Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. April 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.
Gründe
1. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
aa) Der Kläger rügt, dass das Berufungsgericht die Sache nicht an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen hat, obwohl das Urteil des Verwaltungsgerichts, das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 1994 ergangen ist, erst am 28. November 2001 zugestellt worden ist.
Das Verwaltungsgericht hatte beschlossen, die Entscheidung den Beteiligten gemäß § 116 Abs. 2 VwGO zuzustellen und die Urteilsformel am 18. Oktober 1994 der Geschäftsstelle übergeben. Der in den Gerichtsakten befindliche Urteilsabdruck, der keinen Beglaubigungsvermerk aufweist, enthält im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung den gedruckten Namen des früheren Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht “Blößner” sowie den Vermerk “Für die wegen Versetzung an der Unterschrift gehinderten Richterin am VG Walther und Richter Oswald”, der durch den gedruckten Namen “Blößner” abgeschlossen wird. Aus einer Verfügung des jetzigen Vorsitzenden Richters der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts München geht hervor, dass der frühere Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Blößner das Urteil nicht mehr unterschrieben hat, da er inzwischen im Ruhestand ist.
Dass das Berufungsgericht die Sache trotz der schweren und nicht nachvollziehbaren Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen hat, stellt keinen Verfahrensverstoß des Verwaltungsgerichtshofs dar. Denn gemäß § 130 Abs. 2 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3987) darf die Sache bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nur an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden, wenn ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Ein derartiger Antrag ist zwingend erforderlich, wie der Gesetzeswortlaut erweist (vgl. auch Amtliche Begründung BTDrucks 14/6393, S. 14). Der Kläger legt nicht dar, dass ein derartiger Antrag gestellt worden ist. Weder der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 8. Mai 2002 noch den nachfolgenden Schriftsätzen lässt sich ein derartiger Antrag entnehmen. Unter diesen Umständen hatte der Verwaltungsgerichtshof keine Befugnis zur Zurückverweisung.
Die Rüge führt auch nicht etwa deshalb zum Erfolg, weil es überhaupt an einem erstinstanzlichen Urteil fehlt. Zwar wurde nur die unterschriebene Entscheidungsformel und nicht das gesamte Urteil am 18. Oktober 1994 und damit binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 1994 der Geschäftsstelle übergeben. In entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO ist dies aber ausreichend, um die in § 116 Abs. 2 VwGO genannte Zweiwochenfrist zu wahren (stRspr, vgl. z.B. BVerwGE 38, 229). Ferner muss nach § 117 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO das vollständige Urteil alsbald nach Ablauf der Zweiwochenfrist der Geschäftsstelle übergeben werden. Es ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht diesen strengen zeitlichen Vorgaben für die Urteilsabfassung nicht gerecht geworden ist und auch die äußerste zeitliche Grenze für die Übergabe der Entscheidungsgründe an die Geschäftsstelle von mehr als fünf Monaten (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367 ≪372 ff.≫) deutlich überschritten hat. Jedoch gelten in einem solchen Fall lediglich die in das Urteil aufgenommenen Entscheidungsgründe als nicht geschrieben und das Urteil als “nicht mit Gründen versehen”, die Entscheidung selbst verliert aber nicht ihren rechtlichen Rang als Urteil i. S. von § 124 Abs. 1 VwGO.
bb) Der Kläger macht außerdem geltend, das Berufungsgericht habe seinem Antrag, den Augenschein einzunehmen, zu Unrecht nicht entsprochen. Zu einer Ortsbesichtigung wäre der Verwaltungsgerichtshof aber nur dann verpflichtet gewesen, wenn es nach der von ihm vertretenen materiellrechtlichen Rechtsauffassung auf die Kenntnis der örtlichen Verhältnisse angekommen wäre und diese nur durch eine In-Augenscheinnahme zu erlangen gewesen wären. Das Berufungsgericht hat die Rechtsauffassung vertreten, dass dem Kläger ein Raum mit einer Grundfläche von 16,5 m(2) zusteht, die ihm auch nach der umstrittenen Umorganisation zur Verfügung steht. Die nach Auffassung des Berufungsgerichts allein gebotene “Willkürkontrolle” konnte auf der Grundlage der in den Gerichtsakten enthaltenen Planzeichnungen sowie der von dem Kläger eingereichten und hinreichend ausdrucksstarken Fotos erfolgen.
b) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Der Kläger führt aus, in einem Revisionsverfahren könne die Frage geklärt werden, ob “Willkür auch dann anzunehmen (ist), wenn infolge einer überlangen Verfahrensdauer die ursprünglichen, eine angegriffene Entscheidung tragenden Gründe wegfielen und ein förmliches Verfahren für neu entstandene Gründe nicht durchgeführt wurde”.
Diese Frage stellt der Kläger vor folgendem Hintergrund: Der Kläger ist Leiter der Abteilung für Infektionshygiene am Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Technischen Universität München, die 1983 eingerichtet und in “Bau 543, Trogerstraße 32” untergebracht worden war. Dem Kläger standen zwei Räume von 45,3 und 39,8 m(2) zur Verfügung. Ende 1990 sollte einer der Räume als Seminar- bzw. Kursraum genutzt und der andere durch eine Trennwand in zwei Räume aufgeteilt werden, die dem Kläger verbleiben sollten. Hiergegen wandte sich der Kläger u. a. unter Hinweis auf Raumbedarf wegen der Herausgabe einer angesehenen medizinischen Fachzeitschrift. Im Laufe des Berufungsverfahrens teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit, die Raumnot habe sich nicht reduziert und führte dazu andere Gründe als das Erfordernis der Nutzung eines Raumes als Seminar- bzw. Kursraum an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kläger zulässigerweise nur eine Leistungsklage in der Form einer Unterlassungsklage erheben könne und die Raumauf- und -zuteilung auf Willkürlichkeit hin zu überprüfen sei. Die Hochschullehrer müssten möglichst gleichmäßig – d. h. unter Berücksichtigung der besonderen Situation ihres Aufgabenbereichs oder ihres Fachs – angemessen im Vergleich zu den jeweils anderen Hochschullehrern bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel berücksichtigt werden. Dieses Teilhaberecht begründe nur einen Anspruch auf willkürfreie Verteilung und verhindere eine Benachteiligung des einzelnen Hochschullehrers. Das Gericht hat weiter die Auffassung vertreten, dass die neue Raumaufteilung gegenüber dem Kläger nicht als willkürlich angesehen werden könne. Dabei spiele es keine entscheidende Rolle, dass die Gründe für den Raumbedarf gewechselt hätten.
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die aufgeworfene Frage über den Einzelfall des Klägers hinausführt. Außerdem ist nicht zweifelhaft, dass das Berufungsgericht die Leistungsklage nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beurteilen musste. Es war also zu prüfen, ob in diesem Zeitpunkt eine willkürliche Benachteiligung des Klägers bei der Raumvergabe vorlag. Dafür waren die gegenwärtigen Verhältnisse maßgebend.
Die gewiss überlange Verfahrensdauer, auf deren Verkürzung der Kläger allerdings zwischen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Oktober 1994 und der Zustellung des Urteils am 28. November 2001 nicht etwa durch Anfragen an das Verwaltungsgericht oder Dienstaufsichtsbeschwerden hingewirkt hat, hat im Übrigen dazu geführt, dass der Kläger tatsächlich bis zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung die ihm ursprünglich überlassenen Räume genutzt hat. Sie hat sich also auf die Raumausstattung des Klägers bis dahin nicht nachteilig ausgewirkt.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Hahn, Graulich, Vormeier
Fundstellen