Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 03.07.2002; Aktenzeichen 4 K 35/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf die Revisionszulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Divergenzrüge greift nicht durch.
Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche, indem es die Überprüfung der in der angegriffenen Satzung enthaltenen Ordnungswidrigkeitenvorschrift abgelehnt habe, von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 49, 252 ≪257≫) ab, wonach ein Gericht im Falle des zu ihm nach Art. 19 Abs. 4 GG eröffneten Rechtsweges im jeweiligen Verfahren der normativen Geltung der Grundrechte tatsächliche Wirksamkeit verschaffen muss. Eine Abweichung liegt jedoch nicht vor. Der Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich auf die Pflicht zur Beachtung der Grundrechte bei eröffnetem Rechtsweg. Dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten im vorliegenden Fall hinsichtlich der Ordnungswidrigkeitenvorschrift eröffnet ist, hat das Oberverwaltungsgericht aber gerade – durchaus im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 99, 88 ≪96 f.≫) – verneint. Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG liegt hierin nicht, weil wirksamer Rechtsschutz dadurch gewährt wird, dass der Rechtsweg gegen einen auf der Grundlage der Ordnungswidrigkeitenvorschrift erlassenen Bußgeldbescheid gemäß §§ 67, 68 OWiG offen steht und in diesem Rahmen auch die Rechtmäßigkeit der Satzungsregelung zu überprüfen ist.
Auch die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den nicht vollzogenen Beitritt seiner Wohnsitzgemeinde zum Verband des Antragsgegners sowie deren Austritt vor In-Kraft-Treten des mecklenburg-vorpommerischen Heilungsgesetzes nicht richterlich gewürdigt und hierüber keinen Beweis erhoben, obwohl das Oberverwaltungsgericht andernfalls nicht zu einer Teilnichtigkeit, sondern zur Gesamtnichtigkeit der Satzung hätte gelangen können. Es kann offen bleiben, ob mit diesem Vortrag, aus dem nicht einmal hervorgeht, welche Verfahrensvorschrift das Oberverwaltungsgericht verletzt haben soll, die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes erfüllt sind. Sollte die Beschwerde einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügen wollen, ist festzustellen, dass für die Frage, welche Tatsachen ein Gericht aufzuklären hat, dessen eigene sachlichrechtliche Auffassung maßgebend ist, die es seiner Entscheidung zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1991 – BVerwG 2 C 7.90 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230). Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht – zutreffend – dargelegt, dass es auf die Problematik, ob der Antragsgegner überhaupt wirksam gegründet wurde bzw. Satzungshoheit besitzt, nicht ankomme, weil der Beschwerdeführer eine über die festgestellte Teilnichtigkeit hinausgehende Gesamtnichtigkeit der Satzung, für die diese Frage allein bedeutsam wäre, mangels Rechtsverletzung (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) nicht geltend machen könne.
Daraus ergibt sich zugleich, dass ein Verfahrensfehler auch dann nicht erkennbar ist, wenn der Vortrag der Beschwerde als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) aufzufassen wäre. Denn das Gericht hat die Einwände des Antragstellers im Hinblick auf die Satzungshoheit des Antragsgegners ausweislich seiner Entscheidungsgründe ausdrücklich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Dass das Gericht aus diesem Vortrag des Antragsgegners andere rechtliche Schlüsse als der Antragsgegner gezogen hat, begründet keine Gehörsverletzung. Denn das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs gibt keinen Anspruch auf eine bestimmte materiellrechtliche Sicht des Gerichts noch auf Rechtsausführungen des Gerichts zu nicht entscheidungserheblichen Fragestellungen. Ebenso wenig lässt sich ein – von der Beschwerde ohnehin nicht näher substantiierter – Verfahrensverstoß aus dem Umstand herleiten, dass das Oberverwaltungsgericht trotz fehlender Entscheidungserheblichkeit informatorisch auf seine zu der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage in einem anderen Verfahren geäußerte Rechtsauffassung verwiesen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen