Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 1 L 256/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 859 160,71 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Beschwerde will zunächst folgende Frage geklärt wissen:
“Steht es mit dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichbehandlungsgebot in Einklang, wenn ein rechtmäßiger Beitragsmaßstab ausschließlich zugunsten eines einzelnen Beitragsschuldners nicht angewandt werden soll?”
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Dass das Oberverwaltungsgericht – wie in den Darlegungen der Beschwerde zu dieser Frage angesprochen – den in der Satzung des Beklagten festgelegten Beitragsmaßstab wegen Verstoßes gegen das landesrechtliche Vorteilsprinzip für unwirksam gehalten hat, beruht auf der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts, die mangels Nachprüfung durch das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 1 VwGO) eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht begründen können. Deswegen vermag auch die Rüge einer Verletzung von Bundesrecht bei der vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts, wie sie die Beschwerde unter Hinweis auf den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip erhebt, die Zulassung der Revision nur zu rechtfertigen, wenn die Beschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundesrechts darlegt, nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996 – BVerwG 6 B 11.96 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.). Einen bundesrechtlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde hinsichtlich der genannten Maßstäbe, deren Inhalt das Bundesverwaltungsgericht seit langem als geklärt ansieht (vgl. nur Beschluss vom 30. Mai 2007 – BVerwG 10 B 56.06 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 104 Rn. 13 f. m.w.N.), nicht auf. Sie wendet sich vielmehr in der Sache dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht einen angeblich bundesrechtlich als zulässig anerkannten Beitragsmaßstab für unzulässig gehalten hat. Damit beschränkt sie sich nicht nur auf eine für die Revisionszulassung nicht ausreichende bloße Rüge der Verletzung von Bundesrecht, sondern geht auch von unzutreffenden bundesrechtlichen Annahmen aus, von denen auch die übrigen Rügen der Beschwerde geprägt sind. Denn daraus, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit den hier maßgeblichen kombinierten Flächen-/Vollgeschossmaßstab bundesrechtlich nicht beanstandet hat, folgt nicht, dass er unter allen denkbaren Umständen rechtlich Bestand haben muss. Erkennbar hat das Bundesverwaltungsgericht den vom Oberverwaltungsgericht aufgrund der besonderen Randbedingungen als nicht vorteilsgerecht beanstandeten Maßstab nur “im Ansatzpunkt” (Beschluss vom 30. April 1996 – BVerwG 8 B 31.96 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5) für bundesrechtlich zulässig angesehen. Eine weitergehende und insbesondere abschließende Aussage zur Rechtmäßigkeit des genannten Maßstabs wäre schon deswegen nicht möglich, weil ein Beitragsmaßstab zusätzlichen, landesrechtlichen Maßstäben genügen muss. Dazu gehört u.a. das Vorteilsprinzip, dessen Anforderungen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit denjenigen der von der Beschwerde genannten bundesrechtlichen Maßstäbe nicht deckungsgleich sind (vgl. etwa Beschluss vom 22. März 2007 – BVerwG 10 BN 5.06 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9 m.w.N.) und dessen Auslegung wiederum die Anwendung dieser bundesrechtlichen Maßstäbe wesentlich beeinflusst (vgl. nur Urteil vom 1. September 1995 – BVerwG 8 C 16.94 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 35 S. 2).
Darüber hinaus wirft die Beschwerde folgende Frage auf:
“Erfordert der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, dass für ein einzelnes – hinsichtlich seiner Nutzung im Beitragsgebiet einzigartiges – Grundstück eine Sonderregelung außerhalb des satzungsgemäßen Beitragsmaßstabes geschaffen werden muss?”
Diese Frage betrifft ebenfalls die Auslegung und die Anwendung irrevisiblen Rechts (hier die Anwendung landesrechtlicher bzw., soweit das Landesrecht auf Vorschriften der Abgabenordnung verweist, dem Landesrecht zuzurechnender Erlassvorschriften; vgl. Beschluss vom 2. Juli 1990 – BVerwG 5 B 37.90 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160), gegenüber denen sich die Beschwerde auf die bloße Rüge der fehlerhaften Anwendung bundesrechtlicher Prüfungsmaßstäbe beschränkt, ohne deren Klärungsbedürftigkeit darzulegen.
Dasselbe gilt für die dritte Frage:
“Ist es im Hinblick auf die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte kommunale Selbstverwaltung zulässig, durch verwaltungsgerichtliches Urteil die einer Gemeinde zustehende Satzungsautonomie unter Bezugnahme auf die von ihr vorgenommene Bauleitplanung einzuschränken?”
2. Auch die Divergenzrüge greift nicht durch.
Die Beschwerde will dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1986 – BVerwG 8 C 9.86 – (Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 69) den nach ihrer Ansicht vom Oberverwaltungsgericht nicht beachteten Rechtssatz entnehmen, dass bei der Veranlagung eines Buchgrundstücks immer rechtmäßigerweise auf die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abgestellt stellt werden könne. Dieses Vorbringen erfüllt schon deswegen nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil die genannte Entscheidung nicht das landesrechtliche Kanalbaubeitragsrecht, sondern in § 131 Abs. 2 und 3 BauGB geregelte Fragen des Erschließungsbeitragsrechts betrifft und somit nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ergangen ist (vgl. zu dieser Anforderung an eine Divergenzrüge Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ Nr. 26 S. 14). Ob die “Grundstückssituationen” der jeweils entschiedenen Fälle “vom Prinzip … vergleichbar” sind, wie die Beschwerde meint, ist deswegen ohne Belang und kann die Zulassung der Revision wegen Divergenz jedenfalls nicht rechtfertigen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte
Fundstellen