen und im Hinblick auf die zu beachtende Zielsetzung des Investitionsvorranggesetzes, die Konkurrenz zwischen Investor und Anmelder im Interesse der zu gewährleistenden Investitionssicherheit möglichst rasch zu klären (vgl. hierzu Beschlüsse vom 3. Januar 1996 – BVerwG 7 B 356.95 – Buchholz 428.1 § 4 InVorG Nr. 5, vom 2. Dezember 1996 – BVerwG 7 B 358.96 – Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 9 und vom 20. Januar 1999 – BVerwG 8 B 232.98 – Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 10), verletzt die Vorverlagerung des Rechtsschutzes in das Eilverfahren Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Da dem Restitutionsberechtigten somit effektiver Rechtsschutz gegen den zugunsten eines Dritten ergangenen Investitionsvorrangbescheid gewährt wird, besteht weder ein Anlaß noch ein Bedürfnis, von Verfassungs wegen die einfachgesetzliche Regelung der Nichtigkeitsvoraussetzungen zu modifizieren.
Für die ergänzenden Fragestellungen, die den Fall der Eigeninvestition gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InVorG, das vermeintliche Verschulden der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen durch angeblich verzögerten Erlaß der Restitutionsentscheidung sowie die geltend gemachten rechtlichen Zweifel bezüglich der Verfügungsbefugnis der Beigeladenen als Rechtfertigungsgrund für die angestrebte erleichterte Nichtigkeitsfeststellung anführen, gelten die bereits dargelegten Gründe ohne Einschränkung in gleicher Weise.
2. Die Verfahrensrüge greift ebenfalls nicht durch.
Unabhängig davon, ob und unter welchen Voraussetzungen kraft Gesetzes unanfechtbare vorinstanzliche Entscheidungen, zu denen auch diejenige über die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO gehört (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG), zur Begründung einer Verfahrensrüge im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO herangezogen werden können (vgl. dazu Beschluß vom 22. Dezember 1997 – BVerwG 8 B 255.97 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 16 S. 11), bezeichnet die Beschwerde in diesem Zusammenhang jedenfalls kein verfahrensfehlerhaftes Verhalten des Verwaltungsgerichts. Denn hierbei ist zum einen dessen materiellrechtliche Auffassung zugrunde zu legen und zum anderen der durch § 94 VwGO eingeräumte Ermessensspielraum zu beachten. Daß das Verwaltungsgericht insbesondere im Hinblick auf die ausdrückliche Erklärung der Klägerin im Verhandlungstermin, sie wolle keinen förmlichen Aussetzungsantrag stellen, von der Aussetzung des Verfahrens ermessensfehlerhaft abgesehen hätte, hat die Beschwerde nicht dargetan.
Soweit die Beschwerde im gleichen Zusammenhang einen Aufklärungsmangel geltend macht (§ 86 Abs. 1 VwGO), muß sich die Klägerin entgegenhalten lassen, daß die Erforderlichkeit weiterer Ermittlungsmaßnahmen ebenfalls nach Maßgabe der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu beurteilen ist; das Verwaltungsgericht hat aber wegen der auf jeden Fall fehlenden Offenkundigkeit etwaiger Rechtsmängel des angefochtenen Bescheids dem Gegenstand des nach Ansicht der Klägerin vorgreiflichen anderen Klageverfahrens, in dem die Nichtigkeit der Genehmigung der Auflassung zugunsten der Beigeladenen geltend gemacht wird, keine rechtliche Bedeutung für die anhängige Nichtigkeitsfeststellungsklage bezüglich des Investitionsvorrangbescheides beigemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß
Fundstellen