Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 21.09.2005; Aktenzeichen 9 N 3804/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. September 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob eine Veränderungssperre erst erlassen werden darf, wenn über ein Mindestmaß des zu erwartenden Bebauungsplans und die Entwicklung gemeindlicher positiver Vorstellungen hinaus der Nachweis der Finanzierbarkeit der Planung und gemeindlichen Aufwendungen geführt wird und/oder die Umsetzung der Planungsabsichten tatsächlich realisierbar ist, führt bereits deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil sich die Vorinstanz nicht mit der Frage befasst und keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die mit der umstrittenen Veränderungssperre zu sichernde Planung aus finanziellen oder anderen Gründen zu scheitern droht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheidet die Zulassung der Revision aus, wenn ein Instanzgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich sein könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 1998 – BVerwG 9 B 197.98 – juris; Beschluss vom 28. November 2005 – BVerwG 4 B 66.05 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, welche Anforderungen an eine Veränderungssperre zu stellen sind und wann diese als Sicherungsmittel ausscheidet. Letzteres ist der Fall, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 – BVerwG 4 NB 40.93 – NVwZ 1994, 685 m.w.N.). Ein nicht heilbarer Mangel liegt namentlich vor, wenn eindeutig ist, dass sich die Planungskonzeption nicht verwirklichen lässt (Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14, Rn. 57). Mehr ist zu dem Thema nicht zu sagen.
2. Auch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kann die Revision nicht zugelassen werden. Die erhobene Divergenzrüge greift nicht durch. Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor, einen Rechtssatz aufgestellt zu haben, der dem in mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz widerspricht, eine Veränderungssperre dürfe erst erlassen werden, wenn die Planung, die gesichert werden solle, ein Mindestmaß dessen erkennen lasse, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein solle. Vielmehr rügt sie eine fehlerhafte Subsumtion des Sachverhalts unter diesen auch vom Verwaltungsgerichtshof akzeptierten Rechtssatz. Damit ist der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht schlüssig dargelegt.
3. Die Zulassung der Revision kann schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers erfolgen. Zu Unrecht rügt die Beschwerde einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO als Verfahrensfehler und nicht als materiellrechtlicher Mangel zu werten ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 – BVerwG 7 C 23.03 – BVerwGE 122, 85 ≪92≫); denn der Vorwurf der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe den Inhalt der Protokolle der Gemeinderatssitzungen vom 15. Juli 1997 und 13. September 2004 nicht zur Kenntnis genommen und sei deshalb von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, ist unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat entscheidungstragend darauf abgestellt, dass die Gemeindevertretung mehrheitlich den Planungsabsichten zugestimmt hat, wie sie in der Beschlussvorlage des Gemeindevorstands formuliert worden waren. Diese Absichten hat er als konkret genug gewürdigt, um die Veränderungssperre zu rechtfertigen. Auf die dem Erlass der Veränderungssperre vorhergehenden Diskussionen in der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin zur Entwicklung des Ortsteils Breitefeld kam es ihm nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Gatz, Dr. Philipp
Fundstellen