Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 18.09.2001; Aktenzeichen 9 B 98.34869)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. September 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die im Wesentlichen auf Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde macht geltend, der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt, weil das Berufungsgericht seinem Antrag auf Einholung von Auskünften sachverständiger Stellen nicht nachgekommen sei. Mit Schreiben vom 23. Juli 2001 hatte der Kläger vorgetragen, dass sich die Lage zwischen Äthiopien und Eritrea wieder verschärfe. Experten gingen von einem baldigen Wiederaufflammen der Kämpfe aus, da beide Völker den schmachvollen Frieden und das Diktat der Weltbank nicht vergessen könnten. Dem Kläger drohe daher unabhängig von dem bisher Vorgetragenen nunmehr auch die Zwangsrekrutierung für so genannte Himmelfahrtskommandos. In Eritrea würden ELF-RC-Mitglieder als Staatsfeinde gelten, da sie sich in Kriegszeiten gegen Isaias Afework gewandt hätten und in Addis Abeba ein ELF-Büro eingerichtet worden sei.

Das Berufungsgericht hat in dem im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO ergangenen Beschluss die beantragte Einholung sachverständiger Auskünfte unter Hinweis darauf abgelehnt, dass ihm schon nach den beigezogenen Auskünften und Berichten eine sichere Beurteilung möglich sei, ob der Kläger bei einer Rückkehr asylerheblich gefährdet werde. Da auch zugunsten des Klägers unterstellt werde, dass seine exilpolitischen Aktivitäten den eritreischen Behörden bekannt seien, sei auch insoweit die beantragte Beweiserhebung nicht veranlasst. Im Übrigen seien die Behauptungen über eine angebliche Verschärfung der Situation seit der Niederlage Eritreas im Grenzkrieg durch andere Quellen nicht belegt und auch wegen des Eigeninteresses der Organisation an der Unterstützung ihrer Mitglieder nicht hinreichend verlässlich (BA S. 9 f.).

Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht das ihm bei der Entscheidung über die Einholung weiterer Sachverständigengutachten oder ergänzender amtlicher Auskünfte grundsätzlich zustehende tatrichterliche Ermessen (vgl. dazu etwa Beschluss vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60 = InfAuslR 2000, 412; Beschluss vom 11. Februar 1999 – BVerwG 9 B 381.98 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 42 = DVBl 1999, 1206) mit dem Hinweis auf die bereits beigezogenen Erkenntnisquellen fehlerhaft ausgeübt habe. Der pauschale Einwand der Beschwerde, in der Erkenntnismittelliste seien keinerlei Auskünfte enthalten, die sich mit der geschilderten Situation befassten, genügt angesichts der Aktualität der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen und im Hinblick darauf, dass der Kläger Aufklärungsbedarf lediglich zu allgemeinen Entwicklungen im Verhältnis zwischen Äthiopien und Eritrea geltend gemacht hatte, nicht, um eine insoweit ermessensfehlerhafte Beweisablehnung zu belegen.

Auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts für die Ablehnung des Beweisantrags, die Behauptungen des Klägers über eine angebliche Verschärfung der Situation in Eritrea seien nicht belegt und wegen des Eigeninteresses der Organisation (gemeint ist offensichtlich die ELF-CL, welcher der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts angehört) an der Unterstützung ihrer Mitglieder nicht hinreichend verlässlich, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt darin nicht, wie die Beschwerde geltend macht, eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiserhebung. Denn das Berufungsgericht stützt sich hierbei ersichtlich auf den grundsätzlich zulässigen Beweisablehnungsgrund, dass die Beweisbehauptungen ohne jede tatsächliche Grundlage ins Blaue hinein aufgestellt worden seien und es sich damit der Sache nach um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handele (vgl. hierzu etwa Beschluss vom 27. März 2000, a.a.O.). Diese Begründung des Berufungsgerichts ist auch in der Sache nicht zu beanstanden, da der Kläger die unter Beweis gestellten Tatsachen, insbesondere die ihm angeblich drohende Gefahr zwangsrekrutiert und in einem so genannten Himmelfahrtskommando eingesetzt zu werden, mit keinem tatsächlichen Indiz belegt und zudem auch nicht dargelegt hat, weshalb erwartet werden könnte, dass die angegebenen Auskunftsstellen zu den behaupteten Tatsachen über weitergehende Erkenntnisse verfügen könnten, als dies bei den ohnehin aktuellen, bereits beigezogenen Erkenntnisquellen der Fall ist.

Die Beschwerde rügt in diesem Zusammenhang weiter, dass das Berufungsgericht seine Feststellung, wonach Mitglieder der ELF oder von Untergruppen dieser Organisationen wegen exilpolitischer Aktivitäten bei einer Rückkehr in ihre Heimat keine politische Verfolgung drohe, lediglich mit dem pauschalen Verweis auf seine ständige Rechtsprechung begründet habe. Damit verletze das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs und verstoße gegen die Denkgesetze; zudem sei der Beschluss insoweit im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen (Beschwerdebegründung S. 3 f.). Mit diesen Rügen kann die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie verkennt, dass der beanstandete Verweis des Berufungsgerichts auf seine ständige Rechtsprechung zur Frage der Rückkehrgefährdung von exilpolitisch tätigen ELF-Mitgliedern auf Seite 6 des Beschlussabdrucks lediglich das vorangestellte Ergebnis der im Folgenden näher begründeten Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur aktuellen Gefährdungslage für diese Oppositionsgruppe in Eritrea und Äthiopien ist.

Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Sie meint, das Berufungsgericht hätte hier deshalb nicht so verfahren dürfen, weil der Kläger bei der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung wegen Krankheit nicht zugegen gewesen sei. Damit legt die Beschwerde schon nicht ausreichend dar, weshalb die Entscheidung des Berufungsgerichts für das vereinfachte Verfahren nach § 130 a VwGO, die revisionsgerichtlich ohnehin nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüft werden kann (vgl. etwa Beschluss vom 10. April 1992 – BVerwG 9 B 142.91 – NVwZ 1992, 890 = Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 5), ermessensfehlerhaft erfolgt sein soll. Um eine Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der im Termin anwaltlich vertretene Kläger im Übrigen auch nicht nachgesucht. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, an welchem konkreten Vortrag im Berufungsverfahren der Kläger durch die vom Berufungsgericht gewählte Verfahrensweise gehindert gewesen sein will und welche weitergehende Sachverhaltsaufklärung zu entscheidungserheblichen Tatsachen die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hätte ergeben können, zumal das Berufungsgericht ohnehin zugunsten des Klägers unterstellt hat, dass seine Angaben zu den exilpolitischen Aktivitäten für die ELF-CL zuträfen und nachgewiesen seien (BA S. 9).

Von einer weiteren Begründung – insbesondere auch im Hinblick auf die nicht ausreichend dargelegte Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) – sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F.

 

Unterschriften

Eckertz-Höfer, Dr. Mallmann, Dr. Eichberger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI763783

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