Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 16.07.2001; Aktenzeichen 7 B 00.2631) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 054,96 Euro (entspricht 11 842,47 DM) festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Zulassung der Revision kommt weder unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch unter demjenigen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Betracht.
1. Dem Vorbringen des Beklagten sind die Voraussetzungen der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu entnehmen.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO (n.F.) Nr. 26 = NJW 1997, 3328 = DÖV 1998, 117). Daran gemessen scheidet die Zulassung der Revision aus.
a) Der Beklagte hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob es sich bei einem Vertrag wie demjenigen zwischen ihm und der Kabelgesellschaft Oberfranken-West mbH, in dessen Rechtsstellung die Klägerin eingetreten ist, vom 7. August 1987 um einen privatrechtlichen oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des Art. 54 BayVwVfG, dessen Wortlaut § 54 VwVfG entspricht, handelt. Diese Frage rechtfertigt nicht die Revisionszulassung. Das ergibt sich schon daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage nach der Zuordnung des Vertrags zum privaten oder zum öffentlichen Recht offen gelassen hat und sowohl für den Fall einer privatrechtlichen als auch für denjenigen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung davon ausgegangen ist, eine Nichtigkeit sei nicht eingetreten. Eine für die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht maßgebliche Rechtsfrage – wie hier – kann die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO regelmäßig nicht rechtfertigen (vgl. Beschluss vom 7. Januar 1986 – BVerwG 2 B 94.85 – Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 11). Den Ausführungen des Beklagten ist entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO auch nicht zu entnehmen, dass die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren zu klären wäre. Im Gegenteil geht der Beklagte selbst davon aus, dass es auf die zutreffende rechtliche Einordnung des Vertrags nicht ankommt, weil dieser nach seiner Ansicht sowohl nach bürgerlichem als auch nach öffentlichem Recht nichtig ist.
b) Als weitere Frage von grundsätzlicher Bedeutung hält die Beschwerde für klärungsbedürftig, ob der Vertrag vom 7. August 1987 nach dem mit § 59 VwVfG wortgleichen Art. 59 BayVwVfG nichtig ist. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine Revisionszulassung. Das folgt daraus, dass sich die aufgeworfene Frage allein auf den Vertrag vom 7. August 1987 und damit auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalls bezieht. Ob das Berufungsgericht die Vorschrift des § 59 BayVwVfG zutreffend auf den Vertrag vom 7. August 1987 angewandt hat, ist eine Frage ohne grundsätzliche, d.h. fallübergreifende Bedeutung. Dass und inwiefern die Nichtigkeitsgründe in § 59 BayVwVfG weiterer Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen, wird von der Beschwerde nicht dargelegt.
Abgesehen davon kann die aufgeworfene Frage auch deshalb nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen, weil der Beklagte mit ihr letztlich auf eine Beurteilung ausgelaufenen Rechts abzielt. Der Beklagte begründet die von ihm angenommene Nichtigkeit des Vertrags im Kern mit der Erwägung, die Bestimmungen des bayerischen Landesrechts, nach der Betreiber von Kabelanlagen mit der Medienbetriebsgesellschaft einen Vertrag abzuschließen und ein Teilnehmerentgelt zu entrichten hätten, verstießen gegen höherrangiges Recht. Er bezieht sich insoweit auf Art. 38 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern (Bayerisches Mediengesetz – BayMG) vom 24. November 1992 (GVBl S. 584) in der ursprünglichen Fassung. Art. 38 Abs. 2 BayMG in dieser Fassung bestimmte unter anderem, dass Betreiber privater Kabelanlagen, die zehn oder mehr Haushalte mit über Satelliten herangeführten Rundfunkprogrammen versorgen (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayMG in der in Rede stehenden Fassung), mit der zuständigen Medienbetriebsgesellschaft als Voraussetzung für den Bezug der in die jeweiligen Kabelanlagen eingebrachten und weiter verbreiteten Rundfunkprogramme eine Vereinbarung zu schließen haben. Aufgrund dieser Vereinbarung erhält die Medienbetriebsgesellschaft nach Art. 38 Abs. 3 Satz 1 BayMG in der ursprünglichen Fassung ein Teilnehmerentgelt. Der Beklagte bezieht sich zur Unterstützung des von ihm vertretenen Verstoßes gegen höherrangiges Recht insbesondere auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Januar 1997 (– 7 B 95.4230 – VGH n.F. 50, 124 ff.). Nach dieser Entscheidung ist Art. 38 Abs. 3 BayMG in der von dem Beklagten herangezogenen Fassung einschränkend dahin auszulegen, dass ein Teilnehmerentgelt nur von Kabelanlagenbetreibern erhoben werden kann, über deren Anlagen die regionalen und lokalen Kabelprogramme weiterverbreitet werden können. Diese Voraussetzung liegt bei dem Beklagten nicht vor, wie der Verwaltungsgerichtshof unterstellt hat.
Die zitierten Vorschriften, die aus Sicht der Beklagten gegen höherrangiges Recht verstoßen und deshalb zur Nichtigkeit des Vertrages führen sollen, sind nicht mehr in Kraft. Durch § 1 Nr. 31 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes vom 27. Dezember 1997 (GVBl S. 843) haben die Pflichten der Betreiber von Kabelanlagen zum Abschluss einer Vereinbarung und zur Entrichtung eines Teilnehmerentgelts grundlegende Änderungen erfahren, die nunmehr in Art. 33 BayMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Januar 1999 (GVBl S. 8) ihren Ausdruck finden. Eine wesentliche Änderung gegenüber der von dem Beklagten in Bezug genommenen ursprünglichen Gesetzesfassung beruht in einer Einschränkung der Verpflichtung von Kabelanlagenbetreibern zum Abschluss einer Vereinbarung und zur Zahlung des Teilnehmerentgelts. Anders als bei der ursprünglichen Fassung geht Art. 33 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 BayMG nunmehr davon aus, dass nur noch diejenigen Kabelanlagenbetreiber eine Vereinbarung abschließen und ein Teilnehmerentgelt leisten müssen, die mindestens ein von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien nach Art. 26 Abs. 1 BayMG genehmigtes Rundfunkprogramm eingebracht haben. Art. 33 Abs. 3 bis 6 BayMG treten zudem nach § 2 Abs. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes am 1. Januar 2003 außer Kraft.
In Anbetracht dieser Rechtsänderungen sind die Grundsätze einschlägig, die für die grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen aufgrund ausgelaufenen Rechts gelten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben solche Rechtsfragen trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll. Dies gilt dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig. Es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen dargetan und ersichtlich sein (Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9). Dem trägt die Begründung der Beschwerde nicht ausreichend Rechnung. Soweit der Beklagte vorträgt, die Gültigkeit des Art. 38 BayMG in der von ihm in Bezug genommenen Fassung sei eine Rechtsfrage, die eine Vielzahl von Verträgen privater Kabelbetreibergesellschaften in Bayern betreffe, ist dem nicht in der gebotenen Weise zu entnehmen, dass eine unüberschaubare Anzahl von Altfällen auch in nicht absehbarer Zukunft vorliegen wird. Zwar kann trotz ausgelaufenem Recht eine Sache dann grundsätzlich klärungsbedürftig bleiben, wenn sich bei der gesetzlichen Bestimmung, die der außer Kraft getretenen Vorschrift nachgefolgt ist, die streitigen Fragen in gleicher Weise stellen (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995, a.a.O.). Der Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass sich die Frage der Nichtigkeit einschlägiger Verträge in gleicher Weise auch bei den geltenden Regelungen über die Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung und der Leistung eines Teilnehmerentgelts stellt. Ohne nähere Darlegung kann davon nicht ausgegangen werden.
c) Die von dem Beklagten als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage, ob bei Nichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ein Rückforderungsanspruch nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs besteht, kann schon deshalb nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Ist aufgrund eines nichtigen öffentlich-rechtlichen Vertrages bereits geleistet, besteht ein Anspruch auf Rückabwicklung der Leistungen nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 – BVerwG 4 C 4.99 – Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 13). Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist der Vertrag indessen nicht nichtig.
d) Die von dem Beklagten weiterhin aufgeworfenen Fragen nach der Verfassungsmäßigkeit der Förderung privater Rundfunkveranstalter mit aus einer Rundfunkgebühr stammenden Mitteln, nach der Zulässigkeit eines Teilnehmerentgelts als mögliche Sonderform einer Rundfunkgebühr und nach der Vereinbarkeit der Erhebung eines Teilnehmerentgelts mit dem allgemeinen Gleichheitssatz können der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Es ist bereits nicht ausreichend dargelegt, dass es für die behauptete Nichtigkeit des Vertrages auf diese Fragen ankommt. Davon abgesehen beziehen sie sich ausweislich der Begründung der Beschwerde auf die Rechtslage nach Art. 38 BayMG in der ursprünglichen Fassung und somit auf ausgelaufenes Recht. Dies steht aus den aufgezeigten Gründen der Zulassung der Revision entgegen.
e) Soweit der Beklagte die Frage für klärungsbedürfig erachtet, ob Art. 59 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag Anwendung findet, der den Bürger zu einer unzulässigen Gegenleistung verpflichtet, kommt die Zulassung der Revision deshalb nicht in Betracht, weil sie lediglich den Gesetzeswortlaut in Frageform kleidet.
f) Schließlich kann auch die von dem Beklagten im Zusammenhang mit der vom Verwaltungsgerichtshof gewährten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgeworfene Frage die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt eine gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 548 ZPO der Überprüfung in einem Revisionsverfahren entzogene unanfechtbare (§ 60 Abs. 5 VwGO) Vorentscheidung dar, so dass die Gewährung von Wiedereinsetzung auch nicht im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens wegen Nichtzulassung der Revision überprüft werden kann (Beschluss vom 11. November 1987 – BVerwG 9 B 379.97 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 153).
2. Die Revision kann auch nicht wegen Vorliegens eines Verfahrensfehlers zugelassen werden.
Die insoweit von dem Beklagten gerügte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt – wie dargelegt – eine unanfechtbare Vorentscheidung dar und kann deshalb auch unter dem Gesichtspunkt des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Davon abgesehen handelt es sich bei der nach Auffassung der Beklagten rechtswidrigen Wiedereinsetzung in die Frist des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht um einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Das Gericht, das aufgrund einer nicht gerechtfertigten Bewilligung von Wiedereinsetzung zur Sache entscheidet, trifft eine inhaltlich unrichtige Entscheidung, begeht hingegen keine Verfahrensverletzung innerhalb des gerichtlichen Verfahrens der Entscheidungsfindung (Beschluss vom 11. November 1987, a.a.O.).
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes auf § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Vormeier
Fundstellen