Verfahrensgang

Hessischer VGH (Aktenzeichen 3 N 1186/99)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beilegen.

Die Antragsteller halten für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein planfestgestelltes Straßenbauvorhaben in einen städtebaulichen Entwicklungsbereich einbezogen und als Entwicklungsmaßnahme mitfinanziert werden darf.

Die erste Frage rechtfertigt eine Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich auf der Grundlage der vom Normenkontrollgericht getroffenen Feststellungen in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das angefochtene Urteil enthält keinen Hinweis darauf, dass sich die förmliche Festlegung des Entwicklungsbereichs „Am Martinszehnten” auch auf die Autobahnanschlussstelle Nieder-Eschbach erstreckt. Es spricht vielmehr alles für das Gegenteil. Denn das Normenkontrollgericht legt eigens dar, weshalb es nach seiner Ansicht gerechtfertigt ist, bei der Finanzierung der Entwicklungsmaßnahme auch die Kosten „der externen Verkehrserschließung (Anschlussstelle Frankfurt/Bonames/Rückbau – Anschlussstelle Frankfurt/Nieder-Eschbach)” zu berücksichtigen.

Mit der Frage, ob aus den Mitteln einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme der Bau einer Autobahnanschlussstelle finanziert werden darf, zeigen die Antragsteller keinen Klärungsbedarf auf, der sich nicht auch ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens befriedigen lässt. Die von ihnen angesprochene Problematik stellt sich anhand des Gesetzeswortlauts in einem anderen Licht dar als sie meinen.

Gegenstand der Normenkontrolle ist die am 22. April 1997 bekannt gemachte Satzung der Antragsgegnerin über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs „Am Martinszehnten”. Unter welchen Voraussetzungen eine Entwicklungssatzung zulässig ist, ergibt sich aus § 165 Abs. 3 BauGB, der hier noch in der Fassung vom 22. April 1993 (BGBl I S. 466) anwendbar ist. Danach spielen Kostengesichtspunkte allenfalls dann eine Rolle, wenn sie im Sinne der Nummer 3 geeignet sind, die zügige Durchführung der Maßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums in Frage zu stellen. Ansonsten richtet sich die Bewältigung der mit der Planung verbundenen Kostenprobleme nach § 171 Abs. 2 BauGB. Ob die von den Antragstellern angesprochenen Kosten für den Bau einer Autobahnanschlussstelle ganz oder anteilig in die Kalkulation einzubeziehen sind, bestimmt sich nach dessen Satz 2. Danach sind die Kosten zu berücksichtigen, die nach den Zielen und Zwecken der Entwicklung erforderlich sind. Die nach dieser Regelung maßnahmebedingten Kosten hat die Gemeinde in die Kosten- und Finanzierungsübersicht aufzunehmen, die sie nach § 171 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsprechend § 149 BauGB nach dem Stand der Planung aufzustellen hat. Diese Übersicht ist in erster Linie ein Instrument der gemeindlichen Finanzplanung. Ihre auch bodenrechtliche Relevanz ergibt sich daraus, dass sie Aufschluss über die für die Durchführbarkeit der Maßnahme unabdingbare Sicherung der Finanzierung gibt. Die Kosten- und Finanzierungsübersicht teilt indes, anders als etwa der landschaftspflegerische Begleitplan, der nach § 8 Abs. 4 BNatSchG Bestandteil des Fachplans ist, nicht das rechtliche Schicksal der Entwicklungssatzung. Er ist, wie die Verweisung auf § 149 BauGB deutlich macht, aufzustellen, sobald sich hierfür ein Bedarf ergibt. Schon im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen sind die Kosten der Gesamtmaßnahme überschlägig zu ermitteln und die Finanzierungsmöglichkeiten zu erkunden. Die Kosten- und Finanzierungsübersicht ist in dem Maße, in dem die Planung sich verfestigt, zu konkretisieren. Wie aus § 149 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 BauGB erhellt, ist sie auch nach der förmlichen Festlegung des Entwicklungsbereichs ggf. fortzuschreiben. Stellt sich in diesem Stadium heraus, dass die Maßnahme mangels Finanzierbarkeit nicht durchgeführt werden kann, so bleibt die Gültigkeit der Entwicklungssatzung hiervon unberührt. Die Folge ist vielmehr, dass die Satzung nach § 169 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB n.F. aufzuheben ist. Denn als undurchführbar im Sinne dieser Regelung kann sich die Maßnahme nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus finanziellen Gründen erweisen.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage geht die in der Beschwerdebegründung hierzu aufgeworfene Frage ins Leere. Die Antragsteller machen selbst nicht geltend, dass das von der Antragsgegnerin auf der Grundlage des § 165 Abs. 3 BauGB verfolgte Planungsziel durch die Berücksichtigung des auf den Bau der Anschlussstelle entfallenden Kostenanteils gefährdet oder gar vereitelt wird. Sollte sich nach der Durchführung der Entwicklungsmaßnahme ergeben, dass sich nur wegen dieses Kostenanteils kein oder ein geringerer Überschuss der erzielten Einnahmen über die Ausgaben hat erzielen lassen, so bleibt es den Antragstellern unbenommen, von der Antragsgegnerin die Auskehr des Anteils zu verlangen, der ohne diesen nach ihrer Ansicht nicht berücksichtigungsfähigen Posten auf sie entfallen würde. Die Verwendung der entwicklungsbedingten Bodenwertsteigerungen ist, wie sich aus § 169 Abs. 8 BauGB ergibt, an die mit einer Entwicklungsmaßnahme zulässigerweise verfolgten Zwecke gebunden. Der Gemeinde ist es verwehrt, mit den Überschüssen sonstige Aufgaben zu finanzieren. Dies stellt § 171 Abs. 1 Satz 2 BauGB n.F. nunmehr ausdrücklich klar.

2. Die Verfahrensrügen gehen fehl.

a) Das Normenkontrollgericht hat nicht dadurch den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör verletzt, dass es die Voraussetzungen für eine zügige Durchführung der Maßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums als gegeben erachtet hat. Es trifft nicht zu, dass es die insoweit von den Antragstellern geäußerten Bedenken nicht zur Kenntnis genommen hat. Vielmehr legt es im angefochtenen Urteil dar, weshalb nach seiner Auffassung auch dann, „wenn der städtische Anteil an der Finanzierung des Autobahnanschlusses Nieder-Eschbach noch nicht in das Investitionsprogramm 1998 – 2000 aufgenommen sein sollte, wie die Antragsteller behaupten, dieser Umstand die Entwicklungssatzung ‚Am Martinszehnten’ nicht unwirksam machen” würde. Hierin kommt zum Ausdruck, dass es die Argumentation der Antragsteller erwogen hat, ihr aber aus den von ihm dargelegten Gründen nicht folgt. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht nur dazu, Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber dazu, sich der Rechtsansicht oder der Tatsachenwürdigung anzuschließen, die dem Vorbringen zugrunde liegt. Auch ein Aufklärungsmangel im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO haftet dem angefochtenen Urteil unter dem Blickwinkel der Finanzierbarkeit der Maßnahme nicht an. Der Tatrichter ist nicht verpflichtet, Ermittlungen anzustellen, auf die es von seinem materiellrechtlichen Ansatz her für die Entscheidung nicht ankommt.

b) Entsprechendes gilt für die Einwände, mit denen die Antragsteller die Höhe des Kostenansatzes bekämpfen. Das Normenkontrollgericht führt in Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen im Einzelnen aus, weshalb es den von der Antragsgegnerin der Entwicklungsmaßnahme zugeschlagenen Kostenanteil für rechtlich unbedenklich hält. Die Antragsteller lassen es mit der Bemerkung bewenden, dass sie in diesem Punkt die Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht teilen. Im Übrigen zeigen sie nicht auf, in welcher Richtung sich Ermittlungen, die sich aus der Sicht der Vorinstanz erübrigten, gleichwohl hätten aufdrängen müssen.

c) Wie aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils zu ersehen ist, hat das Normenkontrollgericht das Vorbringen der Antragsteller zur Kenntnis genommen, dass „in den vergangenen Jahren ein erheblicher Rückgang an gewerblichen Arbeitsplätzen zu verzeichnen” gewesen sei. Wenn es die Entwicklungsmaßnahme gleichwohl nicht als bloße Angebotsplanung eingestuft hat, dann beruht dies ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils darauf, dass es aus der prognostizierten Bevölkerungszahl, der Qualifikationsstruktur der ansässigen und zuwandernden Arbeitskräfte sowie dem Erweiterungs- und dem Flächenbedarf für Verlegungsfälle den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss auf eine erhöhte Nachfrage nach Arbeitsstätten rechtlich gebilligt hat. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, es sei zur Geltungserhaltung der angegriffenen Entwicklungssatzung „ohne nähere Begründung einfach unterstellt (worden), dass Arbeitsplätze in größerem Rahmen verloren gehen”.

3. Auch die Divergenzrüge greift unabhängig davon, ob sie überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt, nicht durch. Das Normenkontrollgericht hat keinen abstrakten Rechtssatz formuliert, der in Widerspruch zu der vom Senat im Urteil vom 3. Juli 1998 – BVerwG 4 CN 5.97 – (Buchholz 406.11 § 165 BauGB Nr. 4) vertretenen Rechtsauffassung steht, dass eine Entwicklungsmaßnahme unter dem Blickwinkel der Arbeitsplatzbeschaffung nur dann nachfragegerecht ist, wenn sie darauf abzielt, Betriebe anzusiedeln, die die Erwartung rechtfertigen, dass sie bei der Rekrutierung der erforderlichen Arbeitskräfte aus dem Reservoir der vorhandenen Arbeitssuchenden schöpfen. Es geht im Gegenteil davon aus, dass es sich in diesem Punkt in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung befindet. Es hebt hervor, dass die von den Antragstellern angegriffene Planung dazu dient, „einen vorhandenen Bedarf zu decken”. Nach seiner Darstellung hat die Antragsgegnerin nicht nur dargetan, dass „Arbeitsplätze in größerer Zahl verloren” gegangen sind, sondern auch nachgewiesen, dass die Entwicklungsmaßnahme gerade in den „Gewerbesektoren”, in denen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, „die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Betrieben schafft, die den Arbeitssuchenden neue Beschäftigungsmöglichkeiten bieten”. Die Antragsteller teilen diese Einschätzung nicht. Eine solche unterschiedliche Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse kann indes nicht mit einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gleichgesetzt werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Berkemann, Lemmel, Halama

 

Fundstellen

Dokument-Index HI557973

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