Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 5 K 3205/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 26 075 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat nicht die ihr vom Kläger beigelegte grundsätzliche Bedeutung.
Der Kläger sieht es als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob es rechtmäßig sei, dass die Bemessungsgrundlage für die von ihm begehrte Entschädigung nach § 4 Abs. 1 des Entschädigungsgesetzes (EntschG) sein Grundvermögen und insbesondere das nicht rückgabefähige Grundstück mit dem 1 ½-fachen des Einheitswertes berücksichtige, während nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EntschG die an ihn zurückgegebenen Grundstücke mit dem vollen Verkehrswert davon in Abzug gebracht würden. Er meint, wenn dies tatsächlich der Inhalt der gesetzlichen Regelung sei, verstoße diese gegen höherrangiges Recht. Diese Auffassung geht fehl.
Die Regelung des § 4 EntschG ist in dem vom Verwaltungsgericht verstandenen und vom Kläger beanstandeten Sinne eindeutig. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EntschG schreibt vor, dass Betriebsgrundstücke bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Unternehmen mit dem Einheitswert oder Ersatzwert in Ansatz zu bringen sind. Es steht außer Frage, dass diese Vorschrift auch im Rahmen einer nach § 4 Abs. 3 EntschG vorzunehmenden Schätzung Geltung beansprucht. Andererseits bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 EntschG eindeutig, dass bei einer Rückgabe einzelner Vermögensgegenstände deren Wert im Zeitpunkt der Rückgabe von der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens abzuziehen ist. Die Auffassung des Klägers, hierbei könne es sich nur um einen Redaktionsfehler handeln, trifft nicht zu. Dies belegen die Gesetzgebungsmaterialien. § 4 Abs. 4 EntschG sollte danach den bisherigen § 6 Abs. 7 VermG ersetzen, der folgenden Wortlaut hatte: “Leistungen nach Absatz 6a werden auf einen verbleibenden Entschädigungsanspruch voll angerechnet.” In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der “heutige Wert des zurückgegebenen einzelnen Vermögensgegenstandes” maßgeblich sein soll (BTDrucks 12/4887 S. 35). Der Kläger übersieht zudem, dass die Absätze 1 und 2 des § 4 EntschG die Bewertung des Unternehmens als Ganzes zum Gegenstand haben und dass insoweit den Betriebsgrundstücken nur die Bedeutung von Berechnungsfaktoren zukommt. Unternehmen hatten nach der Einschätzung des Gesetzgebers in der DDR nur einen geringen Wert, da sie häufig überschuldet waren, einen zu hohen Personalbestand aufwiesen und nicht gewinnorientiert betrieben werden konnten (vgl. Rodenbach in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, EALG, § 4 EntschG Rn. 5; Kapinos, Praxishandbuch des Entschädigungs- und Lastenausgleichsrechts, F I 3 § 4 EntschG Rn. 171). Es kommt hinzu, dass die Ermittlung der Bemessungsgrundlage regelmäßig eine fiktive Unternehmensbewertung verlangt, da das ursprüngliche Unternehmen häufig gar nicht mehr vorhanden ist oder jedenfalls eine grundlegende Veränderung erfahren hat (vgl. Kapinos a.a.O. Rn. 170). Deshalb hat der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage den zuletzt festgestellten Einheitswert oder Ersatzwert zur Grundlage gemacht und nur mit einem mäßigen Aufschlag versehen (vgl. BTDrucks 12/7588 S. 37). Die vom Kläger für notwendig gehaltene Ermittlung des Verkehrswertes von Betriebsgrundstücken zum 3. Oktober 1990 wäre demgegenüber jedenfalls mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht realisierbar gewesen. Solche Schwierigkeiten bestehen im Hinblick auf den Wertabzug für einzelne tatsächlich zurückgegebene Vermögensgegenstände, wie ihn § 4 Abs. 4 EntschG vorschreibt, nicht. Da diese Gegenstände vorhanden und einer Ermittlung ihres Verkehrswertes ohne weiteres zugänglich waren, hat der Gesetzgeber insoweit den vollen Verkehrswert, der dem Berechtigten zugeflossen ist, in Ansatz gebracht (vgl. Rodenbach a.a.O. Rn. 50; Kapinos a.a.O. Rn. 289).
Zu Unrecht meint der Kläger, diese Regelung sei mit der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG nicht zu vereinbaren. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG für die Frage, ob und in welchem Umfang die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, für unrechtmäßige Vermögensschädigungen durch eine ausländische Staatsgewalt oder frühere deutsche Staatsgewalten einen Ausgleich zu schaffen, keine Vorgaben zu entnehmen (vgl. BVerfGE 102, 254 ≪297≫).
Die vom Gesetzgeber getroffene Regelung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht willkürlich. Gerade auf dem Gebiet der Wiedergutmachung kommt dem Gesetzgeber auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG ein besonders weites Beurteilungsermessen zu (vgl. BVerfGE 102, 254 ≪299≫). Die insoweit gesetzten Grenzen hat der Gesetzgeber nicht überschritten. Es ist oben dargelegt worden, welche Gründe ihn veranlasst haben, einerseits bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage von festgestellten Einheitswerten, andererseits bei der Anrechnung des zurückgegebenen Vermögens von dessen Verkehrswert im Zeitpunkt der Rückgabe auszugehen. Diese Gründe sind gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG tragfähig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 14 GKG a.F.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen