Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 4 B 170/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 EUR festgesetzt.
Damit erledigt sich der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Gründe
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen des Beklagten in seinen Schriftsätzen vom 29. August und 19. Oktober 2005 rechtfertigt die Zulassung der Revision nach §§ 133, 132 Abs. 2 VwGO nicht.
1. Der Rechtssache kommt die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich bedeutend gehaltene Frage,
ob, bei Sachverhalten, auf die die Regelungen des BVFG a.F. anwendbar sind, „eine deutsche Volkszugehörigkeit gegeben ist, wenn nur das Merkmal der Vermittlung der deutschen Sprache gegeben ist und ein weiteres Bestätigungsmerkmal nicht vorliegt,”
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage betrifft, wie insbesondere die Bezugnahme auf die zur Auslegung dieser Regelung ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Oktober 2000 – BVerwG 5 C 44.99 – BVerwGE 112, 112) unterstreicht, die Auslegung des § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung, die diese Regelung durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2094) erhalten hatte, und damit ein Übergangsproblem zu ausgelaufenem Recht (Senat, Beschluss vom 19. Mai 2005 – BVerwG 5 B 111.04 –). Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu (vgl. z.B. Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 und vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9).
Es ist nichts dafür dargetan, dass das ausgelaufene Recht noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in unabsehbarer Zukunft von Bedeutung sein könnte (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 m.w.N.; Beschluss vom 23. Februar 1999 – BVerwG 2 B 11.99 – juris; Beschluss vom 11. Februar 2005 – BVerwG 5 B 12.05 –); für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995, a.a.O., m.w.N.). Allerdings beanspruchen – worauf auch der Beklagte verweist (Schriftsatz vom 19. Oktober 2005) – nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. Urteil vom 12. März 2002 – BVerwG 5 C 2.01 – BVerwGE 116, 114; Urteil vom 4. September 2003 – BVerwG 5 C 35.02 – Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 101) nach § 100a BVFG die Merkmale der deutschen Volkszugehörigkeit nach § 6 Abs. 2 BVFG (i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus ≪Spätaussiedlerstatusgesetz – SpStatG –≫ vom 30. August 2001 ≪BGBl I S. 2266≫) Geltung auch für noch nicht abgeschlossene Bescheinigungsverfahren nach § 15 BVFG, selbst wenn die Antragsteller bereits Jahre vor In-Kraft-Treten des neuen Rechts im Aufnahmeverfahren nach §§ 26 ff. BVFG in das Bundesgebiet eingereist sind; dies bestätigt die Entstehungsgeschichte der Neuregelung (s. BTDrucks 14/6310 S. 7 zu § 100a), die erkennen lässt, dass der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des Senats zu § 6 Abs. 2 BVFG (i.d.F. des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I S. 2094≫) (BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2000 – BVerwG 5 C 44.99 – BVerwGE 112, 112; s.a. Urteil vom 12. Juli 2001 – BVerwG 5 C 36.00 –) hat reagieren wollen. Die Streichung der weiteren Bestätigungsmerkmale „Erziehung, Kultur” durch die neuerliche Änderung des § 6 Abs. 2 BVFG (F. 2001) schließt es aus, einer auf diese Merkmale bezogenen Rechtsfrage zu § 6 Abs. 2 BVFG (F. 1993) fortwirkende grundsätzliche Bedeutung beizumessen.
Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht mit Blick darauf, dass die Kläger zu 1 und 2 bereits am 27. März 1991 in das Bundesgebiet eingereist sind und am 6. Februar 1992 die Ausstellung von Vertriebenenausweisen beantragt haben, dahin erkannt hat (Berufungsurteil S. 9, 18 f.), dass § 100 Abs. 5 BVFG nicht einschlägig sei und nach § 100 Abs. 1 und 2 Satz 1 BVFG die vor dem 1. Januar 1993 geltenden Bestimmungen für die Klage Anwendung finden, so dass auf § 15 Abs. 1 und 2, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 6 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung abzustellen sei und daher die von dem Beklagten herangezogene, zu § 6 Abs. 2 BVFG (i.d.F. des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I S. 2094≫) ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2000 – BVerwG 5 C 44.99 – BVerwGE 112, 112) nicht übertragbar sei. Hierauf bezogene Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder ausdrücklich noch sinngemäß bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
2. Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zugelassen werden. Die Beschwerde hat nicht, wie es erforderlich ist (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712), aufgezeigt, dass das Berufungsgericht mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in dem herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2000 (– BVerwG 5 C 44.99 – BVerwGE 112, 112) in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht, indem es hier dem Bestätigungsmerkmal der deutschen Sprache als Muttersprache besondere Bedeutung beigemessen und einen weiteren Nachweis, wie die Pflege des deutschen Volkstums erfolgt sei und wie die deutsche Volkszugehörigkeit zusätzlich zu den vorhandenen Indizien nach außen hin besonders zum Ausdruck gekommen sei, als in diesem Fall nicht erforderlich erachtet hat. Das Berufungsgericht hat wegen des Zeitpunktes von Einreise in das Bundesgebiet und Antragstellung nach § 100 Abs. 1, 2 BVFG auf die vor dem 1. Januar 1993 geltende Rechtslage abgestellt und damit auch § 6 BVFG in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung angewendet. Das von dem Beklagten herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist demgegenüber zu § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung ergangen, die diese Regelung durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz (vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I S. 2094≫) erhalten hatte, und hatte unter ausdrücklicher Aufgabe vorangegangener Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 – BVerwG 9 C 8.96 – BVerwGE 102, 214; Urteil vom 17. Juni 1997 – BVerwG 9 C 10.96 – BVerwGE 105, 60) dahin erkannt, dass es nicht zulässig sei, § 6 Abs. 2 BVFG, insbesondere dessen Satz 1 Nr. 2, unter weitgehendem Rückgriff auf die Auslegung des § 6 BVFG a.F. auszulegen und die rechtliche Bedeutung bestätigender Merkmale in § 6 BVFG a.F. einerseits und in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG andererseits gleichzusetzen. Dem Umstand, dass die Entscheidungen jeweils zu unterschiedlichen Fassungen des § 6 Abs. 2 BVFG ergangen sind, trägt auch der Hinweis des Beklagten im Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 darauf nicht hinreichend Rechnung, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 19. Oktober 2000 (– BVerwG 5 C 44.99 – BVerwGE 112, 112) den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 6 Abs. 2 BVFG (F. 1993) eigenständige Bedeutung beigemessen habe. In Bezug auf die Anwendung des § 6 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung macht die Beschwerde, die sich insoweit nicht mit der von der herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit Blick auf die Gesetzesänderung aufgegebenen Rechtsprechung zu einer früheren Gesetzesfassung auseinander setzt, eine Divergenz weder ausdrücklich noch sinngemäß geltend.
3. Schließlich kann die Revision nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden. Es liegt jedenfalls kein Verfahrensfehler vor, der zur Zulassung der Revision führen könnte.
3.1 Mit dem Vorbringen, das Oberverwaltungsgericht sei bei seiner Entscheidung unter Verstoß gegen Verfahrensrecht in Bezug auf die Vermittlung des deutschen Volkstums durch den Familienverband von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, habe insbesondere die Widersprüche, die in dem Verfahren aufgetreten seien, nicht ausreichend berücksichtigt, habe trotz des Vorliegens objektiver Fälschungen und der amtlichen Auskunft des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan den Sachverhalt einseitig beurteilt und sich auch nicht (hinreichend) mit dem Vorbringen des Beklagten zu einer Fälschung auch des erst im Berufungsverfahren vorgelegten Passantrages auseinander gesetzt, greift der Beklagte die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an. Dieses Beschwerdevorbringen vernachlässigt, dass die Beweiswürdigung revisionsrechtlich regelmäßig dem sachlichen Recht zuzurechnen ist und deshalb mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung grundsätzlich ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht bezeichnet werden kann (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 10. Februar 1978 – BVerwG 1 B 13.78 – Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8, vom 12. Januar 1995 – BVerwG 4 B 197.94 – Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 ≪4≫ und vom 11. April 2003 – BVerwG 5 B 24.03 – ≪juris≫).
Keine andere Beurteilung ergibt sich unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, soweit diese ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272 f.≫; Beschluss vom 12. Januar 1995 – BVerwG 4 B 197.94 – Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4; Beschluss vom 12. Februar 2004 – BVerwG 1 B 114.03 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 33). Eine solche Verletzung läge nicht bereits darin, dass ein Tatsachengericht nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen. Es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 ≪4≫ m.w.N.); nach dem Sachverhalt darf denkgesetzlich ausschließlich eine einzige Folgerung möglich sein, die das Gericht nicht gezogen hat.
Die eingehende Kritik der Beschwerdebegründung an der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts macht einen derartigen Verstoß gegen Denkgesetze nicht ausdrücklich geltend, der auch sonst nicht ersichtlich ist. Dabei bedarf nicht der Prüfung, ob die von dem Berufungsgericht gewonnenen, von dem Beklagten angegriffenen Überzeugungen und Bewertungen zur Abstammung des Klägers zu 1 von deutschen Volkszugehörigen (Berufungsurteil S. 13 f.), der Vermittlung des erforderlichen deutschen Volkstumsbewusstseins (Berufungsurteil S. 17 f.) und der Frage eines Gegenbekenntnisses zu einer nichtdeutschen Volkszugehörigkeit in einem Inlandspass (Berufungsurteil S. 20 f.) in Ergebnis und Herleitung in jeder Hinsicht überzeugen. Das Berufungsgericht hat jedenfalls ohne Verstoß gegen Denkgesetze in nachvollziehbarer Weise unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls dargelegt, dass und aus welchen Gründen ungeachtet verschiedener Ungereimtheiten insbesondere im Hinblick auf die Echtheit seiner Geburtsurkunde und den Nationalitäteneintrag in seinem ersten Inlandspass der Kläger zu 1 das Aussiedlungsgebiet als deutscher Volkszugehöriger verlassen habe (Berufungsurteil S. 13 ff.).
3.2 Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist ebenfalls nicht festzustellen. Das Gericht kann sich im Rahmen der ihm durch § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO auferlegten Aufgabe, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesenen Gründe anzugeben, auf die wesentlichen Gründe beschränken. Daraus, dass das Gericht sich nicht mit allen Gesichtspunkten des Vorbringens der Beteiligten und des festgestellten Sachverhalts in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinander gesetzt hat, kann daher noch nicht geschlossen werden, es habe die fraglichen Gesichtspunkte bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 1984 – BVerwG 8 C 108.82 – Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16 sowie Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 2), vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es seiner Entscheidung das Vorbringen der Beteiligten vollständig und richtig zu Grunde gelegt hat (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 2). Eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bzw. des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist darum nur anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen deutlich ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 54, 43 ≪45 f.≫; 65, 293 ≪295≫; 86, 133 ≪145 f.≫).
Hinreichende Anhaltspunkte dafür ergibt die Beschwerde nicht, die sich in ihrem sachlichen Kern auf die Rüge beschränkt, das Berufungsgericht habe die erkennbar zur Kenntnis genommenen Umstände sachwidrig und fehlerhaft bewertet. Das Berufungsgericht hat sich insbesondere mit der ersichtlich zur Kenntnis genommenen (Berufungsurteil S. 13) Verfälschung der von dem Kläger zu 1 vorgelegten Geburtsurkunde dahin auseinander gesetzt, dass es angesichts des von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks die von dem Beklagten aus der Vorlage gefälschter Unterlagen gezogenen Schlussfolgerungen nicht teile und die Vorlage einer gefälschten Urkunde bei dem festgestellten Sachverhalt nichts daran änderte, dass es keine vernünftigen Zweifel an der Abstammung des Klägers zu 1 von den bezeichneten deutschen Volkszugehörigen gebe (Berufungsurteil S. 22); Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (s. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1621/94 – BVerfGE 96, 205; stRspr; s.a. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4), er räumt auch keinen Anspruch darauf ein, dass das Gericht aus dem zur Kenntnis genommenen Vorbringen die von einem Beteiligten als geboten erachteten Schlüsse zieht und sonst den Vortrag der Beteiligten in bestimmter Weise berücksichtigt oder ihm im Ergebnis folgt (BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2000 – BVerwG 9 B 614.99 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46). Entsprechendes gilt für die Bewertung der Verfälschung des vorgelegten Inlandspasses, bei der das Berufungsgericht sich auch mit der Auskunft des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Republik Kasachstan vom 6. Februar 1997 über den Eintrag der Nationalität „Russe” auseinander gesetzt hat (Berufungsurteil S. 20 f.), und der Bewertung des Berufungsgerichts, es bestünden entgegen dem Vorbringen der Beklagten keine hineichenden Anhaltspunkte für eine Fälschung des Passantrags (Berufungsurteil S. 21 f.).
3.3 Die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO), das Berufungsgericht habe dadurch den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt, dass es ohne eine weitere Sachaufklärung hinreichende Anhaltspunkte für eine Fälschung des Passantrags verneint habe, obwohl der Kläger zu 1 (objektiv) gefälschte Urkunden vorgelegt habe, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Wer, wie der Beklagte, die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er – anwaltlich vertreten – in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgebenden materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. März 1978 – BVerwG 6 B 24.78 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 1. April 1997 – BVerwG 4 B 206.96 – NVwZ 1997, 890 ≪893≫ sowie vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328; Beschluss vom 13. März 2003 – BVerwG 5 B 267.02 – ≪juris≫); die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265; Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – NVwZ-RR 2002, 140).
Der Beklagte hat ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt. Das Berufungsgericht musste den Beklagten auch nicht auf die Möglichkeit hinweisen, dass es keine durchgreifenden Zweifel an der Echtheit des Passformulars hege und dieses nicht zu überprüfen beabsichtige, um ihm Gelegenheit zu geben, einen Beweisantrag zu stellen. Dies wäre nur erforderlich gewesen, wenn dies zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung, die der Beklagte selbst nicht geltend macht, angezeigt gewesen wäre; ohne einen solchen Anlass, der hier nicht ersichtlich war, war das Gericht nicht verpflichtet, zur Wahrung des rechtlichen Gehörs seine Einschätzung des Beweisergebnisses den Beteiligten vorab mitzuteilen (BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4; Beschluss vom 16. Juni 2003 – BVerwG 7 B 106.02 – NVwZ 2003, 1132). Anhaltspunkte dafür, dass sich dem Berufungsgericht in dieser Richtung von Amts wegen eine (weitere) Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, sind nicht feststellbar. Angesichts dessen erweist sich die Aufklärungsrüge auch insoweit im Ergebnis als eine im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unbeachtliche Kritik an der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts.
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
5. Mit Blick auf die hiernach angezeigte Zurückweisung der Beschwerde und die nach § 154 Abs. 2 VwGO zu treffende Kostenentscheidung erledigt sich durch Wegfall des Sachbescheidungsinteresses der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dem andernfalls zu entsprechen gewesen wäre (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 2, § 121 Abs. 1 ZPO).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Franke, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen