Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 29.03.2007; Aktenzeichen 1 S 2118/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich gegen Gestaltungsvorschriften in der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin, wonach Grabmäler im Friedhof des Stadtteils Korntal einheitlich nach der in Form und Größe althergebrachten Korntaler Ordnung als schrägstehende einfache Grabsteine auszubilden sind (§ 20 Abs. 2 der Satzung). Die im Jahre 2004 erfolgte Änderung der Satzung sah die Möglichkeit der Errichtung gestaltungsfreier Grabfelder im Friedhof des Stadtteils Korntal nicht mehr vor, nachdem unter Geltung der alten Friedhofsatzung ein diesbezüglicher Bedarf nicht bestanden hatte. Die Antragsgegnerin verfügt im Stadtteil Münchingen über einen weiteren (ca. 5 km entfernt liegenden) Friedhof mit der Möglichkeit der freien Grabgestaltung.
Der Antragsteller hat seit dem Jahr 2001 das Nutzungsrecht an einer Grabstätte auf dem Friedhof der Antragsgegnerin in Korntal, wo seine Ehefrau begraben liegt. Seinen Antrag auf Errichtung eines von der Korntaler Ordnung abweichenden Grabmals lehnte die Antragsgegnerin ab.
Der Antragsteller hat Antrag auf Normenkontrolle gestellt. Die Satzung der Antragsgegnerin erfülle nicht die Anforderungen an die sog. Zweifelderwirtschaft. Der Friedhof in Münchingen sei zu weit entfernt. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag abgelehnt. Die Friedhofssatzung sehe für das gesamte Gemeindegebiet gestaltungsfreie Grabfelder im Friedhof des Stadtteils Münchingen vor. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei damit Genüge getan. Die für den üblichen Bezugsfriedhof sprechenden Belange seien in Korntal zurückzustellen hinter die historischen Beziehungen zwischen der Stadtgemeinde und der evangelischen Brüdergemeinde, aus deren Überzeugungen die Korntaler Ordnung herrühre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Mit den von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich erachteten Fragen, ob besondere Gestaltungsvorschriften auf einem anschließenden kirchlichen Friedhof auch den kommunalen Friedhofsträger ermächtigen, die kirchlichen Richtlinien zu übernehmen, ohne dass in zumutbarer Nähe eine die allgemeine Handlungsfreiheit nicht beschränkende Alternative angeboten wird, und ob in einer flächenmäßigen Großgemeinde ein Friedhof mit freierer Gestaltungsmöglichkeit, der in 5 Kilometer Entfernung liegt und an Wochenenden mit Nahverkehrsmitteln nur mit 2,5-stündiger Verzögerung zu erreichen ist, dem Anspruch des Antragstellers auf freie Gestaltung seines Grabfeldes nicht zuwider läuft, werden keine fallübergreifenden, bisher höchstrichterlich nicht beantworteten Rechtsfragen des Bundesrechts aufgeworfen, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedürfen. Mit seiner Fragestellung wendet sich der Antragsteller ausschließlich gegen die Würdigung des Sachverhalts und damit die Anwendung materiellen Rechts durch das Normenkontrollgericht. Damit kann aber eine grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt werden (Beschluss vom 13. April 1989 – BVerwG 1 B 54.89 – Buchholz 130 § 8 RuStAg Nr. 37).
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet sich die erste Frage dahingehend, dass dem kommunalen Friedhofsträger strengere Gestaltungsanforderungen, als sie zur Erreichung des Friedhofszwecks – nämlich einer würdigen, die Totenandacht nicht störenden Grabgestaltung – erforderlich sind, auf Monopolfriedhöfen verwehrt bleiben, sofern er nicht eine gestaltungsfreie Friedhofsfläche vorsieht, wo auch eine von den ästhetischen Vorstellungen des Friedhofsträgers abweichende Grabmalgestaltung zulässig ist (Urteil vom 8. November 1963 – BVerwG 7 C 148.60 – BVerwGE 17,119; Beschluss vom 7. Dezember 1990 – BVerwG 7 B 160.90 – Buchholz 408.2 FriedhofsbenutzungR Nr. 14). Dass die Antragsgegnerin den eigenen Friedhof der althergebrachten Gestaltung des unmittelbar angrenzenden Friedhofs der evangelischen Brüdergemeinde anpasst, ist vom Standpunkt der Antragsgegnerin nur verständlich, als Gestaltungsentscheidung für den Antragsteller aber unangreifbar, solange er eine Ausweichmöglichkeit hat.
Das Normenkontrollgericht hat in dem weiteren Friedhof der Antragsgegnerin im Stadtteil Münchingen eine ausreichende Ausweichmöglichkeit und damit das Recht des Antragsstellers auf freie Gestaltung seiner Grabstätte unter Berücksichtigung des Friedhofszwecks als gewahrt gesehen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. November 1963, a.a.O.; Beschluss vom 29. September 2000 – BVerwG 3 B 156.00 – Buchholz 408.2 FriedhofsbenutzungR Nr. 17). Die hieran anschließende zweite Frage der Beschwerde, nämlich nach der zumutbaren Entfernung, in welcher für den Betroffenen die Ausweichmöglichkeit auf einen “freien” Friedhof gegenüber dem ihm nahe gelegenen Bezugsfriedhof bestehen muss, ist von den besonderen Umständen des Einzelfalls bestimmt und darum einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. In Großstädten sind mehrere Kilometer auseinander liegende Friedhöfe der Regelfall, aber auch in kleineren Städten werden immer wieder Waldfriedhöfe errichtet, die schon namentlich in deutlicher Entfernung außerhalb des Stadtgebietes liegen. Zudem werden sich für den Einzelnen je nach der Belegenheit seiner Wohnung die Entfernungsunterschiede anders bemessen, so dass nicht ausschließlich auf die Entfernung zwischen beiden Friedhöfen abgestellt werden kann wie auch nicht auf feste Fahrzeiten im Nahverkehr zwischen bzw. zu den einzelnen Friedhöfen. Ein Streitfall der vorliegenden Art kann daher nur in einer Einzelfallwürdigung entschieden werden auf der Grundlage der vorgenannten abstrakten Maßstäbe, von einem Revisionsverfahren kann insoweit nicht die Bildung allgemein verbindlicher Rechtssätze erwartet werden (Beschluss vom 29. September 2000, a.a.O.). Wenn die Beschwerde dem gegenüber auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2004 – BVerwG 3 C 26.03 – (BVerwGE 121, 17 ≪20≫) verweist, wo von “nur wenige hundert Meter entfernt” die Rede ist, so handelt es sich dort um die Beschreibung der tatsächlichen Entfernung eines Friedhofs, auf den ausgewichen werden kann, nicht aber um die Festlegung einer (Höchst-)Entfernung, die noch zumutbar ist.
Soweit die Beschwerde eine Divergenz von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2004 (a.a.O.) geltend macht, genügt diese Rüge nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und erweist sich daher als unzulässig. Eine die Revision eröffnende Divergenz setzt voraus, dass die Vorinstanz in einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift des revisiblen Rechts widerspricht (stRspr, Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50). Die Beschwerde muss dabei – um dem Darlegungserfordernis zu entsprechen – die angeblich widersprechenden abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Das Divergenzvorbringen der Beschwerde wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Der weitere, neue Gesichtspunkt möglicher Nichtigkeit der Friedhofssatzung, dass nämlich auch der Friedhof der Antragsgegnerin im Stadtteil Münchingen satzungsmäßigen Gestaltungsbeschränkungen hinsichtlich der Grabstätten unterliegt, kann im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden, weil er erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist und damit verspätet vorgebracht wurde. Davon abgesehen hat der Verwaltungsgerichtshof die Gültigkeit der Friedhofssatzung unter diesem Aspekt nicht geprüft und in dieser Richtung auch keine eine solche Rechtsfolge tragenden Feststellungen getroffen. Weder die Grundsatzrüge noch die Divergenzrüge dienen der Klärung von Rechtsfragen, deren Entscheidungserheblichkeit in tatsächlicher Hinsicht ungewiss ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Herbert, Krauß, Guttenberger
Fundstellen