Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. März 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Diese Voraussetzung liegt u.a. dann nicht vor, wenn die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage bereits höchstrichterlich geklärt ist. So liegt der Fall hier.

Die Kläger wollen folgende Frage geklärt wissen:

„Ist es mit Art. 14 GG vereinbar, dass ein vom Vermögensvertrag DDR-Österreich (VermVertr) erfasstes Grundstück nach § 1 b VZOG dem Bund (Entschädigungsfonds) zugeordnet wird, wenn österreichische Staatsangehörige noch heute als Eigentümer im Grundbuch ausgewiesen sind und das Eigentum auch nicht außerhalb des Grundbuchs durch weitere rechtliche Maßnahmen entzogen wurde?”

Diese Frage hat spätestens durch den Beschluss des beschließenden Senats vom 16. August 2000 (– BVerwG 3 B 103.00 –) ihre Beantwortung gefunden. Die in jenem Verfahren zurückgewiesene Nichtzulassungsbeschwerde richtete sich gegen ein Urteil derselben Kammer des Verwaltungsgerichts, das auch das hier angefochtene Urteil erlassen hat, und betraf inhaltlich einen Parallelfall zum vorliegenden Rechtsstreit. Die von den Prozessbevollmächtigten in den beiden Verfahren zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerden vorgebrachten Einwände und Argumente liegen im Wesentlichen auf derselben Linie. Der Senat kann sich daher auf die Wiedergabe der einschlägigen Passagen seines Beschlusses vom 16. August 2000 beschränken. Dort heißt es u.a.:

„Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist es Zweck der Vorschrift in § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG (vgl. auch § 11 c Satz 1 VermG) und damit auch in dem hier maßgeblichen § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG, einen nochmaligen Ausgleich für Vermögensschädigungen, die der Deutschen Demokratischen Republik zuzurechnen und bereits durch Gewährung einer Global-Entschädigung ausgeglichen sind, zu vermeiden (vgl. grundlegend Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 50.94 – BVerwGE 99, 276 ≪281≫). Damit setzt die Rechtmäßigkeit eines Vorgehens gemäß § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG (ebenso wie bei § 11 c Sätze 2 und 3 VermG) nur voraus, dass der betroffene Vermögenswert in ein zwischenstaatliches Entschädigungsabkommen im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG wirksam einbezogen worden ist; unter dieser Voraussetzung ist der Vermögenswert ‚Gegenstand’ eines Abkommens im Sinne des § 1 b Abs. 1 Satz 1 VZOG geworden, und der vermögensrechtliche Anspruch (hier: der Klägerin) ist bereits seitens der Deutschen Demokratischen Republik ‚geregelt’ worden im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. b VermG.

Sind mithin die individuell Geschädigten auf den Einwand beschränkt, dass ihr Vermögenswert tatsächlich nicht Gegenstand der jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarung geworden sei, so sind der Klägerin mit ihrem Eingeständnis, dass ihre vermögensrechtlichen Ansprüche – mit ihrem Willen – in das Abkommen einbezogen worden sind, sämtliche weiteren Einwände abgeschnitten. Ob – und ggf. wann – individuelle Ansprüche, die Gegenstand des Abkommens waren, durch dieses bzw. durch individuelle Entschädigungszahlungen erloschen sind oder als erloschen zu gelten haben, kann offen bleiben, denn die vorgenannten Vorschriften knüpfen nur an die Vereinbarung einer Global-Entschädigung an (vgl. zum gesamten Vorstehenden für das Abkommen zwischen Österreich und der DDR: Urteil vom 31. Juli 1997 – BVerwG 7 C 43.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 115).

Nach den vorgenannten Urteilen lässt eine solche zwischenstaatliche Vereinbarung einer Global-Entschädigung zum Ausgleich individueller Rechtsverluste den Primäranspruch des Rechtsinhabers untergehen. Damit wird aber das Erlöschen individueller Ansprüche nicht etwa – wie die Beschwerde anzunehmen scheint – zur Voraussetzung für die Anwendung der vorgenannten Vorschriften erhoben. Vielmehr dienen diese und vergleichbare Aussagen erkennbar der Begründung der revisionsgerichtlichen Überzeugung, der Gesetzgeber habe den Ausschluss individueller Ansprüche in völker- und verfassungsrechtlich einwandfreier Weise an die Voraussetzung knüpfen dürfen, dass die betreffenden Vermögensgegenstände in ein derartiges Abkommen einbezogen worden sind. Die völkerrechtliche Unbedenklichkeit folgt insoweit aus der vertretbaren Annahme des Gesetzgebers, die ausgehandelten Entschädigungsbeträge böten eine aus den wechselseitigen Interessenlagen ableitbare Gewähr für eine völkerrechtskonforme Entschädigung. Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des gesetzgeberischen Vorgehens liegt darin begründet, dass die Deutsche Demokratische Republik bereits vor dem Abschluss der in Rede stehenden Abkommen die Verfügungsbefugnis der ausländischen Vermögensinhaber faktisch derart ausgehöhlt hatte, dass vom Fortbestand eines materiellen Eigentumsrechts keine Rede mehr sein konnte. In Ermangelung eines substantiellen Vermögenssubstrats stellte die allein noch vorhandene Buchposition der Klägerin kein Eigentum im Sinne des Art. 14 GG dar.

Nicht anders hat es im Übrigen ausweislich einer Regierungsvorlage vom 3. November 1987 zum in Rede stehenden Vertrag (Nr. 311 der Beilagen zu den Stenografischen Protokollen des Nationalrates XVII.GP) die österreichische Seite zur Zeit des Vertragsschlusses gesehen: Den Erläuterungen zum Vertrag lässt sich die damalige Auffassung Österreichs entnehmen, dass mit den staatlich verwalteten ausländischen Vermögenswerten in der DDR unter Entzug des Verfügungsrechts der ausländischen Eigentümer ‚materiell eine de facto-Enteignung (rückwirkend mit 8. Mai 1945) vorgenommen’ worden sei. Weil die DDR es abgelehnt habe, die von ihr getroffenen Maßnahmen formell als Enteignung sowie die Abgeltung als Entschädigung zu bezeichnen, werde der durch die de facto-Enteignungen hervorgerufene Vermögensverlust durch die Formulierung ‚in deren (DDR) ausschließliche Verfügungsgewalt gelangt’ umschrieben. Folgerichtig sehen die Erläuterungen in Art. 7 eine ‚Entfertigung’ und einen gegenseitigen Interventionsverzicht Österreichs und der DDR betreffend alle Ansprüche, soweit sie im Vertrag geregelt sind.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht klärungsbedürftig, ob ein – wie dargelegt unbeachtlicher – Eigentumsverlust der Klägerin womöglich erst mit der vollständigen Bezahlung der Entschädigungssumme im Juni 1993 eingetreten ist; an der dargelegten verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Anknüpfung an die Regelung durch die Vereinbarung vermöchte dies nichts zu ändern.”

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI544076

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge