Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 22.04.2002; Aktenzeichen 3 S 873/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragssteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragssteller tragen – als Gesamtschuldner – die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist – ihre Zulässigkeit im Übrigen angenommen – nicht begründet. Das Vorbringen ergibt nicht, dass die geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO im Hinblick auf die erstrebte Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplanes erfüllt sind.
I. Das Normenkontrollgericht hat gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 VwGO in Verbindung mit § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes ausgesprochen und damit die Möglichkeit der Behebung des festgestellten Rechtsfehlers in einem ergänzenden Verfahren eröffnet. Das erklärte Ziel der auf § 132 Abs. 2 VwGO gestützten Beschwerde ist dagegen, in einem Revisionsverfahren die Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidung dahin zu erreichen, dass gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO die Nichtigkeit des Bebauungsplanes festgestellt wird.
Das Beschwerdegericht lässt dahingestellt, ob dem Begehren der Antragsteller bereits mangelnde Beschwer oder fehlendes Rechtsschutzinteresse (Normüberprüfungsinteresse) entgegensteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – BVerwG 4 BN 21.01 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 148 = NVwZ 2002, 83). Jedenfalls ist die Beschwerde nicht begründet.
II. Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgen die Antragsteller das spezifische Antragsziel, im Revisionsverfahren die Feststellung der Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplanes zu erreichen. Damit kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.
1. Der Gesetzgeber hat in § 215 a Abs. 1 BauGB für das Bauplanungsrecht mit Wirkung vom 1. Januar 1998 dem Ungültigkeitsgrund der Nichtigkeit einer städtebaulichen Satzung einen zweiten Ungültigkeitsgrund, den der Unwirksamkeit wegen eines in einem ergänzenden Verfahren behebbaren Mangels, geschaffen.
Ein behebbarer Mangel im Sinne des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB liegt dann nicht vor, wenn der festgestellte Fehler so schwer wiegt, dass er den Kern oder das Grundgerüst der Abwägungsentscheidung betrifft (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 4 CN 7.97 – Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 1 = NVwZ 1999, 414). In diesem Falle führt der Mangel zur Feststellung der Nichtigkeit. Auch wenn man annimmt, eine Unwirksamkeitsfeststellung nach § 215 a Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO komme nur in Betracht, wenn das Normenkontrollgericht vom Antragsteller geltend gemachte oder sonst ohne weiteres erkennbare Nichtigkeitsgründe geprüft und verneint habe, kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.
2. Der Vortrag der Beschwerde zu den Gründen, mit denen das Normenkontrollgericht die Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplans verneint hat, ergibt keinen Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 3 VwGO. Im Einzelnen:
2.1 Die Beschwerde hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Gemeinde auf die ihr in § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BauGB im Aufstellungsverfahren eröffnete Möglichkeit der Fristverlängerung hinzuweisen hat.
Diese Frage rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Selbst wenn die Rechtsauffassung der Beschwerde zuträfe, ist nicht erkennbar, dass die Verletzung der unterstellten Hinweispflicht gerade zur Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplanes führt. Die Beschwerde trägt dazu nichts vor. Vielmehr ist hinreichend geklärt, dass die Rechtsfehler, die in der Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen, grundsätzlich durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können und damit nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 – BVerwG 4 CN 12.98 – BVerwGE 110, 118 = NVwZ 2000, 676).
2.2 Die Beschwerde hält es ferner für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Gemeinde im Bauleitplanverfahren eine ihr vorliegende Umweltverträglichkeitsstudie dem Träger öffentlicher Belange zu übermitteln habe.
Die so gestellte Frage ist unzulässig. Das Normenkontrollgericht hat das Vorbringen der Antragsteller zur geltend gemachten Verletzung des § 4 BauGB gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als verspätet angesehen. Die Beschwerde kritisiert zwar diese Auffassung. Ihr Vorbringen lässt indes keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO erkennen. Insbesondere ist dem Vorbringen keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen. Das Beschwerdevorbringen bezieht sich vielmehr lediglich auf Umstände des Einzelfalles. Im Übrigen ist auch hier nicht ersichtlich, dass die unterstellte Verletzung des § 4 BauGB zur Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplanes führt.
2.3 Die Beschwerde sieht es als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung an, ob die Gemeinde im Bauleitplanverfahren öffentliche Straßen mit überörtlicher Bedeutung planen dürfe. Die Beschwerde genügt mit ihrem Vorbringen nicht der Darlegungspflicht des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass Bundesrecht nicht entgegensteht, wenn die Gemeinde nach Maßgabe des irrevisiblen Landesrechts auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB eine öffentliche Straße von überregionaler Bedeutung plant (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 = NVwZ 1999, 1222 – Landesstraße; Beschluss vom 5. Juni 1992 – BVerwG 4 NB 21.92 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 55 = NVwZ 1992, 1093). Die Beschwerde zeigt auf der Grundlage dieser Rechtsprechung nicht auf, aus welchen Gründen eine erneute Befassung des Bundesverwaltungsgerichts mit der aufgeworfenen Frage erforderlich sein könnte. Das ist jedoch nötig, um die Klärungsbedürftigkeit darzutun.
2.4 Die Beschwerde meint, das Normenkontrollgericht habe im Hinblick auf §§ 8, 8 a BNatSchG a.F. (1993) in Verbindung mit § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht offen lassen dürfen, ob die Gemeinde Festsetzungen durch einen planersetzenden Bebauungsplan hätte treffen dürfen. Auch den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sei das vorinstanzliche Gericht nicht gerecht geworden.
Das Vorbringen ist unzulässig, da es der Darlegungspflicht des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht entspricht. Die Beschwerde macht – auch sinngemäß – keinen gesetzlichen Zulassungsgrund geltend. Es ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht hinreichend, die Gründe des vorinstanzlichen Urteils lediglich im Sinne einer Revisionsbegründung zu kritisieren.
2.5 Schließlich hält es die Beschwerde für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine nachhaltige Beeinträchtigung in Form der Beseitigung eines Biotops gemäß § 24 a des landesgesetzlichen Naturschutzgesetzes dadurch kompensiert werden könne, dass ein gleichartiges Biotop geschaffen werde. Auch dieses Vorbringen genügt der Darlegungspflicht nicht. Es lässt nicht erkennen, welche Frage des von der Beschwerde näher zu bezeichnenden revisiblen Rechts im Revisionsverfahren insoweit geklärt werden soll.
2.6 Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg hätte zu dem Sachverhalt gehört werden sollen, der dem im Zielabweichungsverfahren ergangenen Bescheid zugrunde gelegen habe. Das Vorbringen ist unzulässig, weil unschlüssig.
Die Beschwerde trägt nicht vor, dass die Antragsteller einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hatten. Ohne Mitteilung des Inhalts eines abgelehnten Beweisantrags fehlt es zudem an der für die Beurteilung der Schlüssigkeit einer Verfahrensrüge erforderlichen ordnungsgemäßen Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels (BVerwG, Beschluss vom 24. März 2000 – BVerwG 9 B 530.99 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308). Außerdem verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 17. November 1998 – BVerwG 2 B 22.98 – juris). Dazu bringt die Beschwerde nichts vor. Sie gibt auch nicht an, in welcher Hinsicht die von ihr vermisste Sachverhaltsermittlung für die erstrebte Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplanes bedeutsam sein könnte.
2.7 Als weitere Verfahrensrüge macht die Beschwerde geltend, das Normenkontrollgericht habe sich mit der bestandsgefährdenden Wirkung des Bebauungsplanes nicht auseinandergesetzt. Auch dieses Vorbringen ist unzulässig, weil es sich in einer allgemeinen Kritik an der vorinstanzlichen Begründung erschöpft. Es wird nicht dargelegt, gegen welche konkrete Verfahrensnorm nach Ansicht der Beschwerde das Normenkontrollgericht verstoßen hat und aus welchen Gründen die angegriffene Entscheidung auf dieser Verfahrensverletzung beruhen kann. Auf eine weitere Begründung wird verzichtet (vgl. § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, § 100 Abs. 4 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Gatz
Fundstellen