Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 25.08.2005; Aktenzeichen 1 K 3646/96) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. August 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2. Die Beigeladene zu 3 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 204 516,75 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ihre Begründung ergibt nicht, dass einer der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgelisteten Gründe für die Zulassung der Revision gegeben ist.
1. Nach seiner Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hält der Kläger die Fragen für klärungsbedürftig,
a) ob ein vor Vollendung des Eigentumserwerbs am Gebäude verliehenes dingliches Nutzungsrecht wirksam ist und
b) ob ein vor Vollendung des Eigentumserwerbs am Gebäude verliehenes dingliches Nutzungsrecht nach der Eintragung der Eigentümer im Grundbuch nachträglich wirksam werden kann.
Zur Beantwortung dessen bedarf es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht; denn die Rechtslage liegt offen zu tage. Nach § 7 Satz 2 der Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 (GBl ≪der DDR≫ I Nr. 59 S. 590) war Voraussetzung für die Verleihung des Nutzungsrechts die Genehmigung des Kaufvertrages auf der Grundlage der Rechtsvorschriften über den Grundstücksverkehr. Diese Bedingung fiel nach § 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 9. April 1985 (GBl ≪der DDR≫ I Nr. 10 S. 109) gänzlich fort. Zu keiner Zeit kam es danach auf die anschließende Eintragung im Grundbuch an. Im Übrigen betreffen die Fragen – was auch die Beschwerde hervorhebt – die Auslegung von DDR-Recht, das nicht revisibel ist (§ 137 Abs. 1 VwGO).
2. Die Divergenzrügen des Klägers (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.
a) Die geltend gemachte Abweichung vom Beschluss vom 19. Januar 2000 – BVerwG 7 B 176.99 – (ZOV 2000, 123) ist nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung des Klägers enthält dieser Beschluss nicht den Rechtssatz, dass für die Beurteilung der Machtmissbräuchlichkeit der Zeitpunkt des Erlasses des Inanspruchnahmebescheides maßgeblich ist. In dem Beschluss heißt es lediglich: “Eine im Zeitpunkt der Inanspruchnahme gerechtfertigte Enteignung wird nicht schon dadurch zur unlauteren Machenschaft, dass die Wirkungen der Inanspruchnahme in die Vergangenheit verlegt werden”. Im Übrigen wäre dem angefochtenen Urteil ein Rechtssatzwiderspruch auch deshalb nicht zu entnehmen, weil das Verwaltungsgericht auf die Inanspruchnahme des streitgegenständlichen Grundstücks abgehoben hat, indem es meint, es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die schon aus dem objektiven Gehalt heraus die begründete Annahme rechtfertigen könnte, bei der Inanspruchnahme des streitgegenständlichen Grundstücks sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen (UA S. 14).
b) Die geltend gemachte Abweichung von den Urteilen vom 5. März 1998 – BVerwG 7 C 8.97 – (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 140) und vom 3. September 1998 – BVerwG 7 C 26.97 – (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 160) liegt nicht vor. Hiernach ist Voraussetzung einer Enteignung nach dem Aufbaugesetz, dass die Durchführung von Baumaßnahmen konkret geplant war. Von diesem Rechtssatz geht auch das Verwaltungsgericht aus. In seinem Urteil (S. 11) heißt es, dass die Inanspruchnahme des streitgegenständlichen Grundstücks der Sicherung der Instandsetzung bzw. Modernisierung des auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindlichen Wohnhauses gedient hatte. Wenn der Kläger der Ansicht ist, dass diese Feststellung falsch sei, rügt er die Anwendung des Rechtssatzes, deckt jedoch keinen Rechtssatzwiderspruch auf.
c) Die geltend gemachte Abweichung von den Beschlüssen vom 26. September 1994 – BVerwG 7 B 50.94 – (Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 9) und vom 21. Dezember 1995 – BVerwG 7 B 263.95 – (VIZ 1996, 337) besteht ebenfalls nicht. Hiernach teilt ein im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Gebäudes verliehenes Nutzungsrecht dessen Schicksal. Einen davon abweichenden Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht aber weder aufgestellt noch festgestellt, dass der Eigentumserwerb an dem Gebäude nicht möglich war.
3. Schließlich greifen die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht durch.
a) Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich keine fehlerhafte oder unvollständige Aufklärung des Sachverhaltes. Beweisanträge, die das Verwaltungsgericht gemäß § 86 Abs. 2 VwGO zu beachten gehabt hätte, hat der Kläger nicht gestellt. Soweit er bemängelt, dass Akten der Beigeladenen zu 3 nicht beigezogen worden seien, hat er nicht vorgetragen, an welche er dabei gedacht habe und welche konkreten Erkenntnisse sich aus diesen Akten über die bereits in den beigezogenen Verwaltungsakten enthaltenen Unterlagen zu den Reparaturarbeiten, der Inanspruchnahme des Grundstücks und dem Erwerbs des Nutzungsrechts hinaus ergeben sollen. Der nach dem Urteil des Senats vom 10. Dezember 2003 – BVerwG 8 C 11.02 – (Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 77) in dieser Sache eingeforderten Aufklärung des Widerspruchs ist das Verwaltungsgericht nachgekommen. Vor der Inanspruchnahme seien erhebliche Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden und die Beschlussvorlage des Rates der Gemeinde, nach der Instandsetzungsarbeiten dringlich erforderlich gewesen seien, liege mehr als neun Monate vor Abschluss des Eigenheimkaufvertrages zurück.
Ein Aufklärungsmangel ergibt sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht nicht ermittelt hat, ob die Gemeinde vorhatte, Baumaßnahmen durchzuführen. Hierauf kam es dem Verwaltungsgericht erkennbar nicht an, weil nach den unbestrittenen tatbestandlichen Feststellungen in seinem Urteil (S. 5) die Instandsetzungsarbeiten in Absprache mit der Verwalterin vom Beigeladenen zu 2 vorzufinanzieren und durchzuführen gewesen waren. Die Gemeinde hatte für einen Aufbaukredit gesorgt. Wenn der Kläger meint, die Instandsetzungsarbeiten seien nicht erforderlich gewesen, würdigt er den Sachverhalt anders als das Verwaltungsgericht, weist damit aber auf keinen Verfahrensfehler hin.
b) Der Vorwurf des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die Redlichkeitsbedenken der Beigeladenen zu 3 nicht berücksichtigt, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass solche Zweifel rechtlich unerheblich sind (UA S. 15). Sie haben für das Verwaltungsgericht keinen Beweiswert.
c) Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung (§ 144 Abs. 6 VwGO) des zurückverweisenden Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2003 – BVerwG 8 C 11.02 – liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Den Hinweisen in diesem Urteil für das weitere Verfahren des Verwaltungsgerichts nach Zurückverweisung der Sache – hier: zu der noch vorzunehmenden Prüfung des Schädigungstatbestands und der Redlichkeit – kommt keine Bindungswirkung zu (Beschluss vom 3. April 1974 – BVerwG 2 B 72.73 – Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 29 S. 26; Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 144 Rn. 120).
d) Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Nachdem das Verwaltungsgericht gegen Ende einer fast zweistündigen mündlichen Verhandlung am 25. August 2005 mitgeteilt hat, alles spreche dafür, dass ein Rückübertragungsausschluss vorliege, und danach die erschienenen Beteiligten ihre Sachanträge gestellte hatten, musste mit einer verfahrensbeendigenden Entscheidung gerechnet werden.
e) Der vom Kläger als “Verfahrensfehler der Verwaltung durch Verwaltungsgerichte” bezeichneten Rüge ist bereits zutreffend das Verwaltungsgericht mit dem Hinweis begegnet, dass es sich bei dem vom Kläger eingeklagten Rückübertragungsbescheid um eine gebundene, also nicht im Ermessen des Beklagten stehende Entscheidung handelt. Deshalb ist das Gericht gehalten gewesen, entsprechend dem Klageantrag die Spruchreife herbeizuführen und in der Sache zu entscheiden. Eine “Zurückverweisung” an den Beklagten zur weiteren Sachaufklärung nach § 113 Abs. 3 VwGO schied aus. Die Vorschrift ist auf Verpflichtungsklagen nicht anwendbar (Urteil vom 6. Juli 1998 – BVerwG 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ≪129≫).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen