Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 7 A 4632/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. September 1999 wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 120 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes der Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt.

Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch tritt. Dieser Zulassungsgrund muß in der Beschwerdebegründung nicht nur durch Angabe der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Berufungsgericht abgewichen sein soll, sondern auch durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem Widerspruch stehenden, entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden. An letzterem fehlt es hier. Die Beschwerde arbeitet keinen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil heraus, der von einem Rechtssatz in den aufgeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr trägt sie sinngemäß nur vor, das Berufungsgericht habe die Rechtsgrundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts falsch angewendet. Damit ist keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dargetan.

So macht die Beschwerde selbst nicht geltend, das Berufungsgericht habe die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage gestellt, nach der ein Grundstück seine Innenbereichsqualität trotz Beseitigung eines Baubestandes bzw. Nutzungsaufgabe nicht verliere, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. einer Nutzung zu rechnen sei. Sie vertritt nur die Rechtsauffassung, daß diese Betrachtungsweise hier nicht möglich sei, weil die Baufläche im Zeitpunkt der ursprünglichen Nutzung nicht in den Bebauungszusammenhang der gewerblichen Hallennutzung habe einbezogen werden können. Eine Abweichung von dem zitierten Rechtssatz ergibt sich hieraus nicht.

Ebensowenig hat sich das Berufungsgericht gegen den in dem Urteil vom 6. November 1968 – BVerwG 4 C 47.68 – (BRS 20 Nr. 38) enthaltenen Rechtssatz gewandt, das letzte bebaute Grundstück müsse nicht stets in seinem gesamten Umfang am Bebauungszusammenhang teilnehmen. Von der Möglichkeit, daß eine Böschung trennende Wirkung haben könne, ist es sogar ausdrücklich ausgegangen. Es hat hier der Böschung nur deshalb keine rechtliche Bedeutung beigemessen, weil sie in dem Zeitpunkt, als über den Bauantrag der Klägerin zu entscheiden war, bereits eingeebnet war. Demgegenüber meint die Beschwerde, daß sich die Grenze eines Bebauungszusammenhangs nach einem Abbruch oder einer Nutzungsänderung von Gebäuden im Hinblick auf ihre prägende Wirkung nicht verändern könne. Zu dieser Rechtsauffassung hat sich das Bundesverwaltungsgericht jedoch in den in der Beschwerde zitierten Entscheidungen überhaupt nicht geäußert. Daß diese Frage rechtsgrundsätzlich Bedeutung habe, macht die Beschwerde selbst nicht geltend. Ihre rechtsgrundsätzliche Bedeutung dürfte auch zu verneinen sein, weil die Beantwortung der Frage von den besonderen Umständen des Einzelfalls, insbesondere auch von der Verkehrsauffassung, abhängen und deshalb einer generalisierenden Aussage nicht zugänglich sein dürfte.

Soweit die Beschwerde eine Abweichung von dem Urteil vom 14. Januar 1993 – BVerwG 4 C 33.90 – (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 282 – NVwZ 1994, 293) geltend macht, fehlt es sowohl an der Darlegung eines abstrakten Rechtssatzes in dieser Entscheidung als auch an der eines solchen Rechtssatzes im Berufungsurteil. Derartige Rechtssätze ließen sich auch kaum formulieren, weil es in den von der Beschwerde für widersprüchlich gehaltenen Abschnitten der beiden Entscheidungen um die planungsrechtliche Einordnung der jeweiligen konkreten Baugrundstücke geht, im Vordergrund also nicht allgemeine Rechtsausführungen, sondern die tatrichterliche Beurteilung von Einzelfällen (bzw. ihre nur begrenzt mögliche Überprüfung durch das Revisionsgericht) stehen.

Schließlich wird in der Beschwerde auch keine Divergenz zum Urteil vom 3. April 1987 – BVerwG 4 C 43.84 – (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 118 – NVwZ 1988, 144) dargelegt. Die Beschwerde zeigt nämlich nicht auf, daß das Berufungsgericht dem Rechtssatz widersprochen habe, daß der Begriff der „Art der baulichen Nutzung” nicht nur funktional darauf abstelle, für welchen Zweck die Anlage genutzt werde, sondern auch darauf, um welche Art von baulichen Anlagen es sich handele. Sie rügt vielmehr der Sache nach nur, daß das Berufungsgericht diesen Rechtssatz nicht oder fehlerhaft angewendet habe und deshalb zu einer fehlerhaften Würdigung gekommen sei. Für eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genügt dies nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Streitwert setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG fest.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Lemmel, Rojahn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566202

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge