Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen 23 C 2254/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, konkreten, jedoch in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; siehe auch Beschluss vom 24. Juli 2008 – BVerwG 9 B 41.07 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 58 Rn. 3 m.w.N.). Der bloße Hinweis, die Rechtsfrage sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, reicht für den Vortrag der Klärungsbedürftigkeit allein nicht aus (Beschluss vom 9. März 1993 – BVerwG 3 B 105.92 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 11).
Diesen Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung wird die Beschwerdebegründung hinsichtlich der von ihr aufgeworfenen Frage,
ob es sich bei der vorläufigen Anordnung der Besitzeinweisung im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung (§§ 87 ff. FlurbG) um einen rechtsgestaltenden Einzelakt oder um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt,
nicht gerecht. Denn in dieser Allgemeinheit lässt sich die Frage schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Ein Dauerverwaltungsakt ist nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensgemäß auf Dauer angelegt. Er ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Geoder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Die Behörde hat den Dauerverwaltungsakt auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich (vgl. Urteile vom 28. Februar 1997 – BVerwG 1 C 29.95 – BVerwGE 104, 115 ≪120≫ und vom 20. Juni 2013 – BVerwG 8 C 46.12 – BVerwGE 147, 81 Rn. 33; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 223 ff.). Eine derartige – zeitlich begrenzte – Dauerwirkung kommt der vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG ohne Weiteres zu; dass die Flurbereinigungsbehörde sie auch nach ihrem Erlass unter Kontrolle zu halten hat, bringt das Gesetz insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass es die Behörde nicht nur ermächtigt, vorläufige Anordnungen zu erlassen, sondern auch, bereits erlassene Anordnungen aufzuheben oder zu ändern. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass dem Eigentümer mit der vorläufigen Anordnung nach § 36 Abs. 1 FlurbG der Besitz und die Nutzung des Grundstücks nicht endgültig entzogen und dem Begünstigten übertragen werden (Beschluss vom 6. März 1961 – BVerwG 1 B 141.60 – Buchholz 424.01 § 36 FlurbG von 1953 Nr. 2 S. 4). Es soll nicht schon der mit dem Flurbereinigungsverfahren erstrebte tatsächliche Zustand vorzeitig herbeigeführt, sondern es sollen lediglich für einen begrenzten Zeitraum der Übergang in den neuen Zustand vorbereitet und gesichert sowie die Aufstellung des Plans und die Durchführung des Verfahrens erleichtert und beschleunigt werden (Beschluss vom 7. Juni 1963 – BVerwG 1 B 80.63 – RzF 5 zu § 36 Abs. 1 FlurbG). Demgemäß ist die Anordnung nach § 36 Abs. 1 FlurbG nicht nur einmalig für den Zeitpunkt der erstmaligen Besitzübertragung, sondern für deren gesamte Dauer konstitutiv und folglich nur rechtmäßig, wenn und solange die Anordnung erforderlich sowie darüber hinaus dringend ist (vgl. Beschluss vom 25. Januar 2007 – BVerwG 10 B 42.06 – Buchholz 424.01 § 36 FlurbG Nr. 9 Rn. 4).
Die konkreten Schlussfolgerungen, die das Flurbereinigungsgericht aus diesem Rechtscharakter der vorläufigen Anordnung im vorliegenden Fall gezogen hat, sind nicht grundsätzlich bedeutsam. Der Streitfall zeichnet sich durch eine ganze Reihe außergewöhnlicher Umstände aus (fehlerhafte öffentliche Bekanntmachung, erhebliche zeitliche Verzögerung der geplanten Besitzeinweisung, Neubekanntmachung mit unklarem Inhalt, faktische Vollziehung), die ihn vom Regelfall einer vorläufigen Anordnung unterscheiden. Ob die Annahme des Flurbereinigungsgerichts zutrifft, die hier angefochtene Anordnung sei unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten ab dem Zeitpunkt ihrer individuellen Bekanntgabe dem Kläger gegenüber rechtmäßig geworden, betrifft nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Bier, Dr. Bick, Steinkühler
Fundstellen