Verfahrensgang

OVG Berlin (Aktenzeichen 3 B 15.95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 2000 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die behaupteten Verfahrensmängel sind nicht in einer Weise bezeichnet, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

Die Beschwerde rügt zunächst, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen. Denn die Entscheidung, die im Wesentlichen auf eine Grundsatzentscheidung des Berufungsgerichts Bezug nehme, sei nicht aus sich heraus verständlich. Damit ist ein Verfahrensmangel gemäß § 138 Nr. 6 VwGO nicht hinreichend dargelegt. Ein derartiger Mangel liegt dann vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass die angeführten Gründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (vgl. Beschluss vom 5. Juni 1998 – BVerwG 9 B 412.98 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 m.w.N.). In dieser Hinsicht macht die Beschwerde nichts geltend. Die von ihr gerügte Bezugnahme des Berufungsgerichts auf eine frühere Entscheidung stellt keinen Begründungsmangel dar, zumal nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerde die in Bezug genommene Grundsatzentscheidung des Berufungsgerichts ordnungsgemäß in das Verfahren des Klägers eingeführt worden ist und den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorliegt. Eine derartige Bezugnahme wird in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten als grundsätzlich unbedenklich angesehen (vgl. zuletzt Urteil vom 12. Juli 2001 – BVerwG 1 C 5.01 – m.w.N., zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beschwerde macht nicht ersichtlich, dass vorliegend Umstände gegeben sind, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung gebieten.

Die Beschwerde beanstandet ferner, das Berufungsgericht habe bei der Heranziehung von Lageberichten und Auskünften des Auswärtigen Amtes den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. So habe das Berufungsgericht die Beweisanträge des Klägers abgelehnt, den Staatsminister im Auswärtigen Amt zum empirischen Wahrheitsgehalt der einschlägigen Lageberichte und Auskünfte als Zeugen zu vernehmen sowie deren Verfasser „zur Erläuterung” der angeführten Lageberichte und Auskünfte „sowie zum Beweis dessen, dass jedenfalls die Lageberichte bis September 1999 … mit dem Bundesministerium des Innern … abgestimmt wurden, zu laden und zu hören”. Im Übrigen hätte das Berufungsgericht auch ohne die Beweisanträge die entsprechenden Lageberichte und Auskünfte nicht ohne weitere Ermittlungen berücksichtigen dürfen.

Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht schlüssig dargetan. Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die Beweisanträge des Klägers prozessrechtswidrig abgelehnt hat. Das Berufungsgericht hat seine Ablehnung – auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – im Wesentlichen damit begründet, dass Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes selbständige (schriftliche) Beweismittel seien und nicht den Regelungen über den Sachverständigenbeweis unterfielen. Die Beschwerde setzt sich mit dieser rechtlichen Beurteilung bzw. der vom Berufungsgericht zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. insbesondere Urteil vom 22. Januar 1985 – BVerwG 9 C 52.83 – Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 5) nicht näher auseinander. Soweit die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte die Beweisanträge unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung nicht zurückweisen dürfen, weil der Kläger die Verfasser der Auskünfte und Lageberichte und den Staatsminister V. als Zeugen benannt habe (Beschwerdebegründung S. 15), wird schon der – zur Beurteilung der Verfahrensrüge unverzichtbare – genaue Inhalt aller Ablehnungsgründe des Oberverwaltungsgerichts nicht, wie das Darlegungsgebot aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO es erfordert, mitgeteilt. Auch trifft es nach der Beschwerdebegründung nicht zu, dass die Verfasser der Berichte als Zeugen benannt wurden. Ferner sind die auf S. 15 der Beschwerdebegründung erwähnten Ablehnungsgründe, dass Staatsminister V. erst seit September 1998 im Amt sei und an der Erstellung der beanstandeten Erkenntnismittel nicht beteiligt gewesen sei, durchaus tragfähig. Ein Zeugenbeweisantrag ist nur dann hinreichend substantiiert, wenn im Einzelnen angegeben wird, auf welche Beweistatsachen und deren Wahrheit er sich bezieht und welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf die Beweistatsachen (oder die zu deren Ermittlung dienenden Hilfstatsachen oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll (vgl. zuletzt Beschluss vom 29. Juni 2001 – BVerwG 1 B 131.00 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Gemessen hieran ist eine hinreichende Substantiierung des Antrags auf Vernehmung des Staatsministers als Zeugen nicht vorgetragen und erkennbar. Außerdem durfte das Berufungsgericht die Beweisanträge auch als unsubstantiierte Ausforschungsbeweisanträge ablehnen, weil sie nur der Aufklärung eines spekulativen, vagen Verdachts einer Manipulation dienen sollten. Das hat das Berufungsgericht in dem Beschluss vom 28. November 2000 getan; damit befasst sich die Beschwerde nicht. Dem Kläger hätte es freigestanden, eine weitere Aufklärung der als unwahr angegriffenen Tatsachenfeststellungen und Wertungen, soweit sie für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich waren, insbesondere durch weitere (Ober-)Gutachten und amtliche Auskünfte selbst zu beantragen und hierbei die Validität der früheren Auskünfte und Lageberichte im Einzelnen in Zweifel zu ziehen. Das hat auch das Berufungsgericht in seinem Beschluss vom 28. November 2000 zutreffend angenommen; auch damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

Entsprechendes gilt für die weitere Rüge, das Berufungsgericht hätte nicht ohne zusätzliche Ermittlungen die Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes berücksichtigen dürfen. Soweit die Beschwerde damit eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügen will, fehlt es gleichfalls an einer ordnungsgemäßen Bezeichnung des behaupteten Verfahrensmangels. So setzt die Beschwerde sich auch in diesem Zusammenhang nicht näher mit der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auseinander und legt nicht, jedenfalls nicht in nachvollziehbarer Weise dar, aus welchen gewichtigen und fallbezogenen Gründen das Berufungsgericht gehalten gewesen sein sollte, auf schriftlichem Wege erneut an das Auswärtige Amt heranzutreten (vgl. nochmals das Urteil vom 25. Januar 1985, a.a.O.). Der Kläger hatte im Berufungsverfahren pauschal den Verdacht geäußert, alle Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes bis September 1999 seien noch von der alten Bundesregierung beeinflusst und entsprächen nicht der „empirischen Wahrheit”. Das Berufungsgericht hat hierfür keine Anhaltspunkte gesehen und seine Entscheidung außerdem im Wesentlichen auf den später erstellten Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Sri Lanka vom 28. April 2000 gestützt. Insofern bleibt auch aus Sicht der Beschwerde unklar, aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht Nachfragen beim Auswärtigen Amt aufgedrängt haben sollen, vor allem inwieweit und in Bezug auf welche Tatsachen „Gründe im Einzelfall für eine gezielte Verfälschung von Nachrichten durch das Auswärtige Amt sprechen” (vgl. den Beschluss des Berufungsgerichts vom 28. November 2000).

Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der inhaltlichen Richtigkeit der einzelnen Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes Fragen der Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung anspricht, macht sie nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen vorliegen könnten, unter denen ein Verstoß gegen die Grundsätze richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) nicht nur als materiellrechtlicher Mangel, sondern ausnahmsweise als Verfahrensfehler anzusehen sein kann (vgl. den Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 = DVBl 1996, 108).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

 

Unterschriften

Dr. Paetow, Richter, Beck

 

Fundstellen

Dokument-Index HI637774

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge