Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 04.02.2003; Aktenzeichen 9 S 1058/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob Absolventen einer staatlich anerkannten Privatschule trotz fehlender (landes-)gesetzlicher Regelung ein Recht auf Nachdiplomierung haben, wenn die Privatschulen zu Abschlüssen führen, die mit denen staatlicher Schulen oder staatlich anerkannter Ersatzschulen gleichwertig sind. Die Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen und rechtfertigt deshalb die Zulassung der Revision nicht.
Der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt der von dem Tatsachengericht festgestellte Sachverhalt, soweit er nicht mit Revisionsrügen erfolgreich angegriffen worden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Dementsprechend rechtfertigt eine Frage die Zulassung der Revision nicht, die auf tatsächlichen Voraussetzungen beruht, die das Berufungsgericht nicht festgestellt und die es demgemäß rechtlich nicht gewürdigt hat. Eine Rechtsfrage, die sich für das Berufungsgericht nicht gestellt hat, kann grundsätzlich nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen (stRspr; vgl. Beschluss vom 29. Juni 1992 – BVerwG 3 B 102.91 – Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 17). Anderes gilt voraussetzungsgemäß, wenn das Berufungsgericht Feststellungen in Anwendung von Rechtssätzen unterlassen hat, die revisionsgerichtlicher Klärung bedürfen.
Das angefochtene Urteil enthält keine dahin gehende Feststellung, dass der vom Kläger an der Akademie für praktische Betriebswirtschaft erworbene Abschluss mit demjenigen einer staatlichen Schule oder einer staatlich anerkannten Ersatzschule gleichwertig ist. Damit fehlt es an einer für die aufgeworfene Frage entscheidenden Voraussetzung.
Darüber hinaus trifft die Annahme der Beschwerde nicht zu, dass eine gesetzliche Regelung der Nachdiplomierung fehle. Eine solche liegt vielmehr in § 99 Abs. 2 FHG vor. Daher könnte sich in einem Revisionsverfahren allenfalls die Frage stellen, ob diese Vorschrift in der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gegebenen Auslegung mit revisiblem Recht, namentlich mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang steht. Wäre dies nicht der Fall, stünde nach dem Gesagten der Zulassung der Revision nicht entgegen, wenn der Verwaltungsgerichtshof in Verkennung dieser Rechtslage die Feststellung der Gleichwertigkeit des vom Kläger erworbenen Schulabschlusses mit staatlichen oder staatlich anerkannten Abschlüssen unterlassen hätte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dem Beschwerdevortrag die angesprochene Frage mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt und ob sie von grundsätzlicher Bedeutung für die Auslegung von revisiblem Recht ist. Denn jedenfalls begründet das Beschwerdevorbringen keine solchen Zweifel an der Vereinbarkeit des § 99 Abs. 2 FHG mit Bundesverfassungsrecht, dass die Durchführung eines Revisionsverfahrens gerechtfertigt wäre.
Soweit sich die Beschwerde ohne nähere Erörterung auf Art. 7 Abs. 4 GG beruft, ist bereits nicht erkennbar, inwiefern der sachliche Geltungsbereich dieser Verfassungsvorschrift berührt sein könnte (vgl. BVerfGE 27, 195, 201 f.; 37, 314, 320). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG käme allenfalls in Betracht, wenn die Anknüpfung in § 99 Abs. 2 FHG an den erfolgreichen Abschluss des Studiums an einer Vorgängereinrichtung der Fachhochschulen, wie die Beschwerde sinngemäß meint, allein formaler Art wäre und die Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen nicht ausreichend berücksichtigen würde. Dies ist nach den das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 173 VwGO, § 560 ZPO bindenden Ausführungen im angefochtenen Urteil jedoch nicht der Fall. Danach sind private Ergänzungsschulen, zu denen die Akademie für praktische Betriebswirtschaft gehört, deshalb keine “Vorgängereinrichtung”, weil bei ihnen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie – anders als die privaten Ersatzschulen – von ihrem Bildungsziel und Bildungsinhalt her eine staatliche Schule ersetzen und somit dieser gleichwertig sind (Berufungsurteil S. 8 f.). Der Anknüpfung an den Studienabschluss an einer Vorgängereinrichtung liegen also Erwägungen zur (materiellen) Gleichwertigkeit des Ausbildungsgangs und damit zugleich des Abschlusses zugrunde.
Der Kläger wendet sich im Kern dagegen, dass die Akademie für praktische Betriebswirtschaft trotz Gleichwertigkeit von Ausbildung und Prüfungsanforderungen mit den staatlichen Schulen nicht den Status einer genehmigten oder anerkannten Ersatzschule erlangt habe, gleichwohl aber in der Öffentlichkeit der Eindruck der Gleichwertigkeit mit der Höheren Wirtschaftsfachschule erzeugt worden sei; der Schutz der Absolventen der Akademie für praktische Betriebswirtschaft gebiete deshalb eine Nachdiplomierung. Die Beschwerde macht damit sinngemäß geltend, der Verwaltungsgerichtshof hätte es nicht mit der Feststellung bewenden lassen dürfen, dass die Akademie für praktische Betriebswirtschaft nicht als Ersatzschule genehmigt worden sei. Diese Erwägungen enthalten jedoch keine hinreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil und zeigen keinen Bedarf nach Klärung in einem Revisionsverfahren auf. Der Verwaltungsgerichtshof weist darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, im Verfahren der Nachdiplomierung inzident zu prüfen, ob die vom Kläger in den Jahren 1970 – 1972 besuchte und 1976 eingestellte Privatschule als Ersatzschule hätte genehmigt (anerkannt) werden können (Berufungsurteil S. 9). Darin kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass die Regelung des § 99 Abs. 2 FHG den Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsraums nicht überschreitet (vgl. dazu Beschluss vom 30. Dezember 1988 – BVerwG 7 B 99.88 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 124 = NVwZ-RR 1989, 370), indem sie über die Anknüpfung an privatschulrechtliche Tatbestände hinaus eine materielle Gleichwertigkeitsprüfung nicht vorsieht. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass eine solche aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten wäre. Insbesondere kann im Hinblick auf die Regelungen des Privatschulgesetzes grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, Interessierte hätten annehmen dürfen, dass eine Privatschule, die nicht als Ersatzschule genehmigt oder anerkannt war, zu einem Abschluss führte, der demjenigen einer staatlichen Schule gleichwertig war. Fehlt es demnach an einer schutzwürdigen Vertrauensposition, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, auf Belange der Absolventen von Ergänzungsschulen bei der Regelung der Nachdiplomierung einzugehen.
2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht, wie der Kläger vorträgt, vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juni 1975 – BVerwG 7 C 14.73 – (BVerwGE 48, 305) ab, so dass die Revision auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen ist.
Soweit sich die Beschwerde auf eine Abweichung von dem Rechtssatz beruft, dass es für die Verleihung der Bezeichnung “Ingenieur (grad.)” in Hessen keiner gesetzlichen Ermächtigung bedarf, liegt eine Abweichung nicht vor, weil sich dieser Rechtssatz auf eine andere landesrechtliche Rechtslage bezieht, die sich im Hinblick auf die gesetzliche Regelung der Nachdiplomierung in Baden-Württemberg (§ 99 Abs. 2 FHG) von der seinerzeit zu beurteilenden wesentlich unterscheidet.
Die von der Beschwerde ferner zur Begründung der Divergenz herangezogene Aussage dieser Entscheidung zu Art. 3 Abs. 1 GG bezieht sich auf die Gleichbehandlung der Abschlussprüfung an einer staatlich nur genehmigten (Hervorhebung nur hier) privaten Ingenieurschule mit einer staatlichen Ingenieurprüfung an einer öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Ingenieurschule. Da der Verwaltungsgerichtshof über die Nachdiplomierung im Falle des Abschlusses der Ausbildung an einer nicht als Ersatzschule genehmigten Privatschule zu befinden hatte, ist die erwähnte Aussage nicht einschlägig und kann nicht zur Grundlage einer Divergenzrüge gemacht werden.
Im Übrigen stützt sich die Beschwerde auf die Bedeutung, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung der Gleichwertigkeit der Prüfung für die Frage der Nachdiplomierung gegeben hat, und auf die in der genannten Entscheidung angesprochene Unzulässigkeit der Anknüpfung an formale Merkmale. Insoweit bezieht sie sich nicht auf einen divergenzfähigen Rechtssatz, sondern macht lediglich geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof die Bedeutung der Gleichwertigkeit der Prüfung und die Möglichkeit einer Nachgraduierung auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 1 GG verkannt habe, indem er sich allein auf formale Gesichtspunkte gestützt habe. Dies genügt nicht zur Darlegung einer Abweichung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Aus den oben dargelegten Gründen beruhen die Ausführungen der Beschwerde zudem auf einem unzutreffenden Verständnis des Berufungsurteils, so dass auch deshalb der Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht gegeben ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 14 Abs. 1, 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Bardenhewer, Gerhardt, Vormeier
Fundstellen