Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 22.02.2013; Aktenzeichen 14 LB 2/12) |
Tenor
Die Beschwerden des Klägers und des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2013 werden zurückgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die jeweils auf Divergenz und Verfahrensfehler gestützten Beschwerden des Klägers (2. und 3.) und des Beklagten (4. und 5.) gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO, § 69 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H) sind unbegründet.
1. Der 1966 geborene Beklagte steht als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst des Klägers. Im November 2004 wurde er wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Geldstrafe verurteilt. Bei einer Hausdurchsuchung war im August 2003 festgestellt worden, dass der Beklagte auf Festplatten seines privaten Computers 465 kinderpornografische Bild- und Videodateien gespeichert hatte. Vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zur Vornahme von sexuellen Handlungen an Kindern ist der Beklagte freigesprochen worden. Gegenstand der mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erhobenen Disziplinarklage ist zum einen der Besitz kinderpornographischer Schriften und zum anderen der Vorwurf, der Beklagte habe ohne dienstlichen Anlass polizeiliche Auskunftssysteme abgefragt, um das private Umfeld seiner Lebensgefährtin zu ermitteln. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 7 zurückgestuft und den Zeitraum des Beförderungsverbotes auf zwei Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Urteils verkürzt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Das teilweise innerdienstlich und teilweise außerdienstlich vorsätzlich begangene Dienstvergehen des Beklagten rechtfertige nicht seine Entfernung aus dem Dienst. Angemessene Disziplinarmaßnahme sei die Zurückstufung in das Amt eines Polizeimeisters. Der Besitz kinderpornografischer Dateien sei eine schwerwiegende außerdienstliche Pflichtverletzung und disziplinarwürdig. Der Orientierungsrahmen für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme sei am Strafrahmen des zum Tatzeitpunkt geltenden Strafrechts ausgerichtet (§ 184 Abs. 5 StGB a.F.). Auszugehen sei danach grundsätzlich von einer Kürzung der Dienstbezüge. Hier lägen jedoch mit der innerdienstlichen Dienstpflichtverletzung der unberechtigten Abfragen aus polizeilichen Datenbeständen gewichtige Erschwerungsgründe vor, die eine über den Orientierungsrahmen hinausgehende Disziplinarmaßnahme erforderlich machten. Den zwischen dem Beklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin gewechselten Kurznachrichten komme dagegen kein maßnahmeverschärfendes Gewicht zu.
2. Die Revision ist nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H) zuzulassen.
Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).
Hieran gemessen ist die Divergenzrüge des Klägers unbegründet. Denn der Kläger legt keinen prinzipiellen Auffassungsunterschied zwischen den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts zur Bindungswirkung im Sinne von § 57 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H im Senatsbeschluss vom 1. März 2012 – BVerwG 2 B 120.11 – (IÖD 2012, 127 ≪129≫) und den Grundsätzen des Oberverwaltungsgerichts dar. Vielmehr wird in der Beschwerdebegründung lediglich geltend gemacht, das Berufungsgericht habe die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zur Bindung an tatsächliche Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils auf den konkreten Fall rechtsfehlerhaft angewendet.
Zudem trifft die Annahme des Klägers nicht zu, das Oberverwaltungsgericht habe diese Grundsätze fehlerhaft angewendet und sei deshalb hinsichtlich der Vorstellungen des Beklagten zur Realisierung der mit seiner früheren Lebensgefährtin ausgetauschten Kurznachrichten zu Unrecht von einer Bindung an die Feststellungen im Strafurteil ausgegangen. Denn entgegen dem Vorbringen des Klägers war das Berufungsgericht auch in Bezug auf diese Vorstellungen an die Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil gebunden, das den Beklagten vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zur Vornahme von sexuellen Handlungen an Kindern freigesprochen hat. Das Strafgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass die per SMS oder Telefon ausgetauschten sexuellen Phantasien nie ausgelebt oder praktiziert wurden und ausschließlich dazu dienten, sich gegenseitig sexuelle Kicks zu verschaffen. Damit sind nicht nur die Vorstellungen der Zeugin im Strafverfahren, der früheren Lebensgefährtin des Beklagten, sondern auch die des Beklagten erfasst. Der Freispruch des Beklagten vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zur Vornahme von sexuellen Handlungen an Kindern aus tatsächlichen Gründen beruht gerade darauf, dass das Strafgericht auch aufgrund der glaubhaften Aussagen des Beklagten davon ausgegangen ist, diesem sei es nie um die tatsächliche Umsetzung der Phantasien gegangen. Denn für die Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen kommt es auf die Vorstellung des Anstifters und nicht auf die des Angestifteten an.
Die übrigen Darlegungen in der Beschwerdebegründung des Klägers zum Zulassungsgrund der Divergenz beschränken sich auf den Vortrag, die vom Oberverwaltungsgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme sei unzureichend und der Beklagte sei wegen seiner zum Ausdruck gebrachten sexuellen Phantasiewelt als Polizist nicht mehr einsetzbar. Dies reicht für die Zulassung wegen Divergenz nicht aus.
3. Die Verfahrensrüge des Klägers ist ebenfalls unbegründet.
In Disziplinarverfahren kommt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO, § 58 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H) in Betracht, wenn das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht von der Bindung an tatsächliche Feststellungen eines Strafurteils ausgegangen ist und deshalb insoweit Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts unterlassen hat (Beschluss vom 1. März 2013 – BVerwG 2 B 78.12 – NVwZ-RR 2013, 559 Rn. 8 ff.). Ein solcher Verfahrensfehler liegt hier aber nicht vor, weil das Oberverwaltungsgericht, wie vorstehend ausgeführt, zu Recht von der Bindung an die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hinsichtlich der Vorstellungen des Beklagten zur Realisierung der mit seiner Lebensgefährtin ausgetauschten Kurznachrichten ausgegangen ist.
4. Auch die Divergenzrüge des Beklagten ist nach den oben unter 2. dargestellten Grundsätzen unbegründet. Der Beklagte hat in seiner Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass das Oberverwaltungsgericht von dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Mai 2007 – BVerwG 2 C 9.06 – (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 12 ff.) zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme aufgestellten Vorgaben durch einen divergierenden Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerde legt keinen prinzipiellen Auffassungsunterschied dar, sondern macht lediglich geltend, das Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts genüge nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme.
5. Das Berufungsurteil leidet auch nicht an den vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängeln.
a) Die Darlegungen im Berufungsurteil zur disziplinarrechtlichen Behandlung der SMS-Korrespondenz des Beklagten mit seiner früheren Lebensgefährtin sind nicht verfahrensfehlerhaft.
aa) Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Austausch der Kurznachrichten sind nicht entgegen § 108 Abs. 1 VwGO in sich widersprüchlich.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Dies setzt in erster Linie voraus, dass die das Urteil tragenden Erwägungen des Gerichts in sich widerspruchsfrei sind. Diesem Gebot widersprechen die Überlegungen des Oberverwaltungsgerichts zur disziplinarrechtlichen Relevanz der zwischen dem Beklagten und seiner früheren Lebensgefährtin gewechselten Kurznachrichten nicht.
Das Oberverwaltungsgericht hat einleitend ausgeführt, dass diesen Kurzmitteilungen kein maßnahmeverschärfendes Gewicht zukommt. Mit den folgenden Ausführungen (UA S. 22 f.) begründet das Oberverwaltungsgericht lediglich diese generelle Aussage. Dabei hat es sich ersichtlich an den Ausführungen im zurückverweisenden Beschluss des Senats vom 31. Mai 2012 – BVerwG 2 B 141.11 – (Rn. 14) orientiert, in denen dargelegt wird, dass der Besitz kinderpornografischer Schriften ungleich schwerer wiegt als der Versand der Kurznachrichten. Diesem Zweck dient auch der von der Beschwerdebegründung angegriffene Hinweis im Berufungsurteil, der Versand der Kurznachrichten bleibe hinter dem Unrechtsgehalt zurück, der dem strafrechtlich geahndeten Besitz kinderpornographischer Dateien innewohne. Auch dies soll lediglich begründen, weshalb die SMS-Korrespondenz bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht belastend zu berücksichtigen ist. Dies folgt zudem aus der folgenden Aussage im Berufungsurteil (UA S. 23), wonach die unberechtigten Abfragen aus den polizeilichen Informationssystemen im Gegensatz zur SMS-Korrespondenz zum Nachteil des Beklagten zu berücksichtigen sind und zu einer über den Orientierungsrahmen hinausgehenden Disziplinarmaßnahme führen.
bb) Da das Oberverwaltungsgericht die Korrespondenz nicht maßnahmeverschärfend berücksichtigt hat, kann es nicht dadurch das Recht des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt haben, dass es diesen SMS-Austausch in der zweiten Berufungsverhandlung nicht eingehend erörtert hat.
cc) Entgegen dem Vorbringen des Beklagten verstößt das Berufungsurteil durch die Ausführungen zur disziplinarrechtlichen Relevanz der SMS-Korrespondenz des Beklagten mit seiner früheren Lebensgefährtin auch nicht gegen die Bindungswirkung des zurückverweisenden Beschlusses des Senats vom 31. Mai 2012 – BVerwG 2 B 141.11 –.
Nach § 144 Abs. 6 VwGO, der auch für zurückverweisende Beschlüsse nach § 133 Abs. 6 VwGO gilt (Beschluss vom 11. Juli 2000 – BVerwG 8 B 154.00 – Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 68 S. 1 f.), hat das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Diese Bindungswirkung umfasst die für die Aufhebungsentscheidung kausal ausschlaggebenden Gründe. Dies schließt die den unmittelbaren Zurückverweisungsgründen vorausgehenden Erwägungen jedenfalls insoweit ein, als diese die notwendige (logische) Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (Urteile vom 30. Mai 1973 – BVerwG 8 C 159.72 – BVerwGE 42, 243 ≪247≫ = Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 26 S. 23 und vom 28. November 2012 – BVerwG 8 C 21.11 – BVerwGE 145, 122 = Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 46 jeweils Rn. 22; Beschluss vom 21. August 1997 – BVerwG 8 B 151.97 – Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 65 S. 8).
Hier ist ein Verstoß gegen die Bindungswirkung deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil sich dem Beschluss des Senats vom 31. Mai 2012 – BVerwG 2 B 141.11 – (Rn. 14) gerade nicht die Aussage entnehmen lässt, das normabweichende Verhalten sei in keinem Fall maßnahmeverschärfend zu berücksichtigen.
b) Auch die Behandlung des Vorbringens des Beklagten, die unberechtigten Abfragen von Halter- und Personendaten aus polizeilichen Dateien seien als persönlichkeitsfremde Augenblickstat zu bewerten, leidet nicht an den vom Beklagten in der Beschwerdebegründung der Sache nach geltend gemachten Verfahrensmängeln.
aa) Der Vortrag in der Beschwerdebegründung, das Oberverwaltungsgericht habe die Darlegungen zur persönlichkeitsfremden Augenblickstat bei seinen Erwägungen zur Maßnahmebemessung nicht berücksichtigt und völlig übergangen, wertet der Senat zu Gunsten des Beklagten als Geltendmachung einer Verletzung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Ein derartiger Verstoß liegt indes nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Vorbringen als „wenig überzeugende Schutzbehauptung” bewertet. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nicht dazu, der Auffassung eines Beteiligten zu folgen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 – 2 BvR 678, 679, 680, 681, 683/81 – BVerfGE 64, 1 ≪12≫).
bb) Ausdrücklich macht die Beschwerde hinsichtlich der Bewertung des Vorbringens des Beklagten zur Datenabfrage als persönlichkeitsfremde Augenblickstat einen Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend. Dieser wird jedoch nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Denn es wird nicht aufgezeigt, welche Aufklärungsmaßnahmen sich dem Oberverwaltungsgericht ausgehend von seiner Rechtsauffassung noch aufdrängen mussten. Der Sache nach macht die Beschwerde insoweit geltend, die Maßnahmebemessung des Oberverwaltungsgerichts sei unrichtig.
cc) Auch hinsichtlich der Ausführungen, Folge der unberechtigten Datenabfragen des Beklagten dürfte ein zumindest erheblich erschüttertes Vertrauensverhältnis sein, leidet das Urteil des Oberverwaltungsgerichts nicht an den geltend gemachten unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO). Denn bei der Frage, inwieweit durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt ist, handelt es sich nicht um eine vom Gericht nach § 86 Abs. 1 VwGO, § 58 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H aufzuklärende Tatsache, sondern um eine dem Gericht obliegende rechtliche Bewertung. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H bestimmen die Verwaltungsgerichte die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG S-H, wenn und soweit sie den Nachweis des dem Beamten zur Last gelegten Dienstvergehens für erbracht halten. Dabei sind die Gerichte an die Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteile vom 3. Mai 2007 – BVerwG 2 C 9.06 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 29. März 2012 – BVerwG 2 A 11.10 – Rn. 70). Zu den bei der Bemessung zu berücksichtigenden Umständen gehört nach § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG S-H auch, in welchem Umfang der Beamte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
dd) Unbegründet ist auch die Verfahrensrüge, in Bezug auf die Bewertung der unbefugten Datenabfrage als „grob missbräuchlich”, handele es sich um ein Urteil ohne Gründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO.
Der Revisionsgrund des § 138 Nr. 6 VwGO bezieht sich auf den notwendigen (formellen) Inhalt eines Urteils (§ 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Danach müssen im Urteil diejenigen Entscheidungsgründe schriftlich niedergelegt werden, welche für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Sinn dieser Regelung ist es zum einen, die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten, und zum anderen, dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen. Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung deshalb nur, wenn sie so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe diese doppelte Funktion nicht mehr erfüllen können. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn dem Tenor der Entscheidung überhaupt keine Gründe beigegeben sind, sondern auch dann, wenn die Begründung nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind, weil die angeführten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie völlig unzureichend sind (vgl. Urteile vom 28. November 2002 – BVerwG 2 C 25.01 – BVerwGE 117, 228 ≪230 f.≫ = Buchholz 310 § 138 Nr. 6 VwGO Nr. 41 S. 6 f. und vom 22. Juni 2011 – BVerwG 1 C 11.10 – Buchholz 451.902 Europäischen Ausländer- und Asylrecht Nr. 53 Rn. 22).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt hinsichtlich der Beurteilung der Datenabfrage ein Fall des § 138 Nr. 6 VwGO nicht vor. Denn das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil dargelegt, weshalb es diese innerdienstliche Dienstpflichtverletzung als so gravierend ansieht, dass eine über den Orientierungsrahmen hinausgehende Disziplinarmaßnahme geboten ist.
c) Hinsichtlich der Bewertung seiner persönlichen Äußerung in der Berufungsverhandlung, „er fühle sich als Pädophiler in die Ecke gedrängt”, leidet das Berufungsurteil ebenfalls nicht an den vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängeln.
In Bezug auf die angebliche Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO, § 58 Abs. 1 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H) wird nicht dargelegt, welche Aufklärungsmaßnahmen das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung noch hätte durchführen müssen. Unter der Bezeichnung eines Verstoßes gegen das Recht des Beklagten auf rechtliches Gehör wird der Sache nach lediglich geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dieser Äußerung eine ihr nicht zukommende Bedeutung beigemessen.
d) Hinsichtlich der Aussage im Berufungsurteil, in den vom Beklagten begangenen Straftaten und dienstrechtlichen Verfehlungen „offenbare sich bereits eine erhebliche kriminelle Energie”, ist der geltend gemachte Revisionsgrund des § 138 Nr. 6 VwGO nicht gegeben. Denn dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist ohne Weiteres zu entnehmen, weshalb es die Dienstpflichtverletzungen als so gravierend ansieht, dass nach Maßgabe des § 13 LDG S-H auch angesichts der Dauer des Disziplinarverfahrens eine über den Orientierungsrahmen hinausgehende Maßnahme geboten ist.
e) Unbegründet ist auch die Rüge, hinsichtlich der gebotenen Prognose, welche Maßnahme angemessen ist, um den Beklagten zukünftig zu pflichtgemäßem Verhalten als Beamter anzuhalten, sei das Berufungsurteil im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zu treffende Prognose in seinem Urteil (ab UA S. 19) dargelegt. Es hat zunächst die für die Maßnahmebemessung nach § 13 LDG S-H geltenden Grundsätze dargestellt und diese sodann auf den konkreten Einzelfall angewendet.
f) Entgegen der Beschwerdebegründung hat sich das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil auch mit der bisherigen Dauer des Disziplinarverfahrens befasst, sodass auch insoweit die Voraussetzungen des § 138 Nr. 6 VwGO nicht erfüllt sind. Es hat jedoch der im Tatbestand des Berufungsurteils näher erläuterten Dauer des Disziplinarverfahrens wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine entlastende Wirkung zu Gunsten des Beklagten beigemessen. Hinsichtlich des gleichfalls geltend gemachten Verstoßes gegen die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts wird wiederum nicht dargelegt, welche Ermittlungsmaßnahmen sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung noch aufdrängen mussten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 Abs. 1 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H. Das Verfahren ist nicht gerichtsgebührenfrei, weil die Beschwerden nach dem 31. Dezember 2009 eingelegt worden sind (§ 85 Abs. 12 Satz 2 BDG und § 41 Abs. 1 LDG S-H). Einer Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden (§ 41 Abs. 1 LDG S-H).
Unterschriften
Domgörgen, Dr. Hartung, Dr. Kenntner
Fundstellen