Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 20.03.2002; Aktenzeichen 10 UE 3756/96.A) |
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf eine „Verletzung der Aufklärungspflicht” nach § 86 Abs. 1 VwGO sowie auf eine „Verletzung der Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO” gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nach § 132 Abs. 2, § 133 Abs. 3 VwGO.
Die Beschwerde sieht eine „Verletzung der genannten Verfahrensvorschriften” (Beschwerdebegründung S. 2) zunächst darin, dass das Berufungsgericht einen ergänzenden Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 31. August 2001 zu Sri Lanka „trotz Aufführung in der Erkenntnisliste im Urteil weder erwähnt noch erwogen” habe. Dieser Bericht bestätige „die Folterpraxis in Sri Lanka” im Zusammenhang mit dem Anschlag der LTTE auf den Flughafen Colombo im Juli 2001 und widerlege „die Behauptungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs über Colombo als inländische Fluchtalternative” (Beschwerdebegründung S. 2). Mit diesem Vortrag wird aus mehreren Gründen keine zulässige Revisionszulassungsrüge erhoben. Die gerügte angebliche Überspannung der Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO bezeichnet keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und auch keine – allenfalls noch denkbare – klärungsfähige sowie klärungsbedürftige Grundsatzfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Auslegung des einschlägigen Verfahrensrechts. Eine Aufklärungsrüge wird nicht den insoweit zu stellenden Anforderungen entsprechend dargelegt. Zu dem behaupteten Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO hätte die Beschwerde substantiiert darlegen müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände im Einzelnen sich weitere Ermittlungen anhand welcher Beweismittel mit welchem Beweisergebnis hätten aufdrängen müssen (vgl. etwa den Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Das legt die Beschwerde nicht dar, abgesehen davon, dass sie sich auch mit den ausführlichen (ergänzenden und aktualisierten) Erwägungen im angefochtenen Urteil zu dem angesprochenen Folterproblem (UA S. 12 ff., 15 ff. bis 20) nicht – wie erforderlich – im Einzelnen auseinander setzt und nicht darauf eingeht, dass sich das Berufungsgericht hierbei auch auf einen späteren, nach dem ergänzenden Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 31. August 2001 ergangenen Lagebericht stützt. Entgegen dem Eindruck, den die Beschwerde erweckt, beziehen sich die angegriffenen Ausführungen im Berufungsurteil ferner nicht etwa unmittelbar auf die Bewertung des Großraums Colombo als inländische Fluchtalternative, sondern zunächst und in erster Linie auf die Feststellung des Berufungsgerichts, „dass tamilischen Volkszugehörigen heute und in naher Zukunft in keinem Landesteil Sri Lankas mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gruppengerichtete politische Verfolgung” aus ethnischen Gründen droht (UA S. 12). Soweit die Beschwerde die tatrichterlichen Feststellungen deswegen angreift, weil das Berufungsgericht den Großraum Colombo sonst nicht als hinreichend sichere Fluchtalternative angesehen hätte (Beschwerdebegründung a.a.O. S. 2), wird außerdem verkannt, dass das Berufungsgericht die Verneinung eines Anspruchs des Klägers auf Asyl nach Art. 16 a GG und auf asylrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich nur hilfsweise und zusätzlich damit begründet, dass entweder vorverfolgt ausgereisten Tamilen oder – unterstellt – in einzelnen Landesteilen noch immer gruppenverfolgten tamilischen Volkszugehörigen jedenfalls „im Großraum Colombo eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht”, die hinreichende Sicherheit vor politischer Verfolgung gewährt (UA S. 23). Da das Berufungsgericht sowohl eine Vorverfolgung des Beigeladenen (UA S. 9 bis 12) als auch eine kollektive oder individuelle politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Sri Lanka (UA S. 12 ff., 20 ff. und 22 f.) verneint hat, sind die Ausführungen zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative mithin nicht entscheidungstragend; eine allein hierauf bezogene Zulassungsrüge kann auch deshalb keinen Erfolg haben. Im Übrigen wendet sich die Beschwerde mit dieser ersten Rüge in Wahrheit lediglich im Gewand der Verfahrensrüge gegen die dem Tatsachengericht vorbehaltene Feststellung und Würdigung des Sachverhalts und die Gefahrenprognose, ohne einen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO aufzuzeigen.
Entsprechendes gilt für die beiden weiteren Rügen eine Verletzung der Aufklärungspflicht (Beschwerdebegründung S. 2 am Ende bis S. 3 und S. 3 ff.). Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der zweiten Rüge meint, das Urteil enthalte auf S. 24 unverständliche Ausführungen, verkennt sie den Sinn des zitierten Satzes (S. 24 2. Absatz Satz 1):
„Sowohl die Tatsache, dass Geschwister des Beigeladenen sich mittlerweile der LTTE angeschlossen haben als auch die Tatsache, dass er selbst die LTTE mit Geldzahlungen unterstützt, führen zu der Annahme, ihm stehe heute die inländische Fluchtalternative im Großraum Colombo nicht mehr zur Verfügung.”
Wie sich aus dem anschließenden Satz der Entscheidungsgründe – entgegen der Auffassung der Beschwerde in der ergänzenden Stellungnahme vom 10. Juli 2002 – eindeutig ergibt, liegt der behaupteten Unverständlichkeit oder Widersprüchlichkeit lediglich ein Schreibversehen zugrunde; richtig müsste es in dem zitierten Satz heißen (vgl. ebenso den Nichtabhilfebeschluss vom 17. Juni 2002):
„Sowohl die Tatsache … führen nicht zu der Annahme, …”.
Im Übrigen kommt es auf die Ausführungen zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative mit dem insoweit strengeren Maßstab der hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung – wie ausgeführt – nicht entscheidungstragend an; hiermit setzt sich die Beschwerde schon nicht auseinander. Außerdem gilt auch insoweit, dass sich die Beschwerde in Wahrheit lediglich gegen die von ihr für falsch gehaltene tatrichterliche Würdigung wendet, die in dem angestrebten Revisionsverfahren grundsätzlich nicht überprüfbar wäre. Auch die dritte Aufklärungsrüge entspricht nicht den Anforderungen aus § 133 Abs. 3 Satz 3 V wGO. Mit der den tatrichterlichen Feststellungen entgegen gesetzten Behauptung, der Kläger sei „sowohl wegen seiner Ausreise mit gefälschtem Pass strafbar als auch wegen seiner Unterstützung der LTTE in der Bundesrepublik”, bei einer Rückkehr müsse er „mit insgesamt zwanzig Jahren Strafhaft rechnen”, lässt sich die Revisionszulassung nicht erreichen.
Soweit die Beschwerde am Ende darauf hinweist, den Kläger erwarte „somit” – nach der den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprechenden eigenen Gefahrenprognose der Beschwerde – „erniedrigende und menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK”, was „zu seiner Anerkennung … führen” müsse, wird eine weitere eigenständige Rüge wohl nicht erhoben. Insoweit scheint die Beschwerde außerdem zu verkennen, dass die Frage einer Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens gewesen ist.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Hund, Richter
Fundstellen