Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 18.04.2013; Aktenzeichen 1 K 837/11) |
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32 350 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Beigeladenen wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam. Darin hat dieses den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2006 aufgehoben, mit dem dieser nach § 1 Abs. 6 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG u.a. die ursprünglich im Eigentum der Rechtsvorgänger der Beigeladenen stehenden und nach Aktenlage unbebauten im Stadtgebiet der Klägerin gelegenen Flurstücke 1, 2 und 3 der Flur … auf die Beigeladenen übertragen hatte.
Die Klägerin ist Eigentümerin und Verfügungsberechtigte dieser Flurstücke. Die insgesamt 647 qm große Fläche gehörte zum landwirtschaftlichen Gut …, das die Brüder Albert und Max S. im Jahre 1872 von Dritten erworben hatten. Nach deren Tod schlossen die Erben nach Albert und Max S. am 13. Oktober 1933 mit dem Kaufmann G., einem NSDAP-Mitglied, einen notariell beurkundeten Parzellierungsvertrag. Dieser hatte u.a. zum Gegenstand, bis zum 31. Dezember 1938 die Flächen des Gutes – mit Ausnahme des Gutshofs selbst und der Villen „So.” und „M.” – aufzuteilen und die entstandenen Parzellen mit einer Durchschnittsgröße von rund 600 qm an Neusiedler zu verkaufen.
Der im Auftrag der Erben der Brüder S. im Dezember 1933 erstellte Teilsiedlungsplan für die Flächen des Gutes … wurde im Mai 1934 vom Regierungspräsidenten genehmigt. In dem im Anschluss daran mit der Klägerin (Stadt T.) vereinbarten Aufschließungsvertrag vom 16. Mai 1934 verpflichteten sich die Erben der Brüder S. nach dem Wortlaut des Vertragstextes u.a., 25% der Gesamtfläche für öffentliche Zwecke (Straßen, Plätze, Spiel- und Erholungsflächen sowie Grünanlagen) „unentgeltlich, schulden-, lasten- und kostenfrei” an die Stadt T. auf jederzeitiges Verlangen aufzulassen. In der Folgezeit wurden diejenigen Flurstücke, die nach dem Aufschließungsvertrag „unentgeltlich” an die Stadt T. übertragen werden sollten, nach erfolgter Auflassung im Grundbuch auf ein anderes Liegenschaftsblatt mit der Stadt T. als Eigentümerin umgeschrieben. Dazu gehörte die streitgegenständliche Fläche.
Mit Bescheid vom 29. März 1996, der alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschiedenen Flächen des ehemaligen Gutes … (einschließlich der streitgegenständlichen Grundstücke) betraf, lehnte die damals zuständige Behörde eine Rückübertragung an die (damaligen) Rechtsnachfolger der Erben der Brüder S. mit der Begründung ab, die an sich für einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust streitende gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 REAO sei nach Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO widerlegt. Mit im Wesentlichen gleichlautenden Urteilen vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – (Teltow-Seehof I) BVerwGE 108, 157 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 167 und vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 17.98 – (Teltow-Seehof II) hat das Bundesverwaltungsgericht zwei dagegen gerichtete Klagen der Rechtsnachfolger der Erben S. abgewiesen. Diese Klagen betrafen Flächen, die als Straßen- und Grünland aufgrund des Aufschließungsvertrages vom 16. Mai 1934 an die Stadt T. aufgelassen worden waren.
Der (Global-)Bescheid vom 29. März 1996 im Übrigen war Gegenstand weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. November 2003 – BVerwG 8 C 10.03 – BVerwGE 119, 232 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 23 (Teltow-Seehof III) in einem Verfahren, das nach dem 15. September 1935 an Neusiedler verkaufte Bauparzellen betraf, einen verfolgungsbedingten Zwangsverkauf angenommen hatte, schlossen die Anmelder von Restitutionsansprüchen mit der Beklagten (Bundesamt) unter dem 28. Juni 2005 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam einen gerichtlichen Vergleich, an dem die Beigeladenen nicht beteiligt waren. Darin wurde die mit dem Bescheid vom 29. März 1996 erfolgte Ablehnung der Rückübertragung aufgehoben; zugleich wurden die damit wieder unbeschiedenen Restitutionsansprüche flurstücksbezogen auf Rechtsnachfolger der Erben der Gebrüder S. aufgeteilt. Der Anspruch auf Rückübertragung der hier streitgegenständlichen Fläche war davon erfasst.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 übertrug die Beklagte sodann die drei streitgegenständlichen Flurstücke auf die Beigeladenen und stützte sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Entscheidung des Senats im Urteil vom 26. November 2003 (Teltow-Seehof III).
Der dagegen gerichteten Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Potsdam stattgegeben und mit Urteil vom 13. November 2008 – VG 1 K 1397/06 – den angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 2006 aufgehoben und den Streitwert auf 32 350 EUR (50 EUR/qm) festgesetzt. Auf die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. März 2011 – BVerwG 8 B 44.10 – (Teltow-Seehof IV) u.a. dieses Urteil (sowie die ebenfalls am 13. November 2008 ergangenen Urteile des Verwaltungsgerichts Potsdam in den Parallelverfahren VG 1 K 1398/06, 1 K 1399/06, 1 K 1401/06, 1 K 799/07 und 1 K 2299/07) wegen Verletzung des Anspruchs der Beigeladenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und Verstoßes gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Mit dem sodann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2013 ergangenen und am 24. September 2013 zugestellten Urteil hat das Verwaltungsgericht Potsdam den angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 2006 erneut aufgehoben und die Revision nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde der Beigeladenen hat Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt diese in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sowie in ihren Verfahrensrechten aus § 108 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO sowie aus § 86 Abs. 1 VwGO. Es ist deshalb aufzuheben. Das Verfahren wird gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam zurückverwiesen.
1. Die Grundsatzrügen sind allerdings nicht begründet. Entgegen der Ansicht der Beschwerde kommt der Streitsache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
a) Hinsichtlich der ersten von den Beigeladenen aufgeworfenen Rechtsfrage (S. 18 ff. der Beschwerdebegründung)
„Ist es für die Annahme ‚anderer Tatsachen’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 2. Variante REAO, die für die ungerechtfertigte Entziehung eines Vermögenswertes im Sinne des Art. 2 REAO sprechen, erforderlich, dass Indizien im Sinne von Beweisanzeichen als Hilfstatsachen des Beweises vorliegen, die sich in Form einer Indizienkette dergestalt aneinanderreihen, dass sie sich in ansteigend gestufter Abfolge bis hin zu der ungerechtfertigten Entziehung als zu beweisender Tatsache erstrecken, also eine lückenlos gesicherte Schlussfolgerung von bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen auf die ungerechtfertigte Entziehung ermöglichen?”
fehlt es bereits an ihrer Klärungsbedürftigkeit in dem angestrebten Revisionsverfahren.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits geklärt, dass bei entgeltlichen Rechtsgeschäften die Kausalität zwischen Verfolgung und Vermögensverlust – und damit der Zwangscharakter des Rechtsgeschäfts – nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 REAO vermutet wird. Danach wird zugunsten des Berechtigten ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust vermutet, wenn die Veräußerung des Vermögensgegenstandes in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 durch jemanden erfolgt ist, der zu einem von der deutschen Regierung oder den Nationalsozialisten kollektiv verfolgten Personenkreis gehörte (Abs. 1). Die gesetzliche Vermutung ist nur dann widerlegt, wenn die in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO aufgeführten Hilfstatsachen zur Überzeugung des Gerichts und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung durch die Führung des Beweises des Gegenteils genügt es nicht, dass ein anderer möglicher Hergang des Geschehens dargetan wird. Es ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils zu führen (vgl. u.a. Urteil vom 26. November 2003 – BVerwG 8 C 10.03 – ≪Teltow-Seehof III≫ BVerwGE 119, 232 ≪237 f.≫). Die gesetzliche Vermutung kann für Veräußerungen vor dem 15. September 1935 nur durch den Beweis widerlegt werden, „dass der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und dass er über ihn frei verfügen konnte” (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, Art. 3 Abs. 2 REAO). Ist die gesetzliche Vermutung widerlegt worden, so kann der Berechtigte dennoch gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO die Rückübertragung beanspruchen, wenn „andere Tatsachen eine ungerechtfertigte Entziehung beweisen” (Alt. 1) oder „für eine solche Entziehung sprechen” (Alt. 2).
In seinem Urteil vom 16. Dezember 1998 (Teltow-Seehof I a.a.O.) hat der Senat außerdem bereits geklärt, dass für die zweite Alternative des nach § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG anzuwendenden Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO zugunsten der Anspruchsteller die bloße Darlegung genügt, dass die Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes überwiegend wahrscheinlich ist (a.a.O., S. 168 f.). Ein Vollbeweis ist damit nicht erforderlich. Jedoch geht eine unzureichende Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen zu Lasten des Anspruchstellers. Die Frage, ob „andere Tatsachen” im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 2 REAO für eine ungerechtfertigte Entziehung sprechen, lässt sich dabei nur anhand des konkreten Falles beurteilen. Generelle Maßstäbe, wann solche Tatsachen anzunehmen sind, wären nicht geeignet, der mit dieser Regelung angestrebten Einzelfallgerechtigkeit im Verhältnis von gesetzlicher Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes und der Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung zu dienen. Auch dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt (vgl. u.a. Beschluss vom 28. März 2011 – BVerwG 8 B 44.10 – ≪Teltow-Seehof IV≫ ZOV 2011, 131 = juris Rn. 4 und 6). Mit der Beschwerde wird kein darüber hinausgehender rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf dargetan.
b) Die beiden nachfolgend in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen (zu „tagtäglichen Anfeindungen und Abgrund der Judenverfolgung”, S. 27 ff. der Beschwerdebegründung)
„Kann bei der Prüfung ‚anderer Tatsachen’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO, welche die ungerechtfertigte Entziehung eines Vermögenswertes im Sinne des Art. 2 REAO belegen, abstrakt zwischen solchen unterschieden werden,
– die tagtägliche Anfeindungen gegenüber jüdischen Mitbürgern darstellen und daher einer allgemeinen Verfolgungssituation zuzuordnen sind, die nicht als ‚andere Tatsachen’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO zu werten ist,
und solchen,
– die unabweislich den letztlich erreichten Abgrund der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten erkennen lassen und einen unmittelbar erfolgten oder bevorstehenden Übergriff auf Personen aus der Gruppe der Kollektivverfolgten belegen und daher als ‚andere Tatsachen’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO zu berücksichtigen sind?”
sowie
„Ist ein im Wege der nur eingeschränkt der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterlegenen Tatsachenwürdigung festgestellter, adäquat kausaler Zusammenhang zwischen einem Veräußerungsgeschäft und der durch den allgemeinen Verfolgungsdruck auf Juden zwischen dem 30.01.1933 und dem 14.09.1935 entstandenen wirtschaftlichen Notlage der jüdischen Bevölkerung aus Rechtsgründen keine ‚andere Tatsache’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO?”
lassen eine Klärungsbedürftigkeit in dem angestrebten Revisionsverfahren ebenfalls nicht erkennen. Auch insoweit gilt, was der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28. März 2011, a.a.O., klargestellt hat: Die Frage, ob „andere Tatsachen” eine ungerechtfertigte Entziehung eines Vermögenswertes beweisen oder für eine solche Entziehung sprechen, lässt sich nur anhand des Einzelfalles beurteilen und ist einer grundsätzlichen Definition nicht zugänglich. Dementsprechend hat der Senat in jenem Verfahren zu der Frage
„Ist der allgemeine wirtschaftliche Druck, der auf einem Personenkreis in seiner Gesamtheit gemäß Art. 3 Abs. 1b) REAO infolge diskriminierender Maßnahmen des NS-Regimes lastete, in Verbindung mit den konkreten Inhalten eines Veräußerungsgeschäfts ungeeignet, als andere Tatsache im Sinne der zweiten Alternative des Art. 3 Abs. 2 REAO herangezogen zu werden?”,
die in der Sache mit der ersten der beiden vorstehend aufgeworfenen Fragen inhaltsgleich ist, ausgeführt, dass sie sich letztlich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts im Einzelfall wendet und versucht, aus dieser einen allgemeinen Rechtssatz abzuleiten. Das kann nicht zur Zulassung der Revision führen.
Im Übrigen ist hinsichtlich der vorgenannten und auch der angeschlossenen weiteren Frage in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass „andere Tatsachen” im Sinne des Art. 3 Abs. 2 REAO sich aus dem konkreten Sachverhalt ergebende individuelle Ereignisse sein müssen und eine allgemeine Verfolgungssituation des in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO beschriebenen Personenkreises auch dann nicht generell als „andere Tatsachen” angesehen werden kann, wenn sie mit wirtschaftlichem Druck verbunden ist (Beschluss vom 28. März 2011 ≪Teltow-Seehof IV≫ a.a.O. Rn. 11).
c) Die vierte mit der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage (S. 36 ff. der Beschwerdebegründung)
„Setzt die Annahme ‚anderer Tatsachen’ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 REAO zwingend einen gezielten diskriminierenden Zugriff auf den konkret streitgegenständlichen entzogenen Vermögenswert voraus oder können hierfür auch andere Umstände ausreichen, die anderweitige unmittelbare, persönlich wirkende Repressalien gegen Beruf und Vermögen eines Verfolgten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 REAO darstellen, wie namentlich
– die bereits wegen jüdischen Glaubens oder jüdischer Herkunft des betreffenden Eigentümers erfolgte Entziehung anderer in seinem Eigentum gestandener Vermögenswerte und damit ggf. auch anderer Teile seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage
oder
– Maßnahmen, welche trotz der bis dato belassenen formellen Eigentümerposition des jüdischen Eigentümers die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung des betreffenden Vermögensgegenstandes beeinträchtigten oder gänzlich verhinderten,
oder
– Maßnahmen, die sich zwar nicht gegen den konkret streitgegenständlichen Vermögensbestand des betreffenden jüdischen Eigentümers, aber gegen diesen persönlich – wie etwa personenbezogene Schikanen – richteten?”,
ist in dem angestrebten Revisionsverfahren ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Es ergibt sich bei Anwendung der üblichen Auslegungsregeln unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf damit keiner weiteren revisionsgerichtlichen Klärung, dass die Annahme „anderer Tatsachen” im Sinne von Art. 3 Abs. 2 REAO, die eine ungerechtfertigte Entziehung des fraglichen Vermögensgegenstandes beweisen oder für eine solche Entziehung sprechen, nicht zwingend den Nachweis eines gezielten diskriminierenden Zugriffs auf den konkret streitgegenständlichen entzogenen Vermögenswert voraussetzt. Vielmehr können hierfür auch andere Umstände ausreichen, die anderweitige unmittelbare, persönlich wirkende Repressalien gegen Beruf und Vermögen eines Verfolgten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 REAO darstellen. Im Übrigen gilt auch hier, dass sich die Frage, ob „andere Tatsachen” eine ungerechtfertigte Entziehung eines Vermögenswertes beweisen oder für eine solche Entziehung sprechen (Art. 3 Abs. 2 REAO), nur anhand des Einzelfalles beantworten lässt und einer grundsätzlichen Definition nicht zugänglich ist (Beschluss vom 28. März 2011 ≪TeltowSeehof IV≫ a.a.O.).
d) Auch die fünfte mit der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage (S. 46 ff. der Beschwerdebegründung)
„Ist auch bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, namentlich Aufschließungsverträgen (Verträgen über Erschließungsmaßnahmen oder -flächen), von dem Grundsatz auszugehen, dass auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten vor Vertragsschluss haben kann?”
ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig.
In der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits geklärt, dass im Bereich des revisiblen Rechts öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend den für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätzen der §§ 133 und 157 BGB auszulegen sind (vgl. u.a. Urteile vom 12. Dezember 2001 – BVerwG 8 C 17.01 – BVerwGE 115, 302 ≪307≫ = Buchholz 310 § 69 VwGO Nr. 7 S. 6, vom 11. November 2004 – BVerwG 3 C 4.04 – BVerwGE 122, 166 ≪170≫ = Buchholz 428.21 KVG Nr. 2 S. 13, vom 21. Juni 2006 – BVerwG 6 C 19.06 – BVerwGE 126, 149 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 52 und vom 11. Januar 2011 – BVerwG 1 C 1.10 – BVerwGE 138, 371 = Buchholz 451.902 Europ Ausl- u. Asylrecht Nr. 47 Rn. 15 f.). Für die Ermittlung dieser Rechtsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB kommt damit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine maßgebliche Bedeutung zu. Danach ist bei der Auslegung nicht auf den inneren Willen der erklärenden Partei, sondern darauf abzustellen, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. u.a. Urteile vom 27. April 1990 – BVerwG 8 C 70.88 – Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 1 ≪5≫ m.w.N., vom 12. Dezember 2001 – BVerwG 8 C 17.01 – BVerwGE 115, 302 ≪307 f.≫ = Buchholz 310 § 69 VwGO Nr. 7, vom 14. Februar 2007 – BVerwG 6 C 28.05 – Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3 Rn. 24 und vom 18. Dezember 2007 – BVerwG 6 C 47.06 – Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 3 Rn. 29; Beschluss vom 22. September 2011 – BVerwG 6 B 19.11 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 176 m.w.N.). Entscheidend ist damit der Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung. Das nachträgliche Verhalten der Parteien kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, hat aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten (BGH, Urteil vom 24. Juni 1988 – V ZR 49/87 – NJW 1988, 2878, unter 2 b, Beschluss vom 24. November 1993 – BLw 57/93 – WM 1994, 267 unter III, Urteile vom 16. Oktober 1997 – IX ZR 164/96 – NJW-RR 1998, 259 = WM 1997, 2305, unter II 3 b und vom 26. November 1997 – XII ZR 308/95 – NJW-RR 1998, 801, unter II 5). Ein weitergehender Klärungsbedarf wird mit der Beschwerde nicht aufgezeigt.
2. Die mit der Beschwerde erhobenen Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) haben ebenfalls keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung der Beschwerdeführer divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712 und vom 17. Dezember 2010 – BVerwG 8 B 38.10 – ZOV 2011, 45 = juris Rn. 15). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. u.a. Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). So liegt der Fall hier.
a) Soweit die Beigeladenen rügen (S. 56 ff. der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe in dem angegriffenen Urteil einen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz zu Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 2 REAO aufgestellt, der dem nachstehenden, vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 16. Dezember 1998 (Teltow-Seehof I) (a.a.O., S. 168) aufgestellten Rechtssatz
„Dabei geht der Senat davon aus, dass für die zweite Alternative zugunsten der Berechtigten die bloße Darlegung genügt, dass die Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes überwiegend wahrscheinlich ist.”
widersprochen habe, trifft dies nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil (UA S. 12, dritter Absatz, unter 3 b) im Hinblick auf die zweite Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO gerade diesen Rechtssatz seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Denn es hat ausgeführt:
„Dabei genügt für die zweite Alternative zu Gunsten der Berechtigten die bloße Darlegung, dass die Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes überwiegend wahrscheinlich ist. Im Fall der Unerweislichkeit bzw. der unzureichenden Glaubhaftmachung dieser beiden Voraussetzungen geht dies zu ihren Lasten.”.
Auch bei der Subsumtion ist das Verwaltungsgericht von diesem abstrakten Rechtssatz ausgegangen und ist zu dem Ergebnis gelangt, zur vollen Überzeugung der erkennenden Kammer rechtfertigten die angeführten Tatsachen „nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit” die Schlussfolgerung auf eine „ungerechtfertigte Entziehung in Sinne der zweiten Alternative des Art. 3 Abs. 2 REAO” (UA, S. 23, dritter Absatz). Die von den Beigeladenen vorgebrachten Tatsachen seien weder einzeln noch in einer Gesamtschau geeignet, als Hinweis bzw. Beweisanzeichen eine ungerechtfertigte Entziehung zu belegen.
Gegenteiliges folgt auch nicht aus der im Rahmen der Subsumtion vom Verwaltungsgericht verwendeten Formulierung, bei einer Gesamtbetrachtung wäre dies, nämlich die Erfüllung der in Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 2 REAO normierten Tatbestandsvoraussetzungen, „allenfalls dann der Fall, wenn sich die einzelnen Beweisanzeichen gewissermaßen in Form einer Indizienkette aneinanderreihen würden, so dass sie sich in ansteigend gestufter Abfolge bis hin zu der zu beweisenden Tatsache hin erstrecken”. Diese Formulierung ist zwar ersichtlich missverständlich, was bereits darin zum Ausdruck kommt, dass nicht von einer überwiegend wahrscheinlichen, sondern von einer „zu beweisenden” Tatsache die Rede ist. Sie negiert aber nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten und vom Verwaltungsgericht auch als maßgeblich herausgestellten abstrakten Rechtssatz oder ersetzt diesen durch einen anderen. Es handelt sich allenfalls um eine fehlerhafte oder unzureichende Anwendung desselben, die aber keine Divergenz zu begründen vermag.
b) Auch soweit die Beigeladenen auf S. 59 ff. der Beschwerdebegründung einen Widerspruch zu dem vom Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 28. März 2011 – BVerwG 8 B 44.10 – (Teltow-Seehof IV) ZOV 2011, 131 = juris Rn. 4 aufgestellten abstrakten Rechtssatz
„Die Frage, ob ‚andere Tatsachen’ im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO für eine ungerechtfertigte Entziehung sprechen, lässt sich nur anhand des konkreten Falles beurteilen. Generelle Maßstäbe, wann solche Tatsachen anzunehmen sind, wären nicht geeignet, der mit dieser Regelung angestrebten Einzelfallgerechtigkeit im Verhältnis von gesetzlicher Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes und der Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung zu dienen.”
geltend machen, ist eine Divergenz im Hinblick auf die zweite Alternative des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO (ob „andere Tatsachen” im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO für eine ungerechtfertigte Entziehung „sprechen”) nicht ersichtlich. Der in der Beschwerdebegründung unter C II.1 (S. 62, dritter Absatz) formulierte abstrakte Rechtssatz lässt sich – bezogen auf die vorgenannte Bestimmung – in dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts auch der Sache nach so nicht finden. In der Beschwerde wird hierzu auch keine diesbezügliche Stelle des Urteils präzise angegeben. Soweit sich das Vorbringen in der Beschwerdebegründung auf Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Abschnitt 3. b) aa) (UA S. 13 bis 23) beziehen sollte, geht es dabei nicht um die mit dem angeführten, als divergent bezeichneten Rechtssatz in Bezug genommene zweite, sondern um die erste Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO.
3. Die mit der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen sind dagegen teilweise begründet.
a) Soweit die Beigeladenen mit der Beschwerde (S. 83 ff. der Beschwerdebegründung) geltend machen, das Verwaltungsgericht habe dem angegriffenen Urteil „weiterhin an verschiedenen Stellen” die Tatsachenwürdigung aus dem Revisionsurteil „Teltow-Seehof I” des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – (BVerwGE 108, 157 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 167) zugrunde gelegt und zugleich „sämtlichen Tatsachenvortrag der Beigeladenen seit dem Urteil ‚Teltow-Seehof I’ vollständig ignoriert”, erfüllt dies nicht die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO im Hinblick auf den gerügten Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sowie gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Zu Recht weisen die Beigeladenen zwar darauf hin, dass das Verwaltungsgericht damit in der Sache seine vom Bundesverwaltungsgericht im Teltow-Seehof I-Urteil vom 16. Dezember 1998 revisionsrechtlich nicht beanstandete Tatsachenwürdigung im Urteil vom 15. Dezember 1997 – VG 1 K 267/97 – wiederholt hat (UA S. 11 f. unter 3. a). Sie legen aber in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar dar, welches konkrete entscheidungserhebliche Vorbringen der Beigeladenen das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat.
Auch eine Verletzung der Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist insoweit nicht ersichtlich, weil sich dem angegriffenen Urteil jedenfalls entnehmen lässt, aus welchem Grund das Verwaltungsgericht weiterhin von seiner Tatsachenwürdigung in seinen früheren Urteilen vom 15. Dezember 1997 – VG 1 K 263/97 und VG 1 K 267/97 – ausgegangen ist.
b) Soweit die Beigeladenen dagegen rügen („Besonderer Vortrag …” S. 65 bis 83 der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe sich mit – bei Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung – entscheidungserheblichem Vorbringen der Beigeladenen zu „anderen Tatsachen”, die im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO für „eine ungerechtfertigte Entziehung … sprechen” (Alt. 2), nicht in dem nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO gebotenen Maße auseinander gesetzt und dieses damit nicht in Erwägung gezogen, trifft dies zu. Das Tatsachengericht hat nicht nachvollziehbar dargelegt, welche rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen es veranlasst haben, von einer Auseinandersetzung mit entscheidungserheblichem Parteivorbringen abzusehen, und aus welchen Gründen eine weitere Sachaufklärung unterbleiben durfte.
Dies betrifft insbesondere das im Ausgangsbescheid erwähnte und von den Beigeladenen im Verfahren aufgegriffene Schreiben des „Ariseurs” G. an das US-Generalkonsulat vom 8. Dezember 1980, die von den Beigeladenen im Beweisantrag vom 26. April 2012 in Bezug genommenen Aussagen dieses „Ariseurs” gegenüber dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (ARoV) vom 13. April 1992, das von den Beigeladenen mit Schriftsatz vom 29. April 2008 in das Verfahren eingeführte Schreiben des Kaufmanns Georg B. an die Landesregierung Brandenburg vom 20. Dezember 1947 sowie den mit Schriftsatz vom 4. November 2008 vorgelegten Lebenslauf der Urenkelin (der ursprünglichen Eigentümer) Ilse T.
Das diesbezügliche Vorbringen der Beigeladenen war bei Zugrundelegung des Rechtsstandpunktes des Verwaltungsgerichts jedenfalls im Hinblick auf die zweite Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO entscheidungserheblich.
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zunächst geprüft, ob „andere Tatsachen” im Sinne der ersten Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 1 RAEO eine ungerechtfertigte Entziehung der in Rede stehenden Grundstücksfläche durch den von den Erben der Brüder S. mit der Stadt T. abgeschlossenen Aufschließungsvertrag vom 16. Mai 1934 „beweisen” (UA S. 13 ff.). Dabei hat es sich (1.) mit dem Vortrag der Beigeladenen zu dem unmittelbar Geschädigten Paul M., (2.) mit dem Lebenslauf von Arthur So., (3.) mit den Auswirkungen des Reichserbhofgesetzes vom 29. September 1933 und des Vorläufergesetzes vom Mai 1933, (4.) mit dem Gutachten aus dem Zentrum für Antisemitismusforschung vom 31. März 2000 und vom 28. Dezember 2006 sowie (5.) mit dem Vorbringen der Beigeladenen befasst, im Ergebnis seien mehr als die vereinbarten 25% der Fläche tatsächlich an die Stadtgemeinde T. abzutreten gewesen und aufgelassen worden. Es hat dazu im Einzelnen ausgeführt, allein aus den von den Beigeladenen angeführten Tatsachen lasse sich die Feststellung, der Aufschließungsvertrag stelle eine ungerechtfertigte Entziehung dar, bereits deshalb nicht beweisen, weil die denklogisch erforderliche Verknüpfung zwischen der Beweistatsache und dem zu beweisenden Sachverhalt ersichtlich fehle. Denn selbst wenn man in diesem Zusammenhang annehme, dass die genannten Tatsachen gezielte Repressalien der Nationalsozialisten gegen die Erben S. gewesen seien, „wäre damit allein noch nichts darüber gesagt, ob es deshalb – und nur darauf käme es in diesem Zusammenhang hier an – zum Abschluss des Aufschließungsvertrages gekommen wäre” (UA S. 13). Für den von den Beigeladenen vorgetragenen Lebenslauf des Herrn Arthur So. hat das Verwaltungsgericht diese Verknüpfung deshalb nicht gesehen, weil darin „von dem Aufschließungsvertrag schon gar keine Rede ist” (UA S. 14). Die Berücksichtigung mehrerer Stellungnahmen und Gutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung hat es ebenfalls mit der Begründung abgelehnt, diese verhielten sich nicht zum Aufschließungsvertrag, sondern nur zu sonstigen Tatsachen (UA S. 15 f.). Das Verwaltungsgericht ist mithin davon ausgegangen, dass nur solche Tatsachen als „andere Tatsachen” im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO in Erwägung zu ziehen sind, die auf den Aufschließungsvertrag direkt Bezug nehmen. Genau das war aber jedenfalls zumindest bei dem Schreiben des Ariseurs G. an das US-Generalkonsulat vom 8. Dezember 1980 sowie bei dessen Aussagen gegenüber dem ARoV vom 13. April 1992 und dem Schreiben des Kaufmanns Georg B. an die Landesregierung Brandenburg vom 22. Dezember 1947 der Fall. Ungeachtet dessen hat es diese nicht in gebotenem Maße in Erwägung gezogen und sich mit ihnen auseinander gesetzt.
Daran anschließend und von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus (UA S. 23 ff.) hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil dann ausgeführt, diese „soeben angeführten Tatsachen” sprächen auch nicht für eine ungerechtfertigte Entziehung im Sinne der zweiten Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO; zur vollen Überzeugung der Kammer rechtfertigten die angeführten Tatsachen eine solche Schlussfolgerung nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit (ebd., S. 23, dritter Absatz pp.). Denn die im vorliegenden Fall vorgetragenen Tatsachen bis einschließlich zum Abschluss des Aufschließungsvertrages am 16. Mai 1934 hätten nach Ansicht der erkennenden Kammer „noch nicht den Abgrund erkennen” lassen, den die Judenverfolgung nach diesem Zeitpunkt, insbesondere ab dem 15. September 1935 „noch aufgeworfen” habe (UA, S. 24, erster Absatz). Zwar hätten den Erben der Brüder S. die tagtäglichen Anfeindungen gegenüber jüdischen Mitbürgern bis zum Frühjahr 1934 „kaum verborgen geblieben sein” können (ebd., S. 24). Ein unmittelbar erfolgter oder bevorstehender Übergriff auf sie, der sie bewogen haben könnte, sich von dem Gut deshalb zu lösen, sei aber weder belegt noch vorgetragen (ebd., S. 24). Auch im Lebenslauf von Arthur So. finde sich „hierzu nichts” (ebd., S. 24). Daher könne zur Überzeugung der erkennenden Kammer keine ungerechtfertigte Entziehung aufgrund einer Indizwirkung mehrerer Tatsachen mit der hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit geschlussfolgert werden (ebd., S. 24). Dies betreffe auch die sich aus den oben aufgeführten „Einzelheiten zu den Flächenangaben im Teilsiedlungsplan, dem Aufschließungsvertrag und in den Schriftstücken im Rahmen der Wertzuwachssteuer” (ebd., S. 24, erster Absatz a.E.).
Die nicht näher konkretisierte und pauschalierende Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, „ein unmittelbar erfolgter oder bevorstehender Übergriff auf sie”, also die Erben der Brüder S., „der sie bewogen haben könnte, sich von dem Gut deshalb zu lösen”, sei bis zu dem am 16. Mai 1934 erfolgten Abschluss des Aufschließungsvertrages „weder belegt noch vorgetragen”, macht deutlich, dass das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Vorbringen der Beigeladenen nur partiell, nicht aber in dem gebotenen Maße in Erwägung gezogen hat.
Soweit es einzelnes Vorbringen, etwa den schriftlichen Lebenslauf von Arthur So. und die darin mitgeteilten „täglichen Anfeindungen” kurz erwähnt hat, ändert dies nichts daran, dass es damit jedenfalls gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 („Überzeugungsgrundsatz”) und Satz 2 VwGO (Begründungspflicht) verstoßen hat, was mit der Beschwerde jedenfalls sinngemäß gerügt wird. Zu einer näheren inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem von der Beschwerde angeführten Vorbringen der Beigeladenen hätte für das Verwaltungsgericht schon deshalb Veranlassung bestanden, weil das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 26. November 2003 – BVerwG 8 C 10.03 – (Teltow-Seehof III) (BVerwGE 119, 232 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 23) in Übereinstimmung mit den gerichtsbekannten vorliegenden Ergebnissen der historischen Forschung festgestellt hatte, dass die Judenverfolgung nicht erst nach dem 14. September 1935, sondern bereits unmittelbar nach der „Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 in massivem Umfang einsetzte und sich seit diesem Zeitpunkt stetig zulasten der jüdischen Bürger verschärfte (ebd., S. 239). Deshalb müssten auch die Regelungen des von der Erbengemeinschaft am 13. Oktober 1933 mit dem Parzellierer („Ariseur”) G. abgeschlossenen Parzellierungsvertrages daraufhin überprüft werden, ob sie Folge des Verfolgungsdrucks waren (ebd., S. 239). Aus der Fülle des Tatsachenmaterials und den verschiedenen Äußerungen der Verfolgten sei, so der Senat, jedenfalls der Lebenslauf von Arthur So. vom 17. Mai 1951 heranzuziehen, der im Entschädigungsverfahren zur Kenntnis der zuständigen Behörden gebracht worden sei. Der Verfasser Arthur So. lege darin die seit 1933 eingetretenen unerträglichen Schwierigkeiten geregelter Geschäftsführung für Juden, den Boykott jüdischer Bankiers an der Börse und das Bestehen von diskriminierenden „Sonderverordnungen” dar, die sich u.a. auf die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes bezogen. Diese Maßnahmen hätten nach seiner Darstellung die erzwungene Aufteilung des landwirtschaftlichen Gutes … in Baugelände zur Folge gehabt, wobei „nationalsozialistische Agenten” – offensichtlich der Parzellierer G. – mit der Aufteilung beauftragt worden seien, „die dann zu dem entsprechend großen Gewinn berechtigt waren.” Auch im Schreiben des früheren Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft B. an die Landesregierung Brandenburg vom 22. Dezember 1947 werde, so der Senat, ausgeführt, dass durch Maßnahmen der Nazi-Regierung gegen jüdische Bürger die Erben des Gutes S. gezwungen gewesen seien, den Grundbesitz weit unter dem wirklichen Wert zu verkaufen. In ähnlicher Richtung seien die Äußerungen dieses Bevollmächtigten in einem an das Wiedergutmachungsamt Berlin gerichteten Schreiben vom 5. April 1950 („… haben die S. Erben der damaligen Not gehorchend den T…er Teil ihres Gutes … bei T. parzelliert”) gegangen (ebd., S. 243). Auch aus den verschiedenen Erklärungen des Parzellierers G., der als NS-Parteigenosse unter Ausnutzung seiner bestehenden Kontakte zu bedeutenden Funktionsträgern der NS-Bewegung (nach seinen Angaben: zu Goebbels, zum Gauleiter, zum Bruder des SD-Chefs Heydrich) zum eigenen Vorteil maßgeblich zur Arisierung des Grundbesitzes beigetragen habe, gehe, so der Senat, hervor, dass auf den Angehörigen der Erbengemeinschaft Verfolgungsdruck lastete. So habe der „Ariseur” G. in seinem an das US-amerikanische Generalkonsulat in Berlin gerichteten Schreiben vom 8. Dezember 1980 auf eine Anfrage bezüglich des Gutes … u.a. erklärt: „Da seinerzeit fast alle Angehörigen der Familie S.-So. beabsichtigten, aus Deutschland auszuwandern, hat sich die Erbengemeinschaft … als Eigentümerin des Gutes entschlossen, das Gut zu verkaufen und zwar durch Parzellierung …”. Damit werde die Verfolgungssituation gerade durch einen am damaligen Rechtsgeschäft Beteiligten belegt (ebd., S. 244). Ferner hatte der erkennende Senat in jenem Urteil vom 26. November 2003 ausgeführt, dass das für das Bestehen eines Verfolgungsdrucks sprechende Gesamtbild „durch die nicht angegriffenen Parteigutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung u.a. vom 26. Oktober 2001 bestätigt” werde (ebd., S. 244). Danach habe der Kommerzienrat Dr. Paul M. aus allen seinen Ämtern ausscheiden müssen. Die Häufung seines Ausscheidens aus verschiedenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Institutionen in den Monaten Mai bis Juli 1933 ergebe einen eindeutigen Hinweis auf den verfolgungsbedingten Rückzug (ebd., S. 244). Ergänzend wies der Senat auf die allgemein bekannten zeithistorischen Fakten hin. Die zahlreichen auf Verdrängung der jüdischen Bürger aus dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben gerichteten, bereits 1933 einsetzenden Maßnahmen habe der Senat u.a. in seinem Urteil vom 13. September 2000 – BVerwG 8 C 21.99 – (Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 8) zusammengestellt. Zahlreiche weitere berufliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Diskriminierungen der jüdischen Bürger ab 30. Januar 1933 ergäben sich aus den in der Literatur aufgelisteten Unrechtsnormen der NS-Zeit, wobei er u.a. auf die Schrift „Das Sonderrecht für die Juden im NS Staat”, Herausgeber Joseph Walk, Heidelberg/Karlsruhe 1981, S. 1 ff.) hinwies (ebd., S. 244).
Ungeachtet dieser Umstände hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ohne nähere konkrete Auseinandersetzung mit den von den Beigeladenen wiederholt vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit den sich aus den Akten ergebenden behördlichen Feststellungen und der allgemein bekannten historischen Faktenlage zur Judenverfolgung in Deutschland seit dem 30. Januar 1933 pauschal in Abrede gestellt und verneint, dass der Verfolgungsdruck die Erben der Brüder S. dazu „bewogen haben könnte, sich von dem Gut deshalb zu lösen”. Das ist mit dem Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör und auf eine dem § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechende Würdigung des Vorbringens nicht vereinbar.
c) Zu Recht wird mit der Beschwerde auch gerügt, dass das Verwaltungsgericht mit der Ablehnung der Beweisanträge zu den Auswirkungen des Reichserbhofgesetzes (S. 90 ff. der Beschwerdebegründung) und zu den Belastungen der Erbengemeinschaft S.-So. mit einer Verpflichtung zur unentgeltlichen Überlassung von Frei- und Straßenflächen von über 25% des Parzellierungsgebietes (S. 101 ff. der Beschwerdebegründung) seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat.
aa) Das angegriffene Urteil verstößt jedenfalls deshalb gegen Bundesrecht, weil das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2012 gestellten Beweisantrag zu den Auswirkungen des Reichserbhofgesetzes und dessen Vorläuferregelung mit Beschluss vom 18. April 2013 aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden. Die Ablehnung des Beweisantrages hat das Verwaltungsgericht damit begründet, hier stehe eine diskriminierende Schädigung allein durch den Aufschließungsvertrag in Rede und ein Zugriff auf die streitgegenständlichen Flächen durch das benannte Gesetz und dessen Auswirkungen habe nicht stattgefunden. Im angegriffenen Urteil wird ergänzend ausgeführt, es gehe in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht um die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern allein um eine Schädigung des Grundeigentums; einer unveränderten Fortführung des Betriebes hätten die Vorschriften des Reichserbhofgesetzes und des Vorläufergesetzes vom Mai 1933 deshalb nicht entgegen gestanden, weil damit noch nicht in die jüdischen Besitzstrukturen eingegriffen worden sei. Damit hat das Verwaltungsgericht, ohne zuvor Beweis zu erheben, unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 244 Abs. 3 StPO (analog) die mit dem Beweisantrag aufgestellte Beweisbehauptung als rechtlich unerheblich behandelt und zugleich deren Gegenteil als wahr angenommen, mithin unzulässigerweise unterstellt. Hätte das Verwaltungsgericht – wie beantragt – Beweis erhoben, so hätte geklärt werden können, ob nach § 15 Abs. 3 des Reichserbhofgesetzes bei „Nichtbauernfähigkeit”, also im Falle jüdischer Eigentümer, das Eigentum an dem Hof auf Antrag des Reichsbauernführers auf eine von diesem vorgeschlagene „bauernfähige” Person übertragen werden konnte und ob von dieser Vorschrift, wie von den Beigeladenen behauptet, in den ersten sechs Monaten nach dem am 1. Oktober 1933 erfolgten Inkrafttreten des Reichserbhofgesetzes bereits in mehr als 70 Fällen Gebrauch gemacht worden war sowie ob dadurch ein Verkaufsdruck auf sogenannte nicht-arische Hofeigentümer ausgelöst wurde, der dazu führte, dass innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über 85% sämtlicher in jüdischem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Flächengröße von mehr als 50 ha veräußert wurden. Das war entscheidungserheblich, weil nach dem rechtlichen Maßstab des Verwaltungsgerichts zu klären war, ob „andere Tatsachen” im Zeitraum zwischen dem 30. Januar 1933 und dem Abschluss des Aufschließungsvertrages am 16. Mai 1934 im Sinne der zweiten Alternative des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 REAO für eine ungerechtfertigte Entziehung durch die mittels des Aufschließungsvertrages erfolgte Veräußerung „sprechen”.
bb) Zu Recht wird mit der Beschwerde auch gerügt, dass die durch Ziffer 1 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 5. April 2012 erfolgte Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2011 von den Beigeladenen gestellten Beweisanträge
– zu 3. (Einholung amtlicher Auskünfte des Katasteramtes und des Grundbuchamtes bzw. Gutachten dazu, dass die Flächengröße der vor dem 15. Mai 1934 veräußerten Grundstücke 30 000 qm ausmachten),
– zu 4. b und c (Einholung von Gutachten dazu, dass die in diesen Ziffern genannten Flächen weder nach der damaligen Erlasslage noch nach der Verwaltungspraxis nur zur Hälfte angerechnet werden konnten),
– zu 5. a und b (Einholung von Gutachten dazu, dass die Abtretung von Flächen für kirchliche Zwecke weder gesetzlich zugelassen war noch der damaligen Verwaltungspraxis entsprach) sowie
– zu 7. und 8. (Einholung von Gutachten dazu, dass die Abtretung für schulische Zwecke weder der Erlasslage noch der Verwaltungspraxis entsprach)
im Prozessrecht keine Stütze findet.
Die mit den Beweisanträgen unter Beweis gestellten Behauptungen waren entscheidungserheblich. Denn sie würden im Falle des erbrachten Beweises ihrer Richtigkeit belegen, dass den Rechtsvorgängern der Beigeladenen, die auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zu dem von Art. 3 Abs. 1 REAO erfassten Personenkreis gehörten, weitergehende Belastungen in Gestalt unentgeltlicher Abtretungen von Grundstücksflächen abverlangt wurden, als anderen Grundstückseigentümern, die zur damaligen Zeit Aufschließungsverträge mit Kommunen abschlossen, so dass in diesem Verlangen – im Sinne des vom Verwaltungsgericht aufgestellten Erfordernisses – ein gezielter Zugriff auf das entzogene Vermögen der damaligen jüdischen Eigentümer zu erblicken wäre.
Zudem hätte das Verwaltungsgericht die vorgenannten Beweisanträge auch nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, dass sich diese „als Ausforschungsanträge ‚ins Blaue hinein’ darstellen”.
Ein Beweisantrag ist zwar unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen (vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1998 – BVerwG 11 B 30.97 – Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 2 = NVwZ 1999, 654 und vom 2. April 1998 – BVerwG 7 B 79.98 – juris). Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (vgl. Beschlüsse vom 5. Oktober 1990 – BVerwG 4 B 249.89 – Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 und vom 29. März 1995 – BVerwG 11 B 21.95 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). Das ist dann der Fall, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen”, „ins Blaue hinein”, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage” behauptet worden sind (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2002 – BVerwG 1 B 59.02 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60, vom 30. Juni 2008 – BVerwG 5 B 198.07 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98 Rn. 5 m.w.N. und vom 12. März 2010 – BVerwG 8 B 90.09 – juris; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 1996 – 2 BvR 1968/94 – juris und BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 178/94 – MDR 1995, 738). Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1988 – BVerwG 7 CB 81.87 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 und vom 19. Oktober 2011 – BVerwG 8 B 37.11 – ZOV 2011, 264 m.w.N.).
Das den Beweisanträgen zugrunde liegende Vorbringen der Beigeladenen war entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hinreichend substantiiert, zumal die Beigeladenen nach Ergehen des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 5. April 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2012 Gegenvorstellung erhoben und darin substantiiert dargelegt haben, dass sie sich für ihre Beweisbehauptungen auf von Rechtsanwalt Dr. B. in den Jahren 2008 und 2009 durchgeführte diesbezügliche Recherchen in konkret benannten Archiven und deren Ergebnisse bezogen. Hätte das Verwaltungsgericht die beantragten Beweisaufnahmen durchgeführt, hätte geklärt werden können, ob die den Rechtsvorgängern der Beigeladenen seinerzeit abverlangte unentgeltliche, schulden-, lasten- und kostenfreie Abtretung von Grundflächen für kirchliche und/oder schulische Zwecke bei Aufschließungsverträgen weder der damaligen Gesetzes- und Erlasslage noch der Verwaltungspraxis bei nichtjüdischen Vertragspartnern entsprach und ob sie sich somit als gezielt gegen das Vermögen der Rechtsvorgänger der Beigeladenen gerichteter Zugriff darstellte. In diesem Falle wäre es möglicherweise überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass – auch vom eigenen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts aus – eine „andere Tatsache” im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 2 REAO vorgelegen hätte.
Das angefochtene Urteil kann damit auf den dargelegten Verfahrensmängeln beruhen. Hätte sich das Verwaltungsgericht mit den in Rede stehenden, von den Beigeladenen vorgebrachten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen in dem gebotenen Maße auseinander gesetzt, ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass es die von ihm geforderte Indizienkette einzelner Beweisanzeichen als ausreichend angesehen hätte, um andere Tatsachen, die für eine ungerechtfertigte Entziehung sprechen, im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 1 Alt. 2 REAO anzunehmen und damit zugunsten der Beigeladenen einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG zu bejahen.
Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht die Angemessenheit des Verkaufspreises verneint hätte, wenn es zu dem Ergebnis gekommen wäre, die Rechtsvorgänger der Beigeladenen hätten mehr als den gesetzlich zulässigen Anteil der Gesamtgrundstücksflächen unentgeltlich an die Klägerin abgetreten.
4. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit der Zurückverweisung an die Vorinstanz gemäß § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch. Denn auch im Falle der Zulassung der Revision könnte er im Revisionsverfahren angesichts bisher unzureichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
Im Hinblick auf den bisherigen Gang des Verfahrens erscheint es im Interesse des Vertrauens der Beigeladenen in die Rechtspflege und zur Vermeidung erneuter Verfahrensfehler angebracht, eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam mit der Sache zu befassen (§ 173 VwGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. Urteil vom 25. Juni 1992 – BVerwG 3 C 16.90 – Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68, BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1988 – X ZB 30/87 – NJW-RR 1989, 826).
5. Die Kostenentscheidung muss der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 4 GKG. Unter Zugrundelegung des vom Verwaltungsgerichts in Ansatz gebrachten Grundstückswerts von 50 EUR/qm errechnet sich daraus für die Fläche von 647 qm ein Wert von 32 350 EUR.
Unterschriften
Dr. Christ, Dr. Deiseroth, Hoock
Fundstellen
Haufe-Index 7481919 |
AnwBl 2015, 450 |