Tenor
Die Referenzgruppe vom 2. Mai 2019 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 12. November 2019 werden aufgehoben. Das Bundesministerium der Verteidigung wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Antragsteller eine neue Referenzgruppe für die Dauer seiner Freistellung als Personalratsvorsitzender zu bilden.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.
Tatbestand
Rz. 1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Bildung einer Referenzgruppe.
Rz. 2
1. Der Antragsteller ist Oberstleutnant. Er wurde im Juli 2016 zum ersten Vorsitzenden des örtlichen Personalrats... gewählt und ist seither von seinen dienstlichen Tätigkeiten freigestellt. Aufgrund des Zentralerlasses (ZE) B-1336/2 "Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" bildete das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr für ihn im Mai 2017 eine Referenzgruppe mit insgesamt sechs Offizieren. Nach einer Beschwerde des Antragstellers wurde diese Referenzgruppe aufgehoben. Am 2. Mai 2019 bildete das Bundesamt eine neue Referenzgruppe mit zwölf Vergleichspersonen. Darin nahm der Antragsteller den elften Platz ein. Die vom zuständigen Abteilungsleiter gebilligte Referenzgruppe wurde dem Antragsteller am 12. Mai 2019 eröffnet.
Rz. 3
2. Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde vom 3. Juni 2019 trug der Antragsteller vor, er werde durch die Zuteilung des vorletzten Platzes erheblich benachteiligt. Seine Förderung sei nahezu ausgeschlossen. Er hätte im Mittelfeld der Reihe platziert werden müssen. Es seien vorsätzlich gleich beurteilte Kandidaten vor ihm eingeschoben worden, um seine Beförderung zu verhindern. Mit Entscheidung vom 12. November 2019 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde zurück. Die Referenzgruppe entspreche dem einschlägigen Zentralerlass. Sie bestehe wie vorgeschrieben aus mehr als zehn Referenzpersonen, die wie der Antragsteller zwischen 2003 und 2005 auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 13/A 14 versetzt worden seien und dem Kompetenzbereich "Führung und Einsatz" im Bereich... angehörten. Ausgehend vom Leistungswert des Antragstellers von 7,0 Punkten bewegten sich die Vergleichspersonen in einem Spektrum von 6,7 bis 7,3 Punkten und seien damit im Wesentlichen gleich beurteilt. Die Referenzpersonen verfügten über die Entwicklungsprognose 2, während dem Antragsteller nur die Entwicklungsprognose 1 zuerkannt worden sei. Es hätten jedoch nicht genügend Referenzpersonen mit der Entwicklungsprognose 1 zur Verfügung gestanden. Die Zuerkennung eines Mittelfeldplatzes wäre nach dem Zentralerlass nicht möglich gewesen. Die gleich beurteilten Offiziere hätten aufgrund der besseren Entwicklungsprognose vorangestellt werden müssen. Der Beschwerdebescheid wurde dem Antragsteller am 15. November 2019 ausgehändigt.
Rz. 4
3. Mit seinem am Montag, den 16. Dezember 2019, eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass er bei der Bildung der Referenzgruppe aussichtslos an das Ende der Reihung gesetzt worden sei. Die Referenzgruppe sei so gebildet worden, dass seine Beförderung völlig unwahrscheinlich sei. Das Bundesministerium der Verteidigung müsse erläutern, warum die Soldaten der zunächst gebildeten Referenzgruppe nicht mehr in die neue Referenzgruppe aufgenommen worden seien. Es ergebe sich in keiner Weise, warum nunmehr diese zwölf Soldaten für die Referenzgruppe ausgewählt und warum die anderen in Betracht kommenden Soldaten der Infanterie nicht in die Referenzgruppe einbezogen worden seien. Die Aktenführung sei so rudimentär, dass die Entscheidung mangels Dokumentation der Grundlagen nicht prüffähig sei. Es fehlten die nötigen Angaben zum Zeitpunkt ihrer Versetzung und ihrer Beförderung auf Dienstposten der Besoldungsgruppe A 14. Das Kriterium "möglichst gleicher Werdegang" werde nicht erläutert. Die Referenzgruppe sei schon deshalb aufzuheben, weil sie die Anforderungen des rechtlichen Gehörs in Form der Überprüfbarkeit für das Gericht nicht erfülle.
Rz. 5
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die mit Bescheid vom 2. Mai 2019 gebildete Referenzgruppe in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung vom 12. November 2019 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, eine neue Referenzgruppe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bilden.
Rz. 6
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Rz. 7
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liege nicht vor, da dem Antragsteller in ausreichendem Umfang Akteneinsicht gewährt worden sei. Zur ersten Referenzgruppe könne der Antragsteller keine Auskünfte mehr verlangen, weil sie aufgehoben worden sei. Die Angehörigen der ersten Referenzgruppe seien deswegen nicht in die neue Vergleichsgruppe übernommen worden, weil die Spreizung des Leistungswertes von 6,13 bis 7,0 mit Erfolg beanstandet worden sei. In der neuen Referenzgruppe gehörten sämtliche Vergleichspersonen dem zweiten Wertungsbereich an und seien zwischen 6,7 und 7,3 Punkten beurteilt worden. Die Gruppe sei auch hinsichtlich des Kompetenzbereichs "Führung und Einsatz" und der Zugehörigkeit zur... Infanterie fachlich homogen. Lediglich die Entwicklungsprognose weiche beim Antragsteller nach unten ab. Er sei der Einzige mit der Entwicklungsprognose 1 ("Förderung bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive"- hier A 14). Es könne sein, dass seine Beförderungschancen durch die vorliegende Reihung gering seien. Hierin gleiche er jedoch jedem anderen Offizier, der mit einem Leistungswert von 7,0 und der Entwicklungsprognose 1 beurteilt werde.
Rz. 8
Auf Nachfrage des Gerichts hat das Bundesministerium der Verteidigung mitgeteilt, dass der in der früheren Referenzgruppe unter Nr. 2 gelistete Offizier mit dem Leistungswert 6,8 nicht in der aktuellen Referenzgruppe aufgenommen worden sei, weil er Angehöriger der Panzertruppe sei. Die Aufnahme dieses Offiziers hätte der Antragsteller im Rahmen seiner ersten Beschwerde ausdrücklich gerügt. Ferner hat es auf Aufforderung des Gerichts die Namen der die Referenzgruppe aufgenommenen Offiziere offengelegt und die amtliche Auskunft vom 22. Mai 2017 zur Handhabung der Nr. 502 Abs. 1 Punkt 2 des Zentralerlasses B-1336/2 "Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" vorgelegt. Darin wird mitgeteilt, dass es bei gebündelten Dienstposten eine generelle Handhabung gebe, entgegen dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift nicht auf die Versetzung auf den nach der Verwendungsebene vergleichbaren Dienstposten, sondern auf die entsprechende Beförderung (Ernennung) abzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
Rz. 10
1. Der Antrag ist zulässig, weil die Bildung einer Referenzgruppe nach dem Zentralerlass (ZE) B-1336/2 "Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO darstellt (BVerwG, Beschluss vom 3. August 2017 - 1 WB 28.16 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 22 Rn. 18 m.w.N.). Der Antragsteller hat die Referenzgruppenbildung in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung auch innerhalb der Monatsfrist des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angegriffen. Er kann ferner geltend machen, möglicherweise in seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG und § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG i.V.m. § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG verletzt zu sein, und im Falle der Rechtswidrigkeit einen Anspruch auf erneute Bescheidung zu haben. Er ist darum antragsbefugt.
Rz. 11
2. Der Antrag ist auch begründet, weil die Referenzgruppe vom 2. Mai 2019 und der Beschwerdebescheid vom 12. November 2019 gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen und darum ermessensfehlerhaft sind.
Rz. 12
a) Das im Zentralerlass B-1336/2 vorgesehene Referenzgruppenmodell trägt zwar grundsätzlich in geeigneter und rechtlich nicht zu beanstandender Weise dem Gebot des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG i.V.m. § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG Rechnung, dass die Freistellung eines Personalratsmitglieds von seiner dienstlichen Tätigkeit nicht zu einer Beeinträchtigung seines beruflichen Werdegangs führen darf (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 1 Rn. 32 ff. und vom 14. Dezember 2018 - 1 WB 32.18 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 10 Rn. 12). Indem es die Karriere eines freigestellten Personalratsmitglieds mit dem tatsächlich erreichten beruflichen Fortkommen vergleichbarer Soldaten verknüpft, eröffnet es dem freigestellten Personalratsmitglied berufliche Aufstiegschancen und stellt seine Gleichbehandlung sicher. An diesem Ziel orientiert sich insbesondere auch der Katalog der Homogenitätskriterien, nach denen gemäß Nr. 502 Abs. 1 ZE B-1336/2 die jeweilige Referenzgruppe zu bilden ist (wesentlich gleiches Eignungs- und Leistungsbild, Versetzung im gleichen Jahr wie die freigestellte Person auf die bisherige Verwendungsebene, möglichst gleiche Ausbildungs- und Verwendungsreihe, gleicher Werdegang, Verwendungsbereich etc.). Der Katalog bewegt sich daher im Rahmen des dem Dienstherrn zustehenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum (BVerwG, Beschluss vom 3. August 2017 - 1 WB 28.16 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 22 Rn. 27).
Rz. 13
b) Die auf dieser Grundlage am 2. Mai 2019 gebildete Referenzgruppe ist auch verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Der Antragsteller moniert zu Unrecht, dass die Referenzgruppenbildung nicht nachvollziehbar erläutert und begründet worden sei. Soweit die Angaben über die dafür maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte (§ 39 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwVfG) unzureichend gewesen sind, ist dieser Mangel jedenfalls im Beschwerde- und Gerichtsverfahren geheilt worden (§ 45 Abs. 2 VwVfG). Insbesondere ist erläutert worden, aus welchen Gründen die Mitglieder der früheren Referenzgruppe nicht mehr in die neue Vergleichsgruppe aufgenommen worden sind. Sie haben entweder keine mit dem Antragsteller vergleichbare Ausbildungs- und Verwendungsreihe oder kein vergleichbares Leistungsbild. Darüber hinausgehende Auskünfte zur Bildung der früheren Referenzgruppe sind im vorliegenden Verfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht mehr geboten.
Rz. 14
Bei den Mitgliedern der neuen Referenzgruppe sind deren maßgebliche Daten offengelegt worden, sodass jedenfalls im gerichtlichen Verfahren eine ausreichende Überprüfbarkeit vorgelegen hat. Dadurch ist auch der vom Antragsteller auf eine unzureichende Information zurückgeführte Anhörungsmangel im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG geheilt worden (§ 45 Abs. 2 VwVfG). Soweit der Antragsteller zusätzliche Angaben zur neuen Referenzgruppe vermisst, sind sie für das Verfahren nicht entscheidungserheblich.
Rz. 15
c) Die Bildung der Referenzgruppe ist allerdings materiell-rechtlich zu beanstanden. Im Rahmen der Ermessensausübung liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, wenn die zuständige Stelle die ihr Ermessen bindenden bzw. regelnden Verwaltungsvorschriften oder eine ständige Verwaltungspraxis im Einzelfall unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht beachtet (BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 WB 12.07 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3 Rn. 26). Das ist hier der Fall.
Rz. 16
aa) Die im vorliegenden Fall gebildete Referenzgruppe trägt zwar dem in Nr. 502 Abs. 1 Punkt 3 ZE B-1336/2 enthaltenen Gebot eines gleichen Werdegangs, Verwendungs- und Kompetenzbereichs Rechnung. Die in der Vergleichsgruppe aufgenommenen Mitglieder sind durchweg Offiziere des Truppendienstes, die - wie der Antragsteller - dem Kompetenzbereich "Führung und Einsatz" zugeordnet sind und im Bereich der leichten oder mechanisierten Infanterie eingesetzt werden. Dass nicht alle Offiziere exakt seiner Ausbildungs- und Verwendungsreihe Nr.... angehören, schadet nicht. Denn der Zentralerlass spricht nur davon, dass die zum Vergleich herangezogenen Soldaten "möglichst" aus derselben Ausbildungs- und Verwendungsreihe stammen sollen. Sind - wie hier - nicht genügend vergleichbare Soldatinnen und Soldaten in einer Ausbildungs- und Verwendungsreihe vorhanden, wird der Rückgriff auf andere verwandte Ausbildungs- und Verwendungsreihen eröffnet. Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass hier auch Stabsoffiziere der Ausbildungs- und Verwendungsreihe Nr.... zur Referenzgruppenbildung herangezogen worden sind.
Rz. 17
bb) Die Referenzgruppe wahrt auch das in Nr. 502 Abs. 1 Punkt 1 ZE B-1336/2 enthaltene Gebot, dass die Mitglieder der Vergleichsgruppe ein wesentlich gleiches Eignungs- und Leistungsbild aufweisen müssen. Die Praxis des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr, dabei gleichermaßen auf den Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung und die Entwicklungsprognose in den planmäßigen dienstlichen Beurteilungen abzustellen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich hierbei um besonders hervorgehobene Bestandteile der dienstlichen Beurteilung, die wegen ihrer Quantifizierung und vorgegebenen Abstufung unmittelbar vergleichbar sind. Die Auswahl dieser Parameter zur Herstellung einer möglichst großen Homogenität der Vergleichsgruppe ist daher von dem Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Dienstherrn gedeckt (BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 2017 - 1 WB 28.16 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 22 Rn. 28 und vom 14. Dezember 2018 - 1 WB 32.18 - Buchholz 449.7 § 55 SBG Nr. 10 Rn. 17).
Rz. 18
Dementsprechend durfte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr aus Gründen der Gleichbehandlung auch hier nur Soldaten in die Vergleichsgruppe aufnehmen, die in etwa die gleiche Entwicklungsprognose und einen in etwa vergleichbaren Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung wie der Antragsteller aufweisen. Davon hat es sich erkennbar leiten lassen. Sämtliche Mitglieder der Referenzgruppe haben die Prognose "bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive" (Entwicklungsprognose 1) oder "oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive" (Entwicklungsprognose 2). Sie befinden sich ausgehend vom Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung des Antragstellers von "7,0" Punkten in einer Schwankungsbreite von 6,7 bis 7,3 Punkten. Die Annahme, dass damit auch ein vergleichbares Leistungsbild vorliegt, ist vom Einschätzungsspielraum des Dienstherrn gedeckt. Dienstliche Beurteilungen können nach der Rechtsprechung des Senats zu Konkurrentenstreitigkeiten noch als im Wesentlichen gleich eingestuft werden, wenn sie - wie hier - um 0,3 Punkte differieren und im selben Wertungsbereich liegen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65 Rn. 49 ff. und vom 14. Dezember 2018 - 1 WB 32.18 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 10 Rn. 19).
Rz. 19
cc) Dass der Antragsteller innerhalb der Referenzgruppe den vorletzten Platz einnimmt, ist rechtlich gleichfalls nicht zu beanstanden. Nach Nr. 502 Abs. 2 Satz 1 ZE B-1336/2 sind die Angehörigen der gebildeten Referenzgruppe entsprechend ihres Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbildes zu reihen. Dass der Antragsteller in der Vergleichsgruppe nicht vor die ersten sieben Referenzsoldaten gesetzt werden kann, folgt unmittelbar daraus, dass diese Stabsoffiziere im selben Dienstgrad jeweils einen höheren Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung erzielt haben. Unter den folgenden vier Oberstleutnanten, die 7,0 Punkte in diesem Leistungswert aufweisen, ist der Antragsteller zu Recht an den letzten Platz gerückt worden. Denn die übrigen drei Stabsoffiziere haben die höhere Entwicklungsprognose. Damit ist die Zuweisung des elften Platzes leistungsgerecht. Dass der Antragsteller im Ergebnis erst gefördert werden kann, wenn das elfte andere Mitglied der Referenzgruppe gefördert wird, entspricht dem mit dem Referenzgruppenmodell verbundenen Vergleichsprinzip. Die vom Antragsteller gewünschte Platzierung in der Mitte der Referenzgruppe ist weder in dem Modell vorgesehen noch aus Gründen des Leistungsprinzips geboten.
Rz. 20
dd) Die vorliegende Referenzgruppe ist jedoch ermessensfehlerhaft, weil ihre Bildung nicht den in der Verwaltungspraxis üblichen zeitlichen Vorgaben entspricht. Nach Nr. 502 Abs. 1 Punkt 2 ZE B-1336/2 sind in die Vergleichsgruppe die Soldatinnen und Soldaten aufzunehmen, die im gleichen Jahr wie die freigestellte Person auf einen nach der Verwendungsebene vergleichbaren Dienstposten versetzt worden sind. Da die Versetzung des Antragstellers auf einen Dienstposten der Verwendungsebene A 13/A 14 im Jahr 2004 erfolgte, entspräche es zwar dem Wortlaut des Zentralerlasses - wie geschehen - auf die im Jahr 2004 und ggf. in den Nachbarjahren erstmals geförderten Stabsoffiziere abzustellen.
Rz. 21
Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen jedoch keiner eigenständigen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 Rn. 24). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots liegt darum nicht vor, wenn im Einzelfall entsprechend einer allgemein geübten Praxis verfahren wird, mag diese auch vom Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift nicht gedeckt sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 1 WB 19.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 LS 3). Umgekehrt verletzt es den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn im Einzelfall von der generell geübten Praxis ohne sachlichen Grund abgewichen wird, auch wenn dies dem in allen anderen Fällen unbeachtet gebliebenen Wortlaut einer Verwaltungsbestimmung entspricht. So liegt der Fall hier.
Rz. 22
Wie das Bundesministerium der Verteidigung unter Bezugnahme auf seine bereits 2017 erteilte amtliche Auskunft mitgeteilt hat, wird bei gebündelten Dienstposten in der Verwaltungspraxis bei der Wahl des Bezugsjahres generell entgegen dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift nicht auf die Versetzung auf den nach der Verwendungsebene vergleichbaren Dienstposten, sondern auf das Jahr der (letzten) Beförderung (Ernennung) abgestellt. Diese generelle Handhabung hat das Bundesverwaltungsgericht auch in mehreren Entscheidungen als sachgerecht und dem Zweck des Benachteiligungsverbots aus § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG und § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG entsprechend gebilligt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - 1 WB 11.16 - juris Rn. 44 ff., vom 23. Februar 2018 - 1 WB 6.17 - juris Rn. 25 und vom 20. April 2018 - 1 WB 41.17 - juris Rn. 34). Sie hat darum mittlerweile Eingang in die aktuelle Vorschriftenlage (Nr. 304 Satz 2 Punkt 4 ZDv A-1336/1 "Förderung vom Dienst freigestellter, entlasteter oder im öffentlichen Interesse oder wegen Familienpflichten beurlaubter Soldatinnen und Soldaten") gefunden.
Rz. 23
Da der Antragsteller im April 2013 zum Oberstleutnant befördert worden ist, hätte die Referenzgruppe somit aus im selben Jahr ernannten Oberstleutnanten gebildet werden müssen. Bei Bedarf hätten nach Nr. 502 Abs. 2 ZE B-1336/2 ausnahmsweise die unmittelbar benachbarten Jahrgänge einbezogen werden dürfen. Dies ist ohne sachlichen Grund nicht geschehen, sodass die Bildung der Referenzgruppe den Anspruch des Antragstellers auf Gleichbehandlung verletzt. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die mit dem Bezugsjahr 2013 zu bildende Vergleichsgruppe aus anderen Soldaten besteht und für den Antragsteller günstiger ist, ist die beanstandete Referenzgruppe aufzuheben und eine neue Referenzgruppe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bilden.
Rz. 24
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.
Fundstellen
Dokument-Index HI14292259 |