Verfahrensgang
Thüringer OVG (Urteil vom 26.04.2007; Aktenzeichen 3 N 699/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Abweichungs- (1.), Verfahrens- (2.) und Grundsatzrüge (3.) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Antragsteller machen eine Abweichung des streitgegenständlichen Urteils des Oberverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geltend (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 – BVerwG 8 B 61.95 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55). Diese Voraussetzungen erfüllt das Beschwerdevorbringen nicht.
Zur Begründung für die Beschwerde bringen die Antragsteller vor, im Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (BVerwGE 116, 347 = Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 71) habe das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Stellung zur Reichweite der Verordnungskompetenz der Polizeibehörden im Rahmen der Gefahrenabwehr – insbesondere der Abwehr von Gefahren durch Hunde – genommen. Hinsichtlich des Begriffs der abstrakten Gefahr stelle das Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung fest, dass eine solche gegeben sei, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führe, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflege und daher Anlass bestehe, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. In der Entscheidung heiße es weiter: “Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: Es müssen – bei abstrakt-genereller Betrachtung – hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Dabei liegt es im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern – allenfalls – eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor.”
Das Oberverwaltungsgericht habe die vorgenannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mehrfach zitiert, weiche von ihr aber ab, indem es ausführe, dass es im vorliegenden Fall offenbleiben könne, ob die Angaben in den beigezogenen Unterlagen der Antragsgegnerin eine Gefahrenprognose stützen könne. Dazu führe das Oberverwaltungsgericht aus: “Die erforderliche abstrakt-generelle Gefahr der Verletzung von Menschen und Tieren durch unangeleinte Hunde folgt jedenfalls schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Zur Annahme einer abstrakten Gefahr reicht es aus, dass die Sachverhalte, an die die ordnungsbehördliche Verordnung knüpft, nach der Lebenserfahrung geeignet sind, im Regelfall Gefahren zu verursachen.” Damit gebe das Oberverwaltungsgericht das vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Erfordernis konkreter Anhaltspunkte für den drohenden Eintritt von Schäden auf und begnüge sich mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der allgemeinen Lebenserfahrung. Es erweitere in seinem Urteil die Eingriffskompetenz eines kommunalen Verordnungsgebers nicht unerheblich und in bedenklicher Weise über den vom Bundesverwaltungsgericht letztlich aufgrund des rechts- und demokratiestaatlichen Gesetzesvorbehaltes gesteckten Rahmen hinaus.
Dieses Vorbringen legt keine Divergenz der beiden Entscheidungen im abstrakten Rechtssatz dar. Insbesondere widerspricht es den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssätzen nicht, hinsichtlich der “generell-abstrakten Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen” auf die allgemeine Lebenserfahrung abzustellen (s. Urteil vom 3. Juli 2002 a.a.O. S. 350 und 356 bzw. S. 25 und 31). Die Antragsteller wenden sich in Wahrheit gegen die vom Oberverwaltungsgericht unternommene Rechtsanwendung. Darauf kann eine Divergenzrüge aber nicht gestützt werden. Die beanstandete Rechtsanwendung wäre vielmehr erst im Falle einer zugelassenen Revision zu überprüfen.
2. Im Wege der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) machen die Antragsteller geltend, das Oberverwaltungsgericht habe gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen.
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann ordnungsgemäß bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 10. November 1992 – BVerwG 3 B 52.92 – Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rn. 222 m.w.N.). Mit der Aufklärungsrüge macht die Beschwerde einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz geltend. Zur Begründung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265; Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫. VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
Die Antragsteller bringen vor, sie hätten substantiiert vorgetragen, dass der sog. Leinenzwang der rechtsstaatlichen Erfordernis der Geeignetheit eines Eingriffs zur Gefahrenabwehr nicht genüge. Im streitgegenständlichen Urteil werde insoweit ausgeführt: “Der allgemeine Leinenzwang verbessert die Kontrolle über das Verhalten von Hunden und fördert damit den von der Antragsgegnerin verfolgten Regelungszweck. Dies liegt für alle Örtlichkeiten und Tageszeiten ohne weiteres auf der Hand. Vernünftigerweise lässt sich nicht ernsthaft in Abrede stellen, dass der an der Leine geführte Hund jedenfalls besser als das frei herumlaufende Tier an unberechenbaren Verhaltensweisen gehindert werden kann.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass das Anleinen von Hunden deren Aggressionen letztlich steigere und deshalb unzweckmäßig sei. Eine solche Sichtweise nimmt, was die Antragsteller wohl verkennen, nicht nur das Regelungsinstrumentarium selbst, für das sich der Verordnungsgeber zur Bekämpfung der abstrakten Gefahren entschieden hat, in den Blick. Sie läuft vielmehr auf eine Gesamtbetrachtung der Situation dergestalt hinaus, dass Überlegungen zur voraussichtlichen Entwicklung der Aggressivität von Hunden bei Durchsetzung des Leinenzwangs im Geltungsbereich der VO – unter der Annahme fehlender sonstiger Auslaufmöglichkeiten – angestellt werden. Mit dieser Argumentation vergleichen die Antragsteller unzulässigerweise die in den Blick zu nehmenden Gefahrensituationen, deren Bekämpfung die VO dient, mit einer anderen Situation, die erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines – von ihnen hypothetisch angenommenen – bestimmten Entwicklungsverlaufes eintreten würde. Die Argumentation missachtet zudem den dem Verordnungsgeber zuzugestehenden Einschätzungs- und Prognosespielraum, was er zur Verwirklichung der Regelungsziele für geeignet halten darf.”
Mit diesen Feststellungen verstoße das Oberverwaltungsgericht gegen die Sachaufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO. Sie, die Antragsteller, hätten unter Beweisantritt durch Vorlage von einschlägigen Fachveröffentlichungen vorgetragen, warum ein ständig angeleint geführter Hund zu aggressiven Verhaltensauffälligkeiten neige und somit die Gefahr, die abgewehrt werden solle, noch vergrößert werde. Auch sei exemplarisch die sachverständige Begutachtung eines der eigenen Hunde eines Antragstellers vorgelegt worden, in der ausführlich beschrieben worden sei, dass ein frei geführter Hund über eine weitaus größere Distanz zuverlässig zu kontrollieren sei, nämlich durch Zuruf, also im gesamten Bereich der Hörweite des Hundes, wohingegen ein angeleinter Hund, der sich aufgrund der beschriebenen Aggressionssteigerung losgerissen habe, völlig unkontrollierbar geworden sei.
Ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht dargetan. Die Beweisführung der Antragsteller mit dem behaupteten Ergebnis – hypothetisch – unterstellt, würde das angegriffene Urteil nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Der vom Urteil an der fraglichen Stelle erörterte “allgemeine Leinenzwang für Hunde” gemäß § 11 Abs. 3 VO ist nämlich nicht gleichzusetzen mit dem von den Antragstellern mit ihrem Beweisangebot angegriffenen Fall des “ständig angeleint geführten Hund(es)”. Nach § 11 Abs. 3 VO besteht der Anleinzwang nicht lückenlos, sondern, “auf Straßen und Anlagen nach § 2 Abs. 3 Buchstaben a) und b) innerhalb der bebauten Ortsteile”. Im streitgegenständlichen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht außerdem § 11 Abs. 5 VO für unwirksam erklärt, wonach während der Nachtzeit im gesamten Stadt- bzw. Gemeindegebiet Hunde an der Leine zu führen waren. Die Unwirksamkeit dieser Regelung hat das Oberverwaltungsgericht gerade mit der andernfalls gesehenen Unverhältnismäßigkeit des Leinenzwangs begründet: “Denn wegen des örtlich uneingeschränkten Leinenzwangs in der Nachtzeit – unabhängig von der Jahreszeit – verbleiben den Hundehaltern im Ergebnis kaum noch Gelegenheiten, ihre Hunde in den Stadt- und Gemeindegebieten der Antragsgegnerin und ihrer Vertragsgemeinden unangeleint, frei umherlaufen zu lassen. Insbesondere in den Wintermonaten – mit kurzem Tageslicht – bedeutet dies, dass für eine weit überwiegende Zeitspanne des Tages Hunde im Geltungsbereich der VO praktisch nur noch angeleint geführt werden dürften. Das wirkt sich gerade im Zusammenhang damit, dass auch tagsüber das Ausführen des Hundes ohne Leine in allen geschlossenen Ortslagen verboten ist, besonders einschneidend für die Möglichkeiten der Hundehalter aus, ihren Tieren einen regelmäßigen Auslauf im Freien zu gewähren. Damit werden einer Vielzahl von Hundehaltern, die nicht entsprechend große und zum Auslauf von Hunden im Freien geeignete private Grundstücke nutzen können, überhöhte organisatorische Anstrengungen abverlangt, um ihren Hunden noch einen regelmäßigen freien Auslauf zu ermöglichen. Das gilt umso mehr, als dafür auch tagsüber außerhalb der geschlossenen Ortschaften nicht sämtliche Gebietsteile zur Verfügung stehen. So sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ThürWaldG in den Wäldern Hunde, sofern sie nicht dort zur Jagd eingesetzt werden, generell, auch tagsüber, an der Leine zu führen.” Der von den Antragstellern – zu Beweiszwecken – unterstellte Fall des ständigen Anleinens eines Hundes und der daraus folgenden Auswirkungen auf das Verhalten des Tieres liegt der vom Oberverwaltungsgericht geprüften Verordnung gar nicht zugrunde, zumal der teilweise Erfolg der Normenkontrolle den Anleinzwang – in der Dunkelheit – weiter gelockert hat.
3. Im Wege der Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) halten die Antragsteller zwei Fragen für klärungsbedürftig.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
a) Die Antragsteller halten für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob sich ein Verordnungsgeber zur Feststellung einer abstrakt-generellen Gefahr im polizeirechtlichen Sinne ohne weiteres auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen kann, sofern ihm hinreichende Anhaltspunkte für eine Prognose für den Eintritt von Schäden nicht zur Verfügung stehen. Nach ihrer Ansicht reicht die allgemeine Lebenserfahrung zur Begründung einer abstrakt-generellen Gefahr nicht aus.
Die darauf gestützte Grundsatzrüge bleibt ohne Erfolg. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, denn sie ist vom Senat bereits in seiner früheren Rechtsprechung zur abstrakt-generellen Gefährlichkeit von Hunden bejaht worden, mit welcher das Urteil des Oberverwaltungsgerichts im Übrigen übereinstimmt. Das Oberverwaltungsgericht setzt sich mit dem Zusammenhang von “abstrakt-generelle Gefahr” durch unangeleinte Hunde und der allgemeinen Lebenserfahrung wie folgt auseinander: “Die erforderliche abstrakt-generelle Gefahr der Verletzung von Menschen und Tieren durch unangeleinte Hunde folgt jedenfalls schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Zur Annahme einer abstrakten Gefahr reicht aus, dass die Sachverhalte, an die eine ordnungsbehördliche Verordnung anknüpft, nach der Lebenserfahrung geeignet sind, im Regelfall Gefahren zu verursachen. Geboten ist damit nur eine typisierende prognostische Beurteilung der Gefahrenlage (vgl. nur Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Auflage 2005, § 11 Rn. 625). In diesem Zusammenhang kann auch auf eine bestehende allgemeine Lebenserfahrung abgestellt werden (vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. September 2006 – 7 C 10539/06 – DÖV 2007, 82). Eine solche wird namentlich für Situationen, in denen sich Hunde und Menschen begegnen, wegen der (potentiellen) Konfliktträchtigkeit anzunehmen sein. Dementsprechend geht die überwiegende Rechtsprechung ohne weiteres vom Bestehen einer abstrakten Gefahr bei frei umher laufenden Hunden wegen der von ihnen ausgehenden Verletzungsgefahren aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 1989 – 1 S 3107/88 – ESVGH 39, 288 = DVBl 1989, 1007 = NVwZ-RR 1990, 16 m.w.N.; OVG Berlin, Urteil vom 11. September 1992 – 2 B 3/90 – LKV 1993, 169 m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. September 2006 – 7 C 10539/06 – DÖV 2007, 82 m.w.N.; dazu wohl auch neigend: BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 – 6 CN 8.01 – a.a.O.; a.A. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27. Januar 2005 – 11 KN 38/04 – NordÖR 2005, 179).”
Das Bundesverwaltungsgericht hat – bezogen auf die Niedersächsische Gefahrhundeverordnung – in seinem Urteil vom 3. Juli 2002 (a.a.O. S. 350 bzw. S. 25 f.) bereits ausgeführt: “Die abstrakte Gefahr ist nach § 2 Nr. 2 NGefAG eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine Gefahr i.S. des § 2 Nr. 1 NGefAG darstellt, das heißt eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird. Gegen diese Umschreibungen ist aus bundesrechtlicher Sicht nichts zu erinnern; sie geben zutreffend wieder, was herkömmlich unter einer Gefahr im Sinne des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts verstanden wird.”
b) Die Antragsteller halten außerdem für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine Norm als Instrument der Abwehr einer abstrakt-generellen Gefahr dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Geeignetheit des Mittels genügt, wenn das Mittel von der überwiegenden Mehrheit der fachkundigen Stellen als ungeeignet angesehen wird. Die Rüge bleibt ohne Erfolg.
Die Grundsatzrüge dient nicht der Beantwortung lediglich allgemein interessanter oder sich gar nur hypothetisch stellender Fragen ohne notwendigen Bezug zu dem zu entscheidenden Fall. Es wird vorliegend in unspezifischer Weise in die Frage die Unterstellung eingeführt, dass ein in der streitbefangenen Verordnung enthaltenes “Mittel … von der überwiegenden Mehrheit der fachkundigen Stellen als ungeeignet angesehen wird”. Worum es sich dabei handeln soll, bleibt offen. Zwar kann aus dem Zusammenhang heraus vermutet werden, dass es sich um den “Anleinzwang für Hunde” handeln soll. Doch würde sich insoweit die aufgeworfene Frage in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn der in dem angefochtenen Urteil erörterte “allgemeine Leinenzwang für Hunde” im Sinne des § 11 Abs. 3 VO ist, wie schon ausgeführt, nicht gleichzusetzen mit einer ständigen Anleinung, auf die sich die von den Antragstellern erwähnten Äußerungen fachkundiger Stellen beziehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 5 ZPO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Graulich, Dr. Bier
Fundstellen