Tenor
Das Bundesverwaltungsgericht erklärt sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Chemnitz.
Tatbestand
I
Rz. 1
Durch Planfeststellungsbeschluss vom 15. Dezember 2000 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau der Bundesautobahn A 4 im Abschnitt Chemnitz – Frankenberg, Bereich Bahremühlenviadukt – Heinersdorfer Straße fest. Die Einwendungen der Klägerin, die die Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen über die planfestgestellten Schutzvorkehrungen hinaus gefordert hatte, wurden zurückgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Planfeststellungsbeschluss keine Klage erhoben.
Rz. 2
Nach Verwirklichung des Planvorhabens wurden für das Grundstück der Klägerin und die benachbarte Bebauung Lärmbelastungswerte ermittelt, die über die im Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Werte weit hinausgingen. Auf Antrag des Vorhabenträgers ergänzte der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss mit Beschluss vom 23. September 2008 um zusätzliche Lärmschutzauflagen, wies aber die Einwendungen der Klägerin, die auch das ergänzte Lärmschutzkonzept für unzureichend hielt, zurück. Da der Planfeststellungsbeschluss vom 15. Dezember 2000 Bestandskraft erlangt habe, sei ein Anspruch auf Änderung ausgeschlossen. Ein Anspruch nach § 17c FStrG, § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auf nachträgliche Schutzvorkehrungen scheitere daran, dass die Lärmwirkungen des Vorhabens voraussehbar gewesen seien. Der Vorhabenträger habe vielmehr ohne Bestehen einer Rechtspflicht ein als rechtlich selbstständig zu betrachtendes Planfeststellungsverfahren mit dem Ziel beantragt, die von ihm vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen aktiven und passiven Lärmschutzes auf eine rechtlich sichere Basis zu stellen.
Rz. 3
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin entsprechend der ihm beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung am 24. Oktober 2008 Klage erhoben. Ihren ursprünglichen, gegen die in dem Ergänzungsbeschluss erfolgte Ablehnung weitergehenden Lärmschutzes gerichteten Hauptantrag hat sie mit Schriftsatz vom 2. Juni 2010 zurückgenommen; insoweit ist das Verfahren durch Beschluss vom 10. Juni 2010 abgetrennt und eingestellt worden. Ihr ursprünglich hilfsweise verfolgtes Begehren nachträglicher Lärmschutzauflagen verfolgt die Klägerin nunmehr als Hauptantrag weiter. Das Gericht hat die Beteiligten auf Bedenken gegen seine sachliche Zuständigkeit für diesen Antrag hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 4
Die Entscheidung über die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Verweisung an das Verwaltungsgericht Chemnitz beruht auf § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG.
Rz. 5
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage nunmehr nur noch die Verurteilung des Beklagten zur nachträglichen Anordnung von Schutzvorkehrungen gem. § 17c FStrG, § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Für dieses Begehren ist das Bundesverwaltungsgericht nicht erstinstanzlich zuständig. Insoweit fehlt es an dem erforderlichen unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren, den die maßgebliche Zuständigkeitsregelung des § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 VerkPBG voraussetzt (vgl. Beschluss vom 18. Mai 2000 – BVerwG 11 A 6.99 – Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 11 S. 2; Urteil vom 10. August 2000 – BVerwG 4 A 11.99 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 158 S. 60). Dass die Klägerin bei Eingang ihrer Klage auch – und sogar vorrangig – den Planergänzungsbeschluss vom 23. September 2008 angegriffen hat, ändert daran nichts, weil es bei den beiden Begehren nach der Konzeption des Gesetzes um zwei in verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu behandelnde Streitgegenstände geht (vgl. Beschluss vom 31. März 2004 – BVerwG 9 A 33.03 – Buchholz 300 § 17 GVG Nr. 3 S. 3). Zwei Streitgegenstände sind der in § 17 Abs. 2 GVG vorgesehenen Konzentration der Prüfungsbefugnis bei dem angerufenen Gericht nicht zugänglich.
Rz. 6
Zuständig für die vorliegende Streitigkeit ist das Verwaltungsgericht Chemnitz. Dies folgt aus den §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO. Nach der letztgenannten Vorschrift ist in Streitigkeiten, die sich auf ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ort liegt. Der Antrag auf nachträgliche Auflagen zum Schutz eines Anwesens gegen nachteilige Wirkungen, die von dem planfestgestellten Abschnitt eines Verkehrsweges ausgehen, ist an den Ort gebunden, in dem dieser Abschnitt liegt. Dieser Ort gehört zum Bezirk des genannten Verwaltungsgerichts (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SächsJG).
Unterschriften
Dr. Storost, Dr. Nolte, Domgörgen
Fundstellen