Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 05.09.2007; Aktenzeichen 23 F 1501/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Flurbereinigungsgericht) vom 5. September 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.
a) Als Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) rügt die Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Vortrag, gegenüber dem zuständigen Sachbearbeiter den Wunsch nach Zuteilung einer Fläche im Hammergrund geäußert zu haben, nur im Rahmen von Hilfserwägungen, nicht jedoch im Rahmen der entscheidungserheblichen Ausführungen berücksichtigt. Damit legt die Beschwerde den geltend gemachten Verfahrensmangel schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar. Denn aus ihrem Vorbringen geht bereits hervor, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit den Ausführungen des Klägers in seiner Entscheidung durchaus auseinander gesetzt und sie somit, wie es das rechtliche Gehör gebietet, zur Kenntnis genommen und ernsthaft in seine Erwägungen einbezogen hat (vgl. zu diesen Anforderungen etwa BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1621/94 – BVerfGE 96, 205 ≪216≫; stRspr). Soweit die Beschwerde aus ihrem Vorbringen andere rechtliche Schlüsse zieht als der Verwaltungsgerichtshof, weil sie im Gegensatz zur Vorinstanz ihr erwähntes Vorbringen als wahr ansieht, wendet sie sich gegen dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die grundsätzlich – und so auch hier – dem materiellen Recht zuzurechnen ist und einen Gehörsverstoß nicht begründen kann (Beschluss vom 18. November 2002 – BVerwG 8 B 79.02 – juris Rn. 5).
b) Einen weiteren Verfahrensmangel sieht die Beschwerde darin, dass der Verwaltungsgerichtshof entgegen § 117 Abs. 3 VwGO im Rahmen seiner Entscheidungsgründe Tatsachen, nämlich den Umstand, dass weitere Teilnehmer schriftlich bzw. mündlich den Wunsch einer Abfindung mit Grundstücken im Hammergrund geäußert hätten, berücksichtigt habe, die im Rahmen des Tatbestandes nicht festgestellt worden seien. Diese Rüge rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deswegen nicht, weil die genannte Vorschrift die von der Beschwerde offenbar für notwendig gehaltene (äußere) Trennung von Tatbestand und Entscheidungsgründen nicht fordert (vgl. etwa Beschluss vom 27. Mai 1992 – BVerwG 2 B 83.92 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 246 m.w.N.). Es ist daher jedenfalls ausreichend, dass sich die erwähnte Feststellung in den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 7 f.) wiederfindet und das Gericht dabei auf seine insoweit maßgeblichen Erkenntnisquellen verweist. Die inhaltliche Richtigkeit dieser Feststellung hat die Beschwerde nicht in Frage gestellt.
Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang rügt, der Verwaltungsgerichtshof hätte den Wunsch des Klägers nach Zuteilung einer Fläche im Hammergrund berücksichtigen müssen, wendet er sich wiederum gegen die dem materiellen Recht, nicht aber dem Verfahrensrecht zuzurechnende Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz.
2. Die von der Beschwerde erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
Das ergibt sich hinsichtlich der von der Beschwerde behaupteten Abweichung des Verwaltungsgerichtshofs vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1992 – BVerwG 11 C 3.92 – (Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 S. 35) schon daraus, dass in dieser Entscheidung die insoweit von der Beschwerde der Sache nach angesprochene Frage, ob Fehler bei der Abwägung den Flurbereinigungsplan auch dann angreifbar machen, wenn sie das Ergebnis der wertgleichen Abfindung unberührt lassen, ausdrücklich offen gelassen worden ist. Anders als die Beschwerde meint, hat das Bundesverwaltungsgericht damit keinen Rechtssatz aufgestellt, sondern die Formulierung eines Rechtssatzes gerade abgelehnt, so dass diese Entscheidung insoweit kein geeigneter Anknüpfungspunkt einer Divergenzrüge sein kann.
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem ebenfalls von der Beschwerde genannten Urteil vom 23. August 2006 – BVerwG 10 C 4.05 – (BVerwGE 126, 303) die – vom Verwaltungsgerichtshof nicht erwähnte – Möglichkeit einer die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzenden Abwägungskontrolle bejaht. Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde insoweit die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung einer Divergenz erfüllt (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26) und ob tatsächlich eine Divergenz vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung würde auf einer solchen Divergenz jedenfalls nicht beruhen. Anders als die Beschwerde meint, hat es das Bundesverwaltungsgericht in der erwähnten Entscheidung vom 23. August 2006 nämlich ausdrücklich abgelehnt, zusätzlich zur Überprüfung der Einhaltung des Gebots wertgleicher Abfindung eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle vorzunehmen, die die ordnungsgemäße Berücksichtigung aller die Gleichwertigkeit bestimmenden Faktoren zum Gegenstand hat (a.a.O. Rn. 25). Eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle finde vielmehr nur hinsichtlich der Frage statt, ob die Abfindungsgestaltung “qualifizierte” Planwünsche in Gestalt konkretisierter und verfestigter Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und deshalb für die Wertgleichheit der Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat. Dagegen lösen bereits “einfache” Planwünsche eine solche Abwägungskontrolle nicht aus (a.a.O. Rn. 27). Danach kommt eine Abwägungskontrolle im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn nach den nicht erfolgreich angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat der Kläger nicht einmal einen “einfachen” Planwunsch geäußert. Auf dieser Grundlage scheidet auch eine Divergenz zu dem bereits von der früheren Rechtsprechung (Urteil vom 14. Dezember 1978 – BVerwG 5 C 16.76 – BVerwGE 57, 192 ≪197≫) anerkannten Ausnahmefall erweiterter gerichtlicher Kontrolle bei rein schikanöser Missachtung verständlicher Wünsche eines Teilnehmers aus.
3. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
a) Als grundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Frage auf,
“ob bei der Zuteilung einer bestimmten Fläche als Abfindung im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens die Flurbereinigungsbehörde, wenn die Teilnehmer keine betriebswirtschaftlichen Interessen an der Fläche geltend machen und der Zweck des Flurbereinigungsverfahrens unabhängig von der Zuteilung der Fläche an den einen oder den anderen Teilnehmer erfüllt wäre und die Teilnehmer unabhängig von der Zuteilung der Fläche an den einen oder den anderen wertgleich abgefunden werden können, ein Ermessen auszuüben hat, wenn die Teilnehmer alle den auf persönliche/private Interessen gestützten Wunsch äußern, die Fläche als Abfindung zugeteilt zu bekommen, und ob dieses Ermessen durch das Gericht im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Flurbereinigungsplans auf Ermessensfehler hin zu überprüfen ist.”
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn soweit sie davon ausgeht, dass “die Teilnehmer alle” einen bestimmten Zuteilungswunsch geäußert haben, unterstellt sie Tatsachen, deren Vorliegen der Verwaltungsgerichtshof, wie soeben (unter 2.) ausgeführt, im Hinblick auf den Kläger und somit entscheidungserheblich und das Revisionsgericht bindend (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) verneint hat. Unabhängig davon ist die aufgeworfene Frage einer die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzenden gerichtlichen Abwägungskontrolle, wie ebenfalls bereits (unter 2.) dargelegt, in der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eingehend und differenziert erörtert und nur für einen äußerst engen, hier nicht einschlägigen Anwendungsbereich bejaht worden. Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
b) Auch der weiteren von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,
“ob Willkür bzw. schikanöse Missachtung des Wunsches eines Teilnehmers des Flurbereinigungsverfahrens bereits dann zu bejahen ist, wenn die Flurbereinigungsbehörde die nicht zurückgegebenen Flächen an andere Teilnehmer (mehr-)zuteilt, die einen entsprechenden Wunsch (durch drei Teilnehmer angeblich schriftlich, durch einen Teilnehmer angeblich später mündlich) geäußert haben, dabei allerdings zwei weitere Teilnehmer, die einen entsprechenden Wunsch äußerten, nicht mit einer wunschgemäßen Fläche bedachte und das Begehren dieser Teilnehmer noch nicht einmal in ihre Überlegungen hinsichtlich der (Mehr-)Zuteilung der Flächen einbezogen hat”,
kommt grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Dabei kann offen bleiben, ob der Frage überhaupt ein verallgemeinerungsfähiger, über den Einzelfall hinausgehender rechtlicher Gehalt entnommen werden kann (vgl. zu dieser Anforderung Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Denn wie schon die erste Frage der Beschwerde unterstellt auch ihre zweite Frage, soweit in ihr von “zwei weitere(n) Teilnehmer(n), die einen entsprechenden Wunsch äußerten” die Rede ist, entscheidungserhebliche Tatsachen, deren Vorliegen der Verwaltungsgerichtshof bindend verneint hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte
Fundstellen