Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.08.2002; Aktenzeichen 1 A 10457/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beigeladene beimisst.
Die Frage, ob “eine Typisierung, bezogen allein auf die Größe des Betriebes, überhaupt zulässig (ist), wenn die Grundstruktur der betrieblichen Nutzung gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO (hier Bauunternehmen) in einem Mischgebiet zulässig sein kann oder … in einem solchen Fall die Vereinbarkeit des Betriebes mit einem Mischgebiet nur anhand einer Einzelfallprüfung möglich (ist)”, nötigt nicht zur Zulassung der Revision. Sie würde sich auf der Grundlage der tatrichterlichen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in dem erstrebten Revisionsverfahren so nicht stellen. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage wäre nur dann entscheidungserheblich, wenn die Vorinstanz sich auf den Standpunkt gestellt hätte, dass Bauunternehmungen bei typisierender Betrachtungsweise als solche in einem Mischgebiet unzulässig sind. Einen Rechtssatz dieses Inhalts hat das Berufungsgericht indes nicht aufgestellt.
Bauunternehmen werden im Katalog des § 6 Abs. 2 BauNVO nicht als eigenständige Nutzungsart angesprochen. Ob sie in einem Mischgebiet zulässig sind, richtet sich gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO danach, ob sie die Merkmale “sonstiger Gewerbebetriebe” erfüllen, die im Sinne der Gebietscharakteristik des § 6 Abs. 1 BauNVO “das Wohnen nicht wesentlich stören”.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es neben den Betrieben, die nach ihrer Art ohne weiteres in einem Mischgebiet unzulässig sind, auch solche, die wegen der mit ihnen typischerweise verbundenen Störungen grundsätzlich als gebietsunverträglich einzustufen sind und nur bei Vorliegen atypischer Umstände zulassungsfähig sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1971 – BVerwG 4 C 76.68 – Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 7 = BauR 1971, 182, vom 18. Oktober 1974 – BVerwG 4 C 77.73 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45 und vom 24. September 1992 – BVerwG 7 C 7.92 – Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 22 = NVwZ 1993, 987; Beschluss vom 11. April 1975 – BVerwG 4 B 37.75 – Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 3). Zu dieser Kategorie von Gewerbebetrieben zählen Bauunternehmen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. November 2001 – BVerwG 4 C 18.00 – Buchholz 406.12 § 5 BauNVO Nr. 8 = NVwZ 2002, 730). Sie sind vielmehr der Gruppe von Betrieben zuzurechnen, die ihrer Art nach zu wesentlichen Störungen führen können, aber nicht zwangsläufig führen müssen. Ob sie in einem Mischgebiet zugelassen werden können, hängt von ihrer jeweiligen Betriebsstruktur ab. Je nach der Größe und dem Umfang des Betriebes, der technischen und der personellen Ausstattung, der Betriebsweise und der Gestaltung der Arbeitsabläufe kann dies unterschiedlich zu beurteilen sein. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird (vgl. für Kfz-Werkstätten: BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 – BVerwG 4 C 49.82 – Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 6 = NVwZ 1986, 642 und für SB-Waschanlagen: BVerwG, Beschluss vom 18. August 1998 – BVerwG 4 B 82.98 – Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 16 = NVwZ-RR 1999, 107).
Das Berufungsgericht hat die Gebietsunverträglichkeit des von den Klägern bekämpften Vorhabens nicht aus betriebsarttypischen Umständen hergeleitet. Es hat sich nicht damit begnügt, unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 BauNVO nachteilige Folgerungen schon daraus zu ziehen, dass die Beigeladene das Baugrundstück für ihr Baugeschäft nutzen möchte. Es hat vielmehr auf die konkreten Betriebsmerkmale abgestellt. In diesem Zusammenhang hat es folgenden Gesichtspunkten ausschlaggebende Bedeutung beigemessen: Das Vorhaben umfasst neben einem Bauhof zur Lagerung von Baumaschinen, -geräten und -materialien vier Werkhallen sowie sechs Garagen. Im Betrieb der Beigeladenen sind 90 Mitarbeiter beschäftigt, die zwar überwiegend auf Baustellen tätig sind, zum Teil aber auch Lade- und Lagerarbeiten auf dem Betriebsgrundstück verrichten sollen. Der betriebliche Fuhrpark besteht aus fünf Baggern, drei Kleinbaggern, zwei Bob-Cats, fünf zum Teil mit Kran ausgestatteten LKW, neun Kleinlastwagen, siebzehn PKW, einem Tieflader-Anhänger und verschiedenen anderen Anhängern. Die Hallen sollen zur Reinigung und zur Durchführung von Reparaturarbeiten an Baumaschinen, für Prüfläufe mit Kleinmaschinen, für Schmiedearbeiten sowie für Bau- und Betriebsschlosserarbeiten genutzt werden.
Einer typisierenden Betrachtungsweise redet das Berufungsgericht nur insoweit das Wort, als es den Gesichtspunkt als irrelevant bezeichnet, dass sich nach einer DEKRA-Stellungnahme mit Hilfe umfangreicher Schallschutzmaßnahmen, die Einhausungen und eine vier Meter hohe Schallschutzmauer einschließen, das Lärmniveau in der Nachbarschaft soweit senken lässt, dass die für Mischgebiete maßgeblichen Immissionswerte eingehalten werden. Das Oberverwaltungsgericht erteilt insoweit dem Versuch der Bauordnungsbehörde eine Absage, den Betrieb “durch eine stark individualisierte ‘maßgeschneiderte’ Baugenehmigung mit zahlreichen Nebenbestimmungen für ihre – an sich ungeeignete Umgebung – passend” zu machen.
Die Begründungsstruktur des Berufungsurteils belegt, dass die Vorinstanz anhand einer Einzelprüfung gewürdigt hat, ob das Vorhaben der Beigeladenen gemessen an den Anforderungen des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO genehmigungsfähig ist. Von daher hätte der Senat keinen Anlass, in dem erstrebten Revisionsverfahren dazu Stellung zu nehmen, ob die bisherige – eingeschränkte – Typisierungslehre (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1971 – BVerwG 4 C 76.68 – a.a.O., vom 18. Oktober 1974 – BVerwG 4 C 77.73 – a.a.O. und vom 24. September 1992 – BVerwG 7 C 7.92 – a.a.O.; Beschluss vom 11. April 1975 – BVerwG 4 B 37.75 – a.a.O.) verfeinerungs- oder fortentwicklungsbedürftig ist.
Die zweite und die dritte Frage rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht, da sie ebenso wie die erste die Typik-Atypik-Problematik ansprechen, die im Berufungsurteil keine tragende Rolle spielt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Halama, Gatz
Fundstellen
Haufe-Index 879755 |
BauR 2004, 1045 |
BauR 2004, 645 |
BRS-ID 2004, 1 |