Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 21.02.2013; Aktenzeichen 8 C 2134/11.T) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Der Kläger ist ein nicht eingetragener Verein. Er ist Teil der “Hells Angels”- Bewegung. Durch Verfügung vom 29. September 2011 stellte das Innenministerium des beklagten Landes Hessen fest, dass der Zweck und die Tätigkeit des Klägers den Strafgesetzen zuwider liefen. Der Kläger sei verboten und werde aufgelöst. Ferner wurde dem Kläger jede Tätigkeit und die Bildung von Ersatzorganisationen untersagt. Die Verwendung seiner Kennzeichen wurde verboten. Das Vermögen des Klägers sowie näher bezeichnete Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen.
Rz. 2
Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen die Verfügung gerichtete Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Der Kläger erstrebt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 3
Die auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) und des Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 4
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.
Rz. 5
a) Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
“es für die Herstellung des Benehmens gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 VereinsG ausreichend (ist), wenn die Verbotsbehörde eines Landes dem Bundesministerium des Innern lediglich den Entwurf der Verbotsverfügung überstellt und das Einvernehmen sich auf den Hinweis ‘keine Anmerkungen’ beschränkt, oder (ob) es erforderlich (ist), dass (sie) dem Bundesministerium des Innern die zum Vereinsverbot gehörenden Akten und Erkenntnisquellen zur Verfügung stellt, um einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch herbeizuführen”.
Rz. 6
Eine Rechtsfrage mit einem derartigen Inhalt hat sich dem Verwaltungsgerichtshof nicht gestellt und war nicht Grundlage seiner Entscheidung. Sie kann deshalb mangels Klärungsfähigkeit nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. hierzu allgemein mit Nachweisen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: Beschluss vom 4. Oktober 2013 – BVerwG 6 B 11.13 – juris Rn. 19).
Rz. 7
Der Kläger verweist zwar zu Recht darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 11) die Frage hat dahinstehen lassen, ob der Kläger lediglich ein Teilverein eines über das Gebiet des Landes Hessen hinaus tätigen Vereins sei. Denn in diesem Fall – so der Verwaltungsgerichtshof – sei das für ein Verbot durch das beklagte Landesministerium gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 VereinsG erforderliche Benehmen des Bundesministeriums des Innern durch dessen Hinweis hergestellt worden, dass zu dem nach dort übersandten Entwurf der Verbotsverfügung keine Anmerkungen bestünden. Der Kläger vernachlässigt jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgeführt hat, der übersandte Bescheidentwurf selbst habe ausreichende Informationen enthalten, um das Bundesministerium in die Lage zu versetzen, bei Zweifeln an der Recht- oder Zweckmäßigkeit des erbetenen Benehmens weitere Aufklärung zu betreiben. Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich einen etwaigen aus der Nichtvorlage weiterer Erkenntnisquellen resultierenden Verfahrensfehler verneint. Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht. Sie bezeichnet damit eine rechtliche Problematik als grundsätzlich bedeutsam, die sich von derjenigen, auf die die Vorinstanz abgestellt hat, wesentlich unterscheidet.
Rz. 8
b) Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Fragen auf,
“unter welchen Voraussetzungen im Rahmen eines vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens von der durch § 28 Abs. 1 VwVfG geforderten Anhörung des Verbotsadressaten abgesehen werden (darf)”,
und
“(ob) die insoweit vorgebrachte Bezugnahme auf einen möglichen ‘Ankündigungseffekt’ einer behördlichen Anhörung, der es dem Verbotsadressaten ermöglicht hätte, Vermögen und Beweismittel dem behördlichen Zugriff zu entziehen, und damit ein wirksames Vorgehen gegen den Verein beeinträchtigt oder unmöglich gemacht hätte, weiterer Feststellungen und Erläuterungen durch die Verbotsbehörde (bedarf)”.
Rz. 9
Diesen Fragen kommt mangels Klärungsbedürftigkeit eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Sie sind, soweit sie einer über den Einzelfall hinausweisenden Beantwortung zugänglich sind, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 29. Januar 2013 – BVerwG 6 B 40.12 – (NVwZ 2013, 521 ≪524≫), den der Verwaltungsgerichtshof zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2013 S. 3, GA Bl. 339 ff.), zu den in Rede stehenden Fragen, die die auch in dem seinerzeitigen Verfahren beteiligten Prozessbevollmächtigten des Klägers wortgleich aufgeworfen hatten, das Folgende ausgeführt:
Nach § 28 Abs. 1 VwVfG … ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der – wie ein Vereinsverbot – in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Jedoch kann nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG … von der Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vereinsrecht (Urteile vom 18. Oktober 1988 – BVerwG 1 A 89.83 – BVerwGE 80, 299 ≪303 f.≫ = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 13 S. 19 f., vom 13. April 1999 – BVerwG 1 A 3.94 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 3 und vom 27. November 2002 – BVerwG 6 A 4.02 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 35 S. 36, Beschluss vom 10. Januar 2003 – BVerwG 6 VR 13.02 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 38 S. 61 f., Urteile vom 3. Dezember 2004 – BVerwG 6 A 10.02 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 77 f., vom 5. August 2009 – BVerwG 6 A 3.08 – BVerwGE 134, 275 Rn. 13 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50, vom 1. September 2010 – BVerwG 6 A 4.09 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 55 Rn. 11 und vom 18. April 2012 – BVerwG 6 A 2.10 – NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 11) genügt es, dass die Verbotsbehörde unter diesen Gesichtspunkten auf Grund der ihr bekannt gewordenen Tatsachen eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Das hat das Bundesverwaltungsgericht namentlich in Fällen angenommen, in denen das Unterbleiben einer vorherigen Anhörung damit begründet wurde, dass eine Unterrichtung des betroffenen Vereins über den bevorstehenden Eingriff vermieden und ihm so keine Gelegenheit geboten werden sollte, sein Vermögen, verbotsrelevante Unterlagen oder dergleichen dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Ein derartiges Bestreben, einer Verbotsverfügung größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen, rechtfertigt in der Regel das Absehen von einer Anhörung (Urteile vom 13. April 1999 und vom 27. November 2002 jew. a.a.O., Beschluss vom 10. Januar 2003 a.a.O.).
Eine nur theoretische, nicht durch konkrete tatsächliche Hinweise belegte Möglichkeit eines die Wirksamkeit einer Verbotsverfügung beeinträchtigenden Ankündigungseffekts rechtfertigt es danach nicht, von einer Anhörung abzusehen. Notwendig – aber auch ausreichend – ist vielmehr, dass die Verbotsbehörde auf Grund ihr bekannt gewordener Tatsachen annehmen darf, eine Anhörung könnte der betroffenen Vereinigung die Gelegenheit geben, ihr Vermögen, verbotsrelevante Unterlagen oder dergleichen dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Das wird in aller Regel bereits dann der Fall sein, wenn es tatsächliche Hinweise auf das Vorhandensein von nennenswerten Vermögensgegenständen oder Beweismaterial gibt. Weitergehender Feststellungen und Erläuterungen bedarf es nicht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit darauf abgestellt, ob die Befürchtung eines negativen Ankündigungseffekts einer Anhörung bzw. das Bestreben, einem solchen Effekt durch Absehen von einer Anhörung zu begegnen, “nach den Umständen” nicht zu beanstanden (Urteile vom 13. April 1999 und vom 27. November 2002 jew. a.a.O., Beschluss vom 10. Januar 2003 a.a.O., Urteil vom 3. Dezember 2004 a.a.O.) bzw. “nachvollziehbar” (Urteil vom 18. April 2012 a.a.O.) war.
Eine weitere allgemeingültige Präzisierung ist angesichts der Vielgestaltigkeit denkbarer Fälle nicht möglich.
Rz. 10
Gesichtspunkte, die die bezeichneten Rechtsfragen im Hinblick auf die in dem Beschluss des Senats vom 29. Januar 2013 zusammengefassten Rechtsprechungsgrundsätze als klärungsbedürftig geblieben oder wieder klärungsbedürftig geworden erscheinen lassen könnten, enthält die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger bringt mit ihr lediglich zum Ausdruck, dass er die besagten Rechtsprechungsgrundsätze für nicht überzeugend hält.
Rz. 11
c) Der Kläger möchte grundsätzlich geklärt wissen,
“(ob) die ausschließliche bzw. ganz überwiegende Inanspruchnahme dritter Behörden (sog. Hilfsbehörden) zur Erlangung von Informationen und deren anschließende Verwertung durch die Verbotsbehörde eine ausreichende eigenständige Ermittlungstätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG (darstellen), mit der ein Vereinsverbot begründet werden kann, oder (ob) eigene Ermessenserwägungen und ergebnisoffene Ermittlungstätigkeiten der Verbotsbehörde zu fordern (sind)”.
Rz. 12
Dass dieser Frage keine Grundsatzbedeutung zukommt, ergibt sich ebenfalls aus dem Beschluss des Senats vom 29. Januar 2013. Der Senat hat dort (a.a.O. S. 523) auf eine mit Ausnahme des letzten Halbsatzes wortgleiche Frage dargelegt:
Soweit eine über den Einzelfall hinausweisende Antwort überhaupt möglich ist, ergibt sie sich … bereits unmittelbar aus dem Gesetz und muss deshalb nicht erst in einem Revisionsverfahren gefunden werden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann die Verbotsbehörde für ihre Ermittlungen die Hilfe der für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen in Anspruch nehmen. Es versteht sich von selbst, dass die Verbotsbehörde im Rahmen ihrer Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 24 Abs. 1 VwVfG) auf Erkenntnisse zurückgreifen darf, die je nach dem in Rede stehenden Verbotsgrund bei anderen insoweit befassten Behörden angefallen sind. Die Einholung von Informationen bei anderen Behörden ist ein wesentliches Mittel der Sachverhaltsaufklärung (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwVfG) und steht nicht etwa in einem Gegensatz zu eigenständigen Ermittlungen der Behörde, … § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG hebt als naheliegende Behörden und Dienststellen eigens diejenigen hervor, die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig sind. Ob die durch ihre Inanspruchnahme erlangten Informationen nach Gehalt, Dichte und Zuverlässigkeit bereits allein ein Vereinsverbot begründen können oder ob die Verbotsbehörde darüber hinaus weitere Ermittlungen anzustellen hat, ist eine Frage der Würdigung des Sachverhalts in jedem Einzelfall. Dass die Verbotsbehörde die von ihr auch mit Hilfe anderer Behörden zusammengetragenen Informationen mit Blick auf die Verbotstatbestände eigenständig zu würdigen hat, versteht sich von selbst. Ebenso versteht sich von selbst, dass es an dieser eigenständigen Würdigung nicht allein deshalb fehlt, weil die Verbotsbehörde ihr überzeugend erscheinende Feststellungen anderer Behörden und Gerichte übernimmt.
Rz. 13
Woraus sich unter Berücksichtigung dieser Ausführungen eine Klärungsbedürftigkeit der von dem Kläger bezeichneten Frage ergeben könnte, wird aus der Beschwerdebegründung nicht ansatzweise deutlich. Insbesondere hat der Kläger den Gehalt der Darlegungen des Senats nicht erfasst, wenn er meint, sie ließen Raum dafür, die im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr bzw. der Strafverfolgung gewonnenen Erkenntnisse weitgehend unreflektiert in das Vereinsverbotsverfahren zu übernehmen.
Rz. 14
d) Der Kläger misst der Frage Grundsatzbedeutung zu,
“(ob) ein Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund des aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in verfassungskonformer Weise die Datenabfrage von Verbotsbehörden im Rahmen von Vereinsverbotsverfahren sowie die darauf folgende Übermittlung dieser Daten seitens der angefragten Behörde verwerten (darf), ohne im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes des § 86 Abs. 1 VwGO eigene unmittelbare Auskunftsersuchen an die aktenführenden Behörden zu richten”.
Rz. 15
Der Kläger führt hierzu aus, zunächst habe das Innenministerium des beklagten Landes die angefochtene Verbotsverfügung allein auf Erkenntnisse aus dem Bereich der Gefahrenabwehr bzw. auf solche aus strafrechtlichen Verfahren gestützt. Insoweit sei unsicher, wo sich eine hinreichende Befugnis der Verbotsbehörde zur Datenabfrage und eine solche der angefragten Behörde zur Datenübermittlung verankern lasse. Sodann habe der Verwaltungsgerichtshof die Verbotsverfügung allein auf der Grundlage der von der Verbotsbehörde auf die besagte Weise gewonnenen Daten aufrecht erhalten. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch für eine Entscheidung unabhängig von der Problematik der Rechtsgrundlage für die behördliche Datenübermittlung den Sachverhalt durch Beiziehung der einschlägigen Strafurteile und Strafverfahrensakten bzw. sonstiger Daten gemäß § 86 Abs. 1 VwGO von Amts wegen eigenständig aufklären müssen.
Rz. 16
Die derart erläuterte Frage ist revisionsgerichtlich nicht klärungsfähig bzw. nicht – erneut – klärungsbedürftig.
Rz. 17
Der Verwaltungsgerichtshof hat als gesetzliche Grundlage der behördlichen Übermittlung von Daten an das Innenministerium des beklagten Landes als Verbotsbehörde für den Bereich der Gefahrenabwehr § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und für den Bereich der Strafverfolgung § 481 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HSOG benannt (UA S. 11 f., zum Teil unter Bezugnahme auf im Verfahren angebrachten Vortrag des Beklagten). Er hat festgestellt, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HSOG als bereichsspezifische Spezialregelung zu § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 HSOG eine – auch im Anwendungsbereich des § 481 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO zu beachtende – Ausnahme von dem sog. Zweckbindungsprinzip enthält. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 29. Januar 2013 (a.a.O. S. 523) geklärt, dass die in einer solchen Konstellation relevanten Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts auch dadurch nicht zu revisiblem Bundesrecht werden, dass – für den Bereich der Strafverfolgung – die zwar revisible, aber für sich nicht klärungsbedürftige Norm des § 481 Abs. 1 StPO an sie anknüpft. Vielmehr kommen die polizeilichen Vorschriften, da sie § 481 Abs. 1 StPO als geltend voraussetzt, auch hier ausschließlich als irrevisibles Landesrecht zur Anwendung. Der Senat hat in diesem Zusammenhang zudem entschieden, dass die Frage, ob die landesrechtlichen Bestimmungen den für sich hinreichend geklärten bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG genügen, allein die Auslegung dieser landesrechtlichen Normen betrifft und deshalb keinen bundesrechtlichen Bezug aufweist. Der Senat hat schließlich klargestellt, dass die verwaltungsgerichtliche Ermittlung von Daten im Rahmen der Überprüfung eines Vereinsverbots dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung genügende gesetzliche Grundlagen in den allgemeinen verwaltungsprozessualen Bestimmungen der § 86 Abs. 1, § 99 Abs. 1 VwGO und in speziellen Ermächtigungen wie § 474 Abs. 1 StPO hat. Was die Anwendung dieser revisiblen Vorschriften anbelangt, liegt es auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein Verwaltungsgericht die von der Verbotsbehörde – wie im vorliegenden Fall – in nicht zu beanstandender Weise ermittelten und für das Vereinsverbot verwandten Daten nach § 86 Abs. 1, § 99 Abs. 1 VwGO anfordern und für die vorzunehmende rechtliche Prüfung verwenden darf und nicht darauf verwiesen ist, die im Zusammenhang mit dem erlassenen Vereinsverbot entstandenen Verwaltungsvorgänge unbeachtet zu lassen und durch eigene Ermittlungen eine parallele Materialsammlung zu erstellen.
Rz. 18
e) Der Kläger sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an,
“welche Anforderungen an die verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Merkmals ‘Strafgesetzwidrigkeit’ in Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG zu stellen (sind)”.
Rz. 19
Zur Konkretisierung dieser in ihrer Allgemeinheit nicht klärungsfähigen Frage verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 18. Oktober 1988 – BVerwG 1 A 89.83 – BVerwGE 80, 299 ≪305 ff.≫ = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 13 S. 22 ff. und vom 5. August 2009 – BVerwG 6 A 3.08 – BVerwGE 134, 275 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50 Rn. 17 f.), wonach ein auf den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG gestütztes Vereinsverbot rechtlich unabhängig von einer strafrichterlichen Verurteilung einzelner Mitglieder oder Funktionäre der Vereinigung ist, die Strafgesetzwidrigkeit vielmehr von der Verbotsbehörde und dem Verwaltungsgericht in eigener Kompetenz geprüft werden muss. Der Kläger meint, es sei ungeklärt, nach welchen verfahrensrechtlichen Maßstäben diese Prüfung stattzufinden habe. Dies sei wegen einer drohenden Verkürzung der strafprozessualen Rechte der Betroffenen nicht hinnehmbar.
Rz. 20
In dieser Umschreibung ist die aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Denn es liegt unabhängig von der Durchführung eines Revisionsverfahrens klar zu Tage, dass die behördliche Prüfung, ob die Zwecke oder die Tätigkeit eines Vereins im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG den Strafgesetzen zuwiderlaufen, nicht anders als nach den verfahrensrechtlichen Maßstäben des Vereinsgesetzes sowie des jeweils anzuwendenden Verwaltungsverfahrensgesetzes und die verwaltungsgerichtliche Kontrolle dieser Prüfung nur in dem prozessualen Rahmen der Verwaltungsgerichtsordnung vorgenommen werden können. In diesem Zusammenhang geht der Einwand einer Beeinträchtigung strafprozessualer Rechte ins Leere. Denn der Sinn und Zweck des Verbotstatbestandes des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG besteht nicht darin, die Verletzung der Strafgesetze durch einzelne Personen zusätzlich vereinsrechtlich zu sanktionieren. Durch ihn soll vielmehr einer besonderen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begegnet werden, die sich daraus ergibt, dass Straftaten in einem vereinsmäßig organisierten Zusammenhang begangen, hervorgerufen, ermöglicht oder erleichtert werden (Urteil vom 19. Dezember 2012 – BVerwG 6 A 6.11 – NVwZ 2013, 870 ≪874≫).
Rz. 21
f) Der Kläger möchte die Frage einer grundsätzlichen Klärung zugeführt sehen,
“(ob) der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) folgenden Beweislast der Verbotsbehörden bezüglich der konkreten Geeignetheit eines Vereinsverbotes bzw. des Nichtvorliegens milderer, gleich effektiver Maßnahmen eine für die tatbestandliche Feststellung der Strafgesetzwidrigkeit oder die Eröffnung eines behördlichen Rechtsfolgeermessens eigenständige Bedeutung zu(kommt), unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Rezeption der EMRK im bundesdeutschen Verfassungsrecht”.
Rz. 22
Diese Frage hat mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie ohne vorherige Durchführung eines Revisionsverfahrens in eindeutiger Weise beantwortet werden kann.
Rz. 23
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 29. Januar 2013 a.a.O. S. 525 m.w.N.) ist den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf der Tatbestandsseite der Norm, das heißt bei der Prüfung Rechnung zu tragen, ob die Voraussetzungen eines Vereinsverbotsgrundes vorliegen. Bei dem Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG bildet das Erfordernis, dass ein unter dem Gesichtspunkt der Strafgesetzwidrigkeit relevantes Verhalten einzelner Personen dem Verein zurechenbar sein und dessen Charakter prägen muss (Urteile vom 5. August 2009 a.a.O. Rn. 16 und vom 19. Dezember 2012 a.a.O.), den Ansatzpunkt für die Berücksichtigung der aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ableitbaren Gebote. Dass der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK weitergehende Anforderungen zu entnehmen sein könnten, legt die Beschwerde nicht nachvollziehbar dar.
Rz. 24
g) Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht der Kläger für die Frage,
“(ob) die Verbotsbehörde bei der Feststellung der Strafgesetzwidrigkeit des Vereins im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG sowie der HessVGH bei der Aufrechterhaltung der auf diesen Grund gestützten Verbotsverfügung mit Blick auf die bisher obergerichtlich entwickelten Grundsätze der Zurechnung strafbaren Verhaltens von Vereinsmitgliedern das unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 GG folgende Verbot strafgesetzwidriger Vereine unzulässig ausgedehnt (haben)”.
Rz. 25
Hierdurch wird wörtlich verstanden schon keine fallübergreifende Rechtsfrage formuliert, sondern lediglich die Fehlerhaftigkeit der Rechtsanwendung durch den Verwaltungsgerichtshof in dem von ihm entschiedenen Einzelfall behauptet.
Rz. 26
Soweit sich der Kläger allgemein gegen die Auslegung des Verbotsgrundes der Strafgesetzwidrigkeit in der der vorinstanzlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wenden will, ist die aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 29. Januar 2013 (a.a.O. S. 525) auf eine von den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit identischem Wortlaut und im Kern gleicher Begründung wie hier gestellte Frage ausgeführt:
Danach erfüllt eine Vereinigung den Verbotstatbestand grundsätzlich dann, wenn ihre Mitglieder oder Funktionsträger Straftaten begehen, die der Vereinigung zurechenbar sind und ihren Charakter prägen (Urteil vom 18. Oktober 1988 a.a.O. S. 306 f. bzw. S. 23). Der Charakter einer Vereinigung kann durch Straftaten ihrer Mitglieder geprägt sein, wenn die Straftaten der Selbstbehauptung gegenüber einer konkurrierenden Organisation gedient haben, es sich bei den betreffenden Mitgliedern um Personen mit Leitungsfunktion gehandelt hat, entsprechende strafbare Verhaltensweisen in großer Zahl sowie noch nach einer strafrechtlichen Ahndung entsprechender Taten im Bereich der Vereinsmitglieder aufgetreten sind oder die betreffenden Taten im Interesse des Vereins begangen worden sind (Urteile vom 1. Februar 2000 – BVerwG 1 A 4.98 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 32 S. 26 und vom 5. August 2009 – BVerwG 6 A 3.08 – BVerwGE 134, 275 Rn. 42 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50). Der Kläger hält diese Kriterien für ungeeignet, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, und meint, eine den Charakter der Vereinigung prägende Kraft der von ihren Mitgliedern begangenen Straftaten dürfe erst dann angenommen werden, wenn die zugerechneten Taten im Sinne eines “allgemeinen Kriminalitätsnachweises” erkennen ließen, dass sich der Verein als Ganzes gegen die verfasste Rechtsordnung im Staat richte und daher – so der Kläger sinngemäß – den daraus folgenden Gefahren nicht mehr (allein) durch Ahndung und Verhinderung einzelner Straftaten mit den Mitteln des Strafrechts und Gefahrenabwehrrechts, sondern nur noch durch ein Vereinsverbot wirksam begegnet werden könne.
Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgearbeiteten Kriterien, nach denen strafbares Verhalten ihrer Mitglieder einer Vereinigung zugerechnet werden darf und unter denen dieses Verhalten die Vereinigung zu prägen geeignet ist, bieten hinreichende Ansatzpunkte, um auf der Tatbestandsseite der Norm bei der Feststellung des Verbotsgrundes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Dies liegt auf der Hand und bedarf deshalb nicht erst einer Klärung in einem Revisionsverfahren. Die dies pauschal bestreitende gegenteilige Auffassung des Klägers läuft darauf hinaus, dass eine Vereinigung erst dann den Verbotsgrund erfüllt, wenn alle ihre Mitglieder straffällig werden und Zweck und Tätigkeiten der Vereinigung ausschließlich auf die Begehung von Straftaten gerichtet sind. Das wird seinerseits der Gefährlichkeit einer Vereinigung nicht gerecht, die durch die Straftaten ihrer Mitglieder geprägt wird. Der Schutz bedrohter Rechtsgüter Dritter erfordert ein Verbot auch dann, wenn die Vereinigung neben legalen Zielen durch das Verhalten ihrer Mitglieder strafrechtlich relevante Zwecke verwirklicht und dadurch geprägt wird.
Rz. 27
Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, woraus sich trotz dieser Darlegungen des Senats – und unter Berücksichtigung der sogleich (unter h) und i) weiter folgenden Erörterungen – eine Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage ergeben könnte. Die Ausführungen, die der Kläger zur Erläuterung anbringt, stimmen in ihrem allgemeinen Teil weithin mit den Ausführungen seiner Prozessbevollmächtigten in dem Verfahren, das der Senat durch seinen Beschluss vom 29. Januar 2013 entschieden hat, überein und betreffen im Übrigen die für die Zulassung der Grundsatzrevision irrelevante Rechtsanwendung in dem durch die Vorinstanz entschiedenen Einzelfall.
Rz. 28
h) Für grundsätzlich bedeutsam hält der Kläger die Frage,
“(ob) der Umstand, dass ein Verein seine in Haft befindlichen Mitglieder durch regelmäßige systematische Besuche und Unterhaltszahlungen unterstützt, dazu (führt), dass ihm die Straftaten der betroffenen Mitglieder in verbotsrelevanter Weise zugerechnet werden können”.
Rz. 29
Der Kläger meint, die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage ergebe sich daraus, dass eine Unterstützung inhaftierter Vereinsmitglieder nicht zwingend als Leistung von Hilfestellung und Schutz im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten angesehen werden müsse, sondern sich auch als wünschenswerter Beitrag zur Resozialisierung der Gefangenen darstellen könne.
Rz. 30
Der Kläger vernachlässigt dabei, dass der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 20) festgestellt hat, dass die von dem Kläger organisierten Unterstützungsmaßnahmen für inhaftierte Vereinsmitglieder und der von ihm ins Werk gesetzte planmäßige Besuchsdienst gerade nicht als Akte legitimer Solidarität und damit auch nicht als resozialisierungsgeeignet angesehen werden konnten, sondern wenn nicht darauf angelegt, so doch jedenfalls geeignet waren, den Inhaftierten ein Gefühl bedingungsloser Wertschätzung und Geborgenheit auch nach Begehung schwer wiegender Straftaten zu vermitteln, ihre Loyalität gegenüber dem Kläger während der Inhaftierung und in der Folgezeit zu sichern und die Hemmschwelle für die Begehung künftiger Straftaten zu senken. Diese Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs hat der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen, so dass sie den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindet. Auf ihrer Grundlage ist die gestellte Frage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats eindeutig zu bejahen und damit nicht mehr klärungsbedürftig.
Rz. 31
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19. Dezember 2012 a.a.O. S. 874 f.) ist der Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG innerhalb des durch seinen Wortlaut gezogenen Rahmens nach seinem gefahrenabwehrrechtlichen Sinn und Zweck auch dann erfüllt, wenn Straftaten hervorgerufen, ermöglicht oder erleichtert werden. Im letzteren Fall ist es unerheblich, ob die Straftaten durch Funktionsträger, Mitglieder oder Anhänger der Vereinigung oder durch Dritte begangen werden. Dass Unterstützungshandlungen nach Art der hier von dem Kläger geleisteten eine Hervorrufung, Ermöglichung oder Erleichterung von Straftaten darstellen, hat der Senat an gleicher Stelle ebenfalls bereits entschieden.
Rz. 32
i) Mit Grundsatzbedeutung ausgestattet sieht der Kläger die Frage,
“(ob) der Umstand, dass ein Verein Personen als Mitglieder aufnimmt, die in der Zeit vor der Vereinsmitgliedschaft Straftaten begangen haben, und straffällig werdende Mitglieder nicht ausschließt, eine der Vereinigung zurechenbare strafrechtswidrige Prägung (ist)”.
Rz. 33
Diese Frage ist, soweit sie einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung zugänglich ist, ebenfalls durch die zuletzt bezeichnete Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19. Dezember 2012 a.a.O. S. 874 f.) bereits geklärt und deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat die durch den Senat herausgearbeiteten allgemeinen Grundsätze auf den für den Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht bedeutsamen Einzelfall angewandt, indem er den Umstand, dass der Kläger straffällig gewordene Personen – insbesondere Mitglieder anderer Charter der Hells Angels – übernommen und Straftäter nicht ausgeschlossen hat, als Indiz für dessen strafrechtswidrige Prägung gewertet hat.
Rz. 34
j) Von grundsätzlicher Bedeutung ist nach Meinung des Klägers die Frage,
“unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Verbotsbehörde im Rahmen eines auf Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG gestützten vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens auf der Rechtsfolgenseite ausnahmsweise Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit anstellen (muss)”.
Rz. 35
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Frage im vorliegenden Fall nicht klärungsbedürftig und nicht klärungsfähig.
Rz. 36
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 29. Januar 2013 (a.a.O. S. 525) eine ähnliche Frage der Prozessbevollmächtigten des Klägers wie folgt beschieden:
Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts … geklärt. Danach muss die Verbotsbehörde auf der Rechtsfolgenseite grundsätzlich keine Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit des Verbots anstellen. Die Verbotsverfügung hat nicht die Funktion zu erfüllen, der Verbotsbehörde auf der Rechtsfolgenseite der Norm die Ausübung von Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu ermöglichen. Sie dient vielmehr – jedenfalls in der Regel – allein dazu, aus Gründen der Rechtssicherheit klarzustellen, dass eine Vereinigung einen oder mehrere Verbotsgründe erfüllt, und durch die entsprechende Feststellung die gesetzlich vorgesehene Sperre für ein Vorgehen gegen den Verein aufzuheben. Den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist deshalb bereits auf der Tatbestandsseite der Norm bei der Prüfung Rechnung zu tragen, ob die Voraussetzungen des Verbotsgrundes vorliegen (Urteile vom 5. August 2009 a.a.O. Rn. 87, vom 18. April 2012 – BVerwG 6 A 2.10 – NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 75 und vom 19. Dezember 2012 – BVerwG 6 A 6.11 – Rn. 56).
Rz. 37
Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass hier eine Ausnahmekonstellation bestehen könnte, die über eine durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitete Prüfung des Tatbestands des Verbotsgrundes aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG hinaus und letztlich in Widerspruch zur Regelungsstruktur des Art. 9 Abs. 2 GG (vgl. dazu: BVerfG, Beschluss vom 15. Juni 1989 – 2 BvL 4/87 – BVerfGE 80, 244 ≪253 f.≫) ausnahmsweise Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der Rechtsfolge in Form des ausgesprochenen Vereinsverbots erforderte. Der Kläger bringt vielmehr lediglich zum Ausdruck, dass er die von der Rechtsprechung anerkannten Kriterien für die Bejahung der Strafrechtswidrigkeit ablehnt bzw. nicht sämtlich erfüllt sieht, und kritisiert, dass die Frage einer zeitlichen Befristung des Verbots offen geblieben sei. Die Irrelevanz des erstgenannten Einwands ergibt sich bereits aus den bisherigen Darlegungen. Eine Befristung des Vereinsverbots erforderte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schon deshalb nicht, weil sich die betroffenen Vereinsmitglieder jederzeit zu einer neuen Vereinigung zusammenschließen können, sofern diese sich nicht im Sinne des § 8 Abs. 1 VereinsG als eine Ersatzorganisation darstellt (vgl. dazu: Urteil vom 19. Dezember 2012 a.a.O. S. 875).
Rz. 38
k) Der Kläger sieht eine grundsätzliche Bedeutung der Frage,
“(ob) für das Verbot eines Vereins im VereinsG hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen (fehlen), um der Verbotsbehörde eine dem unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Gebot ausreichender Normbestimmtheit gerecht werdende Erhebung relevanter Daten von dritten Behörden zu erlauben und (ob) hieraus ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Vereins und seiner Mitglieder (folgt), der bundesverfassungsrechtlich zwingend entweder die Nichtigkeit der Verbotsverfügung gem. § 44 HVwVfG oder jedenfalls seitens der Betroffenen einen Anspruch auf Aufhebung der Verbotsverfügung gem. § 46 HVwVfG bedingt”.
Rz. 39
Dass diese Frage nicht klärungsfähig und nicht klärungsbedürftig ist, ergibt sich aus den obigen Darlegungen (unter c) und d).
Rz. 40
2. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs leidet nicht unter den von dem Kläger geltend gemachten Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Rz. 41
a) Der Kläger meint, der Verwaltungsgerichtshof habe den Überzeugungsgrundsatz bzw. den Grundsatz der freien Beweiswürdigung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO dadurch verletzt, dass er in den Gründen seiner Entscheidung (UA S. 20 f.) in Gestalt der Geschehnisse anlässlich einer Jubiläumsfeier des “MC Black Souls” bzw. deren strafrichterlicher Behandlung auf Umstände Bezug genommen habe, die ihm weder zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, noch bei der abschließenden Beratung bekannt gewesen seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe ferner zu Unrecht die den Kläger belastenden Aspekte des fraglichen Geschehens, nicht aber die damit verbundenen entlastenden Gesichtspunkte – die Nichteröffnung der Hauptverhandlung durch das zuständige Strafgericht – gewürdigt.
Rz. 42
Diese Rüge geht fehl. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er den in Rede stehenden Handlungskomplex, der in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2013 zur Sprache gekommen sei, bei der Beurteilung der angefochtenen Verbotsverfügung – vollständig – unberücksichtigt gelassen habe. Er hat ausgeführt, er sei in dieser Weise verfahren, weil eine vereinsrechtliche Würdigung und Verwertung der Vorgänge eine aufwändige und langwierige Ermittlungstätigkeit mit ungewissem Ausgang vorausgesetzt hätte und die übrigen behördlichen Ermittlungsergebnisse das ausgesprochene Vereinsverbot selbständig getragen hätten. Der Umstand, dass das Landgericht Darmstadt die Eröffnung des Hauptverfahrens für die besagten Vorgänge weitgehend abgelehnt habe, sei auch bei der abschließenden Beratung am 28. Februar 2013 nicht bekannt gewesen.
Rz. 43
Der Verwaltungsgerichtshof hat demnach entscheidend darauf abgestellt, dass das Vereinsverbot ungeachtet aller möglichen negativen und positiven Auswirkungen der bezeichneten Vorgänge auf eine hinreichende tatsächliche Grundlage gestützt war. Aus den Gründen seiner Entscheidung wird deutlich, dass er sich für diese Verfahrensweise wegen des Ermittlungsaufwands, den er zu genannten Vorgängen unabhängig von der erst später bekannt gewordenen strafrichterlichen Entscheidung über die Frage der Eröffnung des Hauptverfahrens hätte anstellen müssen, schon vor Abschluss seiner Beratung entschieden hat. Hiergegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Rz. 44
b) Der Kläger wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, von einem falschen bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen zu sein und dadurch die gerichtliche Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO und den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt zu haben. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 22) könne ihm, dem Kläger, das von dem Vereinsmitglied H… begangene Tötungsdelikt nicht zugerechnet werden.
Rz. 45
Mit diesem Vortrag hat der Kläger weder den geltend gemachten Aufklärungsmangel noch einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz entsprechend den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Die Aufklärungsrüge – und für die Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes kann in dem hier gegebenen Zusammenhang nichts anderes gelten – erfordert nicht nur die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Beweismittel hierfür in Betracht kamen und welche tatsächlichen Feststellungen voraussichtlich getroffen worden wären, sondern auch konkrete Angaben darüber, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist bzw. die unterbliebene Beweisaufnahme sich diesem hätte aufdrängen müssen (stRspr; vgl. für den Senat zuletzt: Beschluss vom 19. Februar 2013 – BVerwG 6 B 37.12 – NVwZ 2013, 799 ≪801≫). Die Beschwerdebegründung wird diesen Darlegungserfordernissen nicht ansatzweise gerecht.
Rz. 46
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Neumann, Dr. Möller, Hahn
Fundstellen