Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen 3 S 551/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.
1. Die Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob dem Eigentümer eines im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes gelegenen Grundstücks grundsätzlich immer eine Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan zusteht, wenn dieser Festsetzungen für sein Grundstück trifft, oder ob dies zusätzlich noch voraussetzt, dass er sich auch konkret gegen die Festsetzung wendet, die der Bebauungsplan für sein Grundstück trifft, oder ob es auch genügt, wenn er sich lediglich gegen Festsetzungen wendet, die der Bebauungsplan für Nachbargrundstücke vorsieht,
ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Seine ständige Rechtsprechung zu dieser seit dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung der Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seinem Urteil vom 30. April 2004 – BVerwG 4 CN 1.03 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 = NVwZ 2004, 1120 m.w.N.) wie folgt zusammengefasst: Für die Antragsbefugnis ist ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. Die Verletzung eines derartigen subjektiven Rechts kann, soweit es um die Normenkontrolle eines Bebauungsplans geht, auch aus einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Antragsbefugt ist in einem solchen Fall derjenige, der sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat.
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung lässt sich die von der Beschwerde gestellte Frage ohne weiteres wie folgt beantworten: Der Eigentümer eines Grundstücks, für das ein Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich – also vorbehaltlich eines Ausnahmefalls – antragsbefugt. Seine Antragsbefugnis hängt mithin in der Regel nicht von der zusätzlichen Voraussetzung ab, dass er sich auch konkret und ausdrücklich gegen die Festsetzung wendet, die der Bebauungsplan für sein Grundstück trifft. Wenn er sich jedoch mit der Festsetzung für das eigene Grundstück einverstanden erklärt und sich nur gegen Festsetzungen für benachbarte Grundstücke wendet, genügt es nicht in jedem Fall, sich auf die Überplanung auch des eigenen Grundstücks zu berufen, um eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots darzutun. Denn auch die Belange eines Nachbarn im Plangebiet sind in der Abwägung nur zu berücksichtigen, wenn sie in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben; nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 C 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪219≫). Von diesem zutreffenden Ansatz ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen und hat in Würdigung des Sachverhalts angenommen, dass sich die Antragsteller insoweit nicht auf abwägungserhebliche eigene Belange berufen können (UA S. 11 f.). Rechtsgrundsätzliche Fragen, die der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürften, sind mit diesen einzelfallbezogenen Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht verbunden.
2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs weicht nicht von den in der Beschwerdebegründung im Einzelnen bezeichneten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Eine zur Zulassung der Revision führende Divergenz ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil in entscheidungserheblicher Weise von einem Rechtssatz ausgegangen ist, der einem vom Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten Rechtssatz widerspricht. Einen derartigen Widerspruch hat die Beschwerde schon deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil sie dem Verwaltungsgerichtshof eine rechtliche Aussage unterstellt, die dieser nicht getroffen hat. Das Vorbringen, im angefochtenen Urteil sei der Rechtssatz aufgestellt,
dass ein Eigentümer eines im Geltungsbereich eines Bebauungsplan gelegenen Grundstücks nur dann nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu einem Normenkontrollantrag antragsbefugt ist, wenn er sich gegen die konkret für sein Grundstück im Bebauungsplan getroffene Festsetzung wendet und dass es nicht genügt, wenn sich der Grundstückseigentümer lediglich gegen Festsetzungen des Bebauungsplans wendet, die Nachbargrundstücke betreffen,
verfehlt die das angefochtene Urteil tragenden Gründe. Wie bereits dargelegt, ist der Verwaltungsgerichtshof von den Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Antragsbefugnis in Normenkontrollverfahren, die Bebauungspläne betreffen, entwickelt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2004, a.a.O.). Auf die Ausführungen zur Grundsatzrüge unter Abschnitt 1. dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen
Haufe-Index 1436795 |
BauR 2006, 352 |
FSt 2006, 401 |