Verfahrensgang

OVG Berlin (Urteil vom 24.08.2005; Aktenzeichen 11 B 4.05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 rechtfertigt die Zulassung der Revision nach §§ 133, 132 Abs. 2 VwGO nicht.

1. Der Rechtssache kommt die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu.

1.1 Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

„ob § 6 Absatz 2 BVFG n.F. deswegen nicht auf ein bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits anhängiges Verfahren Anwendung finden kann, weil es in einen bereits beendeten Sachverhalt eingreift und insofern gegen das Rückwirkungsverbot verstößt”,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie ist in der auch von dem Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. Urteil vom 12. März 2002 – BVerwG 5 C 2.01 – BVerwGE 116, 114; Urteil vom 4. September 2003 – BVerwG 5 C 35.02 – Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 101) dahin geklärt, dass nach § 100a BVFG (i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus ≪Spätaussiedlerstatusgesetz – SpStatG –≫ vom 30. August 2001 ≪BGBl I S. 2266≫), der die Anwendung des nach dem 7. September 2001 geltenden Rechts auch auf Anträge nach § 15 Abs. 1 BVFG bestimmt und sich erkennbar auf die Änderung des § 6 Abs. 2 BVFG durch das Spätaussiedlerstatusgesetz bezieht, – jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Anforderungen an die deutschen Sprachkenntnisse – für die Prüfung der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung der Bescheinigung vorliegen, von § 6 Abs. 2 BVFG n.F. auszugehen ist.

Kein neuerlicher oder weitergehender Klärungsbedarf folgt aus dem Vorbringen der Beschwerde (Begründung S. 5), das Bundesverwaltungsgericht habe „sich zur Frage der Rückwirkung in den vorliegenden Fällen bisher nur auf Vertrauensschutzgesichtspunkte bezogen”, und es sei „(d)ie Frage eines Eingriffs in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt (…) in die maßgeblichen Entscheidungen zur Rückwirkungsproblematik – soweit ersichtlich – bislang nicht eingeflossen”. Dies trifft nicht zu. In seinem Urteil vom 12. März 2002 (– BVerwG 5 C 2.01 – BVerwGE 116, 114) hat der Senat u.a. ausgeführt:

„Die Revision sieht in der Anwendung des neuen Rechts auf den vorliegenden Rechtsstreit einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Ob § 100 a BVFG n.F. mit Rücksicht darauf, dass die Bescheinigung nach § 15 BVFG keine konstitutive, sondern nur bestätigende Wirkung hat, der zu bestätigende Status als Spätaussiedler aber bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 4, 6 BVFG mit der Aufnahme in das Bundesgebiet entsteht (vgl. BVerwGE 99, 133 ≪138≫), für Bescheinigungsbewerber, die bereits Jahre vor In-Kraft-Treten des Spätaussiedlerstatusgesetzes im Wege des Aufnahmeverfahrens – wenn auch nur (wie im Falle der Klägerin) einbezogen in den Aufnahmebescheid eines volksdeutschen Angehörigen – in das Bundesgebiet eingereist sind, Wirkungen entfaltet, die eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung bedeuten könnten, erscheint schon in Anbetracht der Rechtsfolgen, zu denen die Anwendung des neuen Rechts im jeweiligen Einzelfall führt, fraglich. Denn § 6 Abs. 2 BVFG n.F. stellt zwar insofern strengere Anforderungen an den Nachweis der deutschen Volkszugehörigkeit, als er nur noch die deutsche Sprache und nicht mehr Erziehung und Kultur als Bestätigungsmerkmale anerkennt und auf den Zeitpunkt der Aussiedlung als maßgeblichen Zeitpunkt abstellt. Andererseits dürften die Anforderungen des neuen Rechts an das Sprachvermögen in aller Regel für den Statusbewerber günstiger sein. Dies betrifft auch die Klägerin, deren Antrag auf eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG bisher erfolglos war, weil Deutsch nach den Feststellungen des Beklagten und des Verwaltungsgerichtshofs weder ihre Muttersprache noch ihre bevorzugte Umgangssprache ist.

Dem braucht jedoch nicht näher nachgegangen zu werden; denn auch wenn § 100 a BVFG n.F. in Einzelfällen echte Rückwirkung zu Lasten der jeweiligen Antragsteller entfalten sollte, sind hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben. Zwar bedarf es stets einer besonderen Rechtfertigung, wenn eine nachträgliche belastende Änderung der bereits eingetretenen Rechtsfolgen eines der Vergangenheit angehörigen Verhaltens ausnahmsweise zulässig sein soll (vgl. BVerfGE 72, 200 ≪257≫). Als eine solche Rechtfertigung verfassungsgerichtlich anerkannt ist jedoch das Fehlen schutzbedürftigen Vertrauens in den Fortbestand der begünstigenden Rechtslage (vgl. BVerfGE 30, 367 ≪387≫; 72, 200 ≪258, 260≫; 88, 384 ≪404≫; 95, 64 ≪86 f.≫).”

Überdies betrifft die aufgeworfene Frage, nachdem § 6 Abs. 2 BVFG zum 7. September 2001 geändert worden ist, ein Übergangsproblem zu ausgelaufenem Recht (Senat, Beschluss vom 19. Mai 2005 – BVerwG 5 B 111.04 –). Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu (vgl. z.B. Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 und vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9). Es ist nichts dafür dargetan, dass das ausgelaufene Recht noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in unabsehbarer Zukunft von Bedeutung sein könnte (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – a.a.O. m.w.N.; Beschluss vom 23. Februar 1999 – BVerwG 2 B 11.99 – juris; Beschluss vom 11. Februar 2005 – BVerwG 5 B 12.05 –); für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – a.a.O., m.w.N.).

1.2 Die weiterhin aufgeworfene Frage,

„ob an ein Gegenbekenntnis zu einer anderen Nationalität die gleichen subjektiven Anforderungen zu stellen sind, wie dies von einem Bekenntnis zum deutschen Volkstum erwartet wird, nämlich ein hinter dieser Erklärung stehendes subjektives Bewusstsein, zur anderen Nationalität zu gehören”,

rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Diese Frage wäre schon nicht entscheidungserheblich. Denn das von § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG (F. 2001) geforderte durchgängige positive Bekenntnis ausschließlich zum deutschen Volkstum schon vom Eintritt der Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit an (BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 – BVerwG 5 C 40.03BVerwGE 119, 192) durch die Klägerin wäre selbst dann nicht gegeben, wenn die nach dem sowjetischen Passrecht abgegebene Erklärung zu einer anderen als der deutschen Nationalität unbeachtlich wäre. Denn § 6 Abs. 2 BVFG n.F. stellt nicht auf das Fehlen eines Bekenntnisses zu einem nichtdeutschen Volkstum, sondern auf das erklärte (Satz 1) bzw. unterstellte (Satz 5) Bekenntnis zum deutschen Volkstum ab, durchgängig vom Eintritt der Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit an bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete. Unabhängig davon ist in der auch von dem Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29. August 1995 – BVerwG 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 ≪140≫; Urteil vom 13. November 2003 – BVerwG 5 C 40.03BVerwGE 119, 192 ≪198≫) geklärt, unter welchen Voraussetzungen in der Angabe einer anderen als der deutschen Volkszugehörigkeit gegenüber amtlichen Stellen ein die deutsche Volkszugehörigkeit ausschließendes Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum liegt, dass ein beachtliches Volkstumsbewusstsein nicht das Bewusstsein voraussetzt, zwischen der Zugehörigkeit zu unterschiedlichem Volkstum „wählen” zu können und dass von einem nicht freiwilligen Bekenntnis zu einem nichtdeutschen Volkstum nur bei völligem Ausschluss der Freiheit der Willensentschließung ausgegangen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 10. September 2001 – BVerwG 5 B 17.01 –).

Auch insoweit gilt, dass es wegen des nach § 6 Abs. 2 BVFG n.F. geforderten durchgängigen positiven Bekenntnisses zum deutschen Volkstum einer weitergehenden Klärung der Anforderungen an ein beachtliches Gegenbekenntnis nicht bedarf, weil auch dies eine Frage ausgelaufenen Rechts betrifft.

1.3 Soweit die Beschwerdebegründung geltend macht, die Anforderungen, die das Berufungsgericht an die Bemühungen der Klägerin, den Nationalitäteneintrag in ihrem Pass ändern zu lassen, gestellt hat, vernachlässigten die tatsächlichen Verhältnisse in der Sowjetunion und seien auch hinsichtlich der Kenntnisse überzogen, die an einen durchschnittlich begabten Bürger in der Sowjetunion in Bezug auf das Pass- und Nationalitätenrecht zu stellen seien, rügt dies der Sache nach eine im Einzelfall fehlerhafte Anwendung des Rechts. Das Vorbringen lässt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erkennen, die fallübergreifender Klärung zugänglich und bedürftig wäre.

2. Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zugelassen werden. Die Beschwerde hat nicht, wie erforderlich ist (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712), aufgezeigt, dass das Berufungsgericht mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1971 zum Bundesentschädigungsgesetz (gemeint ist wohl der Beschluss vom 23. März 1971 – 2 BvL 2/66 u.a. – BVerfGE 30, 367, dem die in der Beschwerdebegründungsschrift zitierte Passage entnommen ist) in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht. Die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält allerdings abstrakte, generelle Ausführungen zu den Voraussetzungen, unter denen eine Gesetzesänderung eine „echte Rückwirkung” darstellt, und den Anforderungen, die von Verfassungs wegen, insbesondere durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG), an ein Gesetz mit echter retrospektiver Rückwirkung zu stellen sind. Der herangezogene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist indes ergangen zu der Frage, inwieweit § 150 Abs. 2 BEG i.d.F. des Art. 1 Nr. 87 i.V.m. Art. 12 Nr. 1 des BEG-SchlussG (BGBl I 1965, 1315) mit Art. 20 des GG unvereinbar und nichtig ist, soweit diese Vorschrift für Verfolgte, die nach § 150 BEG a.F. anspruchsberechtigt waren, die Anspruchsberechtigung davon abhängig macht, dass der Verfolgte die Vertreibungsgebiete am 1. Oktober 1953 endgültig verlassen hat. Der Beschluss verhält sich damit nicht zu § 6 Abs. 2 BVFG und der von dem Berufungsgericht im Anschluss an die herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 116, 114; 119, 192) in Anwendung des von dem Bundesverfassungsgericht entwickelten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabes bejahten Frage, dass hinsichtlich der in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Sprachanforderungen gerade keine verfassungswidrige Rückwirkung anzunehmen sei. Selbst wenn hierin aus der Sicht der Klägerin eine fehlerhafte Anwendung der von dem Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze läge, rechtfertigte dies nicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz.

3. Schließlich kann die Revision nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden. Das Beschwerdevorbringen bezeichnet nicht ausdrücklich einen Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision führen könnte (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Soweit die Klägerin geltend macht, „(i)n der Anwendung des § 6 Absatz 2 BVFG n.F. liegt auch gleichzeitig ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung ebenfalls beruht”, verkennt sie, dass § 6 Abs. 2 BVFG alter wie neuer Fassung die materiellrechtlichen Voraussetzungen der deutschen Volkszugehörigkeit regelt und keine Norm des (gerichtlichen) Verfahrensrechts ist.

Das Berufungsgericht hat auch nicht dadurch gegen Verfahrensrecht verstoßen, dass es „nicht die subjektive Seite des Gegenbekenntnisses erforscht hat, sondern allein auf objektive Gesichtspunkte bei der Passerteilung abgestellt” hat, obwohl es sich „aufgedrängt” hätte, „auch danach zu fragen, welchen Bezug die Klägerin zur lettischen Nationalität als echtes und nicht nur vorgeschobenes Zugehörigkeitsbekenntnis hat”. Hierauf kam es nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und nach dem anzuwendenden Recht nicht an. Überdies hat die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung, in der auch die Frage der Beachtlichkeit eines Gegenbekenntnisses erörtert worden ist, von dem Berufungsgericht eingehend informatorisch angehört worden ist und hinreichend Gelegenheit hatte, auch zu dieser Frage vorzutragen, ausweislich der Sitzungsniederschrift lediglich hilfsweise angeregt, eine Zeugin zu den Änderungsbemühungen hinsichtlich ihrer Passeintragung zu befragen; sie hat mithin die nunmehr als verfahrensfehlerhaft unterlassen gerügte weitere Sachaufklärung zur subjektiven Seite eines Gegenbekenntnisses weder angeregt noch beantragt. Der Überzeugungsgrundsatz stellt indes regelmäßig ebenso wenig wie die Aufklärungsrüge (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265; Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – NVwZ-RR 2002, 140) ein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren.

Soweit die Klägerin als Mangel der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 VwGO) geltend macht, das Berufungsgericht habe hinsichtlich der Anforderungen, den einmal erfolgten Passeintrag zu ändern, an die ihr insoweit abzuverlangenden Bemühungen überzogene Anforderungen (z.B. hinsichtlich der Kenntnis des Pass- und Nationalitätenrechts) gestellt, rügt sie im Gewand der Verfahrensrüge die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts; denn dies betrifft die materiellrechtliche Frage, welche Anforderungen an ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum „auf andere Weise” zu stellen sind.

Das Berufungsgericht hat auch nicht dadurch gegen Verfahrensrecht verstoßen, dass es von der lediglich hilfsweise angeregten Vernehmung der Zeugin S. „zu den Änderungsbemühungen der Klägerin zu befragen”, abgesehen hat. Als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs verstanden wäre die Rüge bereits deshalb nicht ordnungsgemäß erhoben, weil der Gegenstand der Beweisanregung nicht im Einzelnen nachprüfbar mitgeteilt worden ist, es sich ausweislich der Sitzungsniederschrift zudem lediglich um eine (hilfsweise) Beweisanregung, nicht um einen – hilfsweise – in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) handelte und dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen ist, zu welchen entscheidungserheblichen Tatsachen die Zeugin Bekundungen hätte machen können. Der allgemeine Hinweis, bei einer Zeugeneinvernahme hätte sich „herausgestellt, dass der Sachvortrag der Klägerin zutreffend gewesen sei”, reicht hier nicht aus; denn das Berufungsgericht hat von der Vernehmung der Zeugin schon wegen des unsubstantiierten und teilweise widersprüchlichen Vortrags der Klägerin abgesehen und darauf abgestellt, dass „dem Vorbringen der Klägerin trotz diesbezüglicher Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht zu entnehmen (war), dass die Zeugin – über die hier als wahr unterstellte Tatsache einer Vorsprache beim Passamt hinaus – überhaupt irgend etwas Sachdienliches würde bekunden können” (Berufungsurteil S. 16). Soweit das Vorbringen der Klägerin sinngemäß als Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu werten sein sollte, setzte sich die Beschwerde nicht hinreichend mit diesen Erwägungen des Berufungsgerichts auseinander und legte daher schon nicht hinreichend dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgebenden materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. März 1978 – BVerwG 6 B 24.78 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 1. April 1997 – BVerwG 4 B 206.96 – NVwZ 1997, 890 ≪893≫ sowie vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328).

Mit dem weiteren Vorbringen zu vermeintlichen Verfahrensfehlern (u.a. zu den Angaben der Klägerin zu der Volkszählung und weiteren Anknüpfungspunkten für ein auf andere Weise erfolgtes Bekenntnis zum deutschen Volkstum) zielt das Beschwerdevorbringen in der äußeren Form einer Verfahrensrüge auf eine inhaltliche Kritik der Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts und beanstandet der Sache nach, ohne einen erkennbaren Verfahrensfehler zu bezeichnen, dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. (Vermeintliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind jedoch revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können deswegen einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründen (BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 – BVerwG 10 B 8.05 – juris; Beschluss vom 12. Januar 1995 – BVerwG 4 B 197.94 – Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4 m.w.N.; Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 17; stRspr). Anhaltspunkte dafür, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Oberverwaltungsgericht in der Frage, ob die Klägerin sich bei der ersten ihr bietenden Gelegenheit durch ein nach außen hin erkennbares Verhalten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG zum deutschen Volkstum bekannt hat (s. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 – BVerwG 5 C 41.03 – Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 104), von objektiver Willkür geprägt wäre und deswegen ausnahmsweise an einem Verfahrensmangel leiden könnte (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 19), sind nicht bezeichnet und auch sonst nicht ersichtlich.

4. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Franke, Prof. Dr. Berlit

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1476037

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