Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 21.06.2012; Aktenzeichen 12 A 2229/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 2012 wird verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde ist unzulässig.
Rz. 2
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisherigen revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (vgl. Beschlüsse vom 11. November 2011 – BVerwG 5 B 45.11 – juris Rn. 3 und vom 8. Juni 2006 – BVerwG 6 B 22.06 – Buchholz 442.066 § 78 TKG Nr. 1 S. 1 f.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
Rz. 3
Die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage,
“Liegen erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 36a Abs. 3 SGB VIII auch dann vor, wenn zwar objektivrechtlich der Zugang zu der Schule ohne die Zahlung von Elternbeiträgen bzw. Schulgeld möglich ist, der Leistungsberechtigte bzw. seine Eltern aber von einer Obliegenheit zur Zahlung ausgegangen sind?”,
verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Rz. 4
Zwar zielt sie auf die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage. Jedoch genügt ihre Begründung nicht den Darlegungserfordernissen.
Rz. 5
Soweit sie sich gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts wendet, die Eltern hätten sich verpflichtetet fühlen dürfen, die streitigen Beiträge zu leisten (S. 2 Absatz 4 und S. 3 Absätze 1 bis 5 der Beschwerdebegründung), handelt es sich um eine tatsächliche Frage des Einzelfalles, mit der das Vorliegen einer Frage von angeblich rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht begründet werden kann. Dies gilt gleichermaßen, soweit die Annahme des Berufungsgerichts zur Angemessenheit der Höhe des streitigen Beitrags in Zweifel gezogen wird (S. 3 Absatz 6 der Beschwerdebegründung).
Rz. 6
Soweit in der Beschwerdebegründung dargelegt wird, das Oberverwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Erstattungsanspruch voraussetze, dass dem Kläger überhaupt Kosten entstanden seien (S. 2 Absätze 5 und 6 der Beschwerdebegründung), genügt die Begründung den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO jedenfalls deshalb nicht, weil sie es unterlässt, sich mit den insoweit einschlägigen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts substantiiert auseinanderzusetzen. Dieses hat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. April 2012 – 12 A 659/11 – JAmt 2012, 548 und Teile der Kommentarliteratur ausgeführt,
“der Erstattungsanspruch nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII [sei] (…) am Aufwandsersatz im zivilrechtlichen Auftragsverhältnis bzw. bei der Geschäftsführung ohne Auftrag orientiert, namentlich an § 683 BGB. … Leg[e] man dies zugrunde, umfass[e] der Erstattungsanspruch nach dem Rechtsgedanken des § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB die Aufwendungen, die die Eltern nach ihrem subjektiv vernünftigen Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten d[ü]rften” (UA 19 f.).
Rz. 7
Die Beschwerde teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, “dass der Erstattungsanspruch nach § 36a Abs. 3 S. 1 SGB VIII sich am Aufwandsersatz im zivilrechtlichen Auftragsverhältnis bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag orientier[e]”. Im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Rüge beschränkt sie sich darauf, auf eine Kommentarstelle zu verweisen, ausweislich derer der Kostenerstattungsanspruch des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII es dem Leistungsberechtigten ermögliche, im Wege der zulässigen Selbsthilfe wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu handeln und einen Aufwendungsersatzanspruch analog zu den Vorschriften der §§ 683, 679 BGB mit dem Ziel der Erstattung der entstandenen Kosten geltend zu machen (S. 2 Absatz 6 der Beschwerdebegründung). Sofern sie damit und mit den weiteren einzelfallbezogenen Ausführungen (insbesondere auf S. 3 der Beschwerdebegründung) zum Ausdruck zu bringen beabsichtigt, dass Zahlungen, zu deren Erbringung sich ein Leistungsberechtigter beziehungsweise seine Eltern verpflichtet fühlen durften, keine im Rahmen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu erstattende Aufwendungen seien, fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts. Eine solche kann weder durch die bloße Wiedergabe von Auszügen aus der Kommentarliteratur (Beschluss vom 4. April 2012 – BVerwG 5 B 61.11 – juris Rn. 4) noch durch den pauschalen Hinweis auf das Fehlen ober- beziehungsweise höchstgerichtlicher Rechtsprechung (S. 4 der Beschwerdebegründung) ersetzt werden.
Rz. 8
Die Beschwerdebegründung trägt auch insoweit nicht den Darlegungsanforderungen ausreichend Rechnung, soweit in ihr (S. 4 Absatz 3) zusammenfassend dargelegt wird, für die Entstehung eines Erstattungsanspruchs nach § 36a Abs. 3 SGB VIII reiche es nicht aus, dass die Eltern des Klägers von einer Obliegenheit zur Entrichtung der ausdrücklich als freiwillig vereinbarten Beiträge ausgegangen seien. Damit, dass eine in dem angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung als unzutreffend bezeichnet wird, kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht begründet werden.
Rz. 9
Soweit die Beschwerde abschließend darlegt, sie vermöge “im vorliegenden Hilfefall das (…) Steuerungsversagen des Jugendhilfeträgers nicht zu erkennen” (S. 4 Absatz 5 der Beschwerdebegründung), legt sie bereits nicht dar, in welchem Zusammenhang diese Ausführungen zu der als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Rechtsfrage stehen.
Rz. 10
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
Rz. 11
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Unterschriften
Vormeier, Stengelhofen, Dr. Fleuß
Fundstellen